Protocol of the Session on May 29, 2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Ringguth, ich finde es gut, wenn Regierung und Koalition sich aus Vernunft revidieren und revidieren können. Aber es erklärt noch lange nicht die enormen Zeiträume, die das Gesetzvorhaben gebraucht hat.

Vor ziemlich genau einem Jahr beschlossen wir hier an dieser Stelle die erste Änderung des Aufgabenzuordnungsgesetzes. Damals wurde die Kommunalisierung der Aufgaben in den Bereichen des Emissionsschutzes und der Abfallwirtschaft zurückgenommen. Wir können uns alle noch daran erinnern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Stetiger Prozess.)

Schon damals war allen klar, dass weitere Teile des Aufgabenübertragungsgesetzes revidiert werden müssen, insbesondere – das war damals bekannt – bei der Gewährung von Elterngeld, bei der Durchführung der Schwerbehindertenfeststellung und bei der Fischereiaufsicht. Aber erst heute stehen wir endlich vor dem zweiten Gesetzentwurf, der einen weiteren Teil des Aufgabenzuordnungsgesetzes kassiert.

Es handelt sich also, um das etwas spitz zu formulieren, eigentlich um ein Aufgabenrückübertragungsgesetz

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

oder eben um ein Aufgabenrotationsgesetz, denn es ist ja schon einiges hin- und hergegangen.

Auch in einer gemeinsamen Sitzung von Finanz- und Innenausschuss zum Stand der Kreisgebiets- und Funktionalreform im Oktober 2012 wurde nochmals über den Reformbedarf des Aufgabenzuordnungsgesetzes beraten. Ich war noch zu diesem Zeitpunkt im Oktober davon ausgegangen, dass es sehr viel schneller vorangehen könnte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gut Ding will Weile haben.)

Ich frage die Landesregierung also: Warum dauerte es nun ein ganzes Jahr, um diesen längst überfälligen Gesetzentwurf vorzulegen? Die Landesregierung hätte der kommunalen Ebene acht Sonderverträge und mehrere Aufgabenhin- und -rückübertragungen ersparen können, wenn sie schneller und engagierter reagiert und regiert hätte. Die Situation hätte auch gänzlich vermieden werden können,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hätte, hätte, Fahrradkette.)

wenn von Anfang an auf die Betroffenen und Experten gehört worden wäre, denn schon 2009 warnten diese vor den entsprechenden Aufgabenübertragungen. Wenn auch spät, so bewegt sich die Landesregierung immerhin nun doch.

Wir GRÜNE werden daher den sinnvollen und überfälligen Gesetzesänderungen nicht im Wege stehen und stimmen der Überweisung in die Ausschüsse zu. Wir haben uns auch entsprechend der Bitte der kommunalen Spitzenverbände bereiterklärt, die Beratungen möglichst schnell vorzunehmen, damit der Gesetzentwurf bereits in der kommenden Junisitzung beschlossen werden kann. Eine erste Innenausschusssitzung, wie es Herr Müller bereits gesagt hatte, findet deshalb schon heute Abend statt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe im Sinne der Kreise und Kommunen auf eine schnelle und effektive Beratung. Möge sie nicht so lange dauern wie die Beratungen innerhalb der Landesregierung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ums Wort gebeten hat nun die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mich bei den Regierungsfraktionen dafür bedanken, dass sie den Gesetzentwurf für die heutige Sitzung eingebracht haben, und ich möchte mich auch bei den Abgeordneten und dem Vorsitzenden des Innenausschusses bedanken, dass klar ist, dass nach der Einbringung heute sofort eine Sondersitzung stattfindet. Damit kann das Gesetz am 1. Juli 2013 oder könnte das Gesetz am 1. Juli 2013 in Kraft treten.

So können wir Klarheit schaffen, Klarheit für drei Personengruppen, um die es mir vor allem geht, erstens die Menschen, die Frauen und Männer, die in unserem Land ein Recht darauf haben, dass sie die Schwerbehindertenausweise zügig und ordentlich bekommen, zweitens die Familien, die zu Recht auf das Elterngeld warten, und drittens auch Klarheit für unser Personal, unser Personal, was seit vielen Jahren genau diese Aufgaben, die Ausstellung der Schwerbehindertenausweise und auch die Berechnung des Elterngeldes, sorgfältig und mit guter Qualität erledigt, die seit einigen Jahren nicht wissen, wo sie denn eigentlich nun hinkommen. Es ist immer ein Hin und Her. Und ich finde, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesregierung es verdient haben, Klarheit zu bekommen, wenn wir von ihnen zu Recht erwarten, die Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gut zu erledigen.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Und deshalb ist es wichtig, dass wir heute diesen Gesetzentwurf auf den Weg bringen und dann die Fachausschüsse zügig beraten. Sicherlich kann man über viel diskutieren, Sie wissen ja, hätte, hätte. Aber man muss noch mal zurückblicken und sehen, es war immer der Wunsch der Kommunen, Aufgaben zu bekommen. Ich finde, dass die Aufgabe Elterngeld und Schwerbehindertenausweis eine Aufgabe ist, die da auch hingepasst hätte. Und die Kommunen waren auch offen dafür.

