(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, niemand hat die Absicht, niemand hat die Absicht! – Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE)
Insgesamt hat das Land vor, im Umkreis von 50 Kilometern jeweils ein Krankenhaus vorzuhalten, um in besonderer Weise den Menschen eine gute stationäre Versorgung anzubieten. Andererseits geht es darum, die Notfallversorgung in den Krankenhäusern aufrechtzuerhalten.
Wir müssen in dieser Frage, glaube ich, auch zu neuen Modellen kommen, und zwar über die KV und über die Notfallversorgung an den Krankenhäusern brauchen wir neue Modelle in besonderer Weise, um die Versorgung sicherzustellen, denn am Wochenende muss man oftmals feststellen, dass viele Patienten den Weg ins Krankenhaus suchen, dort in die Notfallaufnahme gehen und sich behandeln lassen. Das kann am Ende alles so nicht tragen. Wir brauchen die Zusammenarbeit und die Vernetzung zwischen der KV, zwischen niedergelassenen Ärzten und dem Krankenhaus, um eine 24-StundenVersorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten, denn da sind, glaube ich, Synergieeffekte zu erwarten, die zurzeit nicht optimal laufen.
Meine Damen und Herren, es ist natürlich auch wichtig, dass wir insgesamt dafür sorgen, dass die Fort- und Weiterbildung nach dem sechsjährigen erfolgreichen
Studium dann tatsächlich gemacht wird. Die Ärztekammer bietet in dieser Frage, denke ich, Vorbildliches an. Fort- und Weiterbildung ist ein entscheidendes Thema, und gerade im Bereich der Pädiatrie sind die Angebote mittlerweile gut. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Pädiater im Land weiter zu Fachärzten ausbilden; denn es geht ja am Ende darum: Ein Facharzt kann frei und alleine entscheiden, auch Diagnosen sichern und Therapien festlegen. Ein Assistenzarzt, der in der Ausbildung im Krankenhaus oder auch in Praxen ist, kann sozusagen zuarbeiten, aber am Ende muss er alle seine Diagnosen oder auch Therapieempfehlungen immer durch einen Facharzt absegnen lassen. Von daher ist es wichtig, dass gerade diese Fort- und Weiterbildung einen entscheidenden Stellenwert in Mecklenburg-Vorpommern enthält und gut vergütet wird. Das ist mittlerweile auch gegeben.
Deswegen haben wir als Landesregierung oder als Koalition von SPD und CDU auf Vorschlag des Gesundheitsministers auch ein Stipendienprogramm auf den Weg gebracht, das einen Wertumfang von 1 Million Euro darstellt. Diese 1 Million wird Medizinstudenten gewährt, die das Physikum bestanden haben. Dann gibt es dazu ein Angebot, dass für die nächsten vier Jahre des Studiums das Stipendienprogramm pro Monat 300 Euro betragen soll, und zwar ist es kein Darlehen, sondern ein verlorener Zuschuss des Landes. Der gilt in besonderer Weise für all diejenigen, die in naher Zukunft als Landarzt, Hausarzt oder Facharzt in Mecklenburg-Vorpommern in Niederlassungen oder auch im stationären Bereich arbeiten wollen.
Andererseits gilt dieses Angebot in besonderer Weise für die Landkreise, denn auch dort geht es ja darum, dass man Ärzte im Gesundheitsbereich in der öffentlichen Verwaltung beschäftigen will. Da ist das Land bereit, gerade den Landkreisen zu helfen, um Amtsärzte anstellen zu können. Dafür wollen wir dieses Stipendienprogramm bereitstellen. Ich gehe davon aus, dass wir Mitte November dazu vom Landesrechnungshof grünes Licht bekommen. Von daher können dann an den Universitäten in Rostock und in Greifswald alle dafür werben, dass junge Leute im Land Mecklenburg-Vorpommern bleiben.
