Protocol of the Session on December 15, 2017

dass wir nur 73 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung eingespart haben. Was er auch noch geschrieben hat, ist, dass das durch den Altersabgang sowieso so gewesen wäre.

Aber da möchte ich noch mal den Blick auf 2011 und Folgejahre zurückrichten. Was hatten wir denn da für eine Situation? Wir wollten die Kreisstrukturreform 2006 auf den Weg bringen, auch aus gutem Grund, denn 2011 haben wir mit der Doppik massiv angefangen. Nun hatten wir die Situation, dass 2011 die Verpflichtung zur Umsetzung der Doppik zur gleichen Zeit passierte wie die Umsetzung der Kreisstrukturreform, und das war eine Wahnsinnsaufgabe, die unsere Verwaltungen trotz alledem irgendwie gemeistert haben, und das ohne einen wahnsinnigen Stellenaufbau, sondern einen zwar mäßigen, aber doch geringen Stellenabbau. Und dann erinnere ich Sie an 2015, da kamen in der ganzen Zeit der laufenden Digitalisierung, die ein Umdenken, eine Weiterentwicklung, eine Schulung und so weiter der Verwaltungsmitarbeiter erforderte, die großen Herausforderungen auf uns zu, die die Flüchtlingswelle mit sich brachte. Auch das wurde gemeistert und unsere Verwaltungen, denke ich mal, sind daran gewachsen, auch, was ihre Professionalisierung angeht.

Ich denke mal ein paar Jahre weiter. Wir haben auch in diesem Bereich tatsächlich viele Altersabgänge zu erwarten. Die Ausbildungsverhältnisse haben sich aus diesem Grund schon wesentlich erhöht. Wir werden dazu noch viel mehr Effizienzgewinn an der Stelle bekommen.

Dann will ich noch auf ihren letzten Big Point eingehen, und zwar die wirtschaftliche Dimension. Dazu muss ich Ihnen sagen, ich kann Herrn Professor Klüter nicht nachvollziehen.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Ich meine, er kann natürlich die eine oder andere Theorie entwickeln. Für mich ist er so ein bisschen das Gegenteil von dem, was Professor Weber von der Denkart her angeht, wobei in diesem Zusammenhang er seinen Blick auch nach hinten richtet. Hier richtet er seinen Blick nach hinten. Er nimmt die Kreisstrukturreform 2011, bringt aber Beispiele der Kreisstrukturreform von kurz nach der Wende, weil er eigentlich darauf abzielt, dass wir die alten Stadtkreise wiederhaben müssten, um bestimmte Zentren – er hat ja auch einige ganz konkret angesprochen – mehr mit Leben zu erfüllen. Es ist in der Tat so, wir haben zwar einige Standorte aufgegeben, nicht alle, aber wir haben viele Außenstellen. Das hat, finde ich, der Wirtschaftsminister hier sehr schön ausgeführt, aber wir haben nicht wirklich Personal abgebaut in dem Sinne, und so ist die Kaufkraft geblieben. Diese hat sich vielleicht ein bisschen verlagert, aber in dem Kreis, innerhalb der Kreisgebiete. Nur, weil ich verschiedene Verwaltungsstandorte in einem Kreis zusammenziehe, bleiben diese trotzdem in dem Kreis. Da hat sich punktuell sicherlich etwas verschoben und punktuell mögen sogar diese Berechnungen stimmen, aber das kann man nicht verallgemeinern.

Wenn man sich die Wirtschaftskraft Mecklenburg-Vorpommerns anguckt, dann muss man, glaube ich, sogar noch mal einen Schritt weiter zurücknehmen, denn wir haben, wenn man sich allein die Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns anschaut, ein Auf und Ab, auch im

Bevölkerungswachstum. Nicht umsonst haben Sie ja vorhin auch ganz konkret Militäreinrichtungen und so weiter angesprochen, denn wir wissen, nachdem hier dieses Großgutstum, sage ich mal, mit dem Krieg praktisch sein Ende fand, gab es erst mal in MecklenburgVorpommern eine große Zuwanderung von ausgebombten Leuten aus allen möglichen Bereichen, nicht nur aus dem Osten, auch aus dem Westen, die aber nur kurz blieben und eigentlich weiter wollten. Da hat die DDR seinerzeit durch solche Maßnahmen, Militäreinrichtungen anzusiedeln, aber auch die bäuerlichen Großbetriebe, also die LPGen einzurichten, dafür gesorgt, dass die Abwanderung eigentlich gestoppt wurde.

