Protocol of the Session on November 15, 2017

Das strahlen Sie genau einmal mit der Taschenlampe an und dann knallt es. Alle merken, der Cousin neben mir ist liegengeblieben, und dann kommen die nie wieder oder sie gehen fluchtartig ab,

(Zuruf von Ralf Borschke, BMV)

wenn sie mit einer künstlichen Lichtquelle angestrahlt werden. Das können Sie...

(Ralf Borschke, BMV: Hört ihr alle zu?!)

Herr Borschke, ich habe sogar die eine oder andere Sympathie dafür, dass Sie durchaus dabei helfen wollen zu sagen, wie können wir das Schwarzwild noch intensiver bejagen. Da sind wir uns im Ziel völlig einig. Aber ich darf Ihnen aus meiner Erfahrung als Jäger – zwölf Jahresjagdscheine habe ich jetzt schon – sagen, dass Schwarzwild überdurchschnittlich intelligent ist. In meinem Revier gibt es nicht eine einzige Kirrung. Ich habe nämlich eine riesige Kirrung und da sind 150 Hektar Mais.

(Zurufe von Jörg Heydorn, SPD, und Ralf Borschke, BMV)

Wenn Sie vor so einem Schlag stehen mit 80 Hektar, mit 100 Hektar Mais, lade ich Sie gern mal zu einer sogenannten Drückjagd im Mais ein, die ist nämlich lebensgefährlich. Deswegen will ich die Kugel auch gern mal ein bisschen zurückspielen. Es ist ja nett, dass immer, wenn es um Seuchenbekämpfung geht, nach den Jägern geschrien wird. Ansonsten spielen die eine untergeordnete Rolle oder alle reiben sich unterm Tisch gerne die Hände, wenn Nabu und BUND auf die Jäger raufschlagen. Aber in der Frage ist man sich jetzt einig, da können nur die Jäger helfen. Ja, da können auch ein bisschen die Landwirte helfen. Der Abstimmungsprozess mit den Landwirten ist das Wichtigste bei der Schwarzwildbejagung überhaupt.

Ich kann Ihnen sagen, die Schweine sind so schlau, dass Sie genau wissen, da können Sie mit einem Hund durchgehen, können tun und machen, was Sie wollen, die Bache läuft vor Ihnen fünf, zehn Meter, steckt hinter dem nächsten Maishalm und wenn Sie Pech haben, rennt die Sie einfach um, was nicht besonders gesundheitsfördernd ist. Das haben wir alles mehrfach probiert, mit Hundemeuten, mit Terriern, ist mir dann erzählt worden. Die großen Experten aus Bayern kamen sogar und haben gesagt, wir zeigen euch, wie das geht – alles kläglich gescheitert.

Also müssen wir kleinere Schläge haben. Gerade beim Mais und beim Raps ist das ein Riesenproblem. Die Schläge müssen unterteilt werden, da müssen Schneisen rein. Auf den Schneisen kann auch eine Zwischenfrucht

angebaut werden. Das ist alles überhaupt kein Problem, aber das ist das Einzige, was ich wirklich sehe, um auf unseren intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen überhaupt dafür zu sorgen, dass wir effektiv Schwarzwild bejagen können.

Jetzt noch mal ein Wort dazu, woran das eigentlich liegt, dass die Schwarzwildpopulation so zugenommen hat. Das liegt nicht daran, dass die Jäger immer weniger schießen. Das ist völliger Quatsch. Die Abschusszahlen für das Schwarzwild steigen Jahr für Jahr, das heißt, wir haben relativ aktive Jäger. Ich kann Ihnen ebenfalls sagen, dass es, bei mir jedenfalls, in meiner Region, eher die Rückwärtstendenz gibt. Nicht mehr der westdeutschstämmige Jäger hat sich da ein Revier gehalten, sondern es gibt Gott sei Dank die positive Resonanz, dass auch die Forstämter durch den Minister angehalten wurden – das war viele Jahre anders –, an ortszuständige Jäger zu verpachten. Das steht vorher schon in der Ausschreibung: Du wohnst 25 Kilometer ringsrum, ansonsten brauchst du dich an der Pacht gar nicht mehr zu beteiligen, und die kommen dann auch nicht mehr zum Zug. Das führt auch dazu, dass mehr Schwarzwild geschossen wird.

