Oder anders gefragt: Soll die liberale Gesellschaft alles dulden, weil sie religiös tolerant sein will? Nein, Toleranz endet beim Nichttolerierbaren.
Viel schlimmer als nur Abschottung beinhaltet das Bedecken des Gesichts auch eine Absage an unsere Werteordnung. Die Burka hindert die Frau daran, einen selbstbestimmten und selbstbewussten Platz in der freien Gesellschaft einzunehmen.
Das Tragen der Burka ist aber nicht nur das Gegenteil von Gleichberechtigung und Menschenwürde, sie ist auch das Zeichen eines offenen Affronts gegen die liberale Gesellschaft. Die Frauen grenzen sich damit direkt von allen anderen Personen ab und signalisieren, an dieser freien und offenen Gesellschaft nicht teilhaben zu wollen. Es entsteht dadurch keine gleichwertige Begegnungssituation mit denjenigen Menschen, die sich ohne Gesichtsverschleierung oder Gesichtsbedeckung im öffentlichen Raum bewegen.
Wir von der AfD stehen zu unseren Werten: Gleichberechtigung, menschliches Miteinander, freie Begegnung und Kommunikation in der Öffentlichkeit. Dem Staat als Träger souveräner demokratischer Macht steht es selbstverständlich zu, die Verwendung von Symbolen der Intoleranz und Missachtung grundlegender Bedingungen des Zusammenlebens zu reglementieren, so, wie selbst Marokko zwischenzeitlich den Verkauf, die Einfuhr und Herstellung dieser Kleidungsstücke verboten hat.
Die Vollverschleierung ist aus all den vorgenannten Gründen nicht zu dulden und daher zu verbieten. Religiöse Argumente greifen hier nicht. Keiner käme auf die Idee, Polygamie, Kinderehen oder die Verstümmelung von Frauen im Namen der Religion zuzulassen. Vollverschleierung ist eine Form der Verstümmelung, nimmt sie der sie tragenden Frau die Möglichkeit zur Interaktion.
Deshalb ist es für eine liberale Gesellschaft nötig und nützlich, hier einen klaren Trennungsstrich zu ziehen.
Das Verschleierungsverbot ist keine Einschränkung der Religionsausübung, sondern aktiver Schutz der vom Grundgesetz in Artikel 1 geforderten Menschenwürde. Diese wird durch den Schleier missachtet. Jeder Mensch sollte sein Gesicht zeigen dürfen, seine Gefühle ausdrücken und nonverbal mitteilen können, denn das ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Menschenwürde. Daher halte ich es für ein Gebot der Würde und Gleichberechtigung einer jeden Frau, sich in der Öffentlichkeit unverschleiert zeigen zu dürfen.
Diese Einschätzung bestätigt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unlängst wieder in zwei neuen Entscheidungen, die jeweils ein Verschleierungsverbot in Belgien für rechtens erachten. Die Straßburger Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass, Zitat, „ein solches Verbot die Bedingungen des Zusammenlebens garantieren, die Rechte und die Freiheit anderer schützen und notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein könne. Das Recht auf soziale Integration stehe höher als das Recht auf freie Religionsausübung.“ Zitatende.
Auch schon 2014 hat der EGMR zum Verschleierungsverbot in Frankreich festgestellt, Zitat: „Allein der Respekt für die Minimalbedingungen des sozialen Lebens rechtfertige ein Verbot von Gesichtsschleiern im öffentlichen Raum, schließlich spiele das Gesicht eine bedeutende Rolle in der sozialen Interaktion. Wer sein Gesicht nicht zeige, verletze damit das Recht anderer, in einem gesellschaftlichen Raum zu leben, der das Zusammenleben erleichtert.“ Zitatende.
Fast überflüssig zu erwähnen ist dabei, dass es uns hier nur um ein Verbot der dauerhaften religiös begründeten Vollverschleierung von Frauen geht. Klar ist – und das bringt der Gesetzentwurf deutlich zum Ausdruck –, dass weder der im Winter getragene Schal noch die Karnevalsmaske erfasst werden. Wir bezwecken mit diesem Gesetzentwurf keine Einschränkung, sondern mehr Freiheit, mehr Freiheit für Frauen und mehr Freiheit für die offene Kommunikation. Damit ist auch klar, dass ein solches Verbot sich nur auf den öffentlichen Raum beziehen kann, denn das private Umfeld, die eigene Wohnung soll und muss selbstverständlich frei von staatlichem Eingriff sein.
Wenn Sie, liebe Kollegen auf der anderen Seite dieses Hohen Hauses, es ernst meinen mit der freien Gesellschaft, mit der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, mit Integration und Toleranz, dann stimmen Sie diesem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zu. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ja, Anfang der Woche hat der Europäische Gerichtshof ein, wie ich finde, absolut bahnbrechendes Urteil zum allgemeinen Verbot der Vollverschleierung gefällt.
Beklagt war die belgische Regelung, die seit 2011 untersagt, in der Öffentlichkeit Kleidung zu tragen, die das Gesicht ganz oder teilweise bedeckt. Das Urteil fiel sehr eindeutig aus. Die Klage wurde nicht nur abgewiesen, die Richter erklärten darüber hinaus, das Burka-Verbot sei für eine demokratische Gesellschaft notwendig. Es schütze die Rechte und Freiheiten von Dritten, weshalb bei Verstößen auch mehrtägige Haft möglich wäre. Das ist mal eine Ansage.
Durch das Urteil fühle ich mich persönlich in der Haltung bestärkt, Burka und Nikab haben in unserer offenen, freiheitlich-demokratischen Gesellschaft nichts verloren. Sie verhindern eine erfolgreiche Integration und sind letztendlich Ausdruck eines menschenverachtenden Frauenbildes.
