Meine Damen und Herren, es bleibt dabei, für mich ist dieser Antrag Ausdruck dessen, dass hier zwei Religionen, zwei große Religionen zurückgewiesen werden, insbesondere die Menschen dieser Religionen zurückgewiesen werden. Für mich ist dieser Antrag Ausdruck von Intoleranz und Respektlosigkeit und schließlich auch von Ausgrenzung von Menschen. Ihr Tun steht im Widerspruch zum Grundgesetz, ich habe das Diskriminierungsverbot aus religiösen Gründen bereits zitiert.
Es hat in der Bundesrepublik Deutschland einen neunjährigen juristischen Streit darum gegeben, was höherzustellen ist: das Tierschutzrecht oder die Religionsfreiheit. Das ist vom Bundesverwaltungsgericht entschieden worden. Das Gericht hat strenge Auflagen erlassen für das Schächten – Schächten, das in MecklenburgVorpommern nicht stattfindet. Letztlich bleibt festzustellen, Sie haben hier versucht, eine Geisterdebatte vom Zaun zu brechen nach dem Motto: „Und ich habe auch schon die Lösung“ – eine Geisterdebatte deshalb, weil in Mecklenburg-Vorpommern das Problem völlig irrelevant ist. – Besten Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das überrascht mich doch, Kolleginnen und Kollegen der AfD-Fraktion, dass Sie plötzlich die großen Tierschützer sind. Neulich wollten Sie noch etliche Tiere auf die Abschussliste setzen, unter anderem den Wolf. Da haben Tierschützerinnen und Tierschützer im Land die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, so viel kann ich Ihnen verraten.
Als ich diesen Antrag das erste Mal gelesen habe, habe ich sofort gedacht, na, da hat die AfD endlich mal wieder etwas gefunden, womit sie Juden und vor allem Muslime denunzieren kann.
Jetzt ist es der Tierschutz, aber sicher! Sehr, sehr glaubwürdig! Neulich wollten Sie noch unsere Frauen und Kinder vor Übergriffen beschützen,
Klar ist, Sie wollen etwas verbieten, was es bei uns im Land gar nicht gibt. Ganz großes Kino! Einfach mal Sand aufwirbeln, wo nur Wasser ist, aber auch diese Masche kennen wir von Ihnen. Wissen Sie, schon als das Schächtungsverbot das erste Mal eingeführt wurde in Europa, ging es ausschließlich darum, eine religiöse Minderheit zu vergrätzen.
Tierschutz hat schon damals keine Rolle gespielt, und ich bin auch nicht bereit, Ihnen dieses Motiv abzukaufen. Aus meiner Sicht richtet sich dieser Antrag ausschließlich gegen zwei Religionsgemeinschaften, deren zwingende Vorschriften das Schächten vorsehen.
Unabhängig davon, wie meine persönliche Meinung zum Schächten und zu diesen religiösen Vorschriften aussieht, meine Fraktion und ich lehnen diesen Antrag ab, denn er benutzt eine Maskerade, um Ressentiments gegen Juden und Muslime zu schüren und ein Problem aufzubauschen, das es so in unserem Land gar nicht gibt. Das ist auch der AfD sehr wohl bekannt. Sie haben eine Anfrage an die Landesregierung gestellt und erfahren, dass es keine Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schlachten gibt. Was hat also dieser Antrag zum Ziel, außer einer unsäglichen Stimmungsmache? Gar nichts!
Auch Ihr unqualifizierter Ruf in Richtung Bundesregierung – dieser Passus ist uns nicht entgangen in Ihrem Antrag – verpufft im Nichts, denn wenn Sie sich mit diesem Thema wirklich auseinandergesetzt hätten, wenn Sie eingetaucht wären in die jahrelangen gesellschaftlichen Diskurse zu diesem Thema, in die unzähligen Studien, in die zahlreichen Gerichtsurteile, die dazu vorliegen, wenn Sie nur einen Teil dessen nachvollzogen hätten, dann hätten Sie wichtige, wesentliche Erkenntnisse gewonnen und ganz sicher einen anderen Umgang mit diesem Thema gefunden. Aber diese Nummer, Ihr Antrag, so, wie er heute vorliegt, ist platt, populistisch, unqualifiziert und, ehrlich gesagt, auch peinlich. Aber für Sie schämen wir uns ganz sicher nicht, wir lehnen Ihren Antrag einfach ab. – Vielen Dank.
Meine sehr verehrte Präsidentin! Wertes Präsidium! Werte Abgeordnete! Zunächst stand für mich die Frage, ob ich als agrarpolitischer Sprecher unserer Fraktion überhaupt für diesen Antrag zuständig wäre, geht es bei dem betäubungslosen Schlachten nach den rituellen Regeln einer Glaubensgemeinschaft doch um ein Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit und Tierschutz. Mit der Einführung des Tierschutzes im Artikel 20a des Grundgesetzes hat die Ausnahmegenehmigung für betäubungsloses Töten nach Paragraf 4a Ab
satz 2 Nummer 2 des Tierschutzgesetzes im Lichte der Staatszielbestimmung zu erfolgen. Allein diese Ausführungen, meine Damen und Herren, verdeutlichen, dass es hier vielmehr um ein juristisches als um ein tierschutzrechtliches Problem geht. Da ich aber auch Mitglied des Arbeitskreises Recht bin, habe ich mich dieses Themas angenommen.
