Protocol of the Session on October 18, 2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! An Beschäftigte im Bereich der Sozialarbeit und Sozialpädagogik werden richtigerweise besonders hohe gesellschaftliche Anforderungen gestellt. Der Gesetzgeber hat den Berufszugang durch rechtliche Regelungen beschränkt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich sind in einem besonders reglementierten Beruf tätig. Zumeist wird vor Eintritt in den Beruf vom Arbeitgeber die staatliche Anerkennung vorausgesetzt. Mit der staatlichen Anerkennung wird die Sozialarbeiterin oder der Sozialarbeiter im Berufsstand anerkannt und unterliegt besonderen Pflichten. Gleichzeitig ist sie oftmals auch Voraussetzung für den Eintritt in den Tariflohn oder zu bestimmten Stellen, wie beispielsweise im Justizvollzug oder im Sozial- und Jugendamt. Die Studienabschlüsse im sozialen Bereich sind ohne die jeweilige staatliche Anerkennung in anderen Bundesländern nicht gleichermaßen auf dem Arbeitsmarkt anerkannt. Diese Anerkennung ist seit jeher Ländersache.

Derzeit ist die staatliche Anerkennung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen durch die Verordnung über die Übertragung der Zuständigkeit der staatlichen Anerkennung auf die Hochschule Neubrandenburg geregelt. Das Sozialministerium hat sich mit dem Bildungsministerium über die Neuregelung der staatlichen Anerkennung in Gesetzesform verständigt, die die bisherige Regelung in der Verordnung ersetzt. Die Neuregelungen, die durch das Berufsqualifikationsgesetz des Landes MecklenburgVorpommern erfolgt sind, machen nunmehr Anpassungen im Bereich der staatlichen Anerkennung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen und Kindheitspädagoginnen und Kindheitspädagogen erforderlich.

In der bisherigen Verordnung werden entgegen den Regelungen im Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz

bislang nicht alle im Ausland erworbenen Nachweise erfasst, da sich die Antragsbefugnisse auf Staatsangehörige der Europäischen Union beschränken. Die im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Abschlüsse in den genannten Berufsgruppen können auf dem Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern oft nicht angemessen genutzt werden, weil Bewertungsverfahren und Bewertungsmaßstäbe für Nicht-EU-Bürger bisher fehlten. In Studiengängen im Bereich der Kindheitspädagogik wurden bisher lediglich die Absolventinnen und Absolventen der Hochschule Neubrandenburg anerkannt. Regelungen für ausländische Antragssteller gab es nicht. Das bedeutet in der Praxis, dass die im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Abschlüsse in den Bereichen Soziales und Pädagogik auf dem Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern oft nicht angemessen genutzt werden können, weil entsprechende Bewertungsverfahren und Bewertungsmaßstäbe für Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger bisher fehlten. Hier setzt der Gesetzgeber an und vollzieht den dringend notwendigen Lückenschluss. Mit dem Gesetzentwurf werden die Voraussetzungen über die staatliche Anerkennung in- und ausländischer Berufsqualifikationen, die Berufsbezeichnungen, das Verwaltungsverfahren, die behördliche Zuständigkeit und die Gleichstellung staatlicher Anerkennung mit den anderen Ländern der Bundesrepublik verliehenen staatlichen Anerkennungen geregelt.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird somit ein entscheidender Schritt zur Eingliederung von qualifizierten Einwanderern und Geflüchteten in den Arbeitsmarkt in unserem Land vollzogen. Erkennen wir die Abschlüsse in sozialen Berufen von ausländischen Bürgerinnen und Bürgern an, eröffnen wir neue Möglichkeiten im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte, die, wie wir alle wissen, dringend benötigt werden.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka erklärte im Juni dieses Jahres im Bericht um das Anerkennungsgesetz 2017, der die Ergebnisse einer umfangreichen fünfjährigen Wirkungsanalyse enthält, deutlich, Zitat: „Die Berufsanerkennung verbessert die Lebenslagen von ausländischen Fachkräften.“ Zitatende.

