Protocol of the Session on March 16, 2018

(Zuruf von Ralf Borschke, BMV)

Er hat das Recht, genauso wie andere Arten, die vom Aussterben bedroht sind, hier zu leben und sich hier aufzuhalten. Und was sicherlich eingangs ein naturpolitischer, ein artenschutzrechtlich großer Erfolg war und ist, aus Sicht des Artenschutzes ganz klar auch immer noch ist, wird seit geraumer Zeit zu einem stärkeren Problem. Ich habe im Übrigen vor zwei Jahren, da habe ich noch keine Unterstützung aus der CDU erhalten, ich sage das hier ganz bewusst,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

vor zwei Jahren keine Unterstützung aus den Landesparlamenten – in Klammern: der anderen Bundesländer – erhalten …

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ja, Sie müssen mich wenigstens ausreden lassen.

… und auch keine Unterstützung in der Agrarministerkonferenz und keine Unterstützung im Übrigen auch aus dem CDU-Lager in der Umweltministerkonferenz. Da hat sich dieses Bild,

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

auf der Bundesebene hat sich dieses Bild mittlerweile gewandelt und darüber bin ich sehr froh.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Also das ist ja ein Ding der Unmöglichkeit, finde ich.)

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von zutraulichen Wölfen und Sie wissen auch, dass in Niedersachsen ein zutraulicher Wolf entnommen worden ist. Dass der damalige Umweltminister über 100 Klagen am Hals hat, immer noch, will hier nur am Rande gesagt sein. Denn es nützt alles nichts, irgendwelche Thesen in den Raum zu werfen, wir brauchen rechtssichere und deutschlandweit einheitliche Kriterien –

(Torsten Renz, CDU: Na, Hauptsache, das dauert nicht noch zehn Jahre!)

alles andere bringt uns keinen Millimeter weiter –, und die müssen dann noch europarechtlich abgeprüft sein. Mein sächsischer Kollege, in Klammern: von der CDU, hat ja auch den Versuch unternommen, einen Wolf zu entnehmen. Alle, die sich mit dem Thema etwas tiefer auseinandersetzen, wissen, sofort klagt ein Umweltverband und die Entnahme ist aufgehoben worden. Das Gleiche läuft im Übrigen zurzeit in Brandenburg.

Ich bin aufgefordert worden, eine Verordnung zu erlassen. Ich kann Ihnen nur eins sagen, wir können Verordnungen machen, wie wir wollen, wenn wir keine rechtssicheren Grundlagen haben – rechtssichere Grundlagen, die auch die europarechtlichen Fragen mit beleuchten –, kommen wir damit keinen Millimeter weiter, weil die Gerichte diese Entscheidungen aufheben werden.

(Torsten Renz, CDU: Deshalb schlagen Sie was vor?)

Deswegen sage ich noch mal ausdrücklich, wir brauchen eine deutschlandweit einheitliche Rechtsgrundlage, die justiziabel und damit auch rechtssicher ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich ist es so, dass das ganze Thema emotional, ökonomisch und ökologisch ein Problem darstellt. Diese Beispiele sind ja auch nicht neu. Im Gegenteil, ich hatte bereits im vergangenen September hier im Landtag die Situation ausführlich dargestellt und möchte nicht allzu sehr und zu viel wiederholen, aber aktuell ist es so, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern Wölfe haben – und wir wissen das sehr genau, sehr genau, weil wir die Einzigen in Deutschland sind, die die Telemetrie anwenden, Jungwölfe gefangen haben und damit sehr genau wissen, wie ihr Aktionsradius ist, ich gehe davon aus, Sie haben es auch gehört –, wie Naya, die haben ja alle Namen, die mittlerweile vom Truppenübungsplatz in Lübtheen bis nach Belgien gewandert ist. Bis nach Belgien!

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Und deren Kernlebensraum ist im Übrigen – von diesen beiden Rudeln, die auch Nachkommen haben, mehrfach jetzt gezeugt haben – vollständig in Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus. Das ist zum einen das Rudel in der Ueckermünder Heide und zum anderen das Rudel in der Kalißer Heide oder, wenn man es so will, im übertragenen Sinne auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lübtheen. Darüber hinaus hat sich ein drittes Rudel im Grenzbereich zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg in der Retzow-Jännersdorfer Heide etabliert. Auch das wissen Sie genau. Hinzu kommt, dass sich in Mecklenburg-Vorpommern auch zwei Wolfspaare, einmal in Jasnitz und einmal in der Nossentiner/Schwinzer Heide, und ein sesshafter Wolf im Müritz-Nationalpark angesiedelt haben.

