Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will Sie nicht mit noch mehr Einzelheiten quälen, was dieses Thema angeht, aber eins ist mir schon wichtig: Das Thema Hebammen hat uns in der vergangenen Legislaturperiode natürlich hier immer wieder beschäftigt. Wir haben dazu Anhörungen gemacht mit den entscheidenden Verbänden und man muss sagen, ein Ruhmesblatt der Bundespolitik ist diese ganze Geschichte nicht. Das gestehe ich auch gerne zu. Und Hebammen sind nun, wir haben zwar das Gefühl, sie sind besonders laut, aber keine besonders starke Lobby, das muss man ganz deutlich sagen. Und manchmal beschleicht mich so ein bisschen das Gefühl, bei dem Thema Selbstverwaltung ist man sehr schnell geneigt, wenn der Marburger Bund auf den Bäumen steht, da in der Selbstverwaltung einzuknicken, weil man natürlich weiß, welche Wirkungen das hat, wenn Ärzte irgendwo streiken.
Und das geht den Pflegenden, das haben wir ja gestern auch immer wieder gehört, genauso. Und insofern stellt sich natürlich auch die Frage: Wie sollen sich Hebammen da eigentlich zur Wehr setzen bei der so viel gelobten und hochgelobten Selbstverwaltung? Ich glaube, dass wir über kurz oder lang bei diesem Thema jedenfalls nicht um einen Haftungsfonds herumkommen. Das haben die LINKEN aus meiner Sicht richtig erkannt und auch der Antrag der GRÜNEN geht bei dem Thema in die richtige Richtung.
Und die Frage, die sich da stellt, ist natürlich: Was können wir eigentlich als Landesregierung, was kann der Landtag eigentlich tun, um die Hebammen bei ihrem Ansinnen zu unterstützen? Und ich kann Ihnen sagen, in der Region, in der ich lebe, das kam ja durch das IGESGutachten jetzt auch zutage, da haben in den vergangenen anderthalb Jahren diverse Hebammen ihre Freiberuflichkeit eingestellt.
Und da muss man sich mal die Frage stellen: Wo kommen wir da eigentlich hin, wenn eine angestellte Hebamme – das wissen die zum großen Teil gar nicht – durch ihren Arbeitgeber nicht ausreichend versichert wird? Und diese Schadensfälle hat es in der Bundesrepublik Deutschland schon gegeben. Da werden dann Versicherungsprämien eingezogen und dann sagt man, der Schadensfall, der kann locker 4/5 Millionen kosten. Und das ist ja klar bei einem neugeborenen Kind, was einen hinterher nachgewiesenen Schaden durch die Geburt hat, das kostet richtig Geld und da sind 2 oder 3 Millionen natürlich nicht viel Geld. Und da muss man die Frage beantworten: Wieso steht dann eine angestellte Hebamme eigentlich in der privaten Haftung?
Und ich glaube schon, die Träger der Krankenhäuser, jedenfalls nehme ich das so wahr, gehören nicht unbedingt zu den Notleidenden. Wie man so was vereinbaren kann, das muss auch noch mal kritisch in der öffentlichen Debatte hinterfragt werden, denn da können Hebammen
nicht einfach einen Ausfallschritt machen und sagen, also die versichern sie nicht genug. Bei Ärzten, denke ich, macht man das auch und auch die Krankenschwestern sind ausreichend versichert. Also das sind alles Probleme, die die Hebammen in diesen Fragen bewegen.
Und ein wichtiges Thema noch, das, denke ich, ist auch ein gesellschaftliches Problem: Warum ist das so, dass die Kaiserschnittraten immer weiter steigen? Warum ist das so?
Da könnte ich jetzt böswillig sein und sagen, wahrscheinlich lohnt sich das abrechnungstechnisch für die Träger der großen Krankenhäuser mehr. Aber so leicht will ich mir das gar nicht machen. Vielleicht entrückt unsere Gesellschaft auch immer weiter von dem eigentlich natürlichen Geburtsvorgang.
Das sind alles Themen, die gehören auch immer wieder auf die politische Tagesordnung, und insofern – und meine Damen und Herren von den GRÜNEN, das werden Sie von mir nicht so oft hören – bin ich Ihnen auch dankbar, dass Sie diesen Antrag hier gestellt haben, weil das immer wieder die Möglichkeit gibt, auch noch mal deutlich zu machen, dass es hier tatsächlich ein Ungleichgewicht auch in der öffentlichen Wahrnehmung gibt, wenn es um dieses Thema geht.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, da es ja immer dieses Spiel zwischen Regierung und Opposition gibt und man natürlich immer sagen kann, es gibt aus dem einen Antrag das Richtige und aus dem an- derem Antrag – und ich habe sogar schon auch eingestanden bei den LINKEN, der Haftungsfonds, wahrscheinlich kommen wir irgendwann auf bundespolitischer Ebene gar nicht drum herum, einen einzurichten –, bitte ich Sie sehr um die Zustimmung zum Änderungsantrag der CDU und der SPD, denn alle Anträge und alle Redner, die bis jetzt hier vorne waren, gehen eigentlich in die gleiche Richtung. Und ich glaube, es wäre ein gutes Signal, wenn dieses Parlament sich darauf verständigen könnte zu sagen, jawohl, wir stehen hinter den Hebammen. Das würde dort auch sehr schnell die Runde machen. Ich nehme auch an, dass die GRÜNEN das mit dementsprechender öffentlicher Wirkung dort kundtun würden. Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir diesen Änderungsantrag von CDU und SPD mit einer großen Mehrheit hier heute verabschieden könnten. – Vielen Dank.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Der Frauenschläger redet zu dem Thema, ich fass‘ es nicht, ich fasse es echt nicht!)