Der Vorher-nachher-Vergleich zeigte, dass neun von zehn Fachkräften mit ausländischen Berufsabschlüssen heute erwerbstätig sind. Das Bruttoeinkommen wächst im Durchschnitt um 40 Prozent. Damit leistet das Anerkennungsgesetz einen wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe. Ministerin Wanka prognostizierte zudem einen positiven Effekt in Richtung gesteuerte Zuwanderung von qualifizierten und vor allem benötigten Fachkräften, so etwa jeder zehnte Antrag auf Berufsanerkennung, der aus dem Ausland gestellt wurde.

Aus positiven Erfahrungen anderer Berufsbereiche können wir bereits hier schöpfen. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam diesen Schritt gehen und die Voraussetzungen zur Eingliederung von Nicht-EU-Bürgern, Einwanderern und Flüchtlingen auf unserem Arbeitsmarkt schaffen! Es ist mein Wunsch, die Potenziale all jener, die in Mecklenburg-Vorpommern leben, zu nutzen. Das sollte unabhängig vom Sitz der Hochschule oder der Herkunft der Absolventen gelten. Ich bitte um Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse und dort um eine zügige, konstruktive Beratung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Minister Harry Glawe: Sehr gut! – Marc Reinhardt, CDU: Das machen wir.)

Danke schön, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten zu führen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort Herr Dr. Jess für die Fraktion der AfD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und Gäste! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur staatlichen Anerkennung von Sozialberufen ist eine notwendige Anpassungsleistung, erforderlich durch eine Änderung des Gesetzes zur Feststellung von Berufsqualifikationen, die im Ausland erworben wurden, in diesem Falle insbesondere im Nicht-EU-Ausland. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird die Aufnahme in den deutschen Berufsstand und deren Berufsverbände ermöglicht. Es betrifft Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Kindheitspädagogen.

Völlig zu Recht weist der Gesetzentwurf auf die besonders hohen gesellschaftlichen Anforderungen der Sozialberufe hin. Dementsprechend fordernd sind auch die Lehrinhalte bei der Ausbildung in Deutschland. Sie sollen die Absolventen zu selbstständiger und eigenverantwortlicher Handlungsweise in ihrem Verantwortungsbereich befähigen. Ein Praxisanteil von 100 Tagen ist in der Ausbildung inbegriffen. In der Prüfung sind ausgewiesene und vertiefte Kenntnisse der relevanten deutschen Rechtsgebiete und administrative Kompetenzen sowie wissenschaftlich reflektierte Theorie- und Praxiskenntnisse nachzuweisen.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Bedingung für die Berufsausbildung ist zudem der Nachweis eines Führungszeugnisses ohne Einträge. Grundsätzlich ist eine gesetzliche Anerkennung adäquater ausländischer Berufsabschlüsse, hier insbesondere des Nicht-EU-Auslandes, zu begrüßen. Dies setzt allerdings auch Bedingungen voraus. Da wären zu nennen:

Erstens. Der Berufsabschluss muss durch entsprechende Dokumente belegt sein.

Zweitens. Die Qualität der Ausbildung muss durch Vorliegen des Curriculums belegt sein.

Drittens. Die Vergleichbarkeit mit dem deutschen Abschluss muss gegeben sein, anderenfalls wären Zusatzqualifikationen zu erwerben.

Die Gleichwertigkeitsprüfung soll bei uns im Land durch das LAGuS vorgenommen werden. Insgesamt dürften wenig Probleme auftreten, wenn es sich um Bewerber aus dem europäischen Ausland handelt. Schwieriger könnte es bei Migranten werden, in deren Ländern keine geordneten staatlichen Zustände existieren. Hier wird eine besondere Sorgfalt in der Bewertung vorgenommen

werden müssen. Ich kann nur hoffen, dass das LAGuS diesen Anforderungen gewachsen sein wird,

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

denn eines sollte nicht passieren, dass eine ungerechtfertigte Gleichsetzung von Qualifikationen zu einer Benachteiligung deutscher Abschlüsse führt.

