Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir uns in der Koalition zu diesem Gesetzentwurf ausgetauscht haben, war eines klar: Eine intensive inhaltliche Debatte war in diesem Verfahren aufgrund seiner besonderen Bedeutung nicht zu erwarten. Es sollte von Anfang an über die zeitliche Ausgestaltung des Gesetzes gesprochen werden.
Eine Entfristung ist erforderlich, wenn der bisherige ausgestaltete Schutz erhalten bleiben soll. Ganz schnell stellte sich dann die Frage nach der Effizienz des bestehenden Gesetzes. Statistiken, Zahlen und Begründungen wurden bemüht. Es war spannend zu beobachten, wie sehr wir uns von Zahlen beeindrucken lassen.
Als aktiver Nichtraucher stehe ich für einen möglichst weitreichenden Schutz. Da meine ich nicht nur das Abstellen auf bloße Zahlen, sprich auf Menschen bezogen, sondern auf bestimmte Zielgruppen, wie zum Beispiel Kinder oder Menschen in besonderen Lebenssituationen, wie zum Beispiel Schwangerschaften. Ich habe deshalb nicht die Geschichte eines großen zahlenmäßigen Erfolges erwartet. Ob es sich um Landes- oder Bundesdurch
schnitte handelt oder ob die Zahlen schon unter ihrem Verfallsdatum leiden, ich glaube eben gerade nicht, dass blanke Zahlen den Erfolg des Nichtraucherschutzes ganzheitlich wiedergeben. Die Effekte des Gesetzes sind unter verschiedenen Aspekten zu betrachten.
Es war insofern eine interessante Diskussion, aber wesentlicher ist doch jeder einzelne Erfolg, jede konkrete Umsetzung, die gesundheitliche Schädigungen minimiert. Die Sicherung eines umfassenden Nichtraucherschutzes ist oberste Messlatte und nicht das reine Zahlenwerk.
Meine Damen und Herren, die Akzeptanz gegenüber den Tabakwaren sinkt. Rauchen wird immer unattraktiver, der Schutz der Nichtraucher nimmt flächendeckend Form an.
Meine Damen und Herren, insofern war ich für den Ausflug in die Grundsatzfragen dankbar. Beachtlich fand ich aber auch die Diskussion über die kleinen Eckkneipen, wir hörten sie schon. Sie wissen, ich meine die Kleinstgaststätten um die Ecke, in denen sich der Raucher gut aufgehoben fühlt – nicht größer als 75 Quadratmeter, und das Rauchen ist erlaubt.
Einmal mehr habe ich festgestellt, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes unserer Opposition an der einen oder anderen Stelle deutlich voraus ist. Sie wirkt nicht nur gestalterisch, nein, sie hat auch dokumentiert, dass sie in den Fragen der wirtschaftlichen Bestandssicherung klare Grenzziehungen schafft. Das Ergebnis ist nämlich exakt die Ausnahmeregelung in Bezug auf die Kleinstkneipen, wie eben beschrieben.
Überrascht war ich aber trotzdem, denn bereits in dem zweiten Bericht zu diesem Gesetz aus dem Jahre 2011 hat die Landesregierung das Urteil des Verwaltungsgerichtes aus dem Jahre 2008 herangezogen. Die Kleinstgaststätten waren damals also auch schon Thema. Ich frage mich, ob tatsächlich eine fachliche Diskussion stattfinden sollte oder ob wir es hier eher mit einer Nachhilfestunde im aktuellen Bezug zu tun hatten.
Meine Damen und Herren, ich darf in aller Kürze feststellen: Wir stehen zu jedem Nichtraucherschutz und zu dem Gesetz mit seinen Regelungen. Aus diesem Grund unterstützen wir die Entfristung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Gajek.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir als Fraktion begrüßen die Entfristung des Nichtraucherschutzgesetzes, weil wir meinen, dass dieses Gesetz doch einen erheblichen Anteil
daran trägt, dass die gesundheitliche Gefährdung durch das Passivrauchen reduziert wird. Viele Sachen haben wir schon gehört von Herrn Lindner. Ich denke, wir brauchen wirksame Mechanismen, sodass wir uns ein Stück weit selbst disziplinieren.
Aber – und das ist die Diskussion aus dem Sozialausschuss gewesen – wir sind der Auffassung, dass es gravierende Lücken in der bisherigen Regelung gibt, und wir sollten uns eines in Erinnerung rufen:
Wir haben keiner Anhörung zugestimmt, weil dieses Gesetz im Schweinsgalopp hier durchgebracht werden musste, weil es nämlich vor der Sommerpause ausläuft.
Von daher haben wir uns geeinigt, keine Aussprache zu tätigen. Aber es gab die Berichte und dann waren da doch ein paar Punkte, wo wir sagen und meinen, da sind gravierende Lücken.
Ich möchte aber auf die zwei Stellungnahmen eingehen, die gerade kritisch geäußert wurden, was die Eckkneipenregelung angeht. Das war nämlich der Deutsche Gewerkschaftsbund, der von einer erhöhten Gefährdung der Beschäftigten in den Eckkneipen ausgeht. Ich denke, wenn man einen Nichtraucherschutz ernst nimmt, dann muss man sich auch mit dieser Regelung, die eine Ausnahmeregelung im Sinne des Nachteilsausgleichs ist, befassen.
Zu sagen, dass alles in Ordnung und gut ist, Herr Schubert, reicht, glaube ich, nicht. Sehr wohl sagen natürlich DEHOGA und andere Wirtschaftseinrichtungen, dass es wirtschaftspolitisch schon gerechtfertigt ist, wir wollen ja niemanden verprellen, aber gesundheitspolitisch – und das sage ich, weil ich ja auch manchmal rauche –...