Die Fraktion der GRÜNEN hat uns hier einen ausführlich begründeten Antrag vorgelegt mit dem Ziel, die Sicherung der Versorgung durch Hebammen sicherzustellen. Insgesamt wärmt der Antrag der GRÜNEN jedoch nur die Aussprachen der 5. Legislaturperiode hier im Landtag auf, aber zu Recht, denn die Situation für Hebammen hat sich in den letzten zwei Jahren weiter gravierend verschlechtert und die Existenzbedrohung ist für viele Hebammen weiterhin gegeben. Ursächlich verantwortlich sind die Rahmenbedingungen. Und aus Sicht der NPDFraktion ist der Hauptgrund bei der politischen Klasse zu suchen, hat diese doch in den vergangenen 20 Jahren absolut die Gestaltungsfähigkeit aus der Hand gegeben und heute bejammert die politische Ebene generell jene Zustände, die sie selbst zu verantworten hat.
Oder: In welchem Bereich kann die Politik heutzutage für die Bürger im Land noch direkt eingreifen, wenn etwas aus den Fugen gerät? Die Hebammen sind heute dem angeblich so freien Wettbewerb fast hilflos ausgeliefert. Wie und womit sollen sie sich dem hier unzumutbaren Vorhaben der Kassen und der Berufshaftpflichtversicherung zur Wehr setzen? Zwar erklärten sich die gesetzlichen Krankenkassen gnädigerweise nun bereit, für den erheblich gestiegenen Berufshaftpflichtversicherungsbeitrag aufzukommen. Ihnen müsste aber auch bekannt sein, dass lediglich der zum 1. Juli erhobene Mehrbeitrag übernommen wird. Sicherlich handelt es sich hierbei um rund 550 Euro jährlich, allerdings ist von Hebammen weiterhin der Hauptbeitrag von 3.700 Euro zu tragen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich gerne daran, dass der Jahresbeitrag vor etwa 20 Jahren noch lediglich 250 Euro betrug. Allein in den letzten zwei Jahren hat sich die Prämie fast verdoppelt. Und wenn dann noch berücksichtigt wird, dass der durchschnittliche Stundenlohn einer Hebamme gegenwärtig etwa 7,50 Euro beträgt, dann wird langsam die Politik zum Spielball der Kassen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass zum Beispiel in Vorpommern mehrere Hebammen die Geburtshilfe einstellen mussten. Stattdessen sind sie nun nur noch in der Vorsorge und in der Wochenbettbetreuung tätig.
Das Interesse an der Ausbildung zur Hebamme hier im Land ist dennoch riesengroß. Es wird endlich Zeit, dass diesem Beruf nicht nur die gesellschaftliche Anerkennung zukommt, sondern die Tätigkeit auch auskommend entlohnt wird. Und in diesem Zusammenhang ist zu sagen, die Selbstverwaltung, die hier immer beschworen wird, hat sich schon lange überlebt. Es ist an der Zeit, dass die Politik das Heft des Handelns endlich wieder in die Hand nimmt.
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben das ja eben schon mitbekommen, wie rege wir an unserem Tisch diskutiert haben, denn es ist etwas passiert, was bislang so noch nicht passiert ist: Die Regierung nimmt einen Antrag von ihnen auf oder von uns auf
und stellt, oder von unserer Fraktion – das habe ich jetzt gesagt, doch, Fraktion –, und gesteht ein,
dass gerade die Situation der Hebammen in unserem Bundesland prekär ist. Ich möchte dennoch einige Ausführungen machen zu der Debatte, die jetzt eben geführt wurde, und werde dann am Ende mitteilen, wie wir heute stimmen werden.
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, jetzt machen Sie es spannend hier! – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist aber spannend jetzt.)
Ja, natürlich, damit die Anspannung jetzt zum Ende der Sitzung heute noch ein bisschen ansteigen kann.
