Protocol of the Session on November 15, 2017

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Thomas Schwarz, SPD: Herr Strohschein! – Zurufe aus dem Plenum: Der Wolf!)

Wir machen ja nun kein Quizspiel hier. Ich kann Ihnen das sagen, von beiden haben wir leider zu wenig: Zum einen ist es der Stör und zum anderen der Seeadler. Vom Seeadler haben wir sehr viel, aber es ist wirklich so, dass der Seeadler nicht jeden Tag einen Kormoran zu sich nimmt. Wer das nicht glaubt, kommt mit mir mal zu einer Führung über eine bestimmte Insel mit. Ich habe es selbst gesehen, wie ein Seeadler einen Kormoran im Flug gegriffen hat. Das ist schon gigantisch, ein Naturschauspiel, nur leider können wir die Seeadler nicht davon überzeugen, jeden Tag ein paar Kormorane zu sich zu nehmen.

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist also die Natur, die dabei vielleicht den kleinen Fehler gemacht hat, dem Kormoran zu wenig Feinde, Fressfeinde entgegenzusetzen.

Aber wir als Mensch haben natürlich auch ein Problem. Das Nahrungsdargebot, Herr Strohschein, bei uns in Mecklenburg-Vorpommern für den Kormoran ist wesentlich günstiger als das in Schleswig-Holstein. Deshalb ist die Population an Kormoranen bei uns im Land, nicht nur an der Küste, sondern auch an den Binnengewässern wesentlich höher als in allen anderen Bundesländern. Noch dazu war die Voraussetzung eine wesentlich bessere. Bis 1990 gab es in Mecklenburg-Vorpommern, sprich im Bezirk Rostock, eine von zwei deutschen Kormorankolonien. Das wissen Sie vielleicht. Allerdings wurden zu DDR-Zeiten jedes Jahr 800 Kormorane abgeschossen, sodass der Bestand sich ganz gering hielt.

Wir müssen auch damit rechnen oder wir müssen damit leben, dass diese 15.473 Brutpaare, die im Kormoranbericht 2016 gezählt worden sind, jedes Jahr, jeden Tag 15.743 Kilogramm Fisch aus unseren Gewässern verzehren. Das ist eine Zahl, die nachgewiesen ist, und deshalb, denke ich, sollte man sich in Berlin Gedanken machen, wie wir dieses Vogels hier bei uns Herr werden können. Es wird unheimlich schwierig, das muss man dazusagen.

(Beifall Dr. Gunter Jess, AfD)

Diese Studie hatte Herr Backhaus angesprochen. Wie hoch ist die Population, um den Bestand zu erhalten? Meine Lesart war so, dass ein Bestand an 1.400 Paaren im Land Mecklenburg-Vorpommern ausreichen würde,

(Dirk Lerche, AfD: Richtig!)

um den Bestand, um die Population über mehrere Jahre hier bei uns im Land zu sichern.

(Dirk Lerche, AfD: Richtig!)

Das heißt also, man muss ganz einfach in Europa, in Brüssel und erst mal in Berlin die Einsicht haben, dass die Eingriffsmöglichkeiten in diese Vogelpopulation für uns größer werden.

Ich möchte auch noch dazusagen, dass es schon in früheren Jahrhunderten dieses Problem bei uns gegeben hat. Ich meine, wir sind ja nicht umsonst ein Land mit einer sagenhaften Naturausstattung. Dafür haben unsere Vorfahren gesorgt. Ich habe ein tolles Beispiel dazu, denn den Kormoran gibt es ja nicht erst seit 1990 oder seit 1945 bei uns. Im 19. Jahrhundert gab es bei uns bereits sehr viele Kormorane. Unsere Vorfahren haben damals erkannt, welche Gefahr für Wälder und Bäume besteht, wenn dieser Vogel sich auf diesen niederlässt. Deshalb hat man auf bestimmten Inseln, wo sich die Kormorane niedergelassen hatten, diese durch Böllerschüsse verjagt. Diese Inseln, die man so vor den Kormoranen geschützt hat, gehören jetzt zu den ältesten Naturschutzgebieten Deutschlands, weil es unseren Vorfahren gelungen ist, diese Wälder zu schützen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Eines davon ist übrigens Kernzone des Biosphärenreservates Südost-Rügen. Das zur Geschichte des Kormorans.