In all diesen konkreten Fragen besteht sicher noch Diskussionsbedarf. Wir werden einer weiteren Beratung im Ausschuss zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau FriemannJennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung wird die landesrechtlichen Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung von Sozialberufen neu regeln. Das ist vielleicht spannender für die Leute, die gerade hier als Gäste sind, als in diesem Rahmen. Davon berührt ist die staatliche Anerkennung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie die der Kindheitspädagoginnen und -pädagogen.

Mit diesem Gesetz wird Mecklenburg-Vorpommern erstmals ein eigenes Sozialberufe-Anerkennungsgesetz erhalten, wodurch eine aus meiner Sicht gesetzgeberische Lücke geschlossen würde. Das ist eine sinnvolle Initiative, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die beiden bislang gültigen Verordnungen zur Regelung der staatlichen Anerkennung entsprechender Studienabschlüsse aus den Jahren 2006 und 2012 würden durch das Inkrafttreten des Gesetzentwurfes abgelöst werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie vielleicht wissen, wurde das Landesberufsqualifikationsfeststellungsgesetz, das die Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Ausbildungsnachweise prüft, zuletzt im Juli 2016 geändert. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, Anpassungen im Bereich der staatlichen Anerkennung von Sozialberufen vorzunehmen, die nun sogar in einem eigenen Gesetz näher konkretisiert werden. Bei der Ausübung der Sozialberufe spielt die staatliche Anerkennung eine besondere Rolle, die im Übrigen von den Ländern unterschiedlich gefasst wird.

Um mit der Sozialpolitik nicht ganz so vertrauten Personen unter uns den Hintergrund dieser Gesetzesinitiative zu schildern: Sozialberufe sind sogenannte reglementierte Berufe. Wer zum Beispiel als Kindheitspädagoge in unserem Land arbeiten möchte, muss in Deutschland eine notwendige fachspezifische Qualifikation nachweisen. Dieser Qualifikationsnachweis wird neben der Verleihung des akademischen Grades, zum Beispiel Bachelor of Arts, mit dem Zusatz „Staatlich anerkannt“ erbracht und angezeigt. Der Nachweis ist entscheidend, da soziale Berufe in sensiblen Berufsfeldern ausgeübt werden, wofür eine besondere Eignung notwendig oder erforderlich ist.

Das Gesetz legt dabei zukünftig gebündelt die Voraussetzungen der staatlichen Anerkennung fest, die den Bachelor-Abschluss beziehungsweise das Diplom vo

raussetzt. Dies ist von großer Bedeutung, da die Abschlüsse als Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge in anderen Bundesländern ohne den Zusatz „Staatliche Anerkennung“ auch nicht anerkannt werden, da die Länder nur den Wirkungskreis ihrer eigenen Hochschulen regeln. Diese Praxis wird im Bereich der Sozialberufe in Mecklenburg-Vorpommern verstetigt.

Mit dem Gesetzentwurf wird die Aufgabe der staatlichen Anerkennung im Rahmen ihrer akademischen Selbstverwaltung den Hochschulen, die den Studienabschluss vergeben, übertragen und damit die jetzige Übertragung für die Sozialberufe allein nicht auf die Hochschule Neubrandenburg weitergefasst. Dies war bislang nur dem Umstand geschuldet, dass es noch kein landeseigenes Sozialberufe-Anerkennungsgesetz gab.

Des Weiteren greift der Gesetzentwurf den Aspekt der bundesweiten Geltung nach meinem Dafürhalten richtigerweise auf, da er bundesweiten Bestrebungen folgt, länderübergreifend vergleichbare Anforderungen an die staatliche Anerkennung von Absolventen von Studiengängen mit den Schwerpunkten „Soziale Arbeit“ und „Kindheitspädagogik“ zu schaffen.

In einer freien Gesellschaft mit freien Arbeitsmärkten ist dieser Ansatz – getragen durch Beschlüsse der Jugend- und Familienministerkonferenzen aus den Jahren 2008 und 2011 – konsequent und richtig. Neben dem Qualitätsaspekt, welcher den Zusatz beinhaltet, ist die staatliche Anerkennung auch ein wichtiges Kriterium für die Eingruppierung in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder beziehungsweise in den Tarifvertrag für die Sozial- und Erziehungsdienste.

