Der Europa- und Rechtsausschuss – und dafür bin ich ausdrücklich den Mitgliedern des Europa- und Rechtsausschusses noch mal dankbar – hatte vor Kurzem auf Initiative der FDP-Fraktion eine Anhörung zu dem Thema Google Street View durchgeführt. Dazu war auch das Unternehmen Google ausdrücklich eingeladen worden, meine Damen und Herren. Allerdings, und mein Kollege hatte mich da vertreten, hatte man nur wenige Stunden vorher seine Teilnahme abgesagt. Und ich denke, das ist schon durchaus bezeichnend, meine Damen und Herren.
Und zufälligerweise war es genau der Tag, an dem die Sammelwut von Google in Sachen WLAN-Netze öffentlich wurde, meine Damen und Herren.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Landesregierung zu dem Thema Street View frühzeitig ein entsprechendes Problembewusstsein entwickelt hätte. Dies ist offensichtlich bis zum heutigen Tage nicht der Fall. Deshalb geht es jetzt darum, im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Videokameras durch Landes- oder Kommunalbehörden Klarheit zu erzielen und gegebenenfalls auch Abhilfe zu schaffen, denn dies liegt unmittelbar im Einfluss unseres Landes. Im weiteren Fortgang wird man dann konsequenterweise auch um die Frage nicht herumkommen, ob eigentlich der Einsatz jeder einzelnen Videokamera notwendig ist und den erhofften positiven Effekt erzielen kann.
Der niedersächsische Datenschutzbeauftragte wird dazu folgendermaßen zitiert: „Nach Ansicht von Wissenschaftlern ist es sehr fraglich, ob Überwachungstechnik den Alltag sicherer macht oder ob es sich bei Überwachungstechnik nicht vielmehr um symbolische Installationen handelt, die Sicherheit demonstrieren sollen und bestenfalls im Nachhinein in Einzelfällen zur Aufklärung von Straftaten geeignet sind“, meine Damen und Herren.
Ich habe zu Beginn meiner Rede auf die festgestellte Mängelquote von 99 Prozent hingewiesen. Und ich will noch mal betonen, es geht hier um 99 Prozent der überwachten und kontrollierten,
durch den niedersächsischen Datenschutzbeauftragten kontrollierten Landes- und Kommunalkameras, die angebracht worden sind. Wenn man sich diese genauere Anzahl der Untersuchungen ansieht, dann sah es in Niedersachsen folgendermaßen aus. Es wurden hier Einzelbereiche überprüft, einmal in den Ministerien, in der Staatskanzlei, Mängelquote 100 Prozent, meine Damen und Herren. Es wurden vier Landesbehörden überprüft, Mängelquote 100 Prozent.
Es wurde die Justiz überprüft, Mängelquote 100 Prozent. Es wurde die Polizei überprüft, Mängelquote sage und schreibe 96 Prozent. Und es wurden 34 Kommunen überprüft, Mängelquote 100 Prozent, meine Damen und Herren. Im Umkehrschluss heißt das aus unserer Sicht: Mit Ausnahme des Bereichs Polizei gab es in den anderen Bereichen keinen Kamerabetrieb, keinen öffentlichen Kamerabetrieb in Niedersachsen ohne Mängel, meine Damen und Herren.
Die vier in Niedersachsen untersuchten Landesbehörden betreiben nach deren Aussage derzeit 250 Kameras. 2001 waren es übrigens 43, damit wir auch mal einfach überlegen, in welchem Spannungsfeld wir uns bewegen. 2001 gab es noch 43 Kameras, heute reden wir über 250 Kameras. Von diesen 250 Videokameras kann man bei knapp zehn Prozent Bilder ins Internet stellen und damit jedermann zugänglich machen. Also auch das müssen wir uns verinnerlichen. Man hat offensichtlich Zugang von außen in öffentliche Videokameras gehabt. Im Bereich der dortigen Justiz und der Polizei gab es je zwei Kameras beziehungsweise Kamerakabel und Aufzeichnungsgeräte, an die auch Unbefugte gelangen konnten.
Meine Damen und Herren, die Ergebnisse aus Niedersachsen sind eindeutig, aus unserer Sicht zu eindeutig. Daraus ergibt sich unsere ganz klare Forderung: Wir wollen Klarheit im Umgang mit Videokameras in Landes- und Kommunalbehörden in Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren.
Nur ein sachgerechter und rechtskonformer Umgang mit dieser Technik bietet die Gewähr für einen verfassungsgemäßen Einsatz, nämlich dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung, den wir für uns als Liberale, für uns als FDP-Fraktion hier im Landtag nach wie vor als Grundsatz verfassungsmäßig anerkennen, meine Damen und Herren.
