Protocol of the Session on April 24, 2015

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lindner von der CDU-Fraktion.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich erst mal bei Frau Ministerin Hesse für das Gesagte.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das war auch wirklich eine gute Rede.)

Und eigentlich ist alles gesagt. Aber trotzdem, so einfach möchte ich es mir nicht machen. Ich habe auch noch ein paar Ausführungen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, dann machen Sie es uns einfach. – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Wie erwartet greifen Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, das Thema Kindertagesförderung und Vollverpflegung in den Kitas auf. Kaum wird etwas in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert, versuchen Sie hieraus politisches Kapital zu schlagen. Ich halte diese Art und Weise, Politik zu machen, für verantwortungslos und falsch, verantwortungslos und falsch

deshalb, weil das, was im Antrag steht, schon gar nicht mehr den realen Bedingungen vor Ort entspricht, denn real ist es so, dass viele Träger in unserem Land verantwortungsvoll gehandelt haben und die gesetzlichen Neuregelungen zum KiföG gut umgesetzt haben. Und das bezieht sich selbstverständlich auch auf die Beteiligung der Eltern in Bezug auf die Vollverpflegung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich empfehle Ihnen an dieser Stelle einmal einen Blick ganz konkret auf die Situation in den Landkreisen und den kreisfreien Städten, denn für den Landkreis Vorpommern-Rügen und für den dortigen Jugendhilfeausschuss kann ich beispielsweise sagen, dass die Umsetzung des KiföG und auch die Elternbeteiligung sehr gut funktionieren.

(allgemeine Unruhe – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Weiter so, Herr Lindner, lassen Sie sich nicht aus dem Konzept bringen! – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, warum gibt es denn hier diese Initiative?)

Nun bleiben Sie doch ganz ruhig!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich bin ganz ruhig.)

Sie können auch gern noch reden nachher. Jetzt bin ich erst mal dran.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nur getroffene Hunde bellen. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach Quatsch! – Zuruf von Heinz Müller, SPD – Heiterkeit bei Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Reden dürfen wir aber noch, ne?)

Dass gesetzliche Neuregelungen – und die gibt es ja zweifellos in dem neuen KiföG – und auch temporäre Anlaufschwierigkeiten bei der Umsetzung bestehen können, ist weiterhin nicht verwunderlich. Die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen ist im Übrigen auch der entscheidende Punkt der Diskussion.

Es geht aus meiner Sicht gar nicht primär um eine Nachbesserung der bestehenden Regelungen. Wenn diese, so wie von der Sozialministerin angekündigt, zu einer Klarstellung in den einzelnen Punkten führen können, werden wir uns als CDU diesem Anliegen nicht verschließen. Aber entscheidend ist doch die Umsetzung des neuen KiföG,

(Patrick Dahlemann, SPD: Entscheidend ist das Wohl des Kindes.)

das eben eine Elternbeteiligung, ein konkretes Mitspracherecht bei der Vollverpflegung einfordert. Dies wird von den Trägern und den Eltern in der Praxis auch vielfach gelebt. Fragen Sie bei den Jugendämtern und den Jugendhilfeausschüssen nach!

Es werden individuelle Lösungen gesucht auch bezüglich der Spitz- oder Pauschalabrechnung. Und, meine Damen und Herren, dass es auch einzelne Träger gibt, die diese Partnerschaft zwischen Eltern und Trägern nicht oder nur unzureichend leben, will ich hier gar nicht wegdiskutieren. Aber deshalb muss doch nicht gleich das ganze Gesetz geändert werden. Vielmehr muss hier – und da

wiederhole ich mich gern – auf die Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Regelungen durch die Träger gedrungen werden.

Was, meine Damen und Herren, hingegen überhaupt nicht geht, sind Extrembeispiele, wo Eltern unter Druck gesetzt werden und Bedingungen zur Abrechnung akzeptieren sollen oder sonst die Kündigung für den KitaPlatz erhalten. Da sind wir uns hier, so denke ich, doch alle einig, dass so was nicht geht.

(Patrick Dahlemann, SPD: Genau. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Richtig.)

Wo es Probleme gibt, treten die Jugendämter in den Kreisen und den kreisfreien Städten vielfach als Vermittler zwischen dem Träger und den Eltern auf. Auch das gehört zur gelebten Praxis dazu. Und weiterhin wurden die Elternrechte bereits durch den Elternbrief, der durch die Ministerin Hesse versandt wurde, bekanntgegeben. Es wurde geschrieben, dass die Träger alle Kosten transparent und nachvollziehbar belegen müssen. Zudem besagt der Brief, dass nicht alles abgerechnet werden darf, wenn das Kind nicht in der Kita ist. Auch dies gehört zur Öffentlichkeitsarbeit des neuen KiföG dazu.

Das, Frau Bernhardt, was Sie fordern, steht auch alles schon im Gesetz. Es besagt, dass der Elternrat im Wesentlichen bei Angelegenheiten der Einrichtungen mitwirkt,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

insbesondere bei der pädagogischen Konzeption, regelmäßigen Öffnungszeiten und bei der Essensversorgung. Die Vertreter des Elternrates können an den Verhandlungen über die Leistungen, das Entgelt und die Qualitätssicherung der örtlichen Träger der Jugendhilfe beratend teilnehmen. Zudem können Elternvertretungen gebildet werden.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Können, das ist die Frage. Können!)