Übrigens ist der Kormoran natürlich auch eine Gefahr für bestimmte Tierarten. Abgesehen von der Trauerseeschwalbe, die die wenigsten kennen, gibt es einen Fisch, der vom IPCC sogar als sehr gefährdet anerkannt wird, und das ist der Aal. Nur, dem Kormoran kriegt man wahrscheinlich keine Fangbeschränkung beigebracht, deshalb droht uns als Angler und Fischer ein totales Fangverbot für den Aal. Als problematisch wird allerdings auch vom IPCC schon die Populationsgröße des Kormorans als Fressfeind für den Aal angesehen. Das muss man beachten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich könnte noch, ich will nicht sagen stundenlang, aber minutenlang weiterreden,

(Thomas Schwarz, SPD: Nein, nein!)

aber ich möchte Schluss machen. Ich denke, dass Sie gesehen haben, dass das Problem Kormoran ein riesengroßes ist.

Herr Strohschein, es tut mir leid, Ihren Antrag müssen wir ablehnen, denn das, was Sie hier fordern, sind europäische Belange, und da müssen wir auf europäischer Ebene etwas machen. Dass der Bedarf zum Handeln da ist, hatte ich, glaube ich, deutlich dargelegt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Borschke.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Natürlich stellt der Kormoran ein Problem für unsere Fischer dar und natürlich ist das ein wichtiges Thema, über das man sprechen muss. Der Umgang mit dem Kormoran ist aber nur Teil eines ganzen Bündels von Auflagen, Vorschriften, Verboten, Beschränkungen und vielen anderen Maßnahmen und Projekten, die nicht nur die Existenz unserer Fischer bedrohen. Wir müssen auch darauf achten, dass solche Maßnahmen nicht zu einer Bedrohung für unser Demokratieverständnis führen.

Ich möchte hier nur ein Beispiel nennen, nämlich das Angelverbot in der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Es muss natürlich der politische Willen vorhanden sein, solche Missstände zu beseitigen. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem man handeln muss. Ich verweise an dieser Stelle auch noch mal darauf: MecklenburgVorpommern ist nicht nur ein Lebensraum, MecklenburgVorpommern ist auch ein Wirtschaftsraum.

Kommen wir zurück zum Kormoran. Der Bestand der Kormorane wird 2016 im Nordosten mit circa 15.000 Brutpaaren in den großen Kolonien angegeben. Kormorane fressen täglich bis zu 500 Gramm Fisch. Das macht täglich circa 14 Tonnen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Eben waren es noch 15.)

Nun bezieht sich die Kormoranverordnung in Paragraf 2 Absatz 1 und 2 auf Binnengewässer und Anlagen der Teichwirtschaft, Fischhaltung und Fischzucht. Ausdrücklich ausgenommen sind Nationalparke und Naturschutz

gebiete. Da bleibt an der Küste nicht mehr viel frei. Aber auch auf den noch übrig bleibenden Flächen wird die Jagd ja verboten. Daher ist es notwendig, die Jagd in diesen Gebieten zu erlauben, ebenso wie die Vergrämung und Störung des Brutgeschäftes und die Verhinderung von Neugründungen. Weiterhin sollte ein natürlicher Erhaltungszustand für den Kormoranbestand in Mecklenburg-Vorpommern definiert werden.

Was nutzt es übrigens, wenn im Binnenland 100 Kormorane geschossen werden, die großen Brutkolonien aber an der Küste liegen? Dort muss das Übel an der Wurzel gepackt werden. Schaden erleiden ja nicht nur die Angler und Fischer, bedroht sind auch andere zu schützende Vogelarten. Durch die zügellose Ausbreitung des Kormorans werden diese nämlich aus ihren angestammten Brutkolonien verdrängt. Somit stellt der Kormoran auch eine massive Gefahr für unsere Artenvielfalt dar. Der Kormoran ist ein Beispiel dafür, wohin ungezügelter und falsch verstandener Artenschutz führt.

In einer veröffentlichten Studie der Universität Rostock unter der Ägide von Dr. Helmut Winkler wird festgestellt, dass unter einem starken Einfluss des Kormorans auf wirtschaftlich weniger wichtige Fische auch ein relevanter natürlicher Einfluss zum Beispiel auf Zanderbestände in Haffen der Ostsee zu verzeichnen ist. Damit sind eindeutig Daten für Schadensereignisse gegeben worden.

