Mein Fazit ist, dass die rechtliche Situation vollkommen ausreichend ist und auch vor Diskriminierung schützt. Faktisch hat jeder Mensch Vorurteile, und denen sollte man sich stellen. Diesen Vorurteilen sollte man sich stellen, daran arbeiten und nicht versuchen, sich hinter formalen Tricks zu verbergen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Ausgangspunkt für den Antrag der Fraktion DIE LINKE hat Herr Ritter hier einen aktuellen Anlass vorgetragen, ohne konkret und näher darauf einzugehen, er hat das einfach in den Raum gestellt.
Das lässt vermuten, dass bei diesen Personalentscheidungen, die Herr Ritter wohl meint, Diskriminierung nicht auszuschließen wäre. Das ist schon eine Nummer. Grundsätzlich stellt sich doch die Frage: Gibt es den Bedarf für anonymisierte Bewerbungen in Mecklenburg-Vorpommern und hier speziell wie gefordert in der Landesregierung und obendrein im Landesrechnungshof?
Der Antrag weist auch nicht auf Konkurrenzklagen hin, die ja auf Diskriminierung in Bewerbungsverfahren hindeuten würden. Also er lässt es einfach offen. Es ist ein Antrag ins Blaue hinein, der sagt, wir müssen etwas gegen Diskriminierung tun beim Bewerbungsverfahren, ohne das näher zu erläutern und darzulegen. Deshalb, wie gesagt, die Frage: Gibt es den Bedarf für anonymisierte Bewerbungen in Mecklenburg-Vorpommern hier in der Landesregierung und im Landesrechnungshof?
Der Antrag der LINKEN zielt merklich darauf ab, Diskriminierung vorzubeugen, etwa aufgrund der Herkunft. Im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern ist der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund – ich weiß nicht, ob das vielleicht ein Ausgangspunkt war – in Mecklenburg-Vorpommern wesentlich geringer, mal ganz abgesehen davon, dass in den Stellenausschreibungen der Landesregierung üblicherweise auch auf eine besonders erwünschte Bewerbung von Frauen und Behinderten hingewiesen wird. Ihr Thema ist also eigentlich kein Thema für Mecklenburg-Vorpommern, denn angelehnt an die Regelungen des Grundgesetzes in Artikel 33 Absatz 2 werden die einzelnen Stellen in der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besetzt. Damit wird auch bei nicht anonymisierten Besetzungsverfahren sichergestellt, dass kein Bewerber – etwa aus dem in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz (wie Geschlecht oder Abstam- mung) oder den in Paragraf 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz genannten Gründen – benachteiligt wird. Aufgrund dieser rechtlichen Komponente ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Landesregierung und auch der Landesrechnungshof sich an geltendes Recht gebunden fühlen. Es gibt auch keine Hinweise darauf, die ein anderes Verhalten oder Handeln erkennen lassen. Es ist zumindest, Herr Ritter, von Ihnen nicht dargelegt worden.
Diese Haltung der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen ist für DIE LINKE übrigens so nicht neu. Die Landesregierung hat in einer Kleinen Anfrage der LINKEN aus dem Jahr 2013 genau das betont. Und genau dieser Ansatz ist heute noch uneingeschränkt maßgebend. Es ist der Leistungsgedanke, der im Vordergrund steht. Wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, spielt es keine Rolle, woher der Bewerber kommt und welches Geschlecht er hat. Die persönliche Komponente – mein Vorredner hat das angesprochen – ist bei einem Bewerbungsgespräch eben auch das Ausschlaggebende, um dann zu der Entscheidung zu kommen.