Aber dann gab es eine weitere riesige Abwanderungswelle, nämlich vor dem Bau der Mauer und nach dem Fall der Mauer gleich noch mal. Das hat zu massiven Einwohnerverlusten geführt und gerade bei uns im Osten des Landes sind viele junge Frauen, potenzielle Mütter, gut ausgebildet, also schlaue Frauen, abgewandert. Ich glaube, das ist etwas, was uns auf die Füße fällt und was unser Wachstum in mehrerer Hinsicht tatsächlich ein wenig hemmt. Das ist eine Entwicklung, die sehr unschön war, und das ist auch ein Grund, weil man das natürlich immer gesehen hat, dass wir landesseitig das gemacht haben, was wir jetzt ebenfalls tun, um den Landesteil, den östlichen Landesteil noch attraktiver zu machen.

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Ich glaube, auch in der letzten Legislaturperiode ist da schon viel passiert. Das hat der Minister ausgeführt. Ich will auch jetzt nicht auf Herrn Dahlemann näher eingehen, aber wir haben zum Beispiel die Interministerielle Arbeitsgruppe, die sich zusammensetzt, um Konzepte für den ländlichen Raum in Vorpommern, also diese ländlichen Entwicklungsräume zu finden, damit man den Akteuren vor Ort etwas anbieten kann, was sie selbst annehmen können, um ihren Raum, um ihre Gemeinden wieder attraktiver zu machen.

Letztendlich wohnen wir alle in unseren Gemeinden und da sollte die Musik spielen. Da sollten wir das finden, was wir meinen, zum Leben zu brauchen. Wenn ich der Meinung bin, ich muss jeden Tag ins Theater, ziehe ich nach Schwerin. Mir sind andere Dinge noch wichtiger, deswegen fühle ich mich da wohl, wo ich wohne, aber das ist eine Entscheidung der Menschen vor Ort. Manchmal braucht es auch Anreize von außen. Diese versuchen wir jetzt zu schaffen, damit das Leben in den Gemeinden wieder attraktiver wird und keine weitere Abwanderung, sondern bestenfalls eine Zuwanderung stattfindet.

In diesem Sinne denke ich, man kann alles besser machen. Sicherlich hätte man auch die Verwaltungsstrukturreform besser machen können, aber wir leben im politischen Raum von Kompromissen, und das ist einer. Ein Rückdrehen kann es überhaupt nicht geben. Wir müssen dafür noch mal einige Bestandteile weiterentwickeln, aber das werden wir sicherlich tun. Deswegen danke ich Ihnen, dass Sie diesen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung gehoben haben. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Tegtmeier, wenn ich mich recht entsinne, waren Sie 2002 noch nicht Abgeordnete des Landtages,

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD: Das ist richtig, ich hab Sie aber beobachtet.)

und deswegen ist die eine oder andere Widerspiegelung, die Sie hier gegeben haben, nicht ganz richtig.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ach so?)

Das will ich zu Beginn sagen, denn am Anfang der rotroten Reform stand nicht die Idee einer Funktionalreform.

(Marc Reinhardt, CDU: Oha!)

Als Allererstes präsentierte uns Gottfried Timm auf dem Weg in die Staatskanzlei zu den Koalitionsverhandlungen eine Karte mit vier bunten Kreisen, und das war es.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Das stimmt.)

Dass wir dann wenig später über Funktionalreform überhaupt gesprochen haben,

(Torsten Renz, CDU: Ich erinnere mich, genau.)

das ist –

(Martina Tegtmeier, SPD: Das war das Verdienst von Herrn Ritter.)

nein, nicht allein das Verdienst von Herrn Ritter, also so überheblich bin ich nicht – das Verdienst der damaligen PDS-Fraktion.

