Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ja so, dass die Artenvielfalt – da hat mich der Minister Backhaus gerade noch mal drauf gebracht – sich in den letzten Jahren sehr, sehr verändert hat. Der Minister Backhaus hat gerade gesagt, dass Wissenschaftler herausgefunden haben, dass etwa 50 Prozent der Arten seit ungefähr 440 Millionen Jahren – die vor 440 Millionen Jahren gemessen worden sind, so hatten Sie sich ausgedrückt, Herr Minister –,
50 Prozent der Arten verschwunden sind. Ich meine, da kann der Mensch nicht groß was dafür, weil seit 70.000 Jahren lebt erst der Mensch aktiv auf diesem Erdball. Jetzt müsste man herausfinden, zu wie viel Prozent ist der Mensch daran schuldig. Aber das ist nur ein Punkt, Herr Backhaus.
Ein zweiter Punkt, der mich dabei sehr interessiert, ist, dass Sie gesagt haben – das hängt auch mit dem Insek
tensterben und dem Vorhandensein der Insekten zusammen –, Sie haben festgestellt, dass in den Naturschutzgebieten eine wesentlich größere Artenvielfalt zu finden ist als vorher in der Kulturlandschaft. Das heißt also, Sie haben für beides Statistiken. Für das Gebiet, wo jetzt das Naturschutzgebiet ist, der Nationalpark, gibt es Erhebungen, wie früher die Biodiversität auf diesem Gebiet gewesen ist, und Sie haben jetzt wieder eine gemacht. Die hätte ich gerne, weil wenn sie jetzt noch größer geworden ist, hat aber dieses Gebiet vorher schon einen naturschutzfachlich recht hohen Stellenwert gehabt. Das heißt, wir haben ihn unter Schutz gestellt und jetzt ist der Stellenwert noch höher gegangen, …
… weil bei einigen Sachen vor Ort, wenn man mit offenen Augen durch die Natur geht und sich mit einigen Pflanzen und Tieren etwas auskennt, sieht man doch, dass sich die Biodiversität vielleicht nicht vergrößert, aber verändert hat. Das wäre sehr interessant, darüber mal ein paar schriftliche Belege zu bekommen.
Aber kommen wir zurück zu dem Insektensterben, was ich für bedrohlich halte. Ich muss sagen, wenn man auf die Landwirtschaft schaut, und es geht ja immer wieder so aus, dass man sich zuerst auf die Neonikotinoide, die Pestizide beruft, die dafür verantwortlich sind, dass ein großes Artensterben erfolgt, dass die Urbanisierung dafür verantwortlich ist, dass der Rückgang der Hecken, Sie haben es angesprochen, dafür verantwortlich ist, aber insgesamt, denke ich, und das hat Herr Backhaus gesagt, tun die Landwirte eigentlich schon sehr viel, um die Artenvielfalt zu erhalten. Ich möchte daran erinnern, dass die Landwirte ja gerade auch ohne Insekten, ohne Artenvielfalt ihrer Hauptaufgabe, die Bevölkerung mit Nahrung zu versorgen, gar nicht nachkommen können. Sie sind eigentlich daran gebunden, dass die Insekten durch ihre Bestäubungsleistung den Bauern behilflich sind bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln.
Zu den Ursachen, zu möglichen Folgen oder was wir machen müssen die nächste Zeit haben meine Vorredner genügend gesagt. Ich bin, wie gesagt, davon überzeugt, dass wir etwas machen müssen, um dieses Insektensterben einzudämmen.
Was ich nicht ganz verstehen kann, das ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Das sieht mehr nach Aktionismus aus. Frau Schwenke, ich denke, wir sollten erst mal eine wahre Ursachenforschung machen, um herauszukriegen, was ist die Ursache dafür, und nicht von vornherein irgendetwas aus der Situation heraus machen, etwas verbieten und dann mal gucken, ob wir damit wirklich recht haben, wie wir es in so verschiedenen anderen Sachen schon getan haben. Deshalb werden wir Ihren Änderungsantrag ablehnen. Ansonsten bitte ich um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsparteien. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zunächst erst mal froh, dass hier niemand das Insektensterben oder den Rückgang der Population komplett geleugnet hat. Ich war mir nicht ganz sicher, zumindest am Anfang klang das bei Herrn Strohschein so, aber er hat sich ja dann noch eingekriegt und hat gerade, was die Landwirtschaft betrifft, ganz viele Dinge genannt, die sich in der Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, in den letzten Jahrzehnten so stark verändert haben, was natürlich Auswirkungen hat auf die Artenvielfalt, und das nicht nur bei den Insekten, aber auch bei den Insekten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Vorredner haben alle im Prinzip schon gesagt, wie wichtig es ist, dass wir das Insektensterben erst mal zur Kenntnis nehmen, welchen Einfluss dieses auf das Ökosystem hat und natürlich damit auch auf unser Leben. Das will ich mir deshalb sparen, auch um Zeit zu sparen, und direkt zum vorliegenden Antrag kommen.
