Protocol of the Session on October 18, 2017

Zweitens. Werden diese Erwartungen in MecklenburgVorpommern erfüllt?

Die Erwartungen von Patienten lassen sich auf drei grundsätzliche Kriterien fokussieren:

1. leichter Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, das

heißt wohnortnah, unbürokratisch und möglichst spezifisch,

2. qualitativ hochwertige, umfassende gesundheitliche

Versorgung, angefangen von der Prävention über die Akutbehandlung bis zur Notfallversorgung und Rehabilitation,

3. Leistungs- und Kostenäquivalenz, auch als Effizienz

benannt, wobei hier durchaus eine differenziertere individuelle Bedarfssituation berücksichtigt sein darf.

Will man nun an die Versorgungsrealität von MecklenburgVorpommern den Maßstab dieser drei grundsätzlichen Versorgungskriterien anlegen, so muss auf ein weiteres Korrektiv verwiesen werden, das der Gesetzgeber für so wichtig hielt, dass er es in das Sozialgesetzbuch V Paragraf 1 geschrieben hat, nämlich die Einheit von Solidarität und Eigenverantwortung der gesetzlich Versicherten. Das heißt, auch hier gilt das Subsidiaritätsprinzip.

Lassen Sie mich nun auf die drei Kriterien näher eingehen:

Zunächst zur Bewertung des Zugangs. Der Zugang zum stationären Sektor und zu Anschlussheilbehandlungen ist in der Regel in unserem Land nicht wirklich problematisch, solange die Zugangsdauer, wie zum Beispiel bei

Notfällen, keine entscheidende Rolle spielt. Die Beherrschung der Notfallversorgung ist eine so wichtige eigene Problematik, dass meines Erachtens eine eigene Diskussion darüber stattfinden müsste.

Was den Klinikbereich betrifft, da dürfen wir wohl davon ausgehen, nach dem, was wir jetzt vom Minister gehört haben, dass es in der Krankenhauslandschaft von Mecklenburg-Vorpommern keine größeren Standortveränderungen mehr geben wird. Das freut mich sehr und ich denke, das wird auch die Bewohner von Wolgast sehr freuen.

Natürlich ist im Ballungszentrum der Zugang zu stationärer und ambulanter Gesundheitsdienstleistung in der Regel besser und einfacher als in ländlichen Gebieten, wo die notwendige Infrastruktur nicht gegeben ist. Die schwierigere Situation in den ländlichen Gebieten dürfte sich in den nächsten Jahren sogar noch verschärfen, da Nachwuchs bei den Landärzten fehlt. Gleichzeitig gibt es nahezu in allen Regionen in Mecklenburg-Vorpommern eine grundsätzliche Unterversorgung bei spezialärztlichen Ambulanzen, wie zum Beispiel Hautärzten, Augenärzten, Neurologen und Psychiatern, zum Teil auch Kardiologen. Wartezeiten von sechs und mehr Monaten sind bei diesen Fachärzten keine Ausnahme. Weitere Beispiele erspare ich mir aus Zeitgründen.

Mein Fazit: Der Zugang für Patienten zu unserem Gesundheitssystem ist in vielerlei Hinsicht optimierungsbedürftig.

Betrachten wir nun die Versorgungsqualität. Hier gibt es bei Umfragen im Wesentlichen die wenigsten Kritikpunkte bei den Patienten. Wenn Kritik geäußert wird, dann in der Anonymität der großen Klinikbetriebe und der Ökonomisierung aller Prozessabläufe. Deshalb möchte ich darauf jetzt auch gar nicht weiter eingehen, sondern mich auf den dritten Punkt, nämlich die Leistungs- und Kostenäquivalenz, beziehen.

Die Versicherten erwarten bezüglich ihrer ganz persönlichen Aufwendungen für die Gesundheitssicherung eine äquivalente Leistung. Diese persönliche Bewertung wird individuell sehr unterschiedlich ausfallen, dies auch, weil es in Deutschland zwei unterschiedliche Versicherungs- und Leistungssysteme gibt, das gesetzliche und das private Kassensystem, auch wenn inzwischen über den Risikostrukturausgleich eine solidarische Verknüpfung der Systeme stattgefunden hat.

Insgesamt kann man aber festhalten, dass die Versicherten seit Jahren immer mehr zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Zuzahlungen bei Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausaufenthalten und die weitgehende Eigenfinanzierung von Zahnersatz und Ähnlichem belasten die Versicherten seitdem zusätzlich. Eine Entlastung bei den Krankenkassenbeiträgen, wie oft versprochen, ist nie eingetreten. Gleichzeitig führen die strukturellen Anpassungen im Gesundheitswesen zu einer Reduzierung der Versorgungsdichte in vielen Bereichen. Die Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den Teilschließungen im Krankenhaus Wolgast haben dafür ein eindrückliches Bild geliefert.

