Protocol of the Session on December 10, 2014

Herr Dachner, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ihnen liegen die Beschlussfassung und der Bericht des Petitionsausschusses zur Unterrichtung des Bürgerbeauftragten und zugleich die Stellungnahme der Landesregierung vor. Sollte es den einen oder anderen wundern, weshalb sich der Petitionsausschuss mit der Unterrichtung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit beschäftigt, darf ich noch mal an den Artikel 35 (1) unserer Verfassung erinnern. Folgerichtig wurde dann die Unterrichtung des Landesbeauftragten an den federführenden Petitionsausschuss und an die mitwirkenden Ausschüsse überwiesen.

Der Petitionsausschuss hat in zwei Sitzungen die Unterrichtungen behandelt. Am 06.11.2014 hat der Landesbeauftragte seinen Bericht dem Petitionsausschuss vorgestellt. Zunächst ist er insbesondere auf die NSA-Affäre eingegangen und kritisierte nach seiner Meinung die ungenügende Aufklärung der Bundesrepublik.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zu Recht.)

Auf die zugleich geübte Kritik an dem Verzicht der Stellungnahme der Landesregierung zu dieser Thematik,

erwiderte der Beauftragte der Landesregierung, dass die Landesregierung sehr wohl entsprechend der sachlichen Empfehlung des Landesdatenschützers, darf ich mal so sagen, Stellung bezogen hat, jedoch auf ein politisches Statement verzichtet hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist sehr schade.)

Im Übrigen verwies der Beauftragte des Landes darauf, dass in vielen Kleinen Anfragen die Landesregierung zu dem Thema Stellung bezogen hat.

Die Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag eingebracht, wonach dieser Verzicht der Landesregierung zur Stellungnahme kritisiert wurde. Mit Stimmenmehrheit der Fraktion der SPD, der CDU und auch der NPD wurde der Antrag mit Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Neben dem Erfordernis, einheitliche Standards für die kommunale IT-Infrastruktur einzuführen, hat der Landesbeauftragte auf die besondere Bedeutung der In- formationskommunikation im Bildungsbereich hinge- wiesen. Er verwies insbesondere auf ein Projekt, das finanziell unterstützt wird und womit zahlreiche Schülerinnen und Schüler im Umgang mit modernen Medien informiert wurden, aber auch über mögliche Gefahren aufgeklärt wurden. Dieses Projekt lautet „Medienscouts MV“.

Als eine weitere Herausforderung für den Datenschutz hob der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hervor, dass die Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum zugenommen hat durch Webcams, durch Videoüberwachungsgeräte und auch durch Drohnen. Im Ergebnis der Beratungen haben die Koalitionsfraktionen einen eigenen Antrag eingebracht, mit dem die Koalition die Empfehlungen des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit insofern befürwortet, dass zukünftig Sorge dafür getragen wird, dass junge Menschen in MecklenburgVorpommern durch qualifizierte Angebote die sogenannte Medienkompetenz vermittelt wird. Dieser Antrag wurde einvernehmlich durch die Koalition befürwortet und angenommen bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD.

Ich bitte um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung und danke abschließend recht herzlich dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Herrn Dankert, für seinen konstruktiven Bericht, für seine gute Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ihrer Behörde für die fleißige Arbeit während der Berichtsperiode. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ja, danke.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dankert! Wenn wir uns heute mit dem Thema Datenschutz in der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses befassen, dann geschieht das durchaus unter denkwürdigen Rahmenbedingungen. Dank Edward Snowden werden seit dem Juni 2013 nahezu täglich neue Details über die Spähprogramme des US-Geheimdienstes NSA und seiner Verbündeten bekannt, einschließlich des Bundesnachrichtendienstes. Seit wann das schon so geht, ist bis heute nicht bekannt. Fest steht allerdings erstens, dass man so etwas unter Freunden nicht macht, und zweitens die Privatheit von Kommunikationsdaten nicht nur gefährdet ist, nein, sie ist bereits weitgehend beseitigt. Wenn sich also auch unser Landtag tapfer weiter mit Datenschutzproblemen befasst, wird man dennoch den Eindruck nicht los, dass dem Datenschutz schon lange der Boden unter den Füßen entzogen worden ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch aus diesem Grund sollte der Landtag dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit danken, danken nämlich für seinen kritisch-konstruktiven Tätigkeitsbericht, danken auch für sein Wirken im Rahmen der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Auch hierdurch wurde im Berichtszeitraum der Datenschutz gerade vor dem Hintergrund weltweiter datenschutzrechtlicher Skandale in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Datenschutz wurde hierdurch noch stärker Bestandteil des Bewusstseins der Bürgerinnen und Bürger, auch in Mecklenburg-Vorpommern. All dies ist Inhalt einer Entschließung meiner Fraktion im Petitionsausschuss, die, wie vom Vorsitzenden hier dargestellt wurde, von den Koalitionären abgelehnt wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dem eben Gesagten und aus der Darstellung der wesentlichen Ergebnisse der Beratungen des Petitionsausschusses auf vorliegender Drucksache, Seite 6 fortfolgende, wird eines deutlich: Die mit Koalitionsmehrheit angenommene Entschließung verfehlt ganz offensichtlich den tatsäch- lichen Beratungsverlauf, sie verfehlt auch ganz offensichtlich die tatsächlichen Probleme des Datenschutzes. Mediennutzung, Medienkompetenz und entsprechende Bildungsangebote für junge Menschen sind bei aller Bedeutung keine brandaktuellen Themen. Das fordert der Landesbeauftragte seit einigen Jahren. Ich verweise beispielhaft auf die Entschließung des Landtages zum Zehnten Tätigkeitsbericht des Landesdatenschützers auf Drucksache 6/1517.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Landtag sollte vielmehr und mit aller Deutlichkeit Kritik an der Landesregierung üben – das ist allerdings für die Koalitionsfraktionen eine riesengroße Herausforderung –, Kritik nämlich an ihrem Umgang mit zentralen Fragen des Datenschutzes und Kritik am Umgang mit dem Landtag. Wenn der Innenausschuss, und hierbei Darstellungen des Datenschutzberichtes aufgreifend, fragt, wie die Landesregierung etwa das 2013 von Bundesinnenminister a. D. Friedrich postulierte „Supergrundrecht auf Sicherheit“ bewertet, dann erfährt der staunende Innenausschuss, dass sich die Landesregierung zu dieser zentralen, zu dieser strategischen Weichenstellung für den Datenschutz noch keine Meinung gebildet hat.