Wenn man sich den Antrag ansieht, fällt einem sofort auf, dass Sie im Wesentlichen den Bund auffordern, etwas zu tun. Ich meine, es wäre eigentlich ziemlich beschämend, und der Minister hat das auch hier deutlich gemacht, dass das so nicht ist, dass wir von unserer Landesregierung nichts anderes als Berichte abzugeben verlangen. Aber Sie schränken ja selbst das noch ein, und das finde ich dann ehrlich gesagt doch ein bisschen wenig ambitioniert, um es mal so auszudrücken, ich zitiere, „zu berichten, welche Maßnahmen und Programme des Landes bereits bestehen und geeignet sind, um den Rückgang von Insekten in der Landschaft aufzuhalten“. Zitatende.
Meine Damen und Herren, wenn die bereits bestehenden Programme – und ich leugne ja nicht, dass es welche gibt – geeignet wären, den Rückgang aufzuhalten, dann wäre die Dramatik heute nicht so groß, wie sie ist. Die Programme haben nicht ausgereicht, das Insektensterben zu stoppen. Zumindest nachbessern,
zumindest nachbessern müssen wir, und auch das wird nicht reichen, das Nachbessern, wir brauchen neue Maßnahmen, auch neue Instrumente.
Die Umweltministerkonferenz hatte ja Ad-hoc-Maßnahmen – so viel zu Aktionismus, Herr Kollege Lenz – beschlossen. Wie sieht es damit aus, wie weit sind wir da gekommen hier im Land? Welche Ideen darüber hinaus haben wir außerdem noch? Das müssen wir zumindest mit in Betracht ziehen.
Und, Frau Aßmann, natürlich brauchen wir – insofern ist das auch richtig, was im Antrag steht –, natürlich brauchen wir eine gesicherte Datenlage. Ich habe ja selber eine Kleine Anfrage zu dem Thema gestellt und musste feststellen, dass wir die nicht haben. Natürlich brauchen wir das. Der Minister hat allerdings schon gesagt, und das möchte ich hier noch mal betonen, so ganz unwissend sind wir nicht, wo Ursachen liegen für das Insektensterben. Also wir wissen schon einiges. Und so wichtig Forschung ist, nicht zuletzt hat mein Kollege Fritz Tack in der vergangenen Legislaturperiode auch immer wieder
gefordert, dass wir wissenschaftliche Grundlagen für unsere Entscheidungen brauchen, aber Forschungen...
Das sagt Ihr Minister immer. Er hat wissenschaftliche Grundlagen – ich will kein Plagiat betreiben und Begriffe des Ministers verwenden –, also Fritz Tack hat immer wieder gesagt, wir brauchen wissenschaftliche Grundlagen für unsere Entscheidungen. Das ist ja auch richtig. Aber Forschung alleine wird das Insektensterben nicht stoppen können. Wichtig ist, welche Schlussfolgerungen wir ziehen. Darauf kommt es an.
Natürlich, Herr Minister, Sie haben völlig recht, es ist kein kurzfristiges Phänomen, das sehe ich genauso, aber es ist auch nicht vom Himmel gefallen, also wir erleben das ja schon in den letzten Jahrzehnten. Das Sterben von Insekten beobachten nicht nur die Krefelder, sondern ebenso Umweltverbände, wie auch immer Sie sie bezeichnen. Ich halte sie für seriöse Menschen, die das nicht auf blauen Dunst hin ermitteln. Die haben seit Langem schon auf Ursachen hingewiesen, sodass wir also tatsächlich nicht bei null anfangen. Wir wissen seit beinahe zwei Jahrzehnten, was Ursachen sind, zumindest, was einige Ursachen sind, und dass die angegangen werden müssen, wenn wir tatsächlich ein Stoppschild setzen wollen. Einige hat die Landesregierung in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage ja selber benannt.
Außerdem gibt es wie gesagt zahlreiche Untersuchungen dafür, auch in Ihrem Antrag in der Begründung stehen einige.