Nicht nur der Hering spielt gar nicht mal die große Rolle, sondern der Aal ist eines der großen Probleme. Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn und weiterer Abgeordneter sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 18/2782, zu diesem Thema antwortete die Bundesregierung: „Wichtig ist, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass die Präsenz von Kormoranen in einem bestimmten Gebiet tatsächlich für einen erheblich reduzierten fischereiwirtschaftlichen Ertrag verantwortlich ist.“ Zitatende. Ebenfalls aus dieser Anfrage, Zitat: „3. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Kormoranpopulation in einem günstigen Erhaltungszustand ist? Wenn nicht, was unternimmt sie dagegen?“ Antwort der Regierung: „Ja.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, es muss auch unabhängig von anderen Maßnahmen angestrebt werden, den Kormoran auf Anhang II.a der Vogelschutzrichtlinie zu überführen, damit er im Gebiet der Gültigkeit der Vogelschutzrichtlinie bejagt werden kann. Ein entsprechender Antrag muss von der Landesregierung über die Bundesregierung an die Europäische Kommission herangetragen werden.

Abschließend können wir sagen, der Kormoran ist nur Teil einer Problemkette, unter der unsere Fischer und Angler zu leiden haben, aber er ist eben ein wichtiger Teil. Der Erhalt unserer Umwelt und Natur kann nur gelingen und auf Dauer Akzeptanz finden, wenn er im Einklang mit den Betroffenen geschieht. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Aßmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin doch

immer wieder erstaunt, liebe Fraktion der AfD, was Sie nach über einem Jahr parlamentarischer Arbeit eigentlich hier für unkonkrete Anträge hervorzaubern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Bert Obereiner, AfD: Gleichfalls!)

Das ist wirklich immer wieder Wahnsinn. Ich meine, Sie müssen sich auch mal darüber Gedanken machen, Sie haben einen Professor, der sich mit Recht eigentlich auskennen müsste, und dann sitzen Sie hier und beantragen mit Ihrem Antrag Sachen, die einfach grundsätzlich rechtswidrig sind.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Das Gleiche haben wir ja im Ausschuss gesehen. Da sollten wir die Ministerbezüge kürzen, was übrigens auch rechtswidrig ist, aber gut. Das zeigt einfach, dass Sie scheinbar immer noch nicht verstanden haben, wie Sie mit dem parlamentarischen Handwerkszeug umgehen können.

(Jürgen Strohschein, AfD: Stimmt nicht!)

Was stimmt nicht, Herr Strohschein? Dass Sie beantragt haben, dass wir die Ministerbezüge kürzen sollen, und somit gegen das Beamtengesetz verstoßen? Stimmt das nicht? Das stimmt doch.

Sie fordern also mit Ihrem Antrag zum einen, dass die Bejagung der Kormoranbestände in Küstengewässern erfolgen soll. Die Gründe haben Sie benannt und es ist, glaube ich, auch klar geworden, dass wir hier eine Gefahr für die Fischbestände sehen. Da haben wir jedoch ein Problem: Der Fisch, der im Küstengewässer schwimmt, gehört ja erst mal gar keinem. Er gehört dem Fischer erst, wenn er ins Netz gegangen ist. Und wenn die Fischer nachweisen können – das machen wir ja auch in Binnengewässern so –, dass der Fisch aus den Netzen durch den Kormoran entnommen wird und dass das nachweisbar einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden mit sich bringt –

(Minister Dr. Till Backhaus: Erhebliche Schäden!)

habe ich ja gesagt, einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden mit sich bringt –, dann können die Fischer einen Antrag stellen, dass der Kormoran geschossen werden darf.

(Dr. Gunter Jess, AfD: So was nennt man Sophismus.)

Aber wer niemandem gehört, der kann eben auch von jedem genommen werden. So ist das nun mal mit der Natur.

(Jochen Schulte, SPD: Das ist der Rechtsstaat.)

Das heißt, wir haben hier also überhaupt keine rechtliche Vertretbarkeit – das habe ich eben schon gesagt – für Ihren Antrag.