Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kollege Ritter war dabei, Kollege Saalfeld zwar nicht, aber er weiß das ganz sicher aus dem Studium der Unterlagen, wir haben über die Frage einer Kreisgebietsreform und über die Frage einer damit in Verbindung stehenden Funktionalreform in diesem Hohen Hause mehr als ein Jahrzehnt lang diskutiert.
Und wir haben in diesem Diskussionsprozess sehr oft eine Position gehört, die sinngemäß sagt, das ist alles viel zu wenig, ihr müsst viel mehr Aufgaben vom Land auf die kommunale Ebene heruntergeben und ihr müsst im zweiten Zug, Kollege Ritter hat das Thema vorhin angesprochen, von der kreislichen Ebene auf den kreisangehörigen Raum weitergeben. Und dieses ist von den jeweiligen Oppositionsfraktionen – am Anfang war das die CDU, in einer späteren Phase waren das die LINKEN – natürlich immer mit besonderem Nachdruck vorgetragen worden und es ist immer der regierenden Koalition der Vorwurf gemacht worden, ihr tut ja nicht genug für eine solche Kommunalisierung von Aufgaben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war in beiden Prozessen der Kreisgebietsreform in der Situation, einer regierungstragenden Fraktion anzugehören, und ich habe immer wieder diesen Druck auf der einen Seite gehabt, und auf der anderen Seite, sehr dezent, aber für seinen Bereich hat Till Backhaus es eben gesagt, auch die Argumentationen der Landesverwaltung, vertreten durch die Landesregierung, die in vielen Fragen gesagt hat: Leute, seid mal vorsichtig, ob denn das wirklich so vernünftig ist!
Und in diesem Spannungsbogen zwischen den einen, die sagen, möglichst alles kommunalisieren, und den anderen, die sagen, na, da lasst uns lieber mal genau hingucken, haben wir, die wir jeweils in der Regierungssituation waren und sind, handeln müssen und wir haben gehandelt. Ich glaube, bei sehr vielen Dingen, die wir gemacht haben, muss ich mich der Ergebnisse nicht schämen. Ich glaube, vieles, was wir gemacht haben, war gut und richtig, auch dass in einem solchen Prozess, in einer solchen Auseinandersetzung einmal eine Entscheidung getroffen wird, von der sich dann in der Praxis zeigt, vielleicht war es doch nicht die richtige, meine sehr verehrten Damen und Herren, das halte ich für einen relativ normalen Prozess.
Ich stelle mich nicht hier hin und sage mit einer Attitüde, ich bin der Herr aller Weisheiten, ich habe noch nie einen Fehler gemacht, ich mache keine Fehler, ich werde nie Fehler machen. Solche Äußerungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und solche Linien sind, glaube ich, fehl am Platze in der Politik.
Wir alle wissen, dass wir hier Dinge tun, die in der Praxis sich überprüfen lassen müssen und wo wir die Bereitschaft haben müssen, zu sagen, hat sich das bewährt, was wir gemacht haben, dann lassen wir es so, oder hat es sich nicht bewährt, dann sind wir bereit, es zu korrigieren. Wer sagt, ich habe hier noch nie Fehler gemacht, der ist dann ja auch nicht bereit, seine eigenen Fehler, wenn er sie ja schon nicht erkennen will, zu korrigieren, und ist damit verantwortlich für eine Situation, die schlechter ist als das, was man haben könnte. Und deswegen finde ich eine solche Haltung sehr verwerflich. Ich finde es viel mutiger und ich finde es viel besser, zu sagen, jawohl, ich habe den Mut, ich bin ein Mensch und Menschen machen Fehler. Vielleicht habe ich den auch mal gemacht.
Und zum Zweiten: Lieber Kollege Ritter, Sie haben gesagt, dadurch, dass wir immer weniger auf die kreisliche Ebene übertragen, sinkt die Motivation nun, weitere Aufgaben von der kreislichen Ebene auf die Ebene des kreisangehörigen Raumes zu übertragen. Dann lassen Sie uns doch bitte mal ganz unvoreingenommen die Geschichte der sogenannten Funktionalreform II, die ja mit der ersten Kreisgebietsreform verbunden war und die vom Verfassungsgericht eben genau nicht aufgehoben worden ist, die Geschichte dieser Funktionalreform II uns anschauen.