Der aus meiner Sicht noch wichtigere Punkt ist, dass Sie für die Schwarzwildjagd Zeit brauchen. Da kommen Sie gar nicht drum herum. Sie gehen nicht einfach raus und die kommen immer um die gleiche Zeit an der gleichen Stelle, so, wie Sie das beim Rehwild vielleicht hinkriegen, beim Damwild geht es manchmal so auch, sondern die kommen dann, wenn sie dazu Lust haben. Wenn Sie an der Kirrung gerade Schwarzwild geschossen haben, können Sie damit rechnen, dass Sie sich eine Woche da gar nicht mehr hinzusetzen brauchen, die kommen definitiv nicht mehr.

In der Zeit, wo wir hier reden – es ist draußen dunkel, jetzt kommt der Mond bald wieder –, schießen Sie keine Schweine. So ist das nun mal in unserem Leben. Deshalb sollten wir alle alles dafür tun, dass wir die Jägerschaft bei der Bejagung des Schwarzwildes unterstützen. Da fällt mir durchaus die eine oder andere Maßnahme ein. Eine wird jetzt umgesetzt, das ist eine Abschussprämie oder wegen mir auch Aufwandsentschädigung. Denn was passiert, wenn Sie mehr Schwarzwild schießen? Der Markt für das Wildbret bricht zusammen. Ich kann Ihnen sagen, mein Wildhändler hat mir jetzt geschrieben, 50 Cent für ein Kilogramm Schwarzwild soll ich noch kriegen. Da überlege ich mir dreimal – von meinen Kugeln kosten 20 Patronen mittlerweile 70/80 Euro –, schieße ich das Stück oder schieße ich das nicht. Bei mir ist das nicht das Problem, ich muss meinen Wildschaden immer eingrenzen, aber für einen Waldjäger ist das durchaus schon die Frage: Wie gehe ich denn hinterher mit dem Wildbret um? Wenn Sie es danach nur noch einkuhlen können, dann hat das nichts mehr mit nachhaltiger Jagd zu tun.

Das sind die Probleme, die wir derzeit auf dem Tisch haben. Die kennt jeder, auch mein Kollege Heydorn kennt diese Probleme bei der Schwarzwildbejagung. Deshalb sind die Fakten da. Von uns als Politik wird jetzt zu Recht gefordert, klärt, wo das Problem ist, und das Problem ist jetzt in der Klärung.

Jetzt will ich etwas zu Ihrem Antrag sagen, weil das ist aus meiner Sicht so ein kleiner Bruch in Ihrer Argumentation, aber Sie haben es wahrscheinlich aus dem Landes

jagdgesetz abgeschrieben. Da sagen Sie nämlich, einerseits sollen künstliche Lichtquellen zugelassen werden, andererseits soll aber verboten bleiben, dass ich mir die Taschenlampe auf das Zielfernrohr baue. Wissen Sie, in der jagdlichen Betrachtung gibt es überhaupt keinen Unterschied, ob ich meinen Jagdkollegen frage, ob er mir die Taschenlampe anknipst, und ich dann schieße, oder ich habe die Taschenlampe auf dem Zielfernrohr und knipse erst die Taschenlampe an und schieße dann. Das ist für das Wildschwein egal, denn, wenn ich treffe, ist es so oder so tot.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Herr Kokert, gestatten Sie eine Zwischenfrage …

... des Abgeordneten Wildt?

Bitte schön.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ja, nachdem ich gerade den aktuellen Preis für das Wildbret gehört habe, 50 Cent pro Kilo, reichen denn da 25 Euro überhaupt? Das kommt mir jetzt viel zu wenig vor.

