Protocol of the Session on March 16, 2018

Die Reihen lichten sich, sehe ich gerade.

(Tilo Gundlack, SPD: Die haben alle Angst vorm Wolf. – Peter Ritter, DIE LINKE: Muss nicht unbedingt am Wolf liegen.)

Das Argument lasse ich nicht gelten. Der Wolf ist ein sehr dringendes und akutes Problem. Es vergeht fast keine Woche, wo nicht eine Nachricht durch die Medien geht: Wieder eine neue Sichtung oder ein neuer Vorfall mit Wölfen. Wir können eins machen, wir können die Hände in den Schoß legen, aber ich denke, das will auch keiner von Ihnen. Dann überrollen uns ja irgendwann die Probleme, und das, bin ich sicher, will niemand.

Ich möchte eines vorwegsagen: Es geht uns in der Diskussion über den Wolf nicht um ein plakatives „Ja, wir wollen den Wolf“ oder „Wir wollen den Wolf nicht“. Ich glaube, niemand möchte den Wolf wieder ausrotten in Deutschland. Es geht um einen vernünftigen Umgang mit dem Wolf, um Gefahrenabwehr und um eine einheitliche Regelung, die eine Regulierung des Bestandes ermöglicht.

Allein in diesem Jahr – und wir sind erst im März – gab es in Mecklenburg-Vorpommern vier Angriffe auf Nutztiere. Vor Kurzem wurde in der Nähe der Gemeinde Preetz ein Wolf gesichtet, also keine fünf Kilometer von meinem Wohnort entfernt,

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

und ich wohne einen Kilometer vor Stralsund.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da würde ich mal drüber nachdenken. – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Na ja, ich weiß nicht, ob das so lustig ist. Also das finde ich schon ein bisschen makaber hier.

(Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Dieses Gebiet ist aber kein Wolfsgebiet und bestätigt unsere Meinung, dass es eine Entschädigung für alle von Wolfsangriffen Betroffenen geben muss.

Sagen Sie mir, Herr Minister, wie wollen Sie die offene Weidehaltung mit der ungezügelten und unkontrollierten Ausbreitung des Wolfes in Übereinstimmung bringen?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Merkel ist schuld.)

Ausbaden muss es doch letztendlich der Kleine, der private Schafhalter. Der Rinderhalter, der kann auch nichts dafür, der hat es auch auszubaden. Sollen die Kosten für ein fehlendes Wolfsmanagement von diesen Leuten getragen werden? Wir können die Leute doch nicht mit ihren Problemen alleinlassen!

Wie soll denn die Einzäunung, die wolfssichere Einzäunung, für den privaten Halter funktionieren? Wir können ja nicht mal voraussagen, wo der Wolf das nächste Mal zuschlägt, und der private Halter steht dann alleine da und muss es ausbaden. Inzwischen gibt es in Deutschland Orte, da trauen sich die Menschen manchmal nicht mehr auf die Straße, da werden Hunde auf dem geschlossenen Hof von Wölfen angegriffen und die Kinder können nur in Begleitung zur Schule gehen. Und denen erzählen Sie mal schön, mit dem Wolf!

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

In den Wald traut sich dort niemand mehr,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Was sollen wir dem erzählen?)

das grenzt ja schon fast an Zustände wie im Mittelalter.

(Der Abgeordnete Jörg Heydorn bittet um das Wort für eine Anfrage. – Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Wie sollen die Menschen sich dort schützen? Ich weiß nicht, ob Pfefferspray da ausreicht und einen Wolf abschrecken kann. Es kann ja auch nicht die Lösung sein, dass wir nur mit Pfefferspray bewaffnet in den Wald gehen.

Ich frage auch: Wie lange kann das noch gutgehen? Die Akzeptanz für diese ungezügelte Ausbreitung des Wolfes in der Bevölkerung kippt bereits, zu Recht. Verantwortung heißt handeln und nicht einknicken vor jedem grünen Schreihals. Ich glaube, wir hätten im Land bereits tätig werden können,

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

schließlich sind es auch auf Bundesebene CDU und SPD, die in der Regierungsverantwortung stehen. Jede Oppositionspartei im Bund hat hier einen Handlungsbedarf ausgemacht. Das sollte Grund genug sein, selbst tätig zu werden und eine eigene parlamentarische Initiative für ein Wolfsmanagement vorzulegen, damit wir eine schnelle Lösung finden. Mecklenburg-Vorpommern kann dabei eine Vorreiterrolle übernehmen und zeigen, wie es geht. Setzen Sie sich für einen Gesetzentwurf ein, in dem

der Wolf als jagdbare Tierart in das Bundesjagdgesetz aufgenommen wird, und machen Sie sich für die Aufnahme des Wolfes in den Anhang V der FFH-Richtlinie stark! Die Fraktion der Bürger für Mecklenburg-Vorpommern begrüßt es, dass sich im Deutschen Bundestag alle Oppositionsparteien für eine Neuregelung im Umgang mit dem Wolf einsetzen. Dies zeigt, dass die Frage nach der Handhabung akut ist.