Warum sage ich das? An der Uni in Rostock sind 31 Prozent aller Studierenden Landeskinder. Wir glauben, dass dort ein guter Ansatz ist. Das gilt auch für Greifswald, dort sind es zwar etwas weniger – ich glaube, 24 Prozent –, nichtsdestotrotz gilt dieses Programm für alle Medizinstudenten, die in Mecklenburg-Vorpommern studieren. Es gilt also auch für diejenigen, die aus Bayern, BadenWürttemberg, Niedersachsen oder wo auch immer in Deutschland herkommen und hier studieren.
Meine Damen und Herren, es geht darum, die Gesundheitsforschung voranzutreiben. Das ist ein entscheidendes Thema. Wir wollen Fokusregionen bilden und haben vor Kurzem drei verschiedene Ziele ausgelobt: die Pädiatrie, Geriatrie und Palliativmedizin. Das sind Themen, die für die nächsten Monate und Jahre vorangetrieben werden müssen. Da haben wir mit der Community Medicine in Greifswald einen Vertrag geschlossen und fördern dieses Modellprojekt mit 2 Millionen Euro.
Meine Damen und Herren, auch Telemedizin, AGnES und HaffNet sind Themen, die angegangen werden müssen. Bei HaffNet geht es ja darum, dass wir jetzt die Digitalisierung vorantreiben, also eine enge Verknüpfung
zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten, Hausärzten, Fachärzten und auch den arztentlastenden Diensten, die in besonderer Weise durch gut ausgebildete Krankenschwestern sichergestellt werden.
Wir wollen neue Wege gehen, wir müssen neue Wege gehen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass gerade Menschen, die chronisch krank sind, gut versorgt werden, dass das Entlassungsmanagement nach einem Krankenhausaufenthalt viel intensiver laufen muss und eine gute Versorgung der Patienten sichergestellt wird. Dazu brauchen wir die Vernetzung von ambulant und stationär, dazu brauchen wir am Ende auch den Apotheker, dazu brauchen wir die elektronische Patientenkarte, dazu brauchen wir auch Modellprojekte. Die elektronische Patientenkarte macht ja in besonderer Weise die AOK.
Ich bin auch der Techniker Krankenkasse sehr dankbar, dass sie ein weiteres Modellprojekt macht. Da geht es um Dermatologie, also um Fragen zu Hauterkrankungen et cetera. Es geht auch darum, Universität, Hausärzte, Fachärzte zu involvieren, sodass man schnell eine Diagnose oder eine ärztliche Fragestellung an die jeweiligen Fachärzte oder an das Zentrum der Universität schicken kann. Hier kriegt man relativ schnell, innerhalb von 48 Stunden, eine Rückkopplung. Dort wird dann empfohlen, den Patienten schnell bei der Universität vorzustellen, wenn die Diagnose in Richtung Krebserkrankung et cetera geht – da geht es ja auch um schnelle Sicherung und Operation et cetera –, oder wenn die Grundlage nicht so ist, dass man einen dermatologischen Arzt hinzuzieht.
Das sind Dinge, um auch Patienten Wege zu ersparen und die dazu führen sollen, dass sie insgesamt schneller eine qualifizierte Zweitmeinung bekommen. Das sind alles Ansätze, glaube ich, über die man in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren intensiv sprechen muss.
Wir brauchen natürlich, wenn wir am Ende sektorenübergreifende Versorgung auf den Weg bringen wollen – also sektorenübergreifend heißt, ambulante und stationäre Versorgung müssen neue Wege gehen, um insgesamt die Versorgung der Bevölkerung auf hohem Niveau weiter sicherzustellen –, die Öffnung, dazu brauchen wir die Telemedizin, dazu brauchen wir bundesgesetzgeberische Änderungen. Andererseits brauchen wir eben auch Fokusregionen wie im Land Mecklenburg-Vorpommern, die über drei bis sechs Jahre Dinge erproben, um zu sehen, kriegt man diese neuen Modelle, diese neuen Vorschläge am Ende im SGB V untergebracht, sodass es eine Regelleistung wird, die dann auch durch die Krankenkassen bezahlt werden kann.
