(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Sie haben nicht zugehört, sonst hätten Sie das jetzt nicht gesagt.)
Sie berufen sich in Ihrem Antrag auf das Grundgesetz, das die Pflege und Erziehung der Kinder als natürliches Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht festschreibt. Sie hätten die Verfassung gar nicht bemühen müssen,
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das habe ich noch gar nicht gesagt. Das kommt erst in der Aussprache, Frau Hesse.)
denn mit der Regelung zur Bildungs- und Erziehungspartnerschaft greifen wir genau diesen Gedanken im KiföG auf und tragen ihn in die Kindertagesförderung hinein. Im KiföG ist nicht etwa nur von einem allgemeinen Mitwirkungsrecht der Eltern die Rede, sondern es sagt auch ganz klar, dass der Elternrat in wesentlichen Angelegenheiten der Kita zu beteiligen ist, insbesondere bei der Verpflegung der Kinder. Es sagt auch, dass die Elternräte ein Recht auf Auskünfte über die Verwendung der Finanzmittel, über die Elternbeiträge und die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse einer Einrichtung haben. Und sie können beratend teilnehmen an den Leistungs- und Entgeltverhandlungen.
Aber Sie alle kennen diesen Gesetzestext, schließlich haben Sie ihn beschlossen. Lesen hilft vielleicht manchmal.
Dort, wo es in Sachen Elternmitwirkung im Zuge der neu eingeführten Vollverpflegung hakte oder hakt,
war also keineswegs das Gesetz das Problem, sondern – und das haben Sie auch richtig erkannt – die Art und Weise der Umsetzung. Dass diese Umsetzung stattfin
det, liegt in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Oh ja, na klar, schön abschieben! – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na, das ist doch aber klar.)
Und auf jemanden, der ohnehin in der Verantwortung steht, kann man auch keine Verantwortung abwälzen, liebe Frau Bernhardt, das vielleicht nur noch mal als Hinweis.
Die Kommunen haben sich im Übrigen, insbesondere die Landräte und Oberbürgermeister – einer gehört sogar zu den LINKEN –, dazu bekannt, diese Umsetzungsverantwortung auch wahrzunehmen.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Hört, hört! – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)
Unlängst haben genau diese Männer und Frauen das auch noch mal erklärt, dass sie sich sehr wohl hier in der Pflicht sehen und auch die Jugendämter. Und ich finde, man muss bei dieser Debatte einfach mal besonders betrachten, dass hier in aller Regel auch sehr gute Arbeit geleistet wird, sei es von den Trägern der Kindertageseinrichtungen und auch dem Personal in den Kitas.
(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Man muss nicht alles schlechtreden. Das stimmt schon. – Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)
Und ich sage Ihnen das auch ganz deutlich: In den allermeisten Kitas in Mecklenburg-Vorpommern läuft es bereits problemlos – Vollverpflegung und Mitwirkung der Eltern. Und diesen Fakt sollte man einfach mal zur Kenntnis nehmen.
Ich finde, an dieser Stelle sollte man auch mal den Dank an all diejenigen richten, die dieses Gesetz an dieser Stelle so gut umgesetzt haben.
Die eineinhalb Jahre Vorlauf, die Sie angesprochen haben, die das Gesetz für die Umsetzung der Vollverpflegung gewährt hat, hat die große Mehrheit also auch genutzt und gut genutzt. So sind es jetzt vor allem einzelne – und ich betone „einzelne“ – Träger, die die anhaltende Diskussion um die Vollverpflegung entfacht haben. Diese Träger nutzen die Freiheiten, die das Gesetz ganz bewusst lässt, um die Vollverpflegung vor Ort gestalten zu können. Und sie nutzen das zum Teil aus, um Kasse zu machen. Es sind dieselben Träger, die gleichzeitig die Elternrechte mit Füßen treten. Diese wenigen sind nun quasi unsere Achillesferse einer eigentlich guten Sache, nämlich der Vollverpflegung als Ganzes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die besagten Freiräume, die das KiföG bei der Ausgestaltung der Vollverpflegung lässt, sind nicht nur gewollt, sondern sie sind auch notwendig
und ausschließlich – und das beachten Sie bitte – von der Fachebene, also Jugendämtern, Kita-Trägern, KitaErziehern und Eltern, gewollt.