Wir haben zu unserem Antrag einen Änderungsantrag der LINKEN, der noch ein Stück weit darüber hinausgeht und konkretisiert, nämlich ganz klar sagt, dass wir bis zum 31. August 2010 hier eine Forderung aufstellen, die sehr ambitioniert ist, aber die durch uns ganz klar unterstützt wird.
Und ich will es noch einmal ganz klar formulieren, denn es könnte ja jetzt die Diskussion entstehen, dass wir wieder ähnlich, wie wir mit dem Rechnungshof praktizieren wollen, den Landesdatenschutzbeauftragten auffordern wollen. Nein, ich will es hier noch mal ganz klar und deutlich sagen: Wir empfehlen uns als Plenum heute, diese Überprüfung, die in Niedersachsen ganz automatisch durch den niedersächsischen Landesdatenschutzbeauftragten übernommen worden ist, auch hier in Mecklenburg-Vorpommern an unseren Landesbeauftragten für Datenschutz zu empfehlen. Und dafür biete ich Ihnen hier heute diesen Antrag an und ich hoffe auf Ihre Unterstützung. Den Antrag der LINKEN werden wir natürlich übernehmen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag wird Bezug auf ein Ersuchen des niedersächsischen Beauftragten für den Datenschutz genommen. Dieser hat, wie wir gehört haben, einen Großteil der Landesbehörden und 34 Kommunen abgefragt. Unter anderem wurden untersucht Standorte von Videokameras an Straßen und Plätzen, die zur Gebäudesicherung eingesetzt sind in Schulen, Badeanstalten, Museen. Und danach verstoßen, Sie haben es gesagt, viele niedersächsische Behörden und Kommunen beim Betrieb von Videokameras gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Es war die erste Erhebung und Kontrolle dieses Umfangs in Niedersachsen.
Hinzufügen möchte ich: Nach meiner Kenntnis verständigen sich die Landesdatenschutzbeauftragten einmal im Jahr, schwerpunktmäßig in einem Land bestimmte Dinge zu tun. Und Niedersachsen war hier schwerpunktmäßig für dieses Thema zuständig. Nicht Bestandteil dieser Erhebung über öffentliche Videoüberwachungsanlagen waren unter anderem folgende Bereiche: rund Tausend weitere Kommunen, Eigenbetriebe der Kommunen, Hochschulen und Universitäten, Hafenämter, Einsatz von Polizeikameras bei Versammlungen, öffentlichen Veran
Die FDP scheint davon auszugehen, und das hat der Kollege Leonhard auch ganz deutlich gesagt, dass die Ergebnisse der Untersuchungen in Niedersachsen Rückschlüsse auf die Situation in unserem Land zuließen, und es gebe Anlass, die entsprechenden Behörden in Mecklenburg-Vorpommern einer umfassenden Prüfung zu unterziehen.
Ich halte die beantragte Empfehlung des Landtages an den Landesbeauftragten für den Datenschutz weder für angemessen noch für gerechtfertigt. Offensichtlich wollen Sie, und Ihr Redebeitrag ließ das so ein bisschen in die Richtung zu, so ziemlich sämtliche kommunalen Landesbehörden untersucht haben. Bei allem Respekt vor dem Ansinnen, und Sie wissen, dass die SPD auch sehr kritisch bei der Videoüberwachung ist, das geht ganz einfach nicht. Wenn Sie die Stellensituation bei unserem Landesdatenschutzbeauftragten sehen, dann müsste er, wenn er jetzt beauftragt wäre, selbst mit der Verlängerung bis August, sich von wesentlich anderen Aufgaben trennen und nur dieses tun. Und dass das jetzt geboten ist, das glauben wir jedenfalls nicht.
Und es ändert nichts daran, dass die Landesregierung in ihren Zuständigkeitsbereichen zuständig ist für die gesetzliche und datenschutzrechtlich konforme Aufstellung von Videokameras. Insofern kann ich an dieser Stelle auch die Landesregierung nur einfach mal bitten, sich die Untersuchungen in Niedersachsen noch einmal zu Gemüte zu führen, falls das noch nicht geschehen ist, und in den eigenen Ministerien und Zuständigkeitsbereichen zu schauen, ob es möglicherweise Hinweise auf Parallelen gibt. Das ist auf alle Fälle leistbar.
Was der Landesdatenschutzbeauftragte machen kann, ist, beispielhaft in den jeweiligen Jahresberichten auf einige Fälle einzugehen. Das tut er. Dazu wird allerdings mein Kollege Lenz etwas sagen und ich möchte an dieser Stelle dann schon aufhören. Der Landesdatenschutzbeauftragte sollte bei der bisherigen Praxis bleiben.
