Protocol of the Session on May 31, 2013

Das war alles in allem eine relativ überschaubare Sache.

Die Auswertung hat für mich doch klar gezeigt, dass bestimmte Personengruppen gefunden werden konnten, die im normalen Verfahren, also nicht anonymen, schlechter zum Zuge kommen würden. Frauen mit Kindern stehen da vorne an, bei Menschen mit Behinderungen konnte man das nicht so eindeutig herausfinden. Das ist auch kein Wunder, weil wir ja bei öffentlichen Ausschreibungen den Satz mittlerweile standardmäßig unter den Ausschreibungen haben, dass Schwerbehinderte mit gleichen fachlichen Qualifikationen bevorzugt behandelt werden.

Die Finanzministerin wies darauf hin, dass wir hier in Mecklenburg-Vorpommern uns ja auch für die Frauenförderung entschieden haben in diesem Zusammenhang, weil wir tatsächlich wissen, dass die Benachteiligung hier ganz greifbar vorhanden ist,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sodass wir unter die Ausschreibung drunterschreiben, dass wir ausdrücklich Frauen zur Bewerbung auffordern, weil sie bei gleicher fachlicher Eignung bevorzugt behandelt werden, um das mal so zu sagen. Es ist zwar nicht der genaue Wortlaut, aber sinngemäß ist es ganz einfach so.

Herr Lindner, warum Sie das jetzt als ganz großen Erfolg der Bundesregierung ansehen, erschließt sich mir, ehrlich gesagt, nicht so ganz.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Mir auch nicht, wo Sie doch schon alles wissen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Mir schon, mir schon.)

Die Bundesregierung hat ein Modellprojekt durchgeführt, nachdem Schieflagen gerade beim Ausschreiben, nein, bei der Teilhabe am Erwerbsleben lange bekannt sind. Und die Antidiskriminierungsstelle konnte sich nicht mal dazu aufraffen oder hinreißen lassen zu sagen, wir wollen da eine gesetzliche Regelung, damit wir in Zukunft wirklich diese Schieflage ganz gezielt angehen, sondern ganz im Gegenteil, die haben sich da lediglich zu der Aussage aufraffen können, einen Leitfaden für die Privatwirtschaft zu erstellen, um die Privatwirtschaft zu ermutigen und auf die Vorteile von anonymen Bewerbungen hinzuweisen.

Aus der praktischen Erfahrung muss ich sagen, die Diskriminierung gibt es ja nicht nur im Vorfeld von Einladungsgesprächen, sondern der zweite Schritt folgt bei den Gesprächen selber. Die Erfahrung habe ich selbst gemacht, als ich Anfang der 90er-Jahre auf Stellensuche war. Ich habe viele Einladungen erhalten und die Bewerbungsgespräche endeten immer an der Stelle, wo das Gespräch auf das Alter meiner Kinder kam, derer drei an der Zahl, alle drei im Grundschulalter.

Die anonymisierte Bewerbung ist ein Schritt in die richtige Richtung auf jeden Fall, aber ein Modellprojekt in Mecklenburg-Vorpommern zusätzlich zu den Erkenntnissen, die man hat und weiterhin sammelt, halte ich trotz alledem nicht für erforderlich. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schade, schade, Frau Tegtmeier!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist ein Akt wahren Gutmenschentums. Die Landesregierung soll also ein Modellprojekt zur Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst mittels der Methode der anonymisierten Bewerbung durchführen. Das anonymisierte Bewerbungsverfahren soll, so der fromme Wunsch, Diskriminierungen am Arbeitsmarkt abbauen. Besonders ältere Menschen, Frauen insbesondere mit Kindern und sogenannte Migranten, gemeint sind hiermit Ausländer,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh! Autsch! – Peter Ritter, DIE LINKE: Wie haben Sie denn das rausgekriegt, Herr Köster? So ein kluges Kerlchen!)

sollen hierdurch bessere Chancen im Bewerbungsverfahren erhalten und für sie soll die Möglichkeit, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, erhöht werden.

(Heiterkeit bei Henning Foerster, DIE LINKE: Stand das in Wikipedia? – Peter Ritter, DIE LINKE: Er kennt nur MUPINFO.)

Sie unterstellen den Arbeitgebern sowohl im öffentlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft generell Vorurteile. Glauben Sie ernsthaft, dass, sofern diese Fieberfan

tasie zutreffen würde, die Arbeitgeber diese Vorurteile während eines Vorstellungsgespräches ablegen würden?

Aber betrachten wir uns einmal den Arbeitsmarkt: Die Möglichkeiten für ältere Bürger auf dem Arbeitsmarkt haben sich glücklicherweise verbessert, da ein Umdenken bei den Arbeitgebern stattgefunden hat. Ein Arbeitgeber, der aus welchen Gründen auch immer Bedenken und/oder Vorurteile hat, eine Frau mit Kindern einzustellen, wird diese Vorurteile auch durch ein Gespräch nicht ablegen.

Kommen wir also zur beabsichtigten Zielgruppe, den sogenannten Migranten, also den Ausländern. Sie wollen ja auch eine Ausländerquote für den öffentlichen Dienst. Sie wollen also lediglich die Arbeitsmarktchancen für Ausländer verbessern. Wir von der NPD-Fraktion lehnen dieses entschieden ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Warum überrascht uns das nicht, Herr Köster?)

