Protocol of the Session on November 16, 2017

Problematisch ist es nicht zuletzt deswegen, weil die kommunale Ebene ein wesentlich breiteres Spektrum an Onlinedienstleistungen zur Verfügung stellt als Bund und Länder. Es stellt sich also die Frage, inwieweit ein Digitalisierungskonzept ohne verpflichtende Teilnahme der Kommune Stückwerk bleibt und welche Anreize gesetzt werden müssen, um Kommunen, die noch über keinen Onlineauftritt und damit verbundene digitale Verwaltungsleistungen verfügen, für einen Portalverbund zu begeistern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen, Barrierefreiheit ist mir eine Herzensangelegenheit, und dies gilt natürlich auch für die Informationsangebote des Landes und der Kommunen. Nicht nur für Menschen mit motorischen und/oder audiovisuellen Einschränkungen ist Barrierefreiheit extrem wichtig. Allein die Entfernungen in unserem Bundesland machen Barrierefreiheit zu einem gesamtgesellschaftlichen Aufgabengebiet und zu einem Thema, das uns alle etwas angeht. Wer im ländlichen Raum beispielsweise nicht mobil ist, hat oft große Probleme, kommunale Informationsangebote wahrzunehmen. Das hat auch etwas mit dem Zustand des ÖPNV zu tun. Aber diese Baustelle will ich hier und heute überhaupt nicht aufmachen.

Zurück zu den digitalen Verwaltungsleistungen: Mit barrierefreien Onlineangeboten würde den Menschen viel abgenommen und der Rückzug der Verwaltung aus der

Fläche zumindest zum Teil gemildert. Vom Wohngeldantrag bis zu den Protokollen der Gemeindevertreterversammlungen könnten dann alle wichtige organisatorische Angelegenheiten und informative Angebote von zu Hause aus wahrnehmen, unabhängig von den Öffnungszeiten und Entfernungen, statt kilometerweit über das Land zu fahren und dann vielleicht auch noch vor verschlossenen Türen zu stehen, weil gerade überhaupt gar keine Sprechzeiten sind. Wer würde das nicht begrüßen?!

Damit kommen wir zu unserem Änderungsantrag. Auf eine barrierefreie Ausgestaltung hinzuwirken, reicht eben in diesem Zusammenhang nicht aus. Ich verweise noch einmal auf Ihre Pflicht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir wollen die barrierefreie Gestaltung der Angebote abgesichert wissen, alles andere lässt Raum für Interpretationen und kann letztlich mit dem Hinweis „aus haushalterischen Gründen nicht möglich“ leicht umschifft werden. Barrierefreiheit ist kein „Nice-tohave“, sondern sollte bei den technischen Möglichkeiten, die das 21. Jahrhundert bietet, selbstverständlich sein.

Ebenso selbstverständlich sollte natürlich auch der flächendeckende Breitbandausbau sein. Onlineangebote nutzen nur dem, dem nicht schwindlig wird, wenn er vor dem Rechner sitzt, weil sich dauernd der Kreis dreht: Sie werden verbunden, Sie werden verbunden. Die Breitbandabdeckung im ländlichen Raum liegt in Mecklenburg-Vorpommern erst bei 15 Prozent. Und für alle Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Technik im eigenen Hause haben, nicht haben wollen, sie nicht nutzen können oder sie sich nicht leisten können, muss es weiterhin alles in Papierform, es muss Sprechstunden geben und zum Beispiel Servicebüros, in denen dieser Onlinezugang angeboten wird. Nur dann ist es Barrierefreiheit.

Um dieses alles umzusetzen und mit Ihnen zu besprechen, beantragen wir, diesen Antrag in den Energieausschuss zu überweisen, um gemeinsam über die Barrierefreiheit eines Onlineportals zu sprechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BMV der Abgeordnete Herr Wildt.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren Abgeordnete! Die Fraktion Bürger für Mecklenburg-Vorpommern wird dem vorliegenden Antrag zustimmen.

(Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut!)

Der ausschlaggebende Satz ist dabei Punkt 2 a): „Die Landesregierung wird aufgefordert, … bis zum

31.12.2018 ein Digitalisierungskonzept für MecklenburgVorpommern zu erarbeiten …“ Aus diesem Grund halten wir es auch nicht für erforderlich, dass der Antrag, so, wie er jetzt vorliegt, in den Ausschuss überwiesen wird, sondern dieses Konzept ist zu erarbeiten und über diese Erarbeitung, steht ja auch drin, soll der Ausschuss informiert werden, der Landtag soll informiert werden, und wir werden uns natürlich an den Diskussionen beteiligen.

