Protocol of the Session on May 18, 2017

fehlte es bis zuletzt schlicht an Passersatzpapieren. Auch das gehört zur Wahrheit dazu, und das darf definitiv nicht sein.

Ein wichtiges Instrument ist darüber hinaus die Rückkehrberatung, die hier in den Ausführungen bisher nicht zum Tragen kam bei Ihnen. Wir haben in MecklenburgVorpommern festgestellt, dass wir umso größere Erfolge erzielen, je früher die Beratungen beginnen. Deshalb werden schon bei der Registrierung der Flüchtlinge Rückführungsgespräche durchgeführt. Die hierbei sehr hilfreiche Rückkehrförderung REAG wird vom Land im Jahr 2017 mit 130.000 Euro unterstützt. Hinzu kommen noch weitere Maßnahmen wie beispielweise zur Reduzierung von Fluchtanreizen. Aber das sind alles Fragen, die Sie vermutlich kennen.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine weitere Möglichkeit bietet Paragraf 61 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz. Dort heißt es: „Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen.“ Das haben Sie ja offensichtlich aufgegriffen und hier in Ihren Ausführungen auch angesprochen. An sich ist das ein grundsätzlich guter Ansatz und ein Bundesausreisezentrum fände ich persönlich sogar noch besser. Aber beim besten Willen, für Mecklenburg-Vorpommern ist das – derzeit jedenfalls – nichts. Schon heute müssen viele Personen in unserer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben und werden schon seit Längerem nicht mehr auf die Kommunen verteilt. Dazu gehören Personen aus sicheren Herkunftsländern ohne Bleibeperspektive und dazu gehören auch die sogenannten Dublin-Fälle. Diese Personen werden nicht nur in Nostorf-Horst, sondern auch in Stern Buchholz untergebracht.

Die Zentralisierung dieser Personen dient eben genau dieser effektiveren Rückführung. Alles für die Rückführung Notwendige von der Beratung bis zur Betreuung und dem Kontakt mit den Behörden wird in der Erstaufnahmeeinrichtung gewährleistet. Letztlich können wir an beiden Standorten noch ein Schild mit der Aufschrift „Zentrale Ausreiseeinrichtung“ anbringen, inhaltlich würde sich an dem Verfahren und an dem Umgang, den wir in diesen beiden zentralen Orten haben, nichts ändern. An den Problemen, die wir bei den Rückführungen haben, würde sich dadurch auch nichts ändern.

Ich mag gar nicht ausschließen, dass für bevölkerungsreiche Länder solche Ausreiseeinrichtungen sinnvoll sein könnten. In Mecklenburg-Vorpommern gab es seit Jahresbeginn gerade mal einen Zugang von gut 1.300 Asylbewerbern, von denen ein Großteil auch eine Bleibeperspektive hat. Das sind ja nicht alles nur Flüchtlinge, die rückkehrpflichtig sind. Das sind einfach nicht die Zahlen, die eine separate Einrichtung mit der gesamten Infrastruktur rechtfertigen. Deshalb lehne ich ein Landesausreisezentrum zur jetzigen Zeit bei den jetzigen Zugangszahlen ab.

Ob und wann ein Bundesausreisezentrum oder mehrere Bundesausreisezentren eingerichtet werden, bleibt abzuwarten. Aus meiner Sicht – das habe ich vorhin schon erwähnt – spräche vieles für solche Einrichtungen, aber Wunder darf man sich unterm Strich von solchen Zentren auch nicht erhoffen, solange Fragen wie Passersatzpapiere und Gesundheitsatteste nicht grundsätzlich geregelt werden.

Viel wichtiger ist daher die Umsetzung der Beschlüsse der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten vom 9. Februar. Dieser Beschluss ist im vorliegenden Antrag auch erwähnt. Er enthält zahlreiche Prüf- und Arbeitsaufträge, die Bund und Länder gemeinsam angehen. Es finden regelmäßige Bund-Länder-Arbeitsgruppen zu den einzelnen Themenbereichen statt, in denen bisherige Defizite analysiert und verbesserte Verfahrenswege erarbeitet werden.