Sollte es von der FDP konkrete Hinweise geben, sind wir natürlich als SPD-Fraktion auch jederzeit bereit, dem konsequent nachzugehen. Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat ein Thema aufgegriffen, das kürzlich in Niedersachsen für Schlagzeilen sorgte. Der Kollege Leonhard hat das hier dargestellt, dass dort 99 Prozent aller Überwachungskameras an öffentlichen Gebäuden von Ministerien, Landes- und Kommunalverwaltungen, Polizei oder Justiz nach Auffassung des dortigen Datenschutzbeauftragten gegen die geltenden Bestimmungen des Datenschutzes verstoßen haben.
Ein derart hoher Anteil von Rechtsverstößen hat selbstverständlich zu Recht für einen Aufschrei in der Öffentlichkeit gesorgt. Die Presse hat ausführlich darüber berichtet. Und wenn man sich die wesentlichen Verstöße einmal im Einzelnen anschaut, ist das auch kein Wunder.
So erlaubten doch viele Kameras den Blick in Wohnungen, in Seniorenheime, in Hotels, in Büros, in Arztpraxen und Krankenhäuser sowie in Hallenbadumkleidekabinenbereiche. JVA-Insassinnen und -insassen wurden in besonders gesicherten Hafträumen bei der Benutzung der Toilette videoüberwacht. Auf zahlreiche Polizeikameras hatten auch andere Behörden und Firmen Zugriff, die mitunter die Kamerabilder sogar ins Internet stellten. Einige Kameras und Aufzeichnungsgeräte waren ohne Probleme für Unbefugte zugänglich und leicht manipulierbar. So weit nur einige Ausführungen des niedersächsischen Datenschutzbeauftragten.
Und da, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellt sich schon die Frage, ob wir in Mecklenburg-Vorpommern nicht auch ähnliche Verhältnisse haben, und ich glaube, es ist berechtigt, dass dieses Thema hier im Landtag auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Hilft uns deswegen der FDP-Antrag weiter? Ich glaube, nur einen Teil, denn nur auf den ersten Blick ist der Antrag zielführend. Dass der Datenschutzbeauftragte mit einer Empfehlung des Parlaments in die Spur geschickt werden soll, mag zwar gut klingen, ist aber nicht die Lösung des Problems, denn zum einen übersieht die FDP, dass der Datenschutzbeauftragte ohnehin den Landtag regelmäßig in seinen Tätigkeitsberichten über wichtige Belange informiert, auch zum Thema Videoüberwachung. So findet sich das Stichwort Videoüberwachung in seinem letzten Bericht über 50-mal. Hinzu kommt, dass der Neunte Tätigkeitsbericht unmittelbar bevorsteht. Insofern bedarf es hier heute eigentlich keiner gesonderten Aufforderung an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viel entscheidender ist deshalb, dass nicht der Datenschutzbeauftragte, sondern die Landesregierung am Zug ist. Deshalb, Herr Dankert, stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, denn allein eine Bitte von dieser Stelle aus an die Landesregierung gerichtet hilft offenbar nicht weiter, denn wenn nicht mal Sie als regierungstragende Fraktionen wissen, ob sich die Regierung schon auf den Weg gemacht hat, um die Zustände in unserem Land zu überprüfen, ist das ein hilfloses Zeichen Ihres Agierens.
Denn die Ministerien üben als Rechtsaufsichtsbehörden in ihren jeweiligen Geschäftsbereichen auch eine Kontrollfunktion im Hinblick auf die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen aus. Es ist also vielmehr nahe liegend, etwa vom Bildungsministerium zu erfahren, wie die Situation an den Schulen unseres Landes ist, vom Justizministerium Ausführungen zu den JVA oder Gerichten zu erfahren, vom Finanzministerium von den Finanzämtern oder vom Innenministerium zu der Praxis in den Kommunen und, und, und. Diese Erhebung, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann der Landesbeauftragte für den Datenschutz mit seinen, sagen wir mal, überschaubaren personellen Ressourcen im Übrigen kaum leisten, die Landesregierung jedoch schon. Und vor allem: Es ist die Aufgabe der Landesregierung, so etwas zu tun.
Zuletzt ist auch der Berichtszeitraum 31. Dezember 2010 meiner Auffassung nach zu lang bemessen. Bei einer solchen Situation sollte sich die Regierung schnell auf den Weg machen und das Parlament zügig informieren.
Ziel sollte es sein, den Bericht über die Praxis der Videoüberwachung zusammen mit dem Neunten Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten zu beraten. Dieser wird den Landtag aller Voraussicht nach schon etwas verspätet Anfang des zweiten Halbjahres erreichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach alledem bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, der sowohl den Berichtszeitraum vorverlegt als vor allen Dingen auch die Landesregierung in die Verantwortung nimmt. Einem unveränderten Antrag könnten wir nicht zustimmen. – Danke schön.