Liebe Frau Bernhardt, die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen brauchen doch nicht Sie und Ihre Fraktion, um zu wissen, wie man für Transparenz mit Gesetzen sorgt. Schaufensteranträge, wie den hier heute durch Sie vorgelegten,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich bin ja mal gespannt, wie Sie mit der Elternpetition im Petitionsausschuss umgehen.)

brauchen wir nicht, denn er verkennt die reale Situation vor Ort

(Beifall Harry Glawe, CDU)

und bringt eine Generalkritik an der Vollverpflegung vor, die ich so nicht stehenlassen kann.

Meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, ich kann Sie nur auffordern, die Dramatisierung und die Polemisierung der Vollverpflegung in den Kitas endlich sein zu lassen und werbe hierfür ausdrücklich um Sachlichkeit in der Diskussion!

(Beifall Harry Glawe, CDU – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Schaufensteranträge und Handreichungen bringen uns hier mit Sicherheit nicht weiter. Wir werden Ihren Antrag und auch den Änderungsantrag der GRÜNEN ablehnen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich glaube, Vollverpflegung ist wirklich das Thema, was uns die letzten Wochen begleitet. Und ich muss für mich persönlich sagen, ich hätte nie gedacht, dass das so ein Thema wird, denn als wir in der Anhörung seinerzeit den Bereich diskutiert haben, ging das natürlich um den Vorschlag, ich erinnere mich noch, ich glaube, es war die Kita gGmbH, die von diesen 17 Tagen Pauschale sprach. Aber ich hätte nie gedacht, dass eine Vollverpflegung sich dann doch so konkret auf die Bezahlung konzentriert.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen natürlich für gesunde und vollwertige Verpflegung für alle Kinder, so wie im Paragrafen 10 des KiföG, so wie im KiföG festgeschrieben. Und wir denken auch, dass es ein gutes Ziel ist, welches wir unterstützen. Idealerweise sollte eben aus unserer Sicht das Essen in der Kita – in der Krippe und im Hort – mit den Kindern gemeinsam zubereitet werden. Das ist in vielen Bereichen vor der Gesetzesnovellierung auch passiert, das, womit ich nicht gerechnet habe, dass gerade viele gute Beispiele jetzt ad acta gelegt wurden und sich ein Caterer gesucht wurde und die Vollverpflegung dann für Frühstück, Mittag, Abendbrot sozusagen konsumiert wird, aber der pädagogische Ansatz in vielen Bereichen zurückgedrängt wurde. Ich finde, da muss man auch ansetzen und fragen: Warum ist das so?

Hier wurde gerade von Frau Hesse gesagt, nein, Frau Bernhardt hatte das gesagt, die Unsicherheit besteht eben bei Trägern und bei Eltern. Das sehen wir auch. Aber die Frage ist doch: Warum entsteht das? Ich würde hier auch gern die Schärfe rausnehmen, sondern sagen und noch mal hinterfragen: Ist ein Gesetz dann so in der Lage, diese Unklarheiten zu unterbinden? Ich bin mir da nicht ganz sicher, weil hier wird wieder ein Dilemma deutlich: Wir haben kein Landesjugendamt. Wir haben im Grunde genommen das Sozialministerium, das verpflichtet ist nach dem SGB VIII, Empfehlungen und Beratung umzusetzen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Auf der anderen Seite haben wir die örtlichen Träger, sprich die Jugendämter und die Jugendhilfeausschüsse, die dann dieses begleiten sollen. Hier scheint mir eine sehr große Unsicherheit vorzuliegen. Natürlich haben wir alle die Handreichung der Ministerin gelesen, aber nach wie vor gibt es hier Unsicherheiten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da sind wir doch im ständigen Gespräch, Frau Gajek.)

Und dann ist doch zu fragen, Herr Dr. Nieszery, warum das so problematisch ist.

Die Pauschalabrechnungsvariante haben viele genommen. In vielen Bereichen hat sich herausgestellt, das funktioniert nicht. Und einzelne Elternräte haben ja auch gesagt: Nach einem halben Jahr möchten wir das noch mal vorgelegt bekommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Können sie doch.)

Da zeigt sich die nächste Schwierigkeit. Und natürlich sagen wir, Elternbestimmung stärken. Es gibt die Diskussion, die heißt: Ist Elternmitbestimmung mit dem Wörtchen „können“ ausreichend? Wir als Bündnisgrüne haben seinerzeit einen Antrag gestellt, die Elternmitbestimmung zu stärken, und ich bin darin bestärkt zu sehen, dass wir dort weiterarbeiten müssen, nämlich die Eltern zu stärken, die Elternräte.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich finde, die Elternmitbestimmung ist gut ausgestaltet im Gesetz. Das funktioniert überwiegend auch.)

Nee, es funktioniert eben nicht so, Herr Nieszery.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Überwiegend funktioniert das.)