Und bei aller Wertschätzung für die Landwirtschaft, dass sie nicht ganz unschuldig daran ist, also das müssen wir ja im Prinzip alle anerkennen, aber es ist nicht nur die Landwirtschaft, natürlich, sondern es geht auch um das, was schon Herr Strohschein genannt hat, die Entwicklung in den urbanen Räumen, was passiert in den Städten, wie geht es weiter mit der Bodenversiegelung, was macht das Klima mit unserer Artenvielfalt. Alle diese Dinge müssen wir betrachten, und das sind auch Dinge, die wir seit Langem wissen, wo wir nicht erst anfangen, darüber nachzudenken, könnte das eine Ursache sein. Deshalb meine ich, wir haben bei vielen Dingen ein Umsetzungsproblem und kein Erkenntnisproblem.
Ich will Ihnen auch sagen, dass wir nicht weitere Jahrzehnte warten können, bis Forschungsergebnisse vorliegen. Herr Kollege Krüger, Sie selbst haben in der 77. Sitzung des Landtages in der 6. Legislatur, damals waren Sie noch agrarpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion, zum Thema „Nahrungsangebot für Bienen“ gesprochen
und haben drei Hauptursachen für die schwierige Situation der Bienen genannt: erstens den Pestizideinsatz.
Das sehen wir auch so, das ist völlig richtig und das spielt auch für andere Insekten eine große Rolle.
Zweitens haben Sie die Parasiten genannt, auch das teilen wir, und drittens die teils konzentrierte und monotone Landbewirtschaftung.
Sicher wissen wir noch nicht alles, aber einige Antworten kennen wir schon. Darauf müssen wir jetzt reagieren und können nicht auf die Ergebnisse von Bundesprogrammen warten. Wir müssen also darüber reden, warum die Maßnahmen zum Schutz der Insekten nicht ausreichen, und dann muss es darum gehen, Gas zu geben, nicht im Auto, um schnell nach Hause zu kommen, sondern bei der Umsetzung von Maßnahmen.
Ich schlage vor, dass der Agrarausschuss von mir aus über die Maßnahmen des Landes unterrichtet wird, so, wie es drinsteht, aber dann auch bitte mit entsprechenden Überlegungen, wie die Programme verbessert und ausgeweitet werden können. Danach sollte nach unserem Vorschlag der Agrarausschuss eine Anhörung durchführen. Dort können wir mit Experten darüber diskutieren, was aus deren Sicht für eine positive Entwicklung der Insekten notwendig ist. Konkret müssen wir uns um die Frage kümmern zum Beispiel, wie unsere Landwirtschaft zu transformieren ist. Dazu habe ich ja schon im Agrarausschuss gesagt, dass mir der Ansatz von Minister Backhaus sehr gut gefällt. Welche Alternativen gibt es zum Pestizid- und Herbizideinsatz auch in der konventionellen Landwirtschaft? Welche Verbesserungen müssen in der Beziehung zwischen Gesellschaft und Natur angestoßen werden? Was muss in den Großschutzgebieten getan werden? Was tun wir gegen die fortschreitende Versiegelung des Bodens? Was tun wir in den Städten? Alles das sind wichtige Fragen, denen wir uns stellen müssen.
Und ich wiederhole, was der Landwirtschaftsminister mehrfach schon gesagt hat: Wer meint, dass alles so bleiben kann, wie es ist, der wird verlieren.
Ich gebe Ihnen Brief und Siegel, wenn wir das alles getan haben im Agrarausschuss, werden wir schlauer sein und mehr Möglichkeiten zum Handeln haben, als ein Aktionsprogramm oder ein langwieriges Monitoring durch den Bund irgendwann mal bietet. Der Koalitionsvertrag im Bund bietet einige richtige Ansätze, ein Aktionsprogramm Insektenschutz oder ein wissenschaftliches Monitoringzentrum zur Biodiversität. Sich darauf zu verlassen, reicht nicht, und ich bin froh, dass der Minister das auch so sieht.
Schauen wir mal nach Sachsen zum Beispiel! Dort wurde bereits eine Anhörung zum Thema Insektensterben durchgeführt. Ein zentrales Ergebnis war, dass das breit angelegte mehrjährige Monitoring, auf das sich die Umwelt- und Agrarminister der Länder geeinigt haben, erst kurz vor dem Jahr 2030 greifbare Ergebnisse bringen kann. 2030, meine Damen und Herren! Bis dahin haben wir weitere unzählige Arten bereits zu Grabe getragen. Nur auf den Bund zu schielen und auf „Ende gut, alles
Deshalb, meine Damen und Herren, finden Sie unseren Änderungsantrag auf Ihren Plätzen. Ich bitte natürlich für den Änderungsantrag um Zustimmung. Neben der Änderung bei der Themenauswahl für die Berichterstattung im Ausschuss ist unser Antrag auch ein Punkt, Eigenverantwortung des Landes ernst zu nehmen. Ihrem Antrag werden wir trotzdem zustimmen.