Wir beiden können das besonders gut machen, weil diese Funktionalreform II ist in der damaligen Koalition von SPD und damals PDS gemacht worden. Und wenn wir uns anschauen, mit welch hohen Erwartungen wir in eine solche Diskussion um eine Funktionalreform II gegangen sind und was denn bei dieser Reform tatsächlich herausgekommen ist, dann kann man nur sagen, der Berg hat gekreißt und ein Mäuslein geboren. Und dementsprechend ist die Bewertung dieser Funktionalreform II auf der kommunalen Ebene auch durchaus kritisch.
Wenn wir aber darangehen, weitere Aufgaben zu übertragen, dann befinden wir uns plötzlich in einem ganz ähnlichen Spannungsbogen. Die Ämter und Gemeinden sagen: Wir könnten sehr viel übernehmen, gebt doch runter. Und die Kreise sagen uns: Na, schaut euch das doch bitte mal genau an, ob denn das eigentlich wirklich sinnvoll ist und ob wir wirklich dann Effektivität gewinnen.
Ich glaube, ein ähnliches Problem wie zwischen Land und kommunaler Ebene haben wir hier innerhalb der kommunalen Ebene. Und ich glaube nicht, dass die Kreise, wenn wir ihnen denn mehr Aufgaben vom Land übertragen würden, sagen würden: Oh ja, gut, dann kommen wir jetzt zu einer anderen Einschätzung, was unsere bisherigen kreislichen Aufgaben und die Möglichkeit der Weitergabe auf die gemeindliche Ebene angeht. Nein, das würden sie nicht tun, und wir sollten es hier nicht behaupten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, solche Fragen von Verwaltungsreform werden nach meiner inzwischen immer fester werdenden Überzeugung viel zu sehr unter
einer ideologischen Brille diskutiert. Es wird eine Richtung vorgegeben und gesagt: Immer, wenn es in diese Richtung geht, ist es gut, und wenn es nicht in diese Richtung geht, ist es schlecht. Ich halte dies für Ideologie.
Wir haben in diesem Hohen Hause – und es war ein Antrag von SPD und CDU – am 24.04. des Jahres 2008 einen Gesamtrahmen für eine Verwaltungsreform in Mecklenburg-Vorpommern beschlossen. Und ich denke, es ist sinnvoll, wenn wir uns diesen Gesamtrahmen für eine Verwaltungsreform noch einmal vor Augen halten, was wir dort festgelegt haben. Wir haben dort, was die Funktionalreform angeht, zunächst einmal gesagt, als Erstes müssen wir mal eine Aufgabenkritik durchführen. Wir müssen mal gucken, ob eine Aufgabe überhaupt noch erfüllt werden muss. Wenn wir aber der Auffassung sind, sie muss erfüllt werden, dann muss Folgendes passieren. Und jetzt darf ich mit Genehmigung der Präsidentin zitieren: „Die nach erfolgter Aufgabenkritik erforderlichen öffentlichen Aufgaben müssen auf der Verwaltungsebene wahrgenommen werden, die die Gewähr für größtmögliche Wirtschaftlichkeit, Bürger- und Wirtschaftsnähe, Rechtssicherheit und fachliche Qualität bietet.“ Zitatende.
Meine Damen und Herren, da steht nicht „Land ist gut und kommunal ist Murks“, da steht auch nicht „Kommunal ist gut und Land ist Murks“, sondern da steht, und dazu bekenne ich mich, wir müssen unsere Verwaltungsaufgaben, wenn sie denn wirklich sein müssen, auf der Ebene erfüllen, wo sie am besten erfüllt werden. Und was „am besten“ bedeutet, das ist hier aufgesplittet in diese vier Punkte Rechtssicherheit, Bürger- und Wirtschaftsnähe, fachliche Qualität und Wirtschaftlichkeit.
Und wenn wir uns daran messen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann gibt es zu dem Gesetzentwurf, den ich vorhin eingebracht habe, überhaupt keine Alternative, denn – und die Details hat die Sozialministerin uns dankenswerterweise dargestellt – was bei der Frage der Wirtschaftlichkeit die bessere Ebene ist, das ist eindeutig klar, und dass bei einer Aufgabenwahrnehmung durch das Land die übrigen Ebenen fachliche Qualität, Bürgernähe und Wirtschaftsnähe nicht leiden, davon gehen wir aus, denn wir kennen die Qualität der Arbeit, die im LAGuS geleistet wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir solche Beschlüsse, die ich nach wie vor für sehr richtig halte und bei denen die PDS – nein, Pardon, DIE LINKE – damals dagegen gestimmt hat, wenn wir solche Beschlüsse ernst nehmen, dann müssen wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. Und deswegen bin ich den kommunalen Verbänden sehr dankbar, dass sie uns hier ebenfalls signalisieren, dass ein solches beschleunigtes Verfahren in ihrem Sinne ist und dass sie es unterstützen werden. Ich bin – und das sage ich jetzt insbesondere natürlich in Richtung der beiden demokratischen Oppositionsfraktionen – auch Ihnen sehr dankbar, dass Sie hier sagen, wir wollen einem solchen schnellen Verfahren nicht im Wege stehen.