Denn es geht ja darum, die Krankenkassen sichern einerseits die Finanzierung, andererseits verwalten sie die Beiträge der Versicherten, und drittens geht es darum, auch dafür zu sorgen, dass wir insgesamt … Natürlich brauchen wir diese Gesetzgebungsänderungen. Dazu müssen wir als Land im Bundesrat, aber eben auch über die Gesetzgebung auf der Bundesebene, wenn wir gut erklärbare Ergebnisse haben, den Weg der Gesetzesänderung gehen.
Mecklenburg-Vorpommern hat es vorgemacht mit AGnES. Professor Hoffmann in der Community Medicine in Greifswald hat dafür gesorgt, dass das im SGB V durch seine hervorragenden wissenschaftlichen Begleitungen aufgenommen wurde. AGnES ist heute als Begriff VERA
im SGB V zu finden und ich denke, dass wir in besonderer Weise durch die Universitäten – das gilt ja auch für die Uni Rostock – gute bundespolitische Themen bewegen können, andererseits auch aus dem Innovationsfonds Mittel nach Mecklenburg-Vorpommern holen, um neue Modellprojekte zu erproben.
Meine Damen und Herren, es geht natürlich auch um Fachkräftegewinnung im Bereich der Pflege. Es muss darauf ankommen, dass wir die Pflege interessanter machen, dass wir dafür sorgen, dass Altenpflege und die Frage der ganzheitlichen Ausbildung wichtige Modelle sind, um später zu Spezialisierungen zu kommen. Wir brauchen in der Pflege am Ende auch eine Öffnung für ein Hochschulstudium. Dafür werden zurzeit Gespräche zwischen den Universitäten und Neubrandenburg – also Rostock, Greifswald und Neubrandenburg – geführt, in die in besonderer Weise natürlich das Bildungsministerium eingebunden wird. Wir müssen dafür sorgen, dass es eine Ausstattung gibt, die einen Studiengang in der Pflege mit Hochschulabschluss sicherstellt. Es geht um den gemeinsamen Unterricht in der ersten Zeit, also Vorlesungen, wo Humanmedizinstudenten mit den Fachpflegekräften zusammen diesen Vorlesungen folgen können. Am Ende geht es darum, dass wir qualifizierte Fachkräfte in der Pflege entwickeln, und da sollte MecklenburgVorpommern durchaus Vorreiterland in Deutschland sein.
Meine Damen und Herren, ich könnte noch viel, viel mehr vortragen. Entscheidend ist, glaube ich, dass wir uns darin einig sind, dass wir neue Wege gehen müssen, dass wir die ausgetretenen Trampelpfade – in Anführungsstrichen – verlassen müssen. Wir müssen vom Geiste her bereit sein, neue Wege zu gehen, um andererseits die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum sicherzustellen.
Da können Sie ruhig lachen, wie Sie wollen. Es ist eine erklärte Aufgabe der Landesregierung, das sicherzustellen. DIE LINKE wird diese Probleme nicht lösen, die hat sie noch nie gelöst.
In der Zeit, als Sie regiert haben, wurden alle Krankenhäuser privatisiert. Das ist Ihr einziges Ergebnis, was Sie erreicht haben. Das kann man eigentlich heute gar nicht mehr richtig gut finden, aber damals waren Sie ja nicht zu bremsen.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Was haben Sie denn eigentlich gesagt, Herr Minister, in Ihrer Rede?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die neuen Möglichkeiten unseres Plenarsaals nutzen – die Gäste sind ja näher herangerückt –, und damit Sie wissen, von wem Sie beobachtet werden, begrüße ich die Schüler des GroneBildungszentrums Rostock. Ich hoffe, ich bin richtig in
Sehr geehrter Herr Minister Glawe, Sie haben hier einen Rundumschlag gemacht über die Entwicklung bei uns im Land im Gesundheitswesen, da kann ich eigentlich kaum noch etwas hinzufügen,
denn es sind alle Punkte von Ihnen angesprochen worden, die in der Diskussion sind. Ich denke, es wird aber wichtig sein, dass wir in einiger Zeit mal nachschauen, inwiefern diese Punkte auch wirklich valide sind. Da werden Sie sicher sein dürfen, dass wir da nachhaken.