(Torsten Renz, CDU: Er hat alle überrascht, der Timm.)

Das muss ich hier mal deutlich sagen.

Und, lieber Harry Glawe,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Geburtstagskind.)

lieber Abgeordneter Glawe, es ist gut, dass wir heute über dieses Thema referieren und dass man da auch mal einen Blick über die Landesgrenzen hinweg wirft. Deswegen, meine ich, ist es wichtig, lieber Abgeordneter Glawe – Frau Vizepräsidentin, ich würde gern ein Wort an den Abgeordneten Glawe richten –, dass man aus unseren Erfahrungen lernt und diese an andere Länder weitergibt.

Als Sie von den Landtagswahlen in Thüringen im Jahr 2019 gesprochen haben, habe ich einen Zwischenruf gemacht, der offensichtlich nicht ganz klar angekommen ist. Ich meine, geben Sie dem Kollegen Mohring in Thüringen den guten Rat, dem Fraktionsvorsitzenden dort, nicht so hoch auf die Palme zu klettern, weil es kann ja sein, wovon ich nicht ausgehe, dass er 2019 Thüringen regiert und dann die Reform umsetzen muss.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Erfahrungen haben Sie ja gesammelt, deswegen herzliche Grüße nach Thüringen und er soll mal nicht so sehr …, und so weiter und so fort.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie merken, über das Thema „Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern“ lässt sich trefflich streiten, in diesem Landtag ohnehin, deswegen schönen Dank für die Aufsetzung dieses Themas.

Meine Fraktion war bei diesem Thema zutiefst zerstritten. Die, die länger dabei sind, werden sich daran erinnern, und die, die nicht länger dabei sind, werden sich auch daran erinnern, dass der Chefankläger von damals zum Chefreformer in diesem Land wurde. Herzliche Grüße an Lorenz Caffier in den Bundesrat nach Berlin!

Also diese Reform hat sich in die jüngere Geschichte unseres Landes eingebrannt, als politische, juristische und finanzökonomische Dauerkontroverse. Das betraf den Beginn, das betrifft den Verlauf und das betrifft die Ergebnisse dieses Vorhabens, und deswegen ist es richtig, dass man von Zeit zu Zeit über die Ergebnisse spricht.

Diese Gebietsreform – das will ich dann aber auch hier klar sagen – ist aufgrund ihrer wechselnden Akteure heute kaum für parteipolitische Profilierung geeignet, auch wenn am Ende der Innenminister selbst, wie er meint, die Torte im Gesicht hatte. Als ich das gelesen habe, hatte ich sogar kurzzeitig ein bisschen Mitgefühl mit unserem Innenminister.

(Egbert Liskow, CDU: Recht hat er.)

Recht hat er, ja. Aber es kommt darauf an, ob die Torte schmeckt oder nicht. Das ist ja dann auch noch eine Frage.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten uns davor hüten, die Kreisstrukturfrage nachträglich und künstlich zu überhöhen. Außerhalb des kommunalen Ehrenamtes, in dem sich ja viele auch von uns bewegen, sowie bei den hauptamtlichen und kommunalen Verwaltungen – das sind direkt Betroffene – und bei direkt Betroffenen hat dieses Thema, das muss man so im Rückblick feststellen, kaum landesweite Proteststürme ausgelöst. Es gab hier und da Diskussionen, wenn ich an meinen alten Kreis Demmin denke: Was wird mit Vorpommern? Kann ich mein Vorpommernlied weiter singen? Und so weiter und so fort, aber spürbare Diskussionen oder Proteststürme …

(Marc Reinhardt, CDU: Haben Sie uns nicht gesehen auf der Schlossbrücke, Herr Ritter?)

Ja, Sie haben die in dem Kreis zu Grabe getragen, Herr Reinhardt. Heute sind Sie ganz stolz, dass Sie im Landkreis MSE wohnen. Also man muss natürlich auch die Protestformen von damals mit einem Blick von heute hinterfragen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Alles klar.

Aber wenn wir ehrlich sind, wichtiger war für die vielen Menschen in unserem Land offenbar dann doch die Frage, als es um die Kfz-Kennzeichen ging.