Aber glauben Sie wirklich, dass in der Realität die Arbeits- marktchancen bei einem anonymisierten Bewerbungsverfahren sich erhöhen würden? Sicherlich, die öffentlichen Arbeitgeber könnten gezwungen werden, objektive Tatbestände im Bewerbungsverfahren außer Acht zu lassen. Der private Arbeitgeber hat aber natürlich das Recht zu prüfen, ob der Bewerber von der Qualifikation, aber auch von der Persönlichkeit zum Unternehmen passt.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Und auch die öffentlichen Arbeitgeber müssen ohne Quote und andere linke geistkranke Ideen diese Prüfung vollziehen können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, na, na, na!)

Wir lehnen den Antrag der GRÜNEN und natürlich auch den Änderungsantrag der LINKEN ab. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Herr Köster, Ihre Bezeichnung „geistkrank“ weise ich als unparlamentarisch zurück.

(Michael Andrejewski, NPD: Wir sind alle geistig gesund im Parlament.)

Ich rufe auf für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Vizepräsidentin und Abgeordnete Frau Gajek.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Diskussion zum anonymisierten Bewerbungsverfahren erschüttert mich teilweise, insbesondere fehlt mir der Mut der Landesregierung, hier reinzugehen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Frau Polzin, Ihre Argumentation war für mich nicht schlüssig und ich möchte noch mal auf einige Punkte eingehen.

Aber ich möchte mit einem Punkt aus meiner Eingangsrede anfangen und ich zitiere hier noch mal, und zwar aus dem Infoflyer, Zitat: „Ein kurzer Blick auf den Namen, auf das Geschlecht oder das Alter genügt in vielen Fäl

len, um eine Bewerbung auszusortieren: Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Arbeitsuchende und Frauen mit Kindern werden in Bewerbungsverfahren oft benachteiligt. Sie haben deutlich schlechtere Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.“ Da habe ich von den demokratischen Parteien keinen Widerspruch gehört. Ich finde es, dann zu sagen, nein, wir brauchen kein Modellprojekt, es ist alles in Ordnung, echt fatal.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wissen alles.)

Und ich weiß nicht, wer von den beiden Regierungsfraktionen der Bremsklotz in dieser Debatte war. Wir haben den Antrag jedenfalls so geschrieben, um hierfür zu werben, dass sowohl die SPD als auch die CDU sich dafür entscheiden, hier ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren als Modellprojekt umzusetzen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Aber wenn man schon alles weiß.)

Das scheint uns offensichtlich nicht gelungen zu sein

(Peter Ritter, DIE LINKE: An Ihnen liegt es nicht.)

und deshalb komme ich zunächst auf den Änderungsantrag der LINKEN zurück. Natürlich haben wir das mitbedacht. Aber aus dem Grund, dass wir gesagt haben, uns ist es wichtig, hier für das anonymisierte Bewerbungsverfahren zu werben, haben wir auf die Punkte, die Sie in Ihrem Änderungsantrag eingebracht haben, verzichtet.

Es ist natürlich so, dass der unmittelbare Einfluss von der Landesregierung mitbedacht werden muss, und von daher, weil es für uns obsolet ist, dass es so passiert, haben wir es nicht mit reingeschrieben. Und dass ein Modellprojekt ausgewertet wird, Herr Foerster, das versteht sich von selbst, das traue ich auch der Landesregierung zu. Von daher haben wir das jetzt nicht explizit eingetragen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Manchmal ist es besser, das konkret zu formulieren.)

Deshalb komme ich jetzt noch mal zur Landesregierung zurück. Es gibt Unterschiede, aber wie gesagt, wir haben dafür geworben.

Frau Polzin, es ist schön, dass Sie und die Landesre- gierung das begrüßen, dass Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt sich auf den Weg machen. Wir haben hier Wahlkampf und wir haben eine Ministerin, die jetzt zurzeit für Gleichstellung und Arbeit zuständig ist. Ich finde es auch fraglich und hätte gern noch mal eine Antwort darauf, warum hier Ministerin Schwesig nicht dazu gesprochen hat, weil doch Gleichstellung das Thema ist.

Und eins ist in der Diskussion noch mal sehr deutlich geworden, dass nämlich insbesondere Migrantinnen und Migranten schlechtere Zugänge haben – das ist bewiesen, das wissen wir, wenn wir in das Bundesland hinausfahren – und Frauen mit Kindern. So, wie Frau Tegtmeier das gesagt hat, ich glaube, diese Erfahrung haben viele Frauen von uns sammeln müssen und das ist nicht gerecht. Wir stehen für einen gerechten Arbeitsmarkt,

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und das eben nicht nur mit Lippenbekenntnissen, sondern hier reicht es nicht zu sagen, wir wissen darum, aber wir tun es nicht.

Also wie gesagt, ich werbe nochmals dafür, hier ein Umlenken einzuführen, hier ein Modellprojekt umzusetzen, weil das ist innovativ, das ist ein Zeichen an die Wirtschaft. Wenn wir hier diskutieren, mag es den einen oder anderen möglicherweise nicht so interessieren, aber wenn den Worten Taten folgen würden, wenn tatsächlich Ministerien das tun und dieses konsequent, dann denke ich, wenn wir in einem Jahr das wieder auswerten würden, dass Frauen insbesondere mit Kindern, auch Arbeitsuchende – denn die fallen häufig auch raus und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Menschen mit Migrationshintergrund – eine Arbeit finden würden, nämlich im öffentlichen Dienst. Und ich denke, die Menschen sollten uns das wert sein, dass uns dieses gelingt.

Ein Wort noch mal zur CDU, kein Modellprojekt mehr. Also ich empfinde zurzeit die Arbeit in verschiedenen Ministerien nur noch als Projektarbeit und es geht auch dieses Wort rum: Projekttitel. Warum wagen wir uns in dem Bereich nicht, ein Modellprojekt in Gang zu setzen

(Henning Foerster, DIE LINKE: Immer so, wie man es braucht.)