Protocol of the Session on October 10, 2013

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Aufgrund der fehlenden Gesamtkonzeption lehnen wir von der NPD-Fraktion den Antrag der GRÜNEN ab, zumal wir nach der gestrigen Berichterstattung über die mutmaßlichen Verwicklungen eines Mitarbeiters eines grünen Bundestagsabgeordneten

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorsicht!)

in einen neuen Kindesmissbrauchsskandal

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorsicht!)

die Ansicht vertreten,

(Udo Pastörs, NPD: Ekelhaft und pervers.)

dass die GRÜNEN endlich einmal verbindlich und öffentlich

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

ihr Verhältnis zu Kinderschändern klären sollten. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau FriemannJennert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere von der GRÜNEN-Fraktion! Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie unstreitige Feststellungen für sich nutzen. Der gesamte Pflegemarkt ist ein Wachstumsmarkt, höchst menschlicher Versorgungsbedarf, der möglichst persönlich oder bedarfsgerecht zugeschnitten sein soll, einerseits, die Bezahlung dieser Leistungen andererseits. Wirtschaftlich betrachtet ist das Marktvolumen der ambulanten und stationären Pflegedienste nach dem Pflegeheim Rating Report 2013 mit circa 33 Milliarden Euro eine Hausnummer, die mit Verlaub beachtlich ist. Dieser Teil des Gesundheitsmarktes ist der am stärksten gewachsene Markt. Wirklich beeindruckend, wie ich finde.

Menschlich und sozialpolitisch wollen wir alle gern von der Masse, vom Geschäftlichen weg. Wir wollen alle eine Leistung, die auf jeden einzelnen Menschen zugeschnitten ist und die ganz persönliche Bedürfnisse umsetzt. Dafür – und auch da bin ich bei Ihnen – brauchen wir das Personal, Menschen, die sich dieser Aufgabe stellen, einer Tätigkeit, die sich mit menschlichen Problemen und Schicksalen beschäftigt, für den Pflegebedürftigen da ist und qualitativ alles bietet, was dem Stand der Wissenschaft und Lehre entspricht.

Die Fragen, die sich aufdrängen, liegen uns allen auf der Seele und Problemlösungen sind eine Herzensangelegenheit – berufliche Anerkennung, ausreichende Ausbildungsplätze, Qualitätsstandards, angemessene Entlohnung. Ich könnte noch mit vielen Aspekten und Detailfragen aufwarten.

Nachdem inzwischen alle demokratischen Abgeordneten wissen, dass das System nicht einfach wie bisher weitergelebt werden kann, sondern Veränderungen gebraucht werden, schlagen Sie uns heute einen Pflegemonitor vor,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ein technisches System, das von regelmäßiger elektronischer Befragung lebt, ein System, bei dem gesammelte Informationen abgerufen werden und woraus Prognosen für die Landesregierung entwickelt werden können, ein

System, dessen Finanzierung Sie leider vergessen haben sicherzustellen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch, habe ich gesagt.)

In Hessen steht für Derartiges zumindest ein Institut und ein Forschungszentrum zur Verfügung beziehungsweise zur Finanzierung die ESF-Mittel.

Ein technisches System macht die Berechnung von Bedarfszahlen verlässlicher und lässt die Definition von Qualität und Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung adäquat zu. Was Sie leider nicht berücksichtigt haben, ist, dass die regionale und landesweite Betrachtung auch auf anderen Wegen möglich ist. Sie selbst haben die Landesregierung gar auf diesen Weg geschoben. Da auch Sie von der GRÜNEN-Fraktion den Fachkräftemangel als Thema für sich entdeckt haben, forderten Sie einen Runden Tisch.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ist so, ja.)

Das Thema Pflege sollte dabei ganzheitlich in den Fokus rücken und konkrete Schritte erarbeitet werden. Tolle Sache! Die Landesregierung hat den Runden Tisch Pflege ins Leben gerufen, ein System, bei dem sich die wichtigsten Akteure des Pflegebereiches versammeln und wo man sich qualifiziert in die Diskussion einbringen kann.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bisher ein Mal.)

Der technische Aspekt blieb zugegebenermaßen hinter dem nunmehr von Ihnen gestellten Antrag zurück. Dennoch darf die Frage erlaubt sein, wer genau solch ein System betreiben könnte. Nach dem hessischen Vorbild setzt man auf Abfragen, wobei mir einfällt, dass gerade der Pflegebereich nicht amüsiert ist ob der überbordenden Bürokratie.