Auch das Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr, das sich ZUR nennt, hat bereits am 13. März 2017 die Aufbauphase begonnen und ist seit dem 12. Mai dieses Jahres in Wirkbetrieb. Ein Mitarbeiter aus MecklenburgVorpommern ist auch in dieser zentralen Einrichtung zur Unterstützung der Rückkehr tätig. Das ZUR, wie es heißt, wird in fünf Arbeitsbereichen tätig sein. Das sind die Beschaffung von Passersatzpapieren in sogenannten Problemfällen, die Planung und Umsetzung von Charterflügen, die Verbesserung der Kooperation zwischen Bund und Ländern bei der Förderung der freiwilligen Rückkehr, die Klärung von Abschiebe- und Vollzugshindernissen und die Erarbeitung von praktischen BestPractice-Handreichungen. So, wie das ZUR angelegt ist, kann es – das hoffe ich und das wünsche ich mir auch – durchaus zu einem Erfolg werden, aber wie gesagt, seit dem 17. Mai ist es erst in Wirkbetrieb. Wir müssen mal sehen, was die Ergebnisse nach, sagen wir mal, einem Vierteljahr dann praktisch sind.

Die Kooperation muss aktiv sein und darf sich letztendlich nicht durch Kirchturmdenken behindern lassen. Es hängt also alles an den Akteuren. Ich bin da guter Dinge. Die Mitarbeiter sind stark motiviert. Sie alle wollen, dass das deutsche Asylrecht nicht mehr unterlaufen, missachtet und gar missbraucht wird. Sie wollen den Rechtsstaat durchsetzen und damit letztendlich unterm Strich auch die Akzeptanz für das Asylsystem erhöhen. Deshalb arbeiten sie mit Hochdruck an Verbesserungen und bohren auch an ganz, ganz dicken Brettern, die man vielleicht eher hätte anfassen sollen. Aber es bringt nichts, immer nach hinten zu gucken, wir müssen uns für die Zukunft aufstellen.

Ich bin jedenfalls zuversichtlich, dass wir in den kommenden Monaten auf diesen Gebieten zahlreiche und vor allen Dingen deutliche Fortschritte erzielen werden. Wir sind da jetzt auf einem guten Weg. Die Einrichtung einer zentralen Ausreiseeinrichtung im Land wäre jetzt, glaube ich, der falsche Ansatz. Sie würde große Ressourcen binden, eingespielte Verfahren und Abläufe durcheinanderwirbeln und den Fokus von den tatsächlichen Problemen ablenken, wohlgemerkt bei den Zahlen, über die wir gerade gesprochen haben. Das können wir uns und sollten wir uns derzeit nicht erlauben. Das wäre auch nicht in Ihrem Interesse, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD.

Insofern empfehle ich, den vorliegenden Antrag abzulehnen, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich weise darauf hin, dass die für die Landesregierung angemeldete Redezeit um zwei Minuten überschritten wurde und damit für die beiden Oppositionsfraktionen jeweils eine Minute mehr Redezeit zur Verfügung steht.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Martina Tegtmeier für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe KollegInnen!

Herr Komning, Ihre Vergleiche, die Sie hier zu Beginn Ihrer Rede angestellt haben, fand ich doch recht abenteuerlich. Sie fordern in Ihrem Antrag die Landesregierung auf, zentrale Ausreiseeinrichtungen sicherzustellen und vorzubereiten. Für mich geht diese Aufforderung ins Leere. Sie wissen genauso gut wie ich, dass zurzeit die dezentral untergebrachten Ausländer, die sich noch im Asylverfahren befinden, in die Gemeinschaftsunterkünfte zurückgeführt werden. Sie haben die Ausführungen des Ministers gehört, was die Erstaufnahmeeinrichtungen angeht. Mir reicht das eigentlich. Da muss man sich die Frage stellen: Was meinen Sie mit „Ausreiseeinrichtungen“, wie sollen die Ihrer Meinung nach aussehen? Denn das ist ja wohl hier die zentrale Frage.

Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich meine Ausführungen mit einem Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ von gestern beginnen, um auch noch mal zu dokumentieren, wie schwierig und sensibel diese Thematik ist und wie ungerechtfertigt es ist, ein Problem – oder hier untergründig Schuldzuweisungen des Missbrauchs von Asylrecht und so weiter – herzustellen. Ich zitiere:

„Von Mitte Dezember 2016 bis Ende März 2017 gab es vier Sammelabschiebungen nach Kabul.“ Das kostete eine Menge Geld. „Insgesamt waren es 1,3 Millionen Euro. Um 92 Personen nach Hause zu fliegen. … Vom Ablehnungsbescheid bis zur Ausreise … dauert es für Personen vom Westbalkan teilweise nur eine Woche. Auch bei Abschiebungen kooperieren die Westbalkan-Staaten. Deutlich schwieriger ist das etwa im Fall der MaghrebStaaten. Da sei eine Abschiebung ‚sehr sehr mühsam‘ und die Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr“ – aus nachvollziehbaren Gründen, wie ich denke – „‚überschaubar‘ … In vielen Fällen muss dann zunächst die Identität der Asylbewerber geklärt werden. Wenn diese ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, können sie von der Ausländerbehörde zu Sammelanhörungen beim Konsulat gebracht werden. Dort aber heißt es dann oftmals, das sei gar kein Staatsangehöriger. Steht die Identität endlich fest, dann weigern sich manche Staaten, die Abgeschobenen per Charterflug aufzunehmen, und beharren auf Linienflügen. Im Falle Algeriens gebe es da vier Maschinen mit je zwei Plätzen pro Woche – für ganz Deutschland …“

So sieht zurzeit die Realität aus. Vielleicht müsste da die Kanzlerin noch mal ein bisschen mehr Gewicht reinlegen

(Heiterkeit bei Minister Harry Glawe)

und da auch intervenieren.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Gewicht hat hier nur einer.)

Vielleicht funktioniert das dann direkt besser.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Als Familienministerin hat Frau Schwesig, glaube ich, da ganz andere Vorstellungen als die Kanzlerin. Und ehrlich gesagt, ich persönlich sehe die Gesetzgebungsvorhaben auf Bundesebene als ziemlich schwierig an.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

2016 reisten insgesamt 1.040 Personen freiwillig aus Mecklenburg-Vorpommern aus, gescheiterte Abschiebungen waren 2016 fast 52 Prozent. Und das liegt nicht nur an vorgewiesenen Attesten, deswegen habe ich eben das Zitat aus der FAZ hier vorgetragen.

Ganz klar festzustellen ist, dass die Beförderung der freiwilligen Ausreise in jedem Fall besser ist als der Vollzug einer Abschiebung, besser für den Ausreisepflichtigen und seine Angehörigen und besser für die Staatskasse. Und da sollte eigentlich auch die Priorität liegen. Wir wissen, dass die Betroffenen sehr frühzeitig darüber informiert werden, was ihnen bevorsteht und wie die Angebote zu einer freiwilligen Ausreise aussehen. Es geht eigentlich darum, hier mehr Überzeugungskraft hineinzulegen, damit eben unfreiwillige Abschiebungen gar nicht erst notwendig werden.

Wir als SPD-Fraktion lehnen Internierungslager ab, und nichts anderes ist das, was Sie hier verlangen. Wie stellen Sie sich das denn vor? Zurzeit ist es ja so, dass die Gemeinschaftsunterkünfte eher gegen Angriffe von außen beschützt werden müssen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Wollen Sie in Internierungslagern Menschen einsperren, Stacheldraht drum, bewaffnete Militärs davor, oder wie stellen Sie sich das vor?

(Vincent Kokert, CDU: Ja, so ähnlich. – Enrico Komning, AfD: Fragen Sie mal, wie oft die Polizei da war und warum!)