Ja, als Jäger sage ich, es kann nie genug sein. Aber andersherum ist der Anreiz jetzt natürlich auch da. Wenn es nicht nur das Problem Wildbretvermarktung ist, könnte man ja auch privat vermarkten. Da hat uns allerdings die EU-Hygieneverordnung so viele Bürden mittlerweile auferlegt, dass ich eigener selbstständiger Lebensmittelunternehmer bin. Da muss ich Voraussetzungen erfüllen, das lohnt sich für mich gar nicht, deshalb gebe ich es lieber an den Wildhändler ab. Aber die 25 Euro, und das werden Sie sehr schnell sehen, wenn das am 01.12. greift, da bin ich mir ziemlich sicher, es gibt viele Jäger, die schießen nur noch Frischlinge unter 25 Kilo – das sehen die nämlich, die haben meistens ein Schild um, ich wiege 25 Kilo –

(allgemeine Heiterkeit)

und nicht führende Bachen, weil auch die haben meistens ein Schild oder eine Kette um, wo draufsteht, nicht führende Bachen.

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Die Frage ist immer: Wie kannst du so etwas administrieren? Aber ich sage Ihnen, die 25 Euro werden durchaus ein Anreiz sein, dass die Jäger mehr Schwarzwild schießen.

Meine Damen und Herren, vielleicht zum Schluss: Ich glaube, dass wir bei der Frage Schwarzwildbejagung nur dann gemeinschaftlich etwas hinkriegen, wenn wir die Jägerschaft insgesamt auf diesem Kurs mitnehmen. Die Damen und Herren, die bei mir unterwegs sind und jagen, werden immer älter und des

halb haben wir durchaus auch die Verantwortung, ihnen einfach mal so übern Gartenzaun dafür zu danken, dass sie sich jeden Abend draußen hinsetzen. Jetzt tun sie in der schwierigen Frage ASP – und wir haben ja das große Glück, dass sie bei uns noch nicht ausgebrochen ist – einen sehr guten Dienst an der Gemeinschaft, und alles, was dazu beiträgt, um das mehr wertzuschätzen, würden ich und meine Fraktion immer unterstützen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und BMV)

Ums Wort gebeten hat für die Fraktion der SPD Herr Heydorn, ebenfalls als Jäger, vermute ich.

(allgemeine Unruhe – Manfred Dachner, SPD: Ich bin nicht Jäger, darf ich auch sprechen?!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vielleicht ein bisschen als Jäger, aber das ist einfach eine sachliche Betrachtung, die der Kollege Kokert hier abgegeben hat. Ich will einen Beitrag dazu leisten, dass die Große Koalition an der Stelle ein Stück weit zusammenkommt.

Ich gehe zur Jagd, ich bin Hundeführer, habe, ich weiß nicht, 250, 300, 350 Drückjagden sowohl im Mais als auch im Wald erlebt als aktiver Hundeführer und glaube, dass ich so ein bisschen weiß, wovon ich rede. Ich bin da eher defätistischen Glaubens, weil alles, was wir letztendlich machen, ob wir mit Nachtsichtgeräten unterwegs sind, ob wir Prämien zahlen, wird meines Erachtens im Ergebnis nicht dazu führen, dass wir wirklich wirksam Schwarzwildbestände reduzieren, weil die Lebensräume für die Sauen heute so attraktiv sind, dass man denen nicht hinterherkommt.

Herr Kokert hat berichtet von Maisschlägen, die 150/160 Hektar haben. Da kommt man letztlich den Sauen nicht bei. Denen wächst das Fraß ins Gebräch, die brauchen nicht aus der Deckung raus, die machen nur noch so, werden satt und vermehren sich. Wenn man sich den Zyklus anguckt, die gehen dann irgendwann zum Winter in den Wald. Im Wald komme ich bei den Drückjagden vielleicht noch hinterher, aber sobald der Raps hoch genug ist, ziehen sie in den Raps rein. Im Raps komme ich nicht mehr hinterher. Wer mal versucht hat, im Raps hinter Sauen hinterherzugehen, der wird wissen, dass das nicht funktioniert. Wenn der Raps runterkommt, ist inzwischen der Mais so hoch, dass sie einfach vom Raps zügig in den Mais ziehen und auch da nur noch schwer zu erreichen sind.