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Neben den aufgezählten Rudeln, Wolfspaaren und sesshaften Einzeltieren haben wir immer wieder auch genetische Nachweise über Einzelwölfe, die durch Mecklenburg-Vorpommern ziehen und sich möglicherweise hier ansiedeln werden. Die alte Wolfsroute, die aus Russland kommt in Richtung Frankreich, ist, denke ich, Allgemeinwissen. Insofern gehe ich davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern deutlich über dem liegt, was wir derzeit wissenschaftlich fundiert gesichert bestätigen können. So weit zum Istzustand des Wolfes in Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, bevor ich zu den politischen Aktivitäten der vergangenen Wochen komme, lassen Sie mich noch einen kurzen Sachstandsbericht zu den aktuellen Schadensfällen abgeben. Auch diese Informationen halte ich für wichtig.

Wie die Population an sich nahm auch die Zahl der Vorfälle mit den verletzten und leider auch den toten Tieren zu, und dies besonders seit 2014. So gab es 2007 6 Vorfälle mit insgesamt 21 toten Nutztieren, zehn Jahre später lag die Zahl bei 28 Vorfällen insgesamt und immerhin auch 66 toten Tieren. Und dass das für die Tierhalter immer ein Dilemma darstellt und eine Tragödie, ist doch vollkommen klar. Aber vor diesem Überdramatisieren von einigen kann ich nur ausdrücklich warnen. Diese Zahlen sind nicht nur alarmierend, sie machen auch bewusst, welche wirtschaftlichen und auf der anderen Seite auch

welche emotionale Last auf den Leidtragenden liegt, und das sind insbesondere die Landwirte und das sind zum Teil eben auch Nebenerwerbslandwirte, die eine ganz besondere Beziehung zu ihren Tieren haben. Ich bin auch Tierhalter und deswegen habe ich immer wieder gesagt, die Sicherheit des Menschen steht an erster Stelle, aber es muss auch gelingen, die Tiere so abzusichern, dass ein Übergriff von Wölfen auf die Nutztiere in der Weidehaltung möglichst zu unterbinden ist.

Ich muss Ihnen ausdrücklich sagen, auch in Bezug auf die Schafhalter und die Ziegenhalter, die im Übrigen ja in den letzten Tagen hier waren: Auch der Fall in Vorpommern hat mir sehr deutlich gezeigt, dass der eine oder andere Tierhalter sich seiner Verantwortung zum ordnungsgemäßen Schutz der Tiere nicht hundertprozentig bewusst war. Das kann ich beweisen. Dass das dann medial emotional hochgefahren wird, ist das eine, aber die Verantwortung, seine Tierbestände zu schützen und damit die Wölfe nicht anzufüttern, ist die andere Grundaussage für die politischen Aktivitäten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Artenschutz kann nur erfolgreich sein, wenn diejenigen, die scheinbar oder tatsächlich dadurch Einschränkungen erfahren, mitgenommen werden. Wir brauchen hier einen Konsens. Im Übrigen sage ich ausdrücklich, wir haben ein Wolfsmanagement. Das Wolfsmanagement funktioniert in diesem Land und wir werden ja dankenswerterweise auch durch die Unterstützung meiner Fraktion noch zusätzliches Personal bereitstellen. Die Ausschreibungen laufen zurzeit, sodass wir dann ein Wolfsbüro mit Sachkompetenz in Mecklenburg-Vorpommern haben werden. Dies ist im Übrigen die oberste Maxime meiner Wolfspolitik, die Menschen mitzunehmen und nicht Angst und Schrecken zu verbreiten, die ich in den vergangenen Wochen mit außerordentlicher Vehemenz an den unterschiedlichen Stellen zum Ausdruck gebracht habe.

Und, Frau Schlupp, ich will Ihnen an dieser Stelle ausdrücklich danken für die sachliche Art und Weise, die Sie uns in den letzten Wochen und Monaten zu dem Thema entgegengebracht haben.

Auf der Agrar- und Umweltministerkonferenz und den verschiedenen Konferenzen stand durch meine Arbeit und die unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wolf regelmäßig seit anderthalb bis zwei Jahren dauerhaft auf der Tagesordnung, zuletzt im November 2017. Auch wenn dies nicht den Anschein erweckt, dort konnten wir gewisse, doch deutliche Durchbrüche erreichen. Im Übrigen, Baden-Württemberg war ja in den letzten Wochen und Monaten auch dagegen. Mittlerweile hat man dort zur Kenntnis genommen, dass es Wölfe gibt, und mittlerweile ändert sich auch deren Auffassung – in Klammern: insbesondere bei dem Ministerpräsidenten Herrn Kretschmann und bei dem zuständigen Umweltminister. Es ist uns erstmalig gelungen, einstimmige Beschlüsse zu fassen, insbesondere dann auch durch die geführten Häuser auf Bund- und Länderebene aufzufordern, Wolfsmanagement und klare Rechtsvorschriften zu erlassen. Ich gehe ausdrücklich davon aus, dass der Beschluss der Umweltministerkonferenz und der Agrarministerkonferenz vom November dazu führen wird, dass wir im ersten Halbjahr – und daran wird sich auch die neue Bundesregierung messen lassen müssen –, im ersten Halbjahr rechtssichere Kriterien zur Bewirtschaftung von Wölfen erlassen werden.