Doch damit nicht genug. Zu den zentralen NSAProblemen des Datenschutzberichtes ist der Stellung

nahme der Landesregierung nicht ein Wort, nicht eine Silbe zu entnehmen. Hierzu vom Innenausschuss befragt, ist von philosophischen Dimensionen die Rede und die Landesregierung wolle keine Vorträge ins Blaue halten. Als der Ausschuss nicht lockerlässt, erfährt er schließlich, dass die Landesregierung bereits in Antworten auf Kleine Anfragen alles ausgeführt habe. Zur Qualität dieser Antworten will ich mich hier aus Zeitgründen nicht weiter äußern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach meinem Verständnis ist eine derartige Position kaum mit unserer Geschäftsordnung vereinbar, Stichpunkt „Umfang der Fragestellungen“, Stichwort „Beantwortungsfristen“ und anderes mehr. Bei einer derartigen Argumentation der Landesregierung muss sich der Landtag darüber hinaus aber auch generelle Fragen nach der Sinnhaftigkeit derartiger Stellungnahmen beantworten. Durch die zunehmend öffentlich bekannt werdenden Verbindungen deutscher Bundesbehörden mit NSA und Co. einerseits und dem inländischen Verfassungsschutzverbund andererseits, der auch unsere Landesbehörden einschließt, haben wir es hier nicht mit philosophierenden, sondern skandalösen Vorgängen zu tun, wenn die Landesregierung nicht willens oder in der Lage ist, gegenüber dem Landtag deutlich Stellung zu nehmen und die in den Ausschüssen gestellten Fragen korrekt zu beantworten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Dank, wem Dank gebührt, und das vor allem in der Vorweihnachtszeit. Damit abschließend ein versöhnliches Wort, ein Wort zu den Vorgaben der Leitlinie für Informationssicherheit in der öffentlichen Verwaltung des IT-Planungsrates. Mit Blick auf die hohen Sicherheitsanforderungen von E-Government-Verfahren in den Kommunen, etwa im Meldewesen oder im Personenstandswesen, wurde im IT-Planungsrat über den Geltungsbereich dieser Richtlinie gestritten. Die Datenschützer haben gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden für die uneingeschränkte Geltung dieser Sicherheitsleitlinie auch im kommunalen Bereich gestritten, allerdings vergeblich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn der Innenausschuss dann in diesem Zusammenhang erfährt, dass sich der Staatssekretär im IT-Planungsrat für eine verpflichtende Geltung der Richtlinie auch für die Kommunen eingesetzt hat und ihm hierbei die Konnexitätsrelevanz durchaus bewusst war, dann sage ich an dieser Stelle auch einmal Danke. Da der IT-Planungsrat diese Position jedoch letztlich ignorierte und beschloss, den Kommunen die Anwendung der Leitlinie für die Informationssicherheit lediglich zu empfehlen, trat der zu erwartende Konnexfall in Mecklenburg-Vorpommern nicht ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich daher zum Schluss diesen Faden etwas weiter spinnen. Wir haben also durch diesen Nicht-Konnexfall Geld gespart, und zwar im Bereich des Datenschutzes. Anders formuliert: Wir haben noch einen gut beim Datenschutz. Und das sollten Innen- und Finanzausschuss bei den nächsten Haushaltsberatungen auf den Tisch bringen, wenn etwa die personelle Ausstattung der Datenschutzbehörde auf ihre Zukunftsfähigkeit zu hinterfragen ist.