Solange wir uns im Landwirtschaftsbereich solche Monokulturen leisten, solange Jahr für Jahr auf jedem Acker immer wieder Mais steht, der 3,50 Meter hoch wird, muss man einfach zur Kenntnis nehmen, dass das Thema Schwarzwildbejagung meines Erachtens nicht so betrieben werden kann, dass man die Bestände nachhaltig reduziert. Dann muss man hergehen und sagen, auf unseren landwirtschaftlichen Flächen – das Thema Fruchtfolge ist schon angesprochen worden – muss man ein bisschen mehr tun. In Richtung Jäger zu gucken – Herr Waldmüller weiß, glaube ich, auch, wovon ich rede – und zu sagen, so, das sind jetzt die Verantwortlichen, die dafür Sorge zu tragen haben, mit welchen Mitteln auch immer, die

Sauen wirksam zu reduzieren, das wird ein schwieriges Unterfangen. Ich sage, solange der Lebensraum so ist, wie er ist, wird das eine Sache, die meines Erachtens nicht von durchschlagendem Erfolg gekrönt ist. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Vincent Kokert, CDU)

Ums Wort gebeten hat noch einmal der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Oh nee! – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Erzählt ihr jetzt alle, was für tolle Jäger ihr seid?)

Also was wie jetzt wirken wird, das wollen wir dann mal auswerten, Frau Präsidentin, wenn wir die Maßnahmen umgesetzt haben.

Ein Zweites, was mir hier wichtig ist: Wahrscheinlich muss ich den anwesenden Jägern doch noch mal die Vereinbarung an die Hand geben, die wir mit den Verbänden gemacht haben. Es gibt eine Vereinbarung zwischen dem Landesjagdverband, unserem Haus, dem Bauernverband, dem Grundstücksbesitzerverband und den Jagdgenossenschaften. Ich war ziemlich stolz, denn genau zu den Fragen, die Herr Heydorn und auch Herr Kokert hier eben angesprochen haben, nämlich wie kann die Landwirtschaft zusammen mit den Jägern, wie kann die Landwirtschaft mit der Jägerschaft dieses Landes in der Frage zu Lösungen kommen, steht da drin, dass, wenn Maisschläge angelegt werden, man, bevor der Mais gelegt und ausgesät wird, mit den Jägern darüber redet, wie man zu Wildschadensverhütung oder zu Maßnahmen der Bewirtschaftung kommt. Da steht drin, dass die Landwirtschaft verpflichtet ist und sich selbst verpflichtet, genau diese Schneisen oder Greening-Flächen mit anzulegen, um nicht bis an die Waldkante den Mais zu legen, sondern der Jägerschaft die Möglichkeit zu geben, die Flächen vernünftig zu bewirtschaften.

Herr Heydorn,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Herr Heydorn!)

ich will noch mal ausdrücklich sagen, die Landwirtschaft ist verpflichtet worden und sie hat sich selbst verpflichtet, tatsächlich Maßnahmen gegen Monokulturen, also Mais nach Mais nach Mais, anzubauen. Dazu hat man sich verpflichtet. Deswegen muss von mir noch mal der Appell ausgehen, dass die Landwirtschaft gerade jetzt in dieser Phase ihre Anbauplanung macht, dass man sich der Verantwortung auch für die Sauenbestände im Wildschweinbereich stellt.

Deshalb auch der Hinweis der sogenannten Leitbachenstruktur, das will ich noch mal dick unterstreichen. Natürlich wollen wir, dass wir eine vernünftige Leitbachenstruktur in diesem Lande haben. Deswegen glaube ich auch, dass diese zehn Punkte, die wir in der Task Force mit den erfahrensten Forstamtsleitern und den Leitern der Nationalparke und auch in der Diskussion mit der Jägerschaft, dem Bauernverband, in der kurzen Zeit zusammengestellt haben, geeignet sind, sich dieser Sache weiter zu nähern.

In der Landwirtschaft ist es so, die Küken werden im Herbst gezählt, und in der Jagd ist es so, am 1. April haben alle Wildtiere Geburtstag, dann werden wir sehen, was wir im kommenden Jahr an Jagdstrecke insgesamt erreicht haben. Ich kann hier nur darum bitten, ausdrücklich all diejenigen, die an den Stellschrauben mit drehen können, dass man sich dieser Verantwortung für einen gesunden Wildtierbestand stellt, weil es letztendlich der Garant dafür ist, dass wir möglichst keine Ausbrüche in den Nutztierbeständen bekommen. Da wollen wir hin. Insofern wünsche ich der Jägerschaft ein kräftiges Weidmannsheil!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)