(Heinz Müller, SPD: Ich stehe ja auch zu meinen Sünden, also das ist schon okay. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
Aber die Frage ist, wir müssen gesundheitspolitisch dahin gehend agieren, dass in den Eckkneipen perspektivisch ein Arbeitnehmerschutz existiert.
Auch die Krebsgesellschaft ist noch mal auf diesen Mangel eingegangen. Ich halte es eben nicht für ein kleines Kavaliersdelikt zu sagen, ach, die paar Eckkneipen. Wenn Sie sich erinnern, es sind über 90 Prozent gewesen, wo dies nicht durchgehalten wird. Wir erinnern uns auch, wenn die Kommunen die Aufsichtspflicht haben, ordnungspolitisch zu kontrollieren – wer den Bericht gelesen hat, den Prüfbericht des Ministeriums, der hat gesehen, dass dem nicht so sehr Folge geleistet wurde. Denn wer bezahlt die Kontrollen, wenn zum Ende wenige Bußgelder dabei herauskommen?
Aber lassen Sie mich noch mal auf zwei Länder zu sprechen kommen. Das eine ist Bayern, darauf ist die Ministerin eingegangen. Klar würde man immer nach Auswegen suchen und diese möglicherweise auch finden, aber ich halte es für eine gute Sache, per Volksentscheid zu entscheiden, weil es um uns geht, um die Bürgerinnen und Bürger, inwiefern sie einen konsequenten Nichtraucherschutz haben wollen. Ich denke, da hätten wir im Sozialausschuss offensiver diskutieren können und auch diese Chance nutzen können.
Das zweite ist Nordrhein-Westfalen. Die haben bereits im Jahre 2012 ganz bewusst die Wichtigkeit des Gesundheitsschutzes als überragenden Rechtsgrund konsequent berücksichtigt. Wie man sieht, es geht. Das immer wieder bemühte Argument für die Eckkneipenregelung, dass diese nämlich einer Ungleichbehandlung kleiner Getränkegastronomien gegenüber großen Gastronomien mit Raucherräumen begegne, steht auf tönernen Füßen. Erst die gesetzliche Festlegung von Ausnahmetatbeständen mit den Raucherräumen schafft ja die Grundlage für eine mögliche Ungleichbehandlung. Mit einer Gleichbehandlung aller Gastronomien, nämlich einem durchgängigen Nichtraucherschutz ohne jede Ausnahme, wäre eine Gleichbehandlung hergestellt.
Wir bedauern, dass wir im Zuge der Entfristung des Nichtraucherschutzgesetzes mit unseren Anträgen keine Mehrheit finden konnten, um perspektivisch die bestehenden Lücken zu schließen. Die gesundheitliche Gefährdung durch das Passivrauchen ist erheblich. Ich erinnere auch noch mal an den Prüfbericht, wo bei den Schulen gesagt wurde, ja klar wird an den Schulen nicht geraucht, aber dann gehen die Schülerinnen und Schüler 500/600 Meter weiter. Also auch dort ist es eine ähnliche Vermeidungsstrategie, wie Frau Hesse das eben für Bayern benannt hat.
Ich denke, das darf uns nicht beruhigen. Wir müssen diesen Prozess am Laufen halten und wir müssen uns perspektivisch für einen konsequenten Nichtraucherschutz einsetzen. Die Ausnahmetatbestände, wie sie im jetzigen Landesgesetz vorhanden sind, sind aus unserer Sicht nicht auf Dauer mit dem Nichtraucherschutz vereinbar. Wir werden uns deshalb auch zukünftig konsequent dafür einsetzen, hier Verbesserungen zu erzielen, und wissen uns mit einer Mehrheit der Bevölkerung in dieser Frage einig. Also, wir bleiben dran. – Ich danke für die Aufmerksamkeit und wir werden dem Gesetz zustimmen.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Denk an die Uhr! Die Uhr!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Herrn Lindner, der sich ja als passiver Nichtraucher bezeichnet hat, was das auch immer sein soll, bin ich konsequenter Nichtraucher. Ich sehe das Gesetz als solches trotzdem sehr kritisch, denn auf der einen Seite bevormundet es die Kneipenbesitzer und auf der anderen Seite hat dieses Gesetz gerade an den Schulen eine Situation geschaffen, wo nix mehr geregelt ist, außer, dass auf dem Schulhof nicht geraucht werden darf. Die Anwohner im Bereich von Schulen freuen sich über diese Regelungen, denn ihre Zigarettenkippen befinden sich meistens in ihren Vor- gärten.
Das Gesetz ist notwendig, haben wir gehört. Und warum ist es notwendig? Weil es in der Gesellschaft teilweise an Einsicht und vor allem an gegenseitiger Rücksichtnahme mangelt. Was aber kritisch zu betrachten ist – und ich fasse mich heute sehr kurz –,
der Staat macht sich auf der einen Seite für einen Nichtraucherschutz stark, Herr Müller, ist andererseits aber zwingend auf die Einnahmen aus der Tabaksteuer angewiesen. Das ist ein Widerspruch. Ich kann nicht auf der einen Seite die Bürger dazu aufrufen, nicht zu rauchen, und auf der anderen Seite ist der Staatshaushalt zwingend auf die Einnahmen aus der Tabaksteuer angewiesen. Das ist im Grunde eine erbärmliche Haltung der politischen Ebene.