Wie gesagt, Schächten ist ein rituelles Schlachten von koscheren Tieren, insbesondere im Judentum und im Islam. Hierbei werden die Tiere mit einem speziellen Messer durch einen einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite getötet. Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres gewährleistet werden. Der Verzehr von Blut ist sowohl im Judentum als auch im Islam verboten. In Deutschland ist das Schächten grundsätzlich nicht gestattet, da das Tierschutzgesetz das Schlachten von Wirbeltieren ohne vorherige Betäubung untersagt. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Jahre 2006 eine Beeinträchtigung der religiösen Lebensführung durch die Beschränkung des Schächtens als einen eigenständigen Eingriff in die Religionsfreiheit gesehen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil vor der Einführung des Tierschutzes in das Grundgesetz eine andere dogmatische Konstruktion gewählt. Anstatt den Schutzbereich des Artikels 4 des Grundgesetzes zu öffnen, verstärkt das Gericht aus dem Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes folgenden Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit für den schächtenden Metzger: durch den speziellen Freiheitsgehalt des Grundgesetzes und der Religionsfreiheit aus Artikel 4 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes. Damals wurde das Schächten zwar als ein Akt der Religionsausübung anerkannt, aber als eine religiöse Grundhaltung die Verpflichtung beibehalten kann.
Klar ist, dass das grundsätzliche Schächtungsverbot nach Paragraf 4 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes und das Grunderfordernis nach Paragraf 4a Absatz 2 Tierschutzgesetz verfassungsgemäß wären, wenn der Eingriff in die Religionsfreiheit gerechtfertigt wäre. Aufgrund der Tatsache, dass dieses Thema bereits auf Bundesebene durch verschiedene Gerichtsurteile bis zur obersten Instanz durchgeurteilt ist und das Thema außerdem auf Bundesgesetzgebung beruht, lehnen wir diesen Antrag ab.
Und vielleicht noch einen Hinweis an die AfD: Herr Holm ist nicht hier, er hat den Antrag ja mitunterschrieben. Wenn er dann im September eventuell in Berlin im Bundestag sitzt und dort tätig ist, kann er sich dieses Themas ja noch mal annehmen und versuchen, auf Bundesebene eine Klärung in Ihrem Interesse herbeizuführen.
(Thomas Krüger, SPD: Aber dazu müssten sie ja in den Bundestag einziehen und das glauben wir noch nicht. – Unruhe vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)
(Thomas Krüger, SPD: Er wird jetzt erklären, wie wichtig ihm die Tiere sind. – Torsten Renz, CDU: Er wird sich von dem Antrag distanzieren, nehme ich an.)
Sehr geehrtes Präsidium! Verehrte Kollegen! Liebe Bürger! Das Argument, dass der Antrag und das Verbot der Schächtung ein Angriff auf die Religionsfreiheit beziehungsweise ein Ausdruck der Intoleranz gegenüber dem Islam oder dem Judentum sind, zieht überhaupt nicht.
Weil laut Paragraf 1306 Bürgerliches Gesetzbuch die Polygamie verboten ist, die im Islam ja auch gerne ausgeübt wird.
Wer also das Schächtungsverbot ablehnt, weil er sich als religiös tolerant erweisen möchte, der sollte dann auch für die Polygamie eintreten.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jochen Schulte, SPD: Das sind die Wunschträume der AfD, wenn der Antrag hier abgelehnt wird. – Ministerin Birgit Hesse: Genau.)
Ja, Herr Kollege Schulte von der SPD, heute ist doch Internationaler Tag gegen Homophobie, da können Sie mal ein bisschen nett zu mir sein – wenigstens heute.
Die Einzigartigkeit der westlichen, mithin der europäischen Zivilisation beruht auch darauf, dass im Laufe einer jahrhundertelangen mühsamen und teilweise gewaltsamen Entwicklung die Religion unter die Herrschaft des staatlichen Rechts gezwungen wurde. Das Christentum hat im Großen und Ganzen gelernt, mit dieser Situation umzugehen. Das fiel am Ende vielleicht doch nicht ganz so schwer, denn bereits Jesus Christus selbst machte gegenüber Pontius Pilatus klar, dass sein Königtum nicht von dieser Welt sei. Doch auch der große Reformator Martin Luther, dessen Thesenanschlag wir in diesem Jahr feiern, führte anderthalb Jahrtausende später in seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit, wieweit man ihr Gehorsam schuldig sei“, veröffentlicht 1523, aus …
(Thomas Krüger, SPD: Es geht Ihnen um Religionen, um nichts anderes. – Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)