Also die Priorität muss unseres Erachtens ganz klar auf der Vermeidung von Abschiebungen liegen.

(Zuruf von Enrico Komning, AfD)

Und ich gehe noch weiter: Wenn absehbar ist, dass Ausreisepflichtige aus sachlichen Gründen auf absehbare Zeit weder freiwillig ausreisen werden noch abgeschoben werden können, also aus sachlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, sind sie doch in jedem Fall als Menschen zu behandeln. Das heißt auch, dass wir ihnen nicht den Weg in ein sinnvolles Leben hier in Deutschland, hier in Mecklenburg-Vorpommern versperren sollten, sondern aus ganz humanitären Gründen sollten wir sie dann auch in unserer Mitte aufnehmen.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Insgesamt hat dieser Antrag auch so ein bisschen verwirrt, muss ich sagen. Professor Weber hat sich da noch viel rigoroser geäußert. Also wenn ich ihn richtig in Erinnerung habe, dann möchten Sie ja nicht nur Ausreisepflichtige zurückführen, sondern auch viele weitere Personengruppen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht nur er. – Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann das jetzt in vier Worten – oder nein, in fünf Worten – zusammenfassen: Ihren Antrag lehnen wir ab.

Frau Tegtmeier, gestatten Sie eine Nachfrage des Abgeordneten Komning?

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Larisch für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrte AfD-Fraktion! Eigentlich sind Sie sehr leicht durchschaubar. Ihr Antragsentwurf war im Grunde sehr nichtssagend und hellseherische Fähigkeiten hat mir die Fee leider nicht in die Wiege gelegt. Und doch – und das wahrscheinlich, weil ich eine Frau bin – konnte ich zwischen den Zeilen lesen. Sie zielten tatsächlich auf das ab, was wir annahmen, und das ist nach unserem Verständnis zunächst erstens, eine allgemeine Abschiebestimmung zu bedienen und zu befördern, und damit pushen Sie auch noch eine feindliche Stimmung gegenüber den Schutzsuchenden in unserem Land. Das ist konsequente AfD-Politik und wird von meiner Fraktion genauso konsequent abgelehnt, und das wissen Sie ja auch. Was hätte sich dieser Landtag doch wundern müssen, hätte die AfD mit demselben Eifer einen Antrag zur besseren Integration von Schutzsuchenden vorgelegt oder gestern unserem Antrag zugestimmt! Das wollten Sie nicht und das haben Sie auch nicht.

Heute Morgen noch, bei dem Thema „Friedliche Revolution“, wollten Sie allerdings gar ein Denkmal für Flüchtlinge, für politisch Verfolgte und für Inhaftierte bauen. Machen Sie eigentlich einen Unterschied bei der Nationalität von Flüchtlingen?

(Thomas Krüger, SPD: Herr Weber ja.)

Sind Flüchtlinge deutscher Staatsbürgerschaft bessere Flüchtlinge? Was wäre denn zum Beispiel gewesen, wenn die BRD die Flüchtlinge in der Prager Botschaft nicht aufgenommen hätte? Was wäre am 30.09.1989 passiert, wenn Herr Genscher gesagt hätte: Wir sind heute hier zusammengekommen, um eine effektive Rückkehrpolitik zu beschließen?

Ihr Mitglied Herr Borschke hat ganz eindeutig einige persönliche Erlebnisse geschildert. Haben Sie ihm zugehört? Was macht denn eine effektive Rückkehrpolitik mit politisch Verfolgten? Warum ist für Sie ein Flüchtling aus der DDR ein Held und alle anderen gehören abgeschoben und in irgendwelche Lager? Ich verstehe Sie manchmal wirklich nicht.

Zweitens will der vorliegende Antrag bei der Verschärfung von Abschiebungen die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern gewissermaßen zum Jagen tragen, und unter diesem Aspekt ist der AfD-Antrag eigentlich völlig überflüssig und muss abgelehnt werden. Meine