Doch unabhängig von den Rahmenbedingungen gibt es in meinen Augen gewichtige inhaltliche Gründe für die Ablehnung dieses Antrages. Da will ich zunächst auf die Bewerberseite eingehen. Anonymisierte Bewerbungsverfahren überzeugen zumindest mich nicht. Zwar wird seitens der Befürworter angeführt, dass die Diskriminierungsrate im Verlauf des Bewerbungsprozesses abnimmt – das mag auch stimmen –, das betrifft
aber doch nur die erste Stufe des Bewerbungsverfahrens, es betrifft die Entscheidung über die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch. Anonyme Bewerbungsverfahren reduzieren Diskriminierungen, wenn überhaupt, auch nur so weit, wie sie in der ersten Bewerbungsstufe stattfinden. Dies impliziert aber eben auch, dass eine Diskriminierung nur vertagt wird, denn der Verzicht auf persönliche Angaben betrifft nur die erste Stufe des Bewerbungsverfahrens, also die Entscheidung über eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch. Sobald die Personalverantwortlichen entschieden haben, eine Person einzuladen, erhalten sie Einblick in personengebundene Angaben. Und das ist auch richtig so. Wie sollte man sonst Entscheidungen über einzustellende Mitarbeiter treffen?! Das geht gar nicht.
Hinzu kommen die Schwierigkeiten für die Arbeitgeberseite. Auf Arbeitgeberseite werden zu Recht Bürokratie, unnötige Kosten und auch technische Schwierigkeiten bei der Anonymisierung ins Feld geführt. Aus dem Bundesmodellprojektverfahren gibt es Pro und Kontra und die Kontra-Auffassungen haben auch mich überzeugt, dass ein ano…,
Aber dann fällt die Entscheidung im Austausch der Meinungen, und dann werden wir zu einem Ergebnis kommen. Ich bin der Auffassung, dass es eines erheblichen Verwaltungsaufwandes bedarf, dass die Landesregierung andere Aufgaben zu erfüllen hat,
als hier Modellversuche durchzuführen. Von daher werden wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Die Landes- regierung ist ja voll vertreten. – Zuruf von Karen Larisch, DIE LINKE)
Zunächst, Herr Wildt, auf die gestellten Fragen eingehend, will ich konstatieren oder Ihnen zubilligen, dass Sie
sich inhaltlich mit dem vorliegenden Antrag auseinandergesetzt haben. Das ist ja hier in der Debatte im Landtag nicht immer der Fall, dass man sich sozusagen in die Tiefe eines Antrages hineinbewegt, Fragen stellt und nach Möglichkeiten sucht, zuzustimmen oder abzulehnen.
Und ja – zu Ihrer ersten Frage –, wir wollen dann schon, dass wir über diesen Modellversuch bei der Landesregierung hinaus das anonymisierte Bewerbungsverfahren auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ausdehnen.
Warum der Landesrechnungshof? Das habe ich zu Beginn meiner Rede gesagt: Unsere Anträge haben immer einen aktuellen Anlass, so zum Beispiel auch die jüngsten Personalentscheidungen der Großen Koalition, und die letzte Personalentscheidung war eine Personalentscheidung des Landesrechnungshofes. Man könnte aber auch andere ähnliche Behörden hernehmen, zum Beispiel den Landesdatenschutzbeauftragten. In dem Fall wäre das aber vergossene Milch, denn der vorhergehende Landesdatenschutzbeauftragte hat in seiner Behörde schon das anonymisierte Bewerbungsverfahren durchgeführt und dort durchaus positive Erfahrungen gesammelt.
Und nein, das Gefühl der Ohnmacht hat man an dieser Stelle nicht, denn ich bin ja als Parlamentarischer Geschäftsführer meiner Fraktion auch für Personaleinstellungen zuständig. Nun gut, wir haben nicht so viele Möglichkeiten, Menschen in unserer Fraktion einzustellen. Aber in den Fällen, wo wir das getan haben mit dem anonymisierten Bewerbungsverfahren, hatte ich nicht das Gefühl der Ohnmacht, eher ein Gefühl eines anderen, offeneren Umganges, und wie ein Computer habe ich mich bei den Gesprächen auch nicht gefühlt. Bei diesen Bewerbungsverfahren bin ich dann wirklich die letzte Stelle, die Kontakt zu dem Bewerber, zu der Bewerberin herstellt, nämlich erst in dem Moment, wenn er denn sozusagen zum Bewerbungsgespräch da ist.