Parallel zur notwendigen Festlegung von Berufsbezeichnungen, Verwaltungsverfahren und behördlichen Zuständigkeiten oder die Gleichstellung von Berufsabschlüssen aus anderen Bundesländern beinhaltet der Gesetzentwurf eine weitere äußerst positive Regelung. Ich muss Ihnen an dieser Stelle nicht den Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften verdeutlichen, der selbstverständlich und sehr drastisch auch in den sozialen Berufen anzutreffen ist. Der Gesetzentwurf bestimmt erstmals in den Bereichen Soziales und Pädagogik die staatliche Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen. Bislang konnten diese Studienabschlüsse auf dem Arbeitsmarkt nur teilweise genutzt werden, da Bewertungsmaßstäbe und Bewertungsverfahren für Nicht-EU-Bürger fehlten.

Dieses Potenzial müssen wir für den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern nutzen mit Blick auf den demografischen Wandel. Ziel ist es, mitgebrachte Studienabschlüsse und sonstige berufsrelevante Qualifikationen zukünftig in einem möglichst einheitlichen Verfahren arbeitsmarktfähig zu gestalten, um somit eine ausbildungsnahe Beschäftigung zu fördern. Aus diesem Grund benötigen wir ein Sozialberufe-Anerkennungsgesetz. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Philipp da Cunha, SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer Frau Ministerin Drese und den VorrednerInnen – mit großem I – zugehört hat,

wird zu der Erkenntnis kommen, dieses Gesetz, dieser Gesetzentwurf ist notwendig, ist diskussionswürdig. Das sehen auch wir so. Wir wollen ihn ebenso wie Sie überweisen, darüber diskutieren, haben aber anlässlich der Ersten Lesung heute auch ein paar Anmerkungen.

Vorgesehen ist, dass dieser Gesetzentwurf im Sozialausschuss und im Finanzausschuss behandelt wird. Wir sind der Meinung, dass weitere Ausschüsse aus inhaltlichen Gründen damit befasst sein sollten, so der Bildungsausschuss, denn die Hochschulen sollen die Anerkennung für die eigenen Absolventen übertragen bekommen. Wenn die Hochschulen befasst sind, sind wir der Meinung, soll auch noch mal der Bildungsausschuss draufschauen. Gleiches gilt für den Innen- und den Rechtsausschuss. Da der Gesetzentwurf den Kreis der möglichen Antragsteller und Antragstellerinnen auf Menschen aus aller Welt erweitert, was wir unbedingt begrüßen, ist meine Fraktion dafür, diese beiden Ausschüsse ebenfalls mit einzubeziehen. In ihnen sollte geklärt werden, wie der Gesetzentwurf unter dem Gesichtspunkt des Aufenthaltsrechts von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, Geduldeten und Flüchtlingen, die über entsprechende Berufsabschlüsse verfügen und …

(Der Abgeordnete Torsten Renz tritt an das Präsidium heran.)

Herr Renz, fragen Sie mich doch einfach am Mikrofon. Innen-, Rechts- und Bildungsausschuss war unsere Idee, ansonsten steht hier in unseren Unterlagen, Sozial- und Finanzausschuss.

(Torsten Renz, CDU: Ja, das habt ihr ja nicht angemerkt im Ältestenrat. Das hättet ihr ja mal machen können.)

Wozu haben wir eine Aussprache, Herr Renz?

Einen Moment, meinen Herren!

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich denke, wir sollten hier keine Geschäftsordnungsdinge klären. Wir werden das im Anschluss an die Rede von Herrn Koplin hier noch mal aufrufen und dann können Sie sich dazu benehmen.

Das finde ich auch. Das ist doch gar kein Problem. Ich weiß gar nicht, wo Sie da die Probleme sehen, wenn wir das ausgiebig diskutieren, gerade weil das so wichtig ist.