Protocol of the Session on May 31, 2013

(Henning Foerster, DIE LINKE: Immer so, wie man es braucht.)

und dieses dann auch konsequent durchzuführen. Das kann ich nicht nachvollziehen. Und, Herr Lindner, Ihre Argumentation hat mich nun wahrlich nicht überzeugt.

Also ich denke, die Schere im Kopf ist drin, das haben wir bei dieser Debatte heute festgestellt. Ich würde gern diese Schere ein bisschen entschärfen und bitte um Zustimmung zum Änderungsantrag. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich die Aussprache schließe, möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass hier im Plenum das Telefonieren mit Mobiltelefonen nicht erlaubt ist. Das richtet sich an den Herrn in der letzten Reihe.

(Michael Andrejewski, NPD: Bei den Demokraten, nicht wahr?)

Ich schließe jetzt die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksa- che 6/1893 sowie den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1940 zur Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag sowohl des Antrages als auch des Änderungsantrages mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1940 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksa- che 6/1940 bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1893 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1893 bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung der Fraktion DIE LINKE,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, Beratung des Antrages.)

Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Diskriminierung der vor dem 1. Januar 1992 in den neuen Bundesländern Geschiedenen im Rentenrecht beenden, Drucksache 6/1908.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Diskriminierung der vor dem 1. Januar 1992 in den neuen Bundesländern Geschiedenen im Rentenrecht beenden – Drucksache 6/1908 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Stramm.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mich haben in den letzten Jahren mehrfach Frauen gebeten, sich der Problematik der Menschen, die in der DDR geschieden wurden, anzunehmen. Während in einem Scheidungsverfahren heute der Versorgungsausgleich von Amts wegen als Folgesache geregelt wird, war das bis zum Ende des Jahres 1991 auf dem Gebiet der neuen Bundesländer nicht der Fall. Wer bis dahin geschieden wurde, erhält bis heute keinen Versorgungsausgleich. Was bedeutet das?

Der Versorgungsausgleich regelt die Rentenanwartschaften im Falle einer Scheidung. Einfach gesagt, es werden die Rentenanwartschaften, die während der Ehe erworben wurden, zwischen den beiden ehemaligen Ehepartnern hälftig geteilt. Wer nur geringe oder keine eigenen Rentenpunkte erworben hat, partizipiert durch dieses Verfahren. Er wird an den Beitragszahlungen und damit an allen Rentenansprüchen seines ehemaligen Ehepartners beteiligt. Dieses Verfahren gilt in den neuen Bundesländern seit dem 01.01.1992. Für vorher Geschiedene gilt es nicht. Das ist ungerecht, es diskriminiert und diese Regelung hat finanzielle Armut zur Folge.

Typisch ist meines Erachtens der Fall von Frau H. Sie hat mir ihre Situation in einem Brief geschildert. Frau H. erlebte die Wiedervereinigung in ihrem 50. Lebensjahr. Sie war in der DDR nicht durchgängig erwerbstätig, denn ihre drei Kinder kamen relativ schnell hintereinander. Im Jahr 1975 ließ sie sich scheiden. Sie zog ihre Kinder alleine groß. Nach der Wiedervereinigung fand Frau H. in ihrem erlernten Beruf als Köchin keine Beschäftigung mehr. Bis zur Rente war sie mehrere Jahre in Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Während ihr ehemaliger Ehemann von seiner Rente heute gut lebt, reicht es bei Frau H. nicht für die einfachsten Bedürfnisse. Von 475 Euro kann man auch in Mecklenburg-Vorpommern eben nicht auskömmlich leben.

Menschen wie Frau H., die heute über 70 Jahre alt sind, haben dieses Land wieder aufgebaut. Sie haben Kinder erzogen, die seit Jahren in die Sozialkassen einzahlen.

Sie fühlen sich von den Politikern vergessen und diskriminiert, denn, wie gesagt, seit 1992 gilt der Versorgungsausgleich auch in den neuen Bundesländern.

Da die Landesregierung nach ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage die Zahl der Betroffenen in MecklenburgVorpommern nicht kennt und sie auch die Lebenssituation dieser Menschen nicht einschätzen kann, schlägt meine Fraktion vor, dass wir die Landesregierung mit einer entsprechenden Analyse beauftragen. Die Daten und Fakten müssten relativ einfach und schnell bei der Deutschen Rentenversicherung zu beschaffen sein. Deshalb schlagen wir auch eine zeitnahe Terminsetzung vor. Wir brauchen die Daten und Fakten, um das Problem einzuschätzen. Die Betroffenen haben, wie ich aus Gesprächen weiß, vielfach gar nicht das Geld, um von sich aus aktiv zu werden.

Meine Fraktion fordert zudem, dass die Landesregierung im Bundesrat nochmals für die Menschen aktiv wird, die vor dem 1. Januar 1992 auf dem Gebiet der neuen Bundesländer geschieden wurden. Die Bundesregierung muss hier endlich handeln! Die Diskriminierung dieser Menschen im Rentenrecht muss beendet werden!