Herr Barlen hatte darauf hingewiesen, dass es die öffentliche Anhörung gab, und auch Frau Schwesig und alle Vorrednerinnen und Vorredner sind darauf eingegangen, dass die Hebammenproblematik schon seit Jahren ein Thema ist. Dennoch ist die Situation nicht befriedigend und ich möchte hier noch einmal einige Punkte zusammenfassen, und zwar:
Erstens. Es geht um eine grundlegende Bestandsaufnahme und um eine Dokumentation zur Situation der Hebammen. Wir brauchen eine systematische umfassende Datenerhebung zur Situation der Hebammen, insbesondere hinsichtlich der regionalen Verteilung der Arbeitsbelastung inklusive Wegezeiten sowie der fachlichen Einsatzgebiete. Wir brauchen diese Statistik für Mecklenburg-Vorpommern, aber auch für den Bund. Wir brauchen diese Statistik, um zu identifizieren, welche Bereiche – fachlich wie geografisch – wie abgedeckt werden, und um auf Fehlentwicklungen, Unterversorgung gezielt reagieren zu können. Und wir brauchen in diesem Kontext auch eine Klärung der Frage, weshalb ein großer Teil der für das IGES-Gutachten befragten angestellten Hebammen angegeben hat, die Kosten für die Haftpflichtversicherung selbst zu tragen. Es geht nicht darum, ob sie das tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition. Das ist im Gutachten ja schon thematisiert. Es geht um die Gründe, denn daraus ergeben sich dann mögliche Handlungsschritte.
Zweitens. Die in den vergangenen Jahren eklatant gestiegenen Haftpflichtversicherungsbeiträge betragen bis zu zwei Drittel des erwirtschafteten Einkommens der Hebammen. Das bedroht die wirtschaftliche Existenz des Berufszweigs, vor allem die der freiberuflichen Hebammen, die noch klassische Geburtshilfe anbieten. Die gesetzlichen Krankenkassen haben sich im Juli dieses Jahres bereit erklärt, für den gestiegenen Beitrag zur Berufshaftpflichtversicherung aufzukommen, allerdings übernehmen sie lediglich den Differenzbetrag zwischen den 3.650 Euro Jahresprämie, die bis 30. Juni zu zahlen waren, und dem seitdem fälligen Betrag von 4.200 Euro – eine finanzielle Entlastung von 550 Euro. Das kann nicht das Ende der Fahnenstange sein, das ist lediglich eine Teileinigung. Hinsichtlich möglicher Lösungen für die Problematik der hohen Berufshaftpflichtprämien wollen wir uns hier gar nicht anmaßen, ein Allheilmittel zu kennen, meine Damen und Herren, schließlich wird die Frage, wie gesagt, seit Jahren diskutiert. Nur so viel an dieser Stelle.
Was eine Fondslösung betrifft, stellen sich mir zunächst noch einige fachliche Fragen, nämlich: Wie gestaltet sich die Finanzierung? Wer zahlt sie? Wie viel, ab wann? Gegebenenfalls auch rückwirkend? Und ganz wichtig: Wie würde sichergestellt, dass bereits von Anfang an das Fondskapital zur Kostendeckung eventueller Schäden ausreicht? Ohne plausible Antworten kann es meines Erachtens keine einseitige Festlegung auf ein Model geben.
Ich komme zum dritten Kernpunkt unseres Antrages, der nach wie vor unbefriedigenden Honorarsituation der Hebammen. Eine angemessene Bezahlung der qualifizierten Hebammenbetreuung im Interesse der Gesundheit von Müttern und Kindern ist unverzichtbar. Dass die Landesregierung keinen unmittelbaren Einfluss auf die Honorarfestsetzung nehmen kann, ist uns allen bewusst. Aber wir wissen auch alle um die politischen Einflussmöglichkeiten. Frau Schwesig hat das gestern im Hinblick auf die häusliche Krankenpflege ja auch entsprechend formuliert. Und innerhalb dieses Spielraumes erwarten wir auch von der Landesregierung eine klare Positionierung und eine politische Begleitung des Prozesses.
Die Debatte um den Mindestlohn von 10 Euro, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, ist hier nicht das Thema. Das hatten wir gestern, das hören wir demnächst auch wieder im Sozialausschuss. Es ist ja auch ein wichtiges Thema, aber es passt nicht immer und überall.
Wir, die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, senden mit unserem Antrag eine klare Botschaft. Wir wollen die Versorgung der Hebammen und die Versorgung durch Hebammen sichern. Und deshalb, meine sehr verehrten Abgeordneten, werden wir dem Änderungsantrag der LINKEN-Fraktion nicht zustimmen aus den benannten Gründen. Dem Änderungsantrag der Regierungskoalition werden wir zustimmen,
so auf uns zukommt und das Problem erkennt, halten wir es doch für gegeben, dann auch ein Zeichen zu setzen, dass wir hier gemeinsam dieses Thema aufgreifen und bundesweit die Situation der Hebammen und insbesondere auch der zukünftigen und jetzt werdenden Mütter verbessern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
nicht das erste Mal in aller Ernsthaftigkeit fraktionsübergreifend mit der Situation der Hebammen in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigen. Und da die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eben signalisiert hat, dass sie dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen beitritt, folgt daraus, dass sich der Änderungsantrag meiner Fraktion erledigt hat,
weil über den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, weil weitergehend, wird zuerst abgestimmt und die Punkte 2 und 3 unseres Antrages sind damit hinfällig.
Wir werden aber dennoch auch dann dem geänderten Antrag unsere Zustimmung geben. Und ich sage das deshalb hier auch in aller Deutlichkeit, um einer eventuellen Legendenbildung dann wieder vorzubeugen,