Herr Ehlers, zu Ihnen muss ich sagen, Ihre Ausführungen hinsichtlich der Reduktion des intellektuellen Niveaus bei den Medizinern, bei den zukünftigen Studienzulassungen finde ich schon ein bisschen bedenklich. Darüber sollte man noch mal nachdenken, denn wenn wir 40.000 Bewerber in der Bundesrepublik haben und nur 9.000 Studienplätze, dann ist es ja nicht so, dass wir einen Mangel an Bewerbern haben, sondern da scheint es andere Gründe zu geben. Wir sollten eher mal überlegen, inwiefern die Bewertungsstrukturen in unseren Schulen fragwürdig sind. Also ich denke, da gibt es andere Diskussionspunkte.
Weil Sie aber im Grunde schon alles angesprochen haben, möchte ich mal einen ganz allgemeinen Punkt in die Debatte bringen. Und zwar hat sich im deutschen Gesundheitswesen wirklich eine Menge getan. Das kann man schon allein daran erkennen, dass die Zahl der neu verabschiedeten Gesetze in den letzten Legislaturperioden der Bundesregierung drastisch angestiegen ist. War es in der 15. Legislaturperiode, also ab 2005, nur ein Gesetz, so stieg die Zahl in der 16. auf 3, in der 17. auf 10 und in der 18. bis auf 21 neue Gesetze im Bereich des Gesundheitswesens. Der eine Beobachter mag dies als Zeichen einer hohen Veränderungsbereitschaft sehen, ein anderer eher als Zeichen zunehmender Regelungskonfusion.
Die heutige Aktuelle Stunde möchte ich zum Anlass nehmen, um deutlich zu machen, dass das Thema eigentlich induziert, dass bei uns im Land die Gesundheitsversorgung eben nicht sicher ist. Die diesbezüglichen Risikofaktoren sind hinlänglich bekannt: demografische Bevölkerungsentwicklung und Flächenlandcharakter, Personalmängel, Überalterung bei Ärzten und Pflegekräften, Investitionsstau in den Krankenhäusern, strenge Sektorierung der gesundheitlichen Versorgungsstrukturen, strukturelle Disparitäten, Qualitätssicherungsprobleme bei zunehmender Ökonomisierung im Gesundheitswesen und der Finanzierung des Gesamtsystems, Digitalisierungsdruck und, und, und. Das könnte man beliebig fortsetzen.
Darüber wird an vielen Stellen debattiert. Allein in diesem Jahr gab es mindestens drei hochkarätige Kongresse in Berlin, München und Köln, jeweils mit mehreren Tausend Besuchern. Bei allen Kongressen wurden die aktuellen Themen und die Lösungsansätze oder – ich will mal eher sagen – die Lösungsversuche aus Sicht der Politik und der Leistungserbringer diskutiert.
Ich möchte in diese Debatte zuallererst die Frage nach der Perspektive einbringen. Erstens betrachtet man die Sicherung der Gesundheitsversorgung aus der Perspektive
Zweitens möchte ich darauf verweisen, dass die Forderung nach Sicherung der Versorgung immer auch mit der Forderung nach einem Qualitätsanspruch versehen sein muss, nämlich einem Anspruch nach hoher Prozess- und Ergebnisqualität dieser Versorgung. Ich lasse diese akademischen Fragen einmal außer Acht und beschäftige mich im Folgenden mit der Patientenperspektive.