Diskussionsbedarf gibt es, das möchte ich auch nicht mehr alles wiederholen, was heute schon gesagt wurde. Im Grunde genommen hat die Rede von dem Herrn da Cunha

schon ausgereicht, der hat alles angesprochen. Es gibt natürlich einiges, was wir lernen können von unseren europäischen Nachbarstaaten. Aus dem Jahre 2017, also noch ziemlich aktuell, gibt es eine Studie der Bertelsmann Stiftung mit dem Thema „Digitale Transformation der“ öffentlichen „Verwaltung“. Ich kann nur jedem ans Herzen legen, diese Studie mal zu lesen. Dort wird wirklich sehr genau untersucht, wie es in den unterschiedlichen europäischen Staaten gehandhabt wird. Der Prozentsatz der Amtsgänge liegt in Deutschland deutlich höher als in all unseren Nachbarstaaten. Noch etwa 50 Prozent der Amtsgänge müssen persönlich erledigt werden. In Ländern wie Estland und Österreich, sie sind heute schon genannt worden, sind das nur noch 15 Prozent, also massiv weniger.

Das heißt, ich empfehle wirklich jedem Abgeordneten, diese Studie einmal zu lesen, dann bei Interesse in dem Ausschuss mitzuarbeiten und dabei allerdings einen Punkt insbesondere zu beachten, den die Frau Larisch gerade gebracht hat, denn natürlich geht es auch darum, im ländlichen Bereich, aber nicht nur im ländlichen Bereich, insgesamt den Menschen den Zugang zu ermöglichen zu diesen ganzen Angeboten, die wir dort in der öffentlichen Verwaltung haben, die das vielleicht im Moment noch nicht können, die also zum Beispiel auch geschult werden müssen, unterrichtet werden müssen. Und das ist auch nicht nur eine einmalige Angelegenheit, sondern eigentlich ein dauerhaftes Angebot. Die Programme werden natürlich nicht unbedingt einfacher, je stärker Sie das Ganze miteinander vernetzen. Auch jüngere Menschen haben dann durchaus ein Problem. Man hat ja auch heute schon Probleme mit dem Papierwust bei den Formularen, die man ausfüllen muss, und das Problem erledigt sich nicht automatisch nur dadurch, dass es digitalisiert ist.

Das heißt, da ist eigentlich die wirkliche Bürgerfreundlichkeit, das Thema, was Sie in der Überschrift genannt haben. Bei Bürgerfreundlichkeit geht es darum, die Bürger wirklich kompetent zu beraten, welche Möglichkeiten sie in Zukunft haben, wie sie das nutzen können, und dann haben wir dort eine ganz große Chance. Wenn diese Chance aber nicht genutzt wird, wird es allerdings zum ganz großen Frust führen. Der ist nämlich dann noch schlimmer als jetzt schon, wenn man mit den Formularen nicht klarkommt. Deswegen ist das Thema durchaus heikel und, wie gesagt, wir werden im nächsten Jahr daran gerne mitarbeiten. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr da Cunha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich erst mal über die große Zustimmung. Ich will doch noch ein paar Sachen klarstellen, aber lassen Sie mich zuerst noch einmal auf den Portalverbund eingehen.

Ich habe das vorhin schon mal kurz angedeutet, der Minister hat es auch gesagt, wir werden als Mecklenburg-Vorpommern nicht alleine den Portalverbund stemmen können. Wir brauchen da wirklich die Zusammenarbeit aller Länder im IT-Planungsrat, und da wurden gerade erst im Herbst die Grundlagen für die zukünftige IT-Architektur des Portalverbundes getroffen. Mir wäre es an dieser Stelle wirklich wichtig, dass der Portalverbund

nicht am Ende dazu führt, dass wir nur eine Software haben und nur mit einer Software arbeiten, sondern es muss alles genutzt werden können. Die Angebote von Softwarelösungen müssen trotz der einheitlichen Architektur – dafür sind die Schnittstellen da – wirklich eine Vielfalt ergeben und ich glaube, das ist auch im Interesse unserer Mittelstände, die gerade in diesem Bereich aktiv sind. Das liegt vor allem im Interesse der kommunalen Ebene, die eben keine Lust hat, ihre gesamte Softwarearchitektur komplett neu anschaffen zu müssen.

Und einen Vorteil hat das auch, beispielsweise, wenn man den IT-Planungsrat sich anguckt: Als Mecklenburg haben wir eine direkte Schnittstelle dahin, denn für die Datenschutzbeauftragten in Deutschland sitzt der Datenschutzbeauftragte aus Mecklenburg-Vorpommern mit in diesem IT-Planungsrat – ganz direkte Schnittstelle.

Das Konzept für die Digitalisierung der Verwaltung soll insbesondere auch zu mehr Transparenz in diesem Umstellungsprozess führen, dass man gerade weiß, worum geht es eigentlich. Die Hertie School of Governance hat 2016 in einer Umfrage unter 1.200 deutschen Behördenleitern und Behördenleiterinnen nach den größten Herausforderungen beziehungsweise den größten Problemen für die nächsten fünf Jahre gefragt. Unangefochtener Spitzenreiter mit 43 Prozent ist die Digitalisierung in der Verwaltung.