Und letztlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Datenschützer gibt uns regelmäßig Hausaufgaben mit auf den Weg. Zwei davon will ich benennen. Das sind zum einen die Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 14. November

mit der Überschrift „Anforderungen an den Schutz der Datenübermittlungen zwischen medizinischen Leistungserbringern und klinischen Krebsregistern“ und zweitens die Entschließung vom gleichen Datum: „Keine PKWMaut auf Kosten des Datenschutzes!“. Hier werden uns Entschließungen an die Hand gegeben, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und zwar nicht erst bei der Vorlage des nächsten Berichtes des Landesdatenschützers, sondern meine Fraktion wird in den zuständigen Fachausschüssen genau diese Themen auf die Tagesordnung setzen, um zeitnah die Position der Landesregierung zu erfragen, wie sie mit den Empfehlungen der Konferenz der Datenschützer umgehen wird. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saemann von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zeigt einmal mehr, mit welcher Bandbreite es der Bereich des Datenschutzes zu tun hat. Der Vorsitzende ging schon auf einige Aspekte ein, ich möchte einige Ergänzungen dazu tun.

Für diese oft sicherlich auch schwierige Arbeit sei an dieser Stelle dem Landesdatenschutzbeauftragten sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz herzlich für die geleistete Arbeit gedankt. Der Bericht stellt umfassend dar, mit welcher Fragestellung man sich in der heutigen Zeit beim Thema Datenschutz beschäftigen muss. Die Vielzahl von Fachveranstaltungen, die der Datenschutzbeauftragte selbst oder als Mitveranstalter zum Thema Datenschutz durchführt, ist beachtlich. Seine Feststellung, dass er mit seiner Behörde zunehmend an quantitative Grenzen stößt, nehmen wir ernst und fühlen uns auch durch die Koalitionsvereinbarung gebunden, die Arbeit des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit angemessen zu unterstützen.

Dass er nicht immer alles Wünschenswerte macht, versteht sich von selbst. So hat uns der Datenschutzbeauftragte 15 Empfehlungen mit auf den Weg gegeben. Alleine die Vielzahl der genannten Projekte – „Medienscouts MV“, „Medientango“ sowie „Netzwerkstar II“ und so weiter – lässt erahnen, wie wichtig es ist, das Wissen um das Thema „soziale Netzwerke“ Kindern und Jugendlichen näherzubringen, um sie für die Chancen und Risiken der sozialen Netzwerke im Internet aufzuklären und den Umgang damit sicher zu erlernen. Die Liste der Themen ließe sich weiter fortsetzen.

Jeden Tag ändern sich die Bedingungen und neue Programme und Anwendungen stellen uns heute vor neue Herausforderungen – betroffen davon sind alle Altersgruppen in unserer Gesellschaft –, von denen einige schon bearbeitet wurden beziehungsweise noch bearbeitet werden. In diesem Sinne bitte ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, um Zustimmung zur vorliegenden Beschlussempfehlung, welche unter anderem in ihrer Entschließung den in meiner Rede genannten Punkt des Angebots von qualifizierten Bildungsangeboten für junge Menschen aufnimmt. – Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ja, danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Gerkan von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss vorwegsagen, unsere Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tut sich wahrlich schwer mit der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses.

Ich möchte mit einem Zitat des Bundesverfassungsgerichtes beginnen: „Dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf, gehört zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland, für deren Wahrung sich die Bundesrepublik in europäischen und internationalen Zusammenhängen einsetzen muss.“

Die Einhaltung dieser Verpflichtung, die das Bundesverfassungsgericht im März 2010 bereits in seinem Urteil über die Vorratsdatenspeicherung formulierte, ist heute wichtiger denn je. Im Sommer 2013 informierte der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden die Medien darüber, dass US-amerikanische und britische Geheimdienste ohne Anlass und massenhaft den weltweiten Telekommunikationsverkehr überwachen, speichern und analysieren, und zwar in einem Ausmaß, das bislang offenbar nur unserem – leider ist er nicht da – Innenminister Lorenz Caffier bekannt war.

Auf Snowdens Veröffentlichungen reagierte die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder im September 2013 mit der Entschließung, Zitat: „Keine umfassende und anlasslose Überwachung durch Nachrichtendienste! Zeit für Konsequenzen“. Zitatende. Darin fordert sie unter anderem, ich zitiere wieder:

„– Nationales, europäisches und internationales Recht so

weiterzuentwickeln und umzusetzen, dass es einen umfassenden Schutz der Privatsphäre, der informationellen Selbstbestimmung, des Fernmeldegeheimnisses und des Grundrechts auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme garantiert.

Sofern verfassungswidrige nachrichtendienstliche

Kooperationen erfolgen, müssen diese abgestellt und unterbunden werden.

Die Kontrolle der Nachrichtendienste muss durch eine

Erweiterung der Befugnisse sowie eine gesetzlich festgelegte verbesserte Ausstattung der parlamentarischen Kontrollgremien intensiviert werden. Bestehende Kontrolllücken müssen unverzüglich geschlossen werden. …

Völkerrechtliche Abkommen wie das Datenschutz

Rahmenabkommen und das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA dürfen nur abgeschlossen werden, wenn die europäischen Datenschutzgrundrechte ausreichend geschützt werden.“

Die Fraktion DIE LINKE machte diese Entschließung zum Thema ihres Landtagsantrages „Zeit für Konsequenzen. Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 5. September 2013