Deswegen haben wir die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern aufgefordert, und das kommt Ihrem Antrag ja genau entgegen,

endlich eine klare Definition zu Wölfen vorzulegen,

zweitens den Erhaltungszustand der Tierart Wolf dar

zulegen und eine Aktualisierung der Habitatanalyse vorzunehmen, im Übrigen auch im Zusammenhang mit den Populationen der Nachbarländer, insbesondere Polen,

drittens Möglichkeiten zur Vergrämung von Wolfen

gemeinsam mit den Ländern praxistauglich weiterzuentwickeln

und viertens konkrete Anforderungen an Präventi

onsmaßnahmen zu formulieren und rechtssichere und praktisch umsetzbare Hinweise beim Umgang mit auffälligen Wölfen zu erarbeiten.

Ein weiterer Erfolg war das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen. Ich war darin selbst aktiv eingebunden und ich gehe davon aus, dass Sie das gelesen haben. Ich darf zitieren aus der Koalitionsvereinbarung: „Im Umgang mit dem Wolf hat die Sicherheit der Menschen oberste Priorität. Wir werden die EU-Kommission auffordern, den Schutzstatus des Wolfs abhängig von seinem Erhaltungszustand zu überprüfen, um die notwendige Bestandsreduktion herbeiführen zu können. Unabhängig davon wird der Bund mit den Ländern einen geeigneten Kriterien- und Maßnahmenkatalog zur Entnahme von Wölfen entwickeln. Dazu erarbeiten wir mit der Wissenschaft geeignete Kriterien für die letale“, also tötende „Entnahme. Wir wollen, dass Wölfe, die Weidezäune überwunden haben und für den Menschen gefährlich werden, entnommen werden.“

Ich glaube, klarer kann man das jetzt nicht mehr ausdrücken. Das ist deutlich mehr als das, was bisher gefordert wurde und politisch erreichbar war. Und ich sage an dieser Stelle auch noch mal ausdrücklich, dass unsere Ministerpräsidentin in den Endverhandlungen dabei eine sehr wichtige Rolle gespielt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, es wird deutlich, dass der Antrag, der hier gestellt worden ist, mittlerweile überholt worden ist, und ich darf abschließend auch noch mal ausdrücklich sagen, um ein wirksames Management durchzuführen, bedarf es einer europarechtlichen Anpassung, die wir im Übrigen anstreben. Da hilft es nichts – ich hoffe, Sie haben sich wirklich mit dem Jagdrecht auseinandergesetzt, das kam ja von der CDU in der Vergangenheit auch –, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Erstens lehnen es die Jäger ab, die Jägerschaft lehnt es ganz klar ab, und zum Zweiten wäre es so, wenn Sie das jetzt aufnehmen wollen, würde es bedeuten, dass die Jägerschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern die kompletten Schäden, mit allem, was dazugehört, komplett zu tragen hat. Das kann man der Jägerschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht zumuten und deswegen lehne ich das ausdrücklich auch ab.

Also, meine Damen und Herren, erwarten wir nun, dass die neue Bundesregierung nach dem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag handelt. Insofern hoffe ich wirklich sehr, dass hier unverzüglich Maßnahmen eingeleitet werden, und Sie können mir glauben, dass ich dieses Thema

nicht nur zur Chefsache gemacht habe, sondern dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hochgradig daran interessiert sind, endlich rechtssichere und klare Entscheidungen treffen zu können. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Strohschein.

(Torsten Renz, CDU: Die Redezeit wurde aber überzogen. – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Bürger und Abgeordnete! Der Antrag der BMV ist grundlegend richtig. In Mecklenburg-Vorpommern hat sich eine Wolfspopulation breitgemacht, die offensiv geregelt werden muss.

Und, Herr Minister, Ihre Voraussagen, die Sie vor einem Vierteljahr getan haben, wie Sie es hier gesagt haben, haben sich bestätigt. Ich habe vor einem Jahr auch eine Voraussagung gemacht in unserem Ausschuss, dass wir im Jahr 2020 circa 200 Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern haben werden. Ich denke mal, da liege ich wahrscheinlich auch nicht so falsch.

Die Haltung der Landesregierung und der Wolfsfans im Lande ist unsäglich. Der Wolf tötet ja nicht durch einen Kehlbiss, angebissene Tiere quälen sich stundenlang bis zum Tode, ja, manchmal auch tagelang. Wenn sich Tierschützer sonst für jede Katze engagieren, die vermeintlich nicht vom Baum runterkommt – wenn sie Hunger und Durst hat, kommt sie sowieso von alleine runter.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, aber ich habe selten von Wölfen gehört, die auf Bäumen sitzen.)

Na ja, Frau Rösler!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)