Da spielt es für mich gar keine Rolle, wie viele Frauen in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt ihr Gesicht verhüllen. Es ist eine Grundsatzfrage:
Ich möchte in Mecklenburg-Vorpommern keine Parallelgesellschaften wie in anderen Teilen Europas. Ich möchte keine Geschlechterapartheit, ich möchte meinem Gegenüber die Hand geben, in die Augen sehen, die Mimik deuten können, unabhängig davon, ob mein Gegenüber Mann, Frau oder sonst irgendwas ist. Mich ärgert es maßlos, wenn ausgerechnet diejenigen, die sich mit Erfolg und Leidenschaft berechtigt in den zurückliegenden Jahren für die Rechte der Frauen in unserem Land eingesetzt haben, bei diesem Thema nachsichtig werden.
Die Ablehnung der Vollverschleierung ist kein Thema irgendwelcher, sondern sie ist eins, das uns alle angeht. Die Landesregierung ist sich einig und lehnt die Vollverschleierung ab. Gleichwohl gebietet uns unser Grundsatz, Maß zu halten. Bundesinnenminister de Maizière hat es einmal so formuliert und dem kann ich mich nur anschließen: „Man kann nicht alles verbieten, was einem nicht gefällt.“ Zitatende.
Ein allgemeines Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum wäre offenkundig verfassungswidrig. Insofern ist Ihr Gesetzentwurf im Grundsatz schon nicht zustimmungsfähig.
Möglich sind natürlich anlassbezogene Verbote. Vor diesem Hintergrund legte der Bundesinnenminister Ende letzten Jahres einen Gesetzentwurf vor, dem sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat und damit
auch Mecklenburg-Vorpommern zugestimmt haben. Am 15. Juni 2017, also vor einem knappen Monat, trat das Gesetz zu bereichsspezifischen Regelungen der Gesichtsverhüllung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften in Kraft. Es verbietet, bei Ausübung des Dienstes, bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug, in Ausübung eines Amtes und bei Soldaten – bei denen auch in der Freizeit – an dienstlichen Orten das Gesicht zu verhüllen. Darüber hinaus muss die Vollverschleierung in Behörden und bei Wahlen abgelegt werden.
Das ist auf jeden Fall erst mal ein guter Kompromiss, damit sollten wir dann auch endlich alle gut leben können. Gleichwohl entbindet es uns nicht von der Pflicht, weiterhin für unsere offene, für unsere freie Gesellschaft zu streiten. Gerade gegenüber den Islamverbänden müssen wir das offene Wort pflegen. Das kann anstrengend sein und da können auch mal die Fetzen fliegen, aber unsere Freiheit, unsere Art des Zusammenlebens sind diesen Aufwand in jedem Fall wert. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was die rechtlichen Rahmenbedingungen angeht, hat der Innenminister dazu seine Auffassung, die hier rechtsstaatlicherseits vertreten wird, kundgetan.
Dieses Gesetz, was uns vorgelegt wurde, ist recht übersichtlich. Es ist aber nicht nur kurz, es ist auch nicht der Rede wert, weil es bei uns im Land einfach am Bedarf vorbeigeht. Aus meiner Sicht wurde es auch nicht zu Unrecht von der Presse so ein bisschen durch den Kakao gezogen, weil im Gesetzestext suggerieren Sie, dass Sie nicht ganz gezielt nur gegen Muslima vorgehen wollen, die ihre Religionsausübung ganz streng betrachten, obwohl man darüber trefflich streiten kann, ob das tatsächlich ein Ausdruck von Religiosität ist oder ob das teilweise was mit Sittlichkeitsempfindungen zu tun hat, weil auch dazu gibt es Untersuchungen unter Muslima, warum sie sich vollverschleiern, warum sie das überhaupt mitmachen.
Herr Holm hat hier eben fast so getan, als müsste man mit einem Verbot diese Frauen befreien. Das sehen diese Frauen teilweise ganz anders. Für mein Empfinden ist das auch sehr befremdlich, muss ich sagen, wenn ich jemanden sehe, der bis über die Ohren verschleiert ist. Ich habe im politischen Raum auch schon viele skurrile Diskussionen geführt. Ich erinnere da nur mal an die Diskussion zum Kopftuchverbot. Ich stamme aus einer Generation und bin auf dem Land aufgewachsen, da war es üblich, dass die Frauen Kopftuch trugen und Kittelschürze.
Das sieht man heute noch hier auf dem Lande. Von daher war das schon eine sehr skurrile Situation und die Diskussionen waren teilweise sehr seltsam.
Oder ich erinnere daran, dass wir auch aus unserem christlichen Kulturgut teilweise seltsame Bekleidungen haben oder die manche als seltsam empfinden mögen. Zum Beispiel war ich neulich in einer ganz tollen sozialen Pflegeeinrichtung, die wurde von Nonnen betrieben. Hier war auch der Körper fast voll verdeckt.
Aber wir haben hier noch ganz viele andere Gruppen, da ist das Gesicht überhaupt nicht frei, und die haben Sie natürlich alle nicht in Betracht gezogen.
Ach, Professor Weber, das ist ja schön, dass Sie da stehen. Dann vergesse ich es nicht. Denn wo hier die Freiheit und Gleichberechtigung der Frau hochgehalten wird, fällt mir natürlich sofort das Bild ein,
das Sie als Repräsentant dieser Gesellschaft abgegeben haben, als Sie – jedenfalls stand es so in den Medien,