und deshalb haben wir überhaupt kein Interesse daran, auf die Europäische Union mit Kleinmut zu blicken, da wir ja einer der größten Profiteure, gerade in MecklenburgVorpommern, waren und nach wie vor auch noch sind. Die Agrarstrukturen im Land leben quasi von den Fördermitteln der Europäischen Union.
Ich finde das alles gut. Aber immer, wenn Sie darüber reden und sagen, die Europäische Union, sehen Sie das nur unter den Negativaspekten, aber sehen Sie das bitte
auch unter diesen drei Positivaspekten, die aus meiner Sicht einmalig in der europäischen Geschichte sind. Da lohnt es sich wirklich, dafür zu kämpfen, dass wir auch unseren Kindern noch sagen können, es wird damit Friede in Europa bleiben. Das ist der wichtigste Punkt, den wir uns von der Europäischen Union wünschen. – Haben Sie vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „60 Jahre Römische Verträge – 27 Jahre Erfolgsgeschichte für MecklenburgVorpommern“ – das Thema der Aktuellen Stunde versteht sich offensichtlich als Rückendeckung aus diesem Hause für die EU, also für Europa. Nachdem Theresa May den Brexit jetzt offiziell gemacht hat und der Nationalismus in Europa erstarkt, scheinen positive Statements bitter nötig zu sein.
Auch uns Linken unterstellt man ja gelegentlich gern, dass wir grundsätzlich europafeindlich wären, was ich aber an dieser Stelle deutlich von uns weisen will. Wir haben nur ein Problem mit der EU, so, wie sie jetzt gerade ist mit ihrer neoliberalen Grundausrichtung. Vonseiten der EU und von allen Seiten der größeren EU-Staaten hat man da in der Vergangenheit kein sehr gutes Bild abgegeben.
Auch ich nehme als konkretes Beispiel hier das Agieren rund um die Griechenlandkrise. Ich denke, es ist bekannt, dass wir zu dem Thema „Griechenland und Staatsschulden“ eine klare Position haben. Das haben wir auch in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach diskutiert. Aber darum geht es hier nicht. Denn ganz egal, wie man zur Finanzkrise steht, Griechenland wurde durch die EU und besonders durch Deutschland gezwungen, einen Teil seiner nationalen Autonomie zu opfern, um an neue Kredite heranzukommen. Das gehört zur Wahrheit dazu. Die Griechen wurden dabei nicht nur gezwungen, ihr Sozialsystem komplett herunterzufahren, nein, da wurde unter anderem der griechischen Bevölkerung auch von deutschen Regierungspolitikern mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht, falls sie sich erdreisten sollten, bei den Parlamentswahlen Syriza zu wählen.
Die Botschaft war eindeutig, liebe Kolleginnen und Kollegen: Europa schön und gut, aber wenn es um die Finanzmärkte geht, verstehen wir keinen Spaß, da haben sich nationale Interessen bedingungslos unterzuordnen. Und dass wir verdienen würden an der Rückzahlung der Griechen, das ist doch ein Märchen. Allenthalben die Banken verdienen, aber nicht wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das die Botschaft – besonders an Mitgliedsstaaten – ist, dann braucht man sich über nationalistische Bestrebungen und Austrittsgedanken nicht zu wundern. Das haben die Menschen der Politik übel genommen, zumal man die
griechische Schuldenkrise für sämtliche Mitgliedsstaaten und deren Bevölkerung anders hätte lösen können, wenn man bereits ganz zu Anfang einen Schuldenschnitt durchgeführt hätte, als es im Wesentlichen nur um die Privatinvestoren ging. Aber auch das ist ein anderes Thema.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch DIE LINKE ist für ein gemeinsames Europa, aber wir brauchen einen Politikwechsel in der EU. Selbstverständlich sehen wir diesen Politikwechsel nicht – und anders als die AfD – in der Rückkehr zum Nationalstaat, sondern in einem Neuanfang der europäischen Gemeinschaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen die EU nicht länger militaristisch. Und auch die Feststellung, dass in Europa 70 Jahre nur Frieden geherrscht hätte, stimmt so nicht – als ob man den Jugoslawienkrieg einfach mal ausgeblendet und vergessen hätte.
aber EU-Mitgliedsstaaten haben Krieg in Jugoslawien geführt. Das gehört zur Geschichte der Europäischen Union dazu.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Karen Larisch, DIE LINKE – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)
Also, wir brauchen eine EU, die nicht länger militaristisch ist, die nicht länger undemokratisch und neoliberal geprägt ist, sondern demokratisch, sozial, ökologisch und friedlich. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen.