Mein Fazit: Wenn wir die Gesundheitsversorgung in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern sichern und, ich ergänze, verbessern wollen, dann werden wir die von mir genannten Erwartungskriterien berücksichtigen und

diskutieren müssen. Aus dieser Trinität ergeben sich nämlich zu diskutierende Prioritäten hinsichtlich von Versorgungsstandards, Versorgungsqualitäten, Versorgungskomfort und den damit verbundenen individuellen Kosten. Ja, wir werden eine gemeinschaftliche Sichtweise entwickeln müssen, die einerseits den solidarischen Gedanken, aber ebenso den besonderen individuellen Ansprüchen in geeigneter Weise gerecht wird.

Wir sind davon überzeugt, dass die vielfältigen Probleme im Gesundheitswesen in unserem Land am ehesten gelöst werden, wenn den Akteuren vor Ort durch die Politik neue Handlungsräume eröffnet werden. Nur dann kann unkonventionell auf die spezifische Bedarfssituation der jeweiligen Region eingegangen werden. Dazu mögen sektorenübergreifende Aktivitäten ebenso gehören wie Werbeaktionen für Landärzte mit regionaler Sonderförderung, die Studienunterstützung von Studenten oder auch ein AGnES-System, oder eine breit angelegte Laienhelferbewegung, zum Beispiel mit den Defibrillatoren. Auch die Internetnutzung wird einen wichtigen Baustein dazu beitragen müssen.

Die Ausrichtung auf eine hoheitliche Gesundheitsversorgung ohne Rückbindung in die Bevölkerung wird allerdings die Einheit der Trinität aus Zugang, Versorgungsqualität und Leistungsbewertung und Kostenäquivalenz aus diesem Blick verlieren.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und würde gerne zum Schluss noch einmal einige Bemerkungen zu...

(Torsten Renz, CDU: Aber nicht weiter ablesen. Es ist freie Rede in der Geschäftsordnung verankert.)

Freie Rede.

… Herrn Ehlers machen. Herr Ehlers, ich habe einen persönlichen, bekannten Fall, wo gerade diese Diskussion eine große Rolle spielte. Der junge Mann behauptete, er hatte einen guten Abschluss, er behauptete, ja, aber …

Einen Moment, Herr Dr. Jess!

In der Aktuellen Stunde ist es so, dass jeder Redebeitrag zehn Minuten nicht überschreiten sollte. Sie haben zwar elf Minuten, die dürfen aber nicht im Zusammenhang genommen werden, sondern Sie haben dann noch eine Minute übrig.

Dann …

Das heißt, Sie müssten jetzt Ihre Rede unterbrechen, da Sie die zehn Minuten schon überschritten haben. Aber die eine Minute steht Ihnen dann noch zu, wenn Sie in dieser einen Minute das sagen wollen, was Sie jetzt noch auf dem Zettel haben.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Herr Ehlers, wir können das separat klären. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Unser Gesundheitsminister Harry Glawe hat gerade gesagt, er hat gute Verhältnisse zu den Krankenkassen. Das ist schön. Gute Verhältnisse sind immer wichtig, um gute Gespräche führen zu können. Aber sie sichern natürlich noch keine Versorgung. Und die Frage, wie gut das Verhältnis wirklich ist, macht sich daran fest, wenn es ums Bezahlen geht.

(Minister Harry Glawe: Genau.)

Dann werden wir sehen, wie die Verhältnisse sich letztendlich darstellen.

Das Thema der Aktuellen Stunde ist „Medizinische Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern sicherstellen“. Als ich das gelesen habe, habe ich den Eindruck gehabt, da gibt es ein seltsames Versorgungsverständnis, denn das Thema reduziert sich auf Medizin. Aber die Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern im Bereich der Gesundheit kann man natürlich nicht ohne den Pflegebereich betrachten, das heißt, das sind Dinge, die gehören zueinander. Jetzt habe ich mich schon gefragt, warum das hier quasi derartig reduziert wird. Bei mir kam ein bisschen der Verdacht auf, dass man die Aktuelle Stunde dazu nutzen möchte, um unserem Gesundheitsminister mal die Gelegenheit zu geben zu sagen,

(Minister Harry Glawe: Richtig erkannt.)

was er alles schon auf den Weg gebracht hat.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Nur, da muss man sagen, das wird dem Thema nicht gerecht. Also die SPD-Fraktion macht diesen Fehler nicht.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Oooh! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Wir werden das quasi nicht auseinanderziehen,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

wir werden das nicht auseinanderziehen, sondern das muss man zusammen betrachten, ansonsten wird man nicht zu guten Versorgungsansätzen kommen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das machen wir dann morgen.)

Das will ich mal vorwegschicken.

Das Thema ist ein wichtiges Thema, ein sehr wichtiges Thema, weil es kein Thema allein der Selbstverwaltung ist.

(Minister Harry Glawe: Dazu habe ich doch gesprochen.)

Es gibt ja einen Haufen Leute, die sagen, Mensch, haltet euch raus, es gibt hier Selbstverwaltung zwischen den Ärzten auf der einen Seite und den Krankenkassen auf der anderen Seite, die regeln das schon, die haben auch den Sicherstellungsauftrag, ihr könnt euch ein bisschen