Denn Kita ist nicht gleich Kita. Die eine hat viele Kinder, die andere hat wenige. Die eine liegt neben einem Biobauernhof, die andere in der Innenstadt. Die eine hat sehr engagierte Eltern, in der anderen wollen die Eltern gar nicht so viel selbst machen. Jede Einrichtung muss nach ihren individuellen Gegebenheiten die für sie passgenauen Lösungen finden, gemeinsam mit den Eltern. Und das gilt eben auch für die Art der Abrechnung.
Aus meiner Sicht, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liegt es vor allem an den handelnden Personen vor Ort, ob und wie Vollverpflegung und Einbeziehung der Eltern gelingen. Eine Partnerschaft braucht Menschen, die sie leben, auch eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Was sie aber in diesem Fall nicht braucht, sind weitere Handreichungen, die Sie in Ihrem Antrag fordern.
Zur Erinnerung: Ich war schon seit dem vergangenen Jahr gleich zu Beginn meines Amtsantritts unterwegs und habe viele Kitas besucht und mir angeschaut, wie die Vollverpflegung vor Ort gestaltet wird. Ich habe mit Erzieherinnen und Erziehern, mit Einrichtungsträgern, mit Eltern und mit der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege gesprochen und bei allen immer wieder für eine gute Zusammenarbeit zwischen Kita und Eltern geworben, wie auch andere Vertreter meines Hauses.
Zur Unterstützung der Einrichtungen oder Träger haben wir die Vernetzungsstelle Kita-Verpflegung gegründet, eine Informations- und Beratungsstelle, die gemeinsam mit den Verantwortlichen Lösungen entwickelt, wie eine gute und bezahlbare Ernährung in den Kitas gelingen kann. Wir haben zudem Flyer sowohl zum KiföG als auch zur Vollverpflegung herausgegeben. Wir haben einen Elternbrief geschrieben und wir haben Handlungsempfehlungen für die Jugendämter und Träger verfasst. All das liegt vor und ist auf unserer Internetseite zu sehen. Auch da kann ich nur noch mal wiederholen: Lesen bildet.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig, Frau Ministerin. Viel mehr kann man gar nicht machen.)
Und wir haben zuletzt eine Abfrage bei den Landkreisen und kreisfreien Städten gemacht zur Einführung der Vollverpflegung und zur Höhe der Kosten der Vollverpflegung. Ich kann Ihnen sagen – und das finde ich ausgesprochen überraschend –, wir liegen dort bei einem Betrag in der Krippe wie auch in der Kita von 4 Euro für die Vollverpflegung am Tag.
Sehr geehrte Damen und Herren, gerade erst war ich wieder in zwei Kitas. In der Einrichtung in Bad Kleinen
läuft die Vollverpflegung reibungslos, weil dort alle an einem Strang ziehen. Einzelne Eltern sorgen zum Beispiel dafür, dass Äpfel da sind. Der Bäcker vor Ort beliefert die Kita mit Brot zu Sonderkonditionen. Die Kita hat mit den Eltern gemeinsam gute Lösungen gefunden, die nicht nur dazu führen, dass alle zufrieden sind, sondern auch dazu, dass die Eltern moderate Preise zahlen, natürlich gekoppelt an die Anwesenheit der Kinder.
Die andere Kita in Friedrichsruh hat es sogar geschafft, den Preis der Verpflegung um beinahe die Hälfte zu senken, unter anderem, weil die Eltern sich bereiterklärt haben, den Einkauf zu übernehmen. Und es gibt viele Kitas, wo auch, wie in dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angeregt, regionale und saisonale Produkte mit den Kindern verarbeitet werden.
Das sollte doch das vorrangige Motiv unseres Handelns sein. Ich gehe davon aus, dass sich diese Einstellung auch bei den Letzten noch durchsetzt. Und seien Sie sich sicher, ich begleite diesen Prozess sehr intensiv.
Ich kann Ihnen immer wieder sagen: Ihre Entscheidung zur Einführung der Vollverpflegung war und ist richtig. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.