Ich bitte um Zustimmung für diesen Antrag. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Sorge, die die Fraktion DIE LINKE mit ihrem Entschließungsantrag zur rentenrechtlichen Diskriminierung der vor dem 1. Januar 1992 Geschiedenen in Mecklenburg-Vorpommern ausdrücken will, teile ich voll und ganz. Es fehlt bisher an einer befriedigenden rentenrechtlichen Lösung für diese Bevölkerungsgruppe, die auch mir ganz besonders am Herzen liegt.

Noch mal zum Problem: In den alten Ländern gibt es für die nach dem 30. Juni 1977 geschiedenen Eheleute einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich für die während der Ehezeit erworbenen Renten- und anderen Anwartschaften. Dagegen sehen die gesetzlichen Regelungen für die bis zum 31. Dezember 1991 in den neuen Ländern geschiedenen Eheleute weder einen Versorgungsausgleich noch eine Hinterbliebenenrente vor. Der Versorgungsausgleich wurde in den neuen Bundesländern erst zum 1. Januar 1992 eingeführt. Das ist nicht nur ungerecht, es führt auch zu ganz konkreten sozialen Härten, insbesondere für ältere geschiedene Frauen.

Betroffen sind vor allem die Frauen, die sich vorrangig der Familie und der Erziehung der Kinder gewidmet haben oder die als Familienangehörige von Land- und Forstwirten, Handwerkern oder anderen Selbstständigen ohne eigene Beitragszahlung tätig waren oder freiwillige Beiträge in Höhe von 3 Mark, also DDR-Mark, gezahlt haben. All diesen Frauen fehlen Beitragszeiten, die anderen zuerkannt wurden. Sie verfügen regelmäßig nur über eine sehr geringe Altersrente oder haben gar keinen

Anspruch auf Altersrente. Diese Bevölkerungsgruppe auf Leistungen der Grundsicherung im Alter hinzuweisen, ist nicht hinnehmbar. Sie haben ihren Beitrag erbracht und müssen dafür auch mehr als nur Leistungen am Rande des Existenzminimums erhalten.

Von den geschiedenen Frauen wurden verschiedentlich Gerichtsverfahren angestrengt, leider erfolglos. Eine Verfassungsbeschwerde, mit der eine Geschiedenenwitwenrente erreicht werden sollte, wurde 1996 vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, weil eine Verletzung der Grundrechte der Klägerin nicht vorgelegen habe. Eine weitere Klägerin wollte die Umwertung einer nach DDR-Recht gewährten Unterhaltsrente in eine dynamische Witwenrente oder Geschiedenenwitwenrente. Auch diese Beschwerde wurde erst gar nicht zur Entscheidung angenommen.

Immer wieder war die Landesregierung, waren insbesondere unsere Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dr. Seemann, unser ehemaliger Sozialminister und heutiger Ministerpräsident Erwin Sellering und später ich in Verantwortung auf Bundesebene aktiv und haben die Schließung von rentenrechtlichen Gerechtigkeitslücken gefordert. Auch in dieser, auf Bundesebene nun schon dem Ende zugehenden Legislaturperiode haben wir als Land Mecklenburg-Vorpommern bereits eine Initiative in den Bundesrat eingebracht, die im September 2010 den Erfolg brachte.

Ich darf daran erinnern, dass unser Sozialminister Erwin Sellering, heutiger Ministerpräsident, erfolgreich in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz vorbereitet hatte und ich das dann sozusagen zu Ende bringen durfte, dass alle 16 Bundesländer zugestimmt haben, hier zu einer Regelung zu kommen. Es ist etwas ganz Besonderes, denn alle wissen, dass es beim Thema „Rente Ost und West“ natürlich regional ganz andere Ansichten gibt, dass nicht gerade die Länder, die westdeutschen Bundesländer unabhängig von der Farbe nun dieses Thema auf dem Schirm haben. Umso ein größerer Erfolg war und ist es heute, dass wir erreicht haben, dass speziell für eine Regelung für diese Personengruppe alle Länder gestimmt haben – dies zunächst in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz und dann sogar im Bundesrat, wo wir als Land Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich eine Initiative eingebracht haben im September 2010.

Als gemeinsamen Antrag der neuen Länder haben wir die Bundesregierung nachdrücklich gebeten, eine befriedigende Lösung für die im Beitragsgebiet geschiedenen Eheleute herbeizuführen. Zur Erarbeitung und Festlegung konkreter Lösungen sollte umgehend eine Bund-LänderArbeitsgruppe eingerichtet werden. Die dann zu beschließenden Maßnahmen wären unverzüglich umzusetzen gewesen. Jeder weiß, dass die Stimmen der neuen Länder nicht gereicht hätten im Bundesrat, und deshalb noch mal der Hinweis, es ist besonders, dass wir hier auch die Unterstützung der anderen Bundesländer hatten.

Was hat die Bundesregierung aus dieser Meinung der Länder im Bundesrat gemacht?