Meine Damen und Herren, ich möchte hier noch mal kurz anführen, der NABU hält 400 Wolfsrudel in Deutschland für angebracht – völlig abwegig und verantwortungslos! Und wer sich mal bei Ländern, die von jeher Erfahrung im Umgang mit dem Wolf haben, umschaut, der wird feststellen, welch hanebüchener Unsinn uns hier im Umgang mit dem Wolf aufgetischt wird. Zum Beispiel in Kanada, da gibt es eine Broschüre zum Umgang mit dem Wolf, und da heißt es: „Lassen Sie Ihre Kinder unter anderem nicht allein an Bushaltestellen stehen.“

Also meine Damen und Herren, es besteht dringender Handlungsbedarf.

(Tilo Gundlack, SPD: Das als Vergleich zu nehmen, finde ich schon spannend.)

Da ich weiß, dass Ihnen das Thema am Herzen liegt, beantrage ich die Überweisung in den Ausschuss. Das würde dem Bürger auch das Zeichen geben, jawohl, die kümmern sich, und wir haben den guten Willen, das Problem zu lösen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV und Jürgen Strohschein, AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und wir verfahren danach. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Freitagnachmittag und der Wolf ist wieder Thema. Es vergeht ja keine Landtagssitzung, in der wir uns nicht mit dem Wolf beschäftigen.

(Ralf Borschke, BMV: Das zeigt die Probleme. Es ist akut. – Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Herr Borschke, ich würde Sie ja sehr, sehr gerne mal fragen: Haben Sie schon mal, jetzt in den letzten Jahren, einen lebenden Wolf in freier Wildbahn gesehen?

(Ralf Borschke, BMV: Fünf Kilometer vor meinem Haus.)

Haben Sie ihn gesehen?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Fünf Kilometer vor seinem Haus soll einer vorbeigegangen sein.)

Gut.

Und auf der anderen Seite ist das Thema,

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

auf der anderen Seite ist das Thema sicher nicht zu bagatellisieren.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Er hat sich nicht näher rangetraut.)

Aber der Wolf ist nach wie vor ein Thema, mit dem wir uns in Deutschland auseinandersetzen, auch wenn die Anzahl der Wolfsrisse und Schafsrisse üblicherweise im Winter sehr gering ist. Insofern begrüße ich, dass wir dieses Thema erneut auf der Tagesordnung haben, und möchte Sie über die Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren eingeleitet haben, gerne informieren.

(Torsten Renz, CDU: Der Blick in die Zukunft aber auch, ne?)

Dazu darf ich Ihnen sagen, dass ich davon ausgehe, dass die neue Bundesregierung sich an den Koalitionsvertrag hält, und ich werde Ihnen das Zitat nachher auch noch mal vorlegen. Ich bin ja an den Verhandlungen selber beteiligt gewesen. Insofern darf ich eins schon vorwegnehmen: Ich halte diesen Antrag für überflüssig, weil wir an dem Thema permanent arbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch vor drei Monaten wurde ich in Deutschland beschmunzelt und belächelt, als ich gesagt habe, dass ich davon ausgehe, dass wir in Deutschland circa 60 Wolfsrudel haben. Man hat vor einem halben Jahr immer noch von 42 Rudeln gesprochen. Mittlerweile ist bestätigt, es ist so, wir haben 60 Rudel, wir haben im Übrigen 13 Wolfspaare und drei einzeln ansässige Wölfe in Deutschland. Wenn man das mal 10 nimmt, das habe ich damals auch gesagt, gehe ich davon aus, dass die Wissenschaft und die wissensbasierten Grundlagen sagen, wenn wir bei über 1.000 Wölfen in Deutschland angekommen sind, werden wir eine, glaube ich, einigermaßen stabile Population haben und damit Bewirtschaftungsmaßnahmen nach dem Anhang V beantragen können.

Im Übrigen, mein Kollege Herr Lies aus Niedersachsen – vielleicht haben Sie es gelesen, sonst gehen Sie einfach mal auf die Seite des Ministeriums in Niedersachsen – ist gerade in Brüssel gewesen und hat genau die gleiche Antwort bekommen, die ich bekommen habe in Brüssel, dass man aus der Bundesrepublik Deutschland Anträge stellen muss. Ich gehe davon aus, dass das Bundesumweltministerium in Zusammenarbeit mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium jetzt hierzu Maßnahmen einleitet.

Ob es nun genauso viele zurzeit noch sind, wie ich hier angesprochen habe, oder die Dunkelziffer sogar deutlich höher liegt, das will ich offenlassen, aber eins ist klar, wenn wir die Zahlen aus 2012/2013 noch im Kopf haben – da waren es 18 Rudel, 7 Paare und 4 Einzeltiere –, haben wir es mit einer deutlich ansteigenden Population in Deutschland, in Europa insgesamt zu tun.

Die Wolfspopulation ist natürlich eine zentrale Botschaft des Artenschutzes, des Naturschutzes. Als Umweltminister sage ich hier und heute noch mal, ja, auch der Wolf hat seine Berechtigung und hat das Recht, in Deutschland zu leben, damit das ganz klar ist.

(Zuruf von Ralf Borschke, BMV)