Ich zitiere mal Frau Lautenschläger, die für ihren Monitor auf einem Flyer wirbt: „Wir zählen dabei auf Ihre Mitwirkung“, womit sie unter anderem die Pflegeeinrichtungen meint, da der Pflegemonitor nur dann erfolgreich mit einer guten Datengrundlage laufen kann. Es geht dabei knallhart um das Abchecken von Angebot und Nachfrage und Wirtschaftlichkeitsberechnungen.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist der Schwerpunkt in der Pflege bei den Senioren und Seniorinnen zu sehen, Menschen, die ganz besonders durch ihre Lebensgeschichte individuelle Bedarfe aufweisen. An dieser individuellen Stelle ist ein Runder Tisch ganz klar im Vorteil gegenüber einem technischen Erfassungsverfahren. Die rein versorgende Pflege kann am Runden Tisch widergespiegelt werden, Qualität in Ausbildung, Ausstattung, also technische Arbeitsunterstützung, Fort- und Weiterbildung. Ich könnte auch diese Aufzählung noch beliebig fortsetzen. Mit allem können Sie sich an den Runden Tisch setzen und es für das weitere Handeln der Landesregierung einsortieren und werten.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und es gibt ja auch noch die Schweriner Erklärung zur Aufgabenstellung Pflegestrategie 2030 und eine Schwer

punktbetrachtung in der Enquetekommission. Das hat Herr Heydorn vorhin schon gesagt. Ach, was sage ich – Sie haben es vorhin selbst aufgezählt. Ihre Forderung nach einem Pflegemonitor ist somit inhaltlich nicht neu – auf Hessen haben wir schon verwiesen – und in der inhaltlichen Ausrichtung der Entwicklung in unserem Land hinterher.

Lassen Sie mich unsere Position etwas bildhaft zusammenfassen: Die Landesregierung und die Regierungskoalition sind schon ein ganzes Stück den Baumstamm emporgeklettert und nahezu bei den Lösungen in der Baumkrone angelangt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Na?!)

Ein unterstützendes technisches System wäre beim Klettern hilfreich gewesen und ich mache auch keinen Hehl daraus, dass die valide Datenbasis eines Pflegemonitors charmant wäre.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir können gewiss nicht sagen – an Frau Stramm gerichtet vielleicht auch noch mal –, wir haben gar keine Datenbasis. In diesem fortgeschrittenen Stadium aber steht der Aufwand eines Pflegemonitors zum erzielbaren Nutzen in keinem sinnvollen Verhältnis mehr. Wir lehnen unter Bezugnahme auf Ihre Ausgangsposition Runder Tisch Pflege Ihren neuerlichen Vorstoß im hessischen Sinne ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Gajek.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Frau Präsidentin!)

Genau.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die Einwände kommen, dass wir diesen Pflegemonitor nicht brauchen, wundert mich jetzt nicht wirklich. Ich hatte in meiner Einbringungsrede schon darauf hingewiesen. Was mich ein Stück verwundert, ist, Frau FriemannJennert, dass Sie sagen, es wäre ja ganz nett und ganz gut, wenn wir valide Zahlen und Datenmaterial hätten, aber Aufwand und Nutzen stehen in keinem Verhältnis.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Es ist wieder so eine Strategie, die ich hier so oft höre, das machen wir schon, und gehen häufig in ein Nirwana. Ich erinnere an heute Morgen, UN-Behindertenrechtskon- vention, der Maßnahmeplan. Das ist ein Plan, der aber nicht mit Verbindlichkeiten bestückt wird. Und auch in dem Bereich Pflege ist es in vielen Dingen so. Wir wissen, dass Bedarfe da sind, wo sie sind, wie sie umgesetzt werden, und was insbesondere im Jahre 2030 passiert, weiß eigentlich keiner. Manchmal denke ich, es wäre dann doch eine Kristallkugel, die man oder frau befragen müsste.

Ich möchte aber noch auf zwei Punkte aufmerksam machen: Es geht hier nicht nur in dem klassischen Bereich Pflege um die Pflege älterer Menschen oder um die Aus

bildung von Krankenpflegerinnen oder Altenpflegerinnen, sondern es gibt auch noch andere Berufe. Und ich denke, das muss in diesem Kontext gesehen werden. Ich kann doch den demografischen Wandel nicht immer nur auf Menschen ab 65 oder 70 fokussieren, sondern der demografische Wandel ist eine gesamte Bevölkerungsentwicklung,

(Michael Andrejewski, NPD: Katastrophe.)

wo wir Kinder sehen müssen, Menschen, die zurzeit Eltern sind und später Großeltern. Also das vermisse ich.

Und mir fehlt auch – und das ist wie heute Morgen beim Maßnahmeplan – der ganzheitliche Ansatz, der interdisziplinäre Ansatz, denn hier gehen zwei Ministerien zusammen. Es geht doch auch um die Aus- und Weiterbildung. Das sind Dinge, die wir vorwärtsbringen müssen. Und eine Argumentation, das haben wir schon, das brauchen wir nicht, weil wir einen Runden Tisch haben – der Runde Tisch ist ein Kreis von Menschen, wo wir beispielsweise nicht dabei sind und wo keine Transparenz vorhanden ist.

(Zuruf von Bernd Schubert, CDU)

Den Runden Tisch empfinde ich eher als ein Moderations- und Entwicklungsgremium, aber er ist doch nicht wie ein Monitor, wo ich alle zwei Jahre dieses Monitoring umsetze und dann mit aktuellen Zahlen arbeite und insbesondere, Herr Schubert, perspektivisch gucken kann: Wo sind denn die Engpässe in den einzelnen Landkreisen oder in den Städten? Wo brauche ich bestimmte Berufe? Wo müssen wir nachsteuern?

Und ich habe das vorhin schon mal mit den Berufsschulen gesagt: Gerade die berufliche Ausbildung – wir haben morgen auch noch mal einen Antrag dazu, von der Fraktion DIE LINKE – ist doch ein drängendes Problem.