Herr Ritter hat hier zu Recht die Frage gestellt: Was haben Sie dafür getan, die Kommunen zu begleiten? Und an dieser Stelle darf ich Ihnen sagen, Herr Ritter, in zahlreichen Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern

der Landkreise, kreisfreien Städte und der kommunalen Landesverbände haben wir gemeinsam versucht, und es war immer ein Gemeinsam, den Aufgabenübergang reibungslos zu bewerkstelligen.

Gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Gesundheit und Soziales unter dem Direktor Herrn Dr. Will waren sehr bemüht, diese Aufgaben, die sie ja nun selbst seit vielen Jahren gut gemacht haben, sozusagen verantwortungsvoll zu übergeben, denn wir wissen, dass es gerade hier Bürgerinnen und Bürger gibt, die auch diese Unterstützung Schwerbehindertenausweis, Elterngeld brauchen. Allerdings wurde schnell deutlich, dass die Aufgaben der Gewährung von Elterngeld aus organisatorischen Gründen, insbesondere was aber den Bereich der elektronischen Datenverarbeitung angeht, vom Land effizienter wahrgenommen werden können als von den Landkreisen und kreisfreien Städten.

Ein Beispiel: Die Gewährung von Elterngeld durch die Landkreise und kreisfreien Städte wäre nur sinnvoll, wenn vonseiten des Landesamtes für Gesundheit und Soziales eine IT-Kopfstelle eingerichtet wird. Dafür müsste ein landesweit einheitliches IT-Verfahren eingerichtet, gepflegt und den Landkreisen auch zur Verfügung gestellt werden und diese wiederum gesetzlich dazu verpflichtet werden, das einheitliche IT-Verfahren anzuwenden. Dass ein solcher Eingriff in die kommunale Orga- nisationshoheit alle Erwartungen hinsichtlich einer Steigerung der Effizienz der Aufgabenwahrnehmung mit einem Schlag zunichtemachen würde, liegt auf der Hand.

Die Kommunen haben, glaube ich, hauptsächlich eine andere große Aufgabe, die sie natürlich zunächst als Allererstes bewältigen müssen, bevor neue Aufgaben auf sie zukommen, nämlich die wirklich große Herausforderung der Neuordnung der Landkreise. Und ich kann nur sagen als Ministerin, die weiß, was es heißt, wenn man eine nachgeordnete Behörde zusammenführt, die weiß, was es heißt, wenn man schon einzelne Abteilungen in einem Haus zusammenführt, ich kann mir gut vorstellen, unter welchen Herausforderungen die Landkreise stehen, die vielen neuen Regionen, aber vor allem auch die vielen Verwaltungsbereiche zusammenzuführen. Wenn man allein an die Mecklenburgische Seenplatte mit mehreren Standorten und Tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern denkt, kann man sich das vorstellen.

Und wir haben erlebt, dass gerade die Grundaufgaben, die bisher die Kommunen sehr gut erfüllt haben, wie zum Beispiel der Kinderschutz, auf einmal vor neuen Herausforderungen standen, auch das haben wir als Haus mit begleitet. Und ich glaube, dass wir vielleicht bei der Funktionalreform und auch Verwaltungsreform unterschätzt haben, dass die Uraufgabe, die neuen Regionen zusammenzuführen und damit auch die neuen Verwaltungen, dass das schon eine Herkulesaufgabe ist, vor der jeder Landrat, jede Landrätin steht, und vor der wir auch großen Respekt haben müssen.

Insofern kann ich sehr gut damit leben, dass man sagt, lasst uns doch die Kraft und Energie und auch die Ressourcen nutzen, diese Aufgabe richtig zu machen, bevor es jetzt noch zusätzliche Aufgaben on top gibt. Und deswegen habe ich mich sofort bereiterklärt, bereits schon zum Juni des vergangenen Jahres, als klar wurde, die Kommunen können diese zusätzliche Aufgabe nicht jetzt auch noch wuppen, diese Aufgaben fortzuführen, und dazu waren diese Geschäftsversorgungsverträge not

wendig. Das hat rechtliche Gründe und auch das haben wir Hand in Hand mit den Kommunen gemacht. Von mir stand immer das Angebot, wenn beide kommunalen Ebenen, die Landkreise und kreisfreien Städte – denn die haben hier ja auch ein Wörtchen mitzureden –, eindeutig und gemeinsam der Landesregierung sagen, verbindlich, wir stehen dazu, wir würden gern, dass die Aufgaben wieder zurückgehen, dann werden wir das auch unterstützen.

Das haben dann die Landkreise und kreisfreien Städte auch über ihre kommunalen Landesverbände signalisiert beim Gipfeltreffen des Ministerpräsidenten. Mit der kommunalen Familie haben sie sich übereinstimmend dafür ausgesprochen, die Paragrafen 17 und 19 des Aufgabenzuordnungsgesetzes aufzuheben, und sie haben ja alle auch Briefe bekommen, die zeigen, dass wir uns hier mit der kommunalen Familie einig sind.