und lassen Sie uns überlegen, wie kriegen wir unsere Verwaltungen wirklich sinnvoll organisiert und nicht aus
gerichtet an Dogmen. Dann kommen wir zu einem vernünftigen Weg und dann kommen wir zu einer Zustimmung zu diesem Gesetz. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist offensichtlich der Beginn der Rückabwicklung der sogenannten Aufgabenübertragung an die Kommunen und somit auch der Kreisgebietsreform,
… und kreisfreien Städten auf Landesbehörden verlagert und somit ursprünglich getätigte Entscheidungen zurückgenommen. Es findet demnach eine Zentralisierung von Aufgaben statt. Für das Elterngeld, wir haben es ja schon gehört, soll künftig das Landesamt für Gesundheit und Soziales zuständig sein beziehungsweise zuständig bleiben,
um noch einmal zu verdeutlichen, wie allein sachlich falsch die Kreisgebietsreform war mit all ihren Nebengesetzen. Ursprünglich wurde in den Landkreisen und kreisfreien Städten die Aufgabe der Gewährung von Elterngeld mit weiteren Aufgaben für die Zeit ab dem 1. Juli 2012 übertragen. Dennoch mussten die Landkreise und kreisfreien Städte diese Verantwortung bislang noch nicht schultern, da bis einschließlich Juni 2013 sowieso noch das Landesamt für Gesundheit und Soziales die Zuständigkeit innehatte. Nun haben die Landkreise und kreisfreien Städte gemerkt, dass die Übernahme der Verantwortlichkeit für die Gewährung von Elterngeld eine außerordentlich personal- und aufgabenintensive Aufgabe darstellt und auch technische Probleme bereitet. Insofern ist die Zentralisierung nur konsequent und sinnvoll.
Ferner wird beispielsweise auch die Fischereiaufsicht, für die die Landkreise und kreisfreien Städte ebenfalls seit dem 1. Juli 2012 zuständig sind, wieder in die Landesverantwortung zurückübertragen. Begründet wird die Rückabwicklung damit, Zitat, „dass die in § 3 des Aufgabenzuordnungsgesetzes genannten Aufgaben aus organisatorischen Gründen vom Land effizienter wahrgenommen werden können als von den Landkreisen und kreisfreien Städten“, Zitatende. Vielleicht sollten Sie endlich auch öffentlich eingestehen, dass Sie mit Ihrer Politik im Allgemeinen
Die Entscheidung, mit dem Aufgabenzuordnungsge- setz die Fischereiaufsicht auf die Landkreise und kreisfreien Städte zu übertragen, hat bei allen Betroffenen zu intensiven Diskussionen geführt. Die Fischer und Angler fühlten sich beim bisherigen Aufgabenträger, dem Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei, kurz LALLF, gut aufgehoben. Und die Landkreise und kreisfreien Städte sehen sich nicht in der Lage, mit der gleichen Effizienz wie das LALLF diese Aufgaben wahrzunehmen. Alle zwischenzeitlich diskutierten Modelle, die Aufgabenwahrnehmung trotz Aufgabenzuordnungsgesetz beim LALLF zu belassen, wie zum Beispiel Verwaltungsvereinbarungen, hätten neben rechtlichen Problemen zu mehr statt zu zu wenig Bürokratie geführt. Die gegenwärtige Situation ist insbesondere den vielen ehrenamtlichen Fischereiaufsehern nicht zuzumuten, die gewissermaßen in der Luft hängen.
Meine Damen und Herren, ein Unbekannter hat mal formuliert: Einen Fehler nicht zu korrigieren, heißt, einen neuen Fehler zu begehen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, der auch eine Änderung des Landesfischereigesetzes zur Folge hat, tragen wir der Realität Rechnung und wollen, dass folgende Aufgaben künftig wieder vom Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei als obere Behörde wahrgenommen werden: Durchführung der Fischereiaufsicht, Ausnahmegenehmigungen für das Errichten von Vorrichtungen in Binnengewässern sowie bei Fischaufstiegshilfen, Entgegennahme von Anzeigen nach Paragraf 5 Satz 1 des Landesfischereigesetzes.
Bitte stimmen Sie der Überweisung in die genannten Ausschüsse zu. – Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.