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Obwohl die gemeinsame Entschließung im Bundesrat beschlossen wurde, hielt die Bundesregierung die Einsetzung, ich zitiere aus der Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 3. März 2011, Zitat, „einer solchen

neuen Arbeitsgruppe nicht für sachdienlich. Ein besonderer Handlungsbedarf für die neuen Bundesländer lasse sich nicht begründen“, so die Bundesregierung. Obwohl Frau Merkel im Juni 2009 auf dem Deutschen Seniorentag ganz konkret zugesagt hatte, das Problem „Rente Ost/West“ generell lösen zu wollen, hat sich die Bundesregierung nicht mal bereit erklärt, ein Einzelproblem zu lösen, wo es doch wenigstens schon in der Länderkammer eine einheitliche Meinung gab.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aber wirklich! – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Das ist ein gebrochenes Wahlversprechen, was insbesondere den betroffenen Frauen in unserem Bundesland schadet. Die Bundesregierung hat weiter eine rentenrechtliche Regelung zugunsten der vor dem 1. Januar 1992 Geschiedenen verzögert.

Ich habe mich persönlich dafür eingesetzt, dass die Rentenüberleitung auch insoweit abgeschlossen wird. Deshalb habe ich bereits Frau Ministerin von der Leyen an die Entschließung des Bundesrates erinnert, sie aufgefordert, die Sorgen der in der ehemaligen DDR geschiedenen Frauen ernst zu nehmen. Zur Antwort habe ich von der Bundesministerin schriftlich bekommen, dass sich, ich zitiere, „nicht alle Unterschiede im Rentenrecht, die durch die unterschiedliche Entwicklung der Rechtssysteme in Ost und West entstanden sind, rückwirkend beseitigen lassen“, Zitatende. Das klingt meiner Meinung nach wie Hohn in den Ohren der betroffenen Frauen.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Ich habe letztens erst wieder den Hilferuf einer geschiedenen Frau erhalten, die 25 Jahre in der DDR verheiratet war und zwei Kinder großgezogen hat. Sie hat ihrem Ehepartner das Studium an der Fachhochschule ermöglicht, dann zeitweise im Handwerksbetrieb ihres Ehemannes mitgearbeitet und ihm bis zur Scheidung 1986 weiter den Rücken frei gehalten und sich um die Familie gekümmert. Nach kurzen Zeiten von Arbeitslosigkeit und geringfügiger Beschäftigung erhält die Frau für mehr als 40 Arbeitsjahre eine Rente von 630 Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, und genau das darf nicht sein. Wir brauchen ein echtes Rentenüberleitungsabschlussgesetz, mit dem wir die ver- schiedenen Härtefälle auffangen müssen. Und deshalb unterstütze ich ausdrücklich den Vorschlag, den die SPD-Bundestagsfraktion bereits am 16. Dezember 2011 in den Deutschen Bundestag eingebracht hat, eine BundLänder-Arbeitsgruppe einzusetzen, um offene Fragen im Zusammenhang mit der Rentenüberleitung befriedigend zu beantworten. Deshalb brauchen wir auch dafür keinen neuen Antrag. Und dieser Vorstoß sieht auch vor – und den unterstütze ich –, dass wir uns um alle Menschen kümmern, die bei der Rentenüberleitung Ungerechtigkeiten erleben. Das trifft ja auch auf andere Gruppen zu, ich sage nur, zum Beispiel auf die Krankenschwestern. Und für Menschen, die im Rentenrecht nicht lösbare Ungerechtigkeiten bei der Überleitung der Alterssicherung der DDR in das bundesdeutsche Recht erlitten haben, soll ein steuerfinanzierter Härtefallfonds eingerichtet werden, um durch einen Rentenzuschlag im Einzelfall der Gerechtigkeit zum Erfolg zu verhelfen und um Altersarmut zu verhindern. Ein solcher Härtefallfonds hätte einen Betrag von 500 Millionen Euro. Ich finde, das muss es

der Bundesrepublik Deutschland wert sein, um Ungerechtigkeiten und soziale Härten zu vermeiden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Ganze muss zügig angegangen werden. Die betroffenen Frauen werden nicht jünger, den älteren geht es im Durchschnitt schlechter als den jüngeren DDRGeschiedenen und deshalb dürfen wir nicht lange Zahlenmaterial sammeln zu Komplexen, zu denen wir gar keine unterschiedliche Auffassung haben. Wir müssen unverzüglich die rechtlichen Grundlagen für konkrete Lösungen schaffen und in diesem Zusammenhang auch weitere Personengruppen berücksichtigen. Das gilt für mich für die sogenannten DDR-Krankenschwestern, aber auch für andere Personengruppen. Einzelne dieser etwa 20 verschiedenen Personengruppen, die mit der bisherigen Rentenüberleitung durch den Rost gefallen sind, gesondert herauszugreifen, wäre der falsche Ansatz. Wir müssen uns auch um weitere Gruppen kümmern.

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, einen Bericht zur Einkommenslage der bis Ende 1991 Geschiedenen in Mecklenburg-Vorpommern brauchen wir dafür nicht.

Und, Frau Stramm, ich glaube, dass Ihnen das Thema am Herzen …

Einen Moment, Frau Schwesig.