Am Ende bin ich auch dem Innenminister dankbar, dass er hier ganz klar sagt, okay, wenn das so ist, dann machen wir das so, denn Politik hat eine Verantwortung, eine ganz besondere, und zwar die, die Entscheidungen, die man getroffen hat, gelegentlich zu überprüfen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Und wenn wir dann dahinkommen, gemeinsam sogar, kommunale und Landesebene, es wäre sinnvoll, wenn wir es doch anders machen, dann sollten wir das so schnell wie möglich machen und nicht lange überlegen, wer hat denn jetzt hier irgendwie Gesicht verloren. Darauf kommt es nicht an.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es geht um die Bürgerinnen und Bürger, die das Recht haben auf die Schwerbehindertenausweise, das Recht haben, das Elterngeld pünktlich zu bekommen, und noch mal, das ist mir genauso wichtig, es geht auch um unser eigenes Personal, was irgendwann Sicherheit haben muss, wo geht die Reise hin.

Und deshalb freue ich mich, dass wir heute diesen Gesetzentwurf einbringen, danke allen, die bereit sind, das zügig auf den Weg zu bringen, und hoffe, dass wir dann gemeinsam hier im Landtag zum 1. Juli dieses Jahres schnell die Klarheit schaffen, die wir brauchen für die Menschen in unserem Land. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Ums Wort gebeten hat nun der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich bedanken bei den Koalitionsfraktionen für die Einbringung, denn im Vergleich zu dem, was die Sozialministerin eben vorgetragen hat, ist in Mecklenburg-Vorpommern die Fischereiaufsicht ehrenamtlich organisiert im Binnenland. An der Küste wird das durch das Land sowieso gemacht durch hauptamtliche Fischereiaufseher. Im Binnenland hatten wir vor der Aufgaben

übertragung 575 ehrenamtliche Fischereiaufseher, die in einer hervorragenden Weise die Fischereiaufsicht vorgenommen haben. Das Land hatte in der Vergangenheit die Koordinierung im LALLF und es war unstrittig, dass das hervorragend abgewickelt worden ist. Im Zusammenhang mit der Aufgabenübertragung gab es dann die Forderung, soweit es geht, Aufgaben zu kommunalisieren. Da ist auch diese Aufgabe mit aufgenommen worden.

Ich habe seinerzeit schon meine Bedenken deutlich gemacht. Wir nehmen das heute zur Kenntnis und das ist eigentlich etwas, wo ich sage, jawohl, man muss Fehler erkennen und man muss dann auch bereit sein, schnell Konsequenzen zu ziehen. Deswegen bin ich wirklich sehr dankbar, weil ich zur Kenntnis nehme, dass ein Großteil der 575 ehrenamtlichen Fischereiaufseher aufgrund der Nichtanleitung durch die Landkreise ihre Aufgabe niedergelegt haben.

Wir gehen davon aus, dass wir nur noch 250 ehrenamtliche Aufseher haben, und damit muss man auch feststellen, dass die Fischereiaufsicht im Binnenland nicht mehr gesichert ist. Was das im Übrigen bedeutet für den Artenschutz, aber auch gegen Fischwilderei, will ich hier nicht näher erläutern, aber wir haben zunehmend Hinweise darauf, dass Fischwilderei in MecklenburgVorpommern in Größenordnungen stattfindet und damit das Angelparadies oder das Naturparadies MecklenburgVorpommern durch kriminelle Machenschaften wirklich in Mitleidenschaft gezogen wird.

Und deswegen bin ich im Übrigen auch dem Landkreistag dankbar, dass er ganz klar sich geäußert hat, dass er die Aufgabe, die ihm übertragen worden ist als auch dem Städte- und Gemeindetag, dass sie beide ganz klar geäußert haben, dass sie der Auffassung sind, dass es richtig ist, diese Aufgabe rückzuübertragen und letzten Endes damit die Landeskoordinierung wieder vorzunehmen. Wir werden alles daransetzen, dieses dann auch sehr schnell umzusetzen, und ich wünsche mir sehr, dass damit schnell wieder die Motivation im Ehrenamt in diesem Bereich zunimmt.

Wir werden alles dafür tun, dass diese sehr gute Zusammenarbeit auch mit den Verbänden, mit den, wenn man es so will, Naturschutzverbänden, aber ganz besonders auch mit dem Landesanglerverband wieder auf das Niveau gestellt wird, wie es vorher war. Ich wünsche mir sehr, dass das dann auch schnell in die Umsetzung gelangt. Insofern freue ich mich auf die Ausschussberatungen und wünsche mir ein gutes Ende dieses Gesetzgebungsverfahrens. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Heinz Müller.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Ritter hat meinen Beitrag, was die Form angeht, gelobt. Herzlichen Dank dafür! Aber Sie haben gleichzeitig gesagt, ich rede eine Fehlleistung der Landesregierung oder der Landespolitik schön. Und in ähnlicher Weise, nicht im gleichen Wortlaut, aber von der gleichen Stoßrichtung her, hat der Kollege Saalfeld argumentiert, wenn er, ich zitiere nicht wörtlich, aber dem Sinne nach, sagt, na ja, hätte man

eigentlich von Anfang an vermeiden können, diesen Fehler.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)