Herr da Cunha, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kröger?

(Jörg Kröger, AfD: Schade!)

Das Fazit im Vorjahr, gerade auch aus der Studie: Deutschland liegt im EU-Vergleich knapp 10 bis 15 Jahre zurück, wenn es um die Digitalisierung in der Verwaltung geht. Es ist also wirklich dringend geboten, das, was auf Bundesebene als konzeptionelle Arbeit läuft, auch als Land insbesondere für die Verwaltung, für die kommunalen Ebenen in klare Zielstellungen zu übersetzen, dass wir transparente, klare Ziele definieren, wo die Reise in Zukunft hingehen soll. Das Digitalisierungskonzept soll in erster Linie dazu dienen, alle beteiligten Akteure mitzunehmen, und das schließt neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den verschiedenen Verwaltungen auch die Bürgerinnen und Bürger mit ein, die in Zukunft damit arbeiten sollen und die Dienste nutzen sollen. Auch dafür benötigen wir Transparenz, denn nur mit Transparenz können wir das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung gerade im Bereich der Digitalisierung deutlich erhöhen. Ich persönlich muss sagen, ich finde, meine Daten sind deutlich besser beim Finanzamt aufgehoben, als wenn ich sie Facebook zur Verfügung stelle. Leider teilt das nicht jeder.

Ich bin optimistisch, dass wir beim Onelinezugangsverbesserungsgesetz in den nächsten Jahren gut vorankommen werden. Ich bin optimistisch, dass die Vorteile, die uns die Digitalisierung bei der Schaffung von mehr Bürgerfreundlichkeit bietet, zum Tragen kommen werden. Ich bin überzeugt, dass auch die Unternehmen im Land von digitalisierten Verwaltungsleistungen profitieren können, beispielsweise, wenn im Rahmen von Statistikpflichten anfallende Daten von Unternehmen über die entsprechende Schnittstelle ganz einfach per Knopfdruck aus dem eigenen System übermittelt werden können.

Und ja, Digitalisierung kann dazu führen, dass Arbeiten in Verwaltungen leichter werden, der Arbeitsaufwand für einzelne Verwaltungstätigkeiten sinkt. Ich bin davon überzeugt, dass dies nicht zum Abbau von Personal führt, sondern ich wünsche mir, dass wir die Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin münden lassen, dass diese sich bietenden Freiräume genutzt werden, um Bürgerinnen und Bürger intensiver zu beraten, Menschen mit Hilfsbedarfen deutlich besser helfen zu können, bestimmte Vorgänge in den jeweiligen Verwaltungen intensiver zu durchdenken und auch mal Mittelverwendungen intensiver zu prüfen, als es heute teilweise möglich ist.

Ich will noch mal auf den Änderungsantrag eingehen. Ich hatte es vorhin gesagt, wir werden ihn ablehnen, weil – der Minister hat es auch gesagt – wir können an der Stelle nur hinwirken und können es gar nicht durchsetzen. Ich bin der Meinung – deswegen lehnen wir auch Ihren Überweisungsantrag ab –, wir sind der Meinung, dass der Antrag beschlussreif ist an der Stelle. Wir wollen, das hat der Kollege Wildt schon gesagt, den Energieausschuss mitnehmen, der wird in Zukunft dabei sein. Die Barrierefreiheit soll mitbedacht werden, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Er soll gleichzeitig zur Vereinfachung führen und deswegen bitte ich Sie noch einmal um die Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1208 zur Beratung an den Energieausschuss zu überweisen. Kann ich davon ausgehen, dass wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1265 im Falle der Überweisung auch an den Energieausschuss überweisen? – Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, BMV, AfD und dem fraktionslosen Abgeordneten, bei einer Zustimmung aus der Fraktion der …, bei einer Enthaltung aus der Fraktion der AfD, ansonsten Zustimmung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1265 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. –

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: War schon richtig, Herr Minister.)

Sind wir denn jetzt alle sicher, dass wir wissen, wie wir abstimmen, ja? Gut.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Karen Larisch, DIE LINKE: Herr Pegel, noch mal die Hand hoch!)

Die Gegenprobe. Die Gegenprobe! – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1265 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, BMV, AfD, dem fraktionslosen Abgeordneten, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1208 zuzustimmen wünscht,

(Jochen Schulte, SPD: Christian, jetzt!)

den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1208 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, BMV, AfD, dem fraktionslosen Abgeordneten, bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Einsatz von Minderjährigen als Informanten im Rahmen der Strafverfolgung beenden, Drucksache 7/1202.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Einsatz von Minderjährigen als Informanten im Rahmen der Strafverfolgung beenden – Drucksache 7/1202 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg: Ich bin nicht Delegierter zum Landesparteitag meiner Partei am Wochenende und habe auch nicht vor, irgendetwas zu werden. Deswegen fällt das als Grund für die Ablehnung unseres Antrages schon mal aus.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Anlass …