Lediglich im Bereich der Ökologie hat die Europäische Union unsere Gesellschaft wirklich vorangebracht. In anderen Bereichen, zum Beispiel in Fragen einer Sozialunion, ist so gut wie nichts passiert. Die EU wird begriffen als große Wirtschafts- und Freihandelszone, und eine Erweiterung dieses Verständnisses gibt es nur, wenn es der Wirtschaft und den Märkten in den Kram passt. Alles ist auf Markterweiterung und Gewinnmaximierung ausgelegt, und zwar nicht nur innereuropäisch, sondern auch weltweit. Was diese Maximierungspolitik – etwa in Afrika – auslöst, sehen wir doch an den Flüchtlingsströmen, die uns über das Mittelmeer erreichen. Wollte man also Fluchtursachen wirklich vor Ort bekämpfen, wäre eine Neuausrichtung der europäischen Politik ein erster Schritt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Was unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern angeht, ist es sicherlich so, dass wir in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Fördermittel aus Brüssel sehr gut aufgestellt waren. Und selbst mit dem Status als Übergangsregion in der aktuellen Förderperiode kommen wir eigentlich noch recht gut davon. Viele Millionen Euro sind über die Jahre ins Land geflossen. Die Ergebnisse kann man vielfach im Land sehen und spüren. Und auch die Tatsache, dass der Vorsitzende der SPD-Fraktion heutzutage von zu Hause aus bis nach Lissabon fahren kann, ohne einmal den Ausweis zeigen zu müssen,
Aber das mit der Erfolgsgeschichte möchte ich trotzdem nicht so stehen lassen. Denn wie sieht es mit der Nachhaltigkeit der eingesetzten Fördermittel aus? Was passiert, wenn die Fördermittel auslaufen? Wie ist die Anschlussfinanzierung gesichert? Wir streiten uns doch alle zum Beispiel über die Finanzierung der Jugend- und Schulsozialarbeiter. Wie ist also die Anschlussfinanzierung sichergestellt? Ein Konzept der Landesregierung kann ich hier nicht erkennen.
Hier ist dringender Handlungsbedarf angezeigt, sonst wird diese Erfolgsgeschichte schnell zum Rohrkrepierer.
Und zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, es reicht eben nicht aus, über Erfolge zu reden. Wir müssen über Schengen, über Dublin, über Frontex reden, über die unzähligen Menschen reden, die Zuflucht in Europa suchen wollten, jedoch an der Festung Europa gescheitert und im Mittelmeer ertrunken sind. Wir müssen darüber reden, dass die EU Russland mit Sanktionen belegt, für einen türkischen Despoten aber lediglich den Zeigefinger hebt und nicht mal auf die Idee kommt, die Beitrittsgespräche auszusetzen.
Soll die Erfolgsgeschichte der Europäischen Union also weitergehen, brauchen wir eine demokratische Union mit einem starken Parlament und transparenten Entscheidungsprozessen. Wir brauchen eine soziale Union, in der alle von ihrer Hände Arbeit würdig leben können. Und wir brauchen vor allem eine friedliche Europäische Union, die auf Abrüstung und friedliche Koexistenz unter Einbeziehung von Russland setzt. Das muss unser gemeinsames Ziel sein. Dafür gehört die EU nicht abgeschafft, sondern sie muss dafür reformiert werden. – Herzlichen Dank.
Ist zurückgezogen. Dann rufe ich jetzt auf für die Fraktion der SPD die Präsidentin Frau Bretschneider.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich nahtlos anschließen an unseren Kollegen Ritter und würde das gern noch ergänzen. Wir brauchen vor allen Dingen in diesem vereinten Europa ein Miteinander, eine Zusammenarbeit und keine Aufwiegelung und Hetze der Völker gegeneinander.
Ich will jetzt nicht noch einmal eingehen auf die Vorzüge des Zusammenarbeitens und des Zusammenlebens in Europa. Dazu ist hinreichend etwas gesagt worden. Es ist so, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht, die Wahrheit ist wie eine Seifenblase, man kann sie den ganzen Tag herumstoßen, sie ist am Abend noch genauso heil und unbeschädigt.
Die Profiteure der Europäischen Union sind die Deutschen in erster Linie, und wer das anders darstellt, der sagt schlicht und ergreifend die Unwahrheit.
Ich will an der Stelle etwas hinzufügen, was wir uns selber auch ins Stammbuch schreiben müssen, alle miteinander, das ist eben auch ein Fakt: Natürlich ist das Bewusstsein für den Wert dieser Europäischen Union nicht bei allen Bürgerinnen und Bürgern verankert. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dies anders und besser wird.
Und ich sage das auch sehr selbstkritisch, auch bei uns ist es so. In vielen Fällen gibt es Fördermittel. Werden dadurch hervorragende Projekte realisiert, dann waren wir es, dann haben wir das gemacht, und wenn es Probleme gibt, dann war es die EU.