Also es gibt unterschiedlichste Erfahrungen und auch der Minister hat ausgeführt, dieses Verfahren kann ein geeignetes Mittel sein, um im Bewerbungsverfahren voranzukommen.
Nein, Herr Reinhardt, das muss es nicht, aber wenn man zu der Einschätzung kommen will, ob es ein geeignetes Mittel ist oder nicht, sollte man sich doch einem Modellversuch nicht verwehren, denn nur dann kann man feststellen, ob es ein geeignetes Mittel ist. Also wir halten das Modellprojekt für ein geeignetes Mittel.
Herr Abgeordneter Ritter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Weber, Fraktion der AfD?
Kollege Ritter, ich habe eben gehört, dass Sie gesagt haben, es findet bei Ihnen dann doch ein Bewerbungsgespräch statt. Das heißt, das anonymisierte Verfahren führt nur so weit, wer zum Bewerbungsgespräch geladen wird, die Endentscheidung ist dann aber entanonymisiert, oder habe ich das falsch verstanden?
Die Endentscheidung wird natürlich in einem Bewerbungsgespräch durchgeführt, aber der Personalverantwortliche – an dieser Stelle ich in der Fraktion – ist sozusagen der letzte Punkt in der Kette. Also alles, was sonst im Vorfeld mit dem anonymisierten Bewerbungsverfahren durchgeführt wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe sozusagen nur den direkten Kontakt mit der Bewerberin oder dem Bewerber und alle anderen Stufen, die vorher gelaufen sind, erfolgen anonym.
Also wir meinen, dass das anonymisierte Bewerbungsverfahren ein geeignetes Mittel ist, um alle die Fragen, die auch hier aufgeworfen worden sind und zu Recht gestellt worden sind, zu hinterfragen und zu überprüfen. Ich habe auf die Debatte aus dem Jahr 2013 verwiesen, als wir uns hier mit der Problematik schon einmal beschäftigt haben, und auch in der Einbringungsrede schon gesagt, dass es eben nicht nur die aktuellen Anlässe sind, sondern ein Thema, das uns seit längerer Zeit beschäftigt.
Ich will hier mal kurz aus dem Sitzungsprotokoll vom 31. Mai 2013 zitieren. Da heißt es: „Wie wir alle wissen, haben verschiedene Bundesländer sich dem Thema langsam, aber sicher angenähert. Das finde ich toll und ich freue mich darüber. Nun fordern Sie“ – an unsere Fraktion gerichtet – „hier in unserem Land ein Modellprojekt. Niemand, keine Fraktion wird hier im Saal abstreiten wollen, dass die anonymisierte Bewerbung deutlich mehr Chancen für Frauen, vor allem für Frauen mit Kindern bedeutet.“
„Auch Menschen mit Migrationshintergrund haben bessere Chancen bei ihrer Bewerbung. Ob diese Bewerber deshalb die jeweilige Stelle am Ende des Verfahrens bekommen, das steht nicht fest. Aber, meine Damen und Herren, erst einmal den Zugang zu erhalten und nicht gleich zu Beginn abgewiesen zu werden, das ist schon ein Erfolg.“ Zitatende.
Vorgetragen vom Kollegen Detlef Lindner von der CDUFraktion. Und ich meine, der Kollege Lindner hatte mit seiner Einschätzung recht. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank.
(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Ich wusste aber, worum es geht. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anonymisierte Bewerbungsverfahren waren lange Zeit ein viel diskutiertes Thema. Warum auch immer die LINKEN jetzt
mit dem Thema um die Ecke kommen, ist mir auch nicht klar. Herr Ritter hat es angedeutet, wobei ich das schwierig finde, diese Personalie des Landesrechnungshofes vorzuweisen. Der Landesrechnungshof ist unabhängig in seinen Entscheidungen und auch in seiner Personalhoheit und schließlich gab es hier eine Abordnung und es gab auch mehrere Bewerbungen. Wenn der Landesrechnungshof sich so entscheidet, dann, glaube ich, hat er auch das gute Recht dazu und das sollten wir nicht kritisieren. Es ist, wie gesagt, ein unabhängiges Gremium.