Protocol of the Session on June 10, 2010

Schauen Sie sich nur die stagnierende Reallohnentwicklung der letzten Jahre in der deutschen Wirtschaft an, die Zunahme von Leiharbeit und Teilzeitarbeit und Rente mit 67!

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wer lebt über seine Verhältnisse? Über die Verhältnisse gelebt und eben nicht gespart haben Banken, Spekulanten und Lobbyisten,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

denen die rot-grüne Regierung alle Türen geöffnet hat, und Schwarz-Gelb weigert sich beharrlich, sie in die Schranken zu weisen.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Gino Leonhard, FDP: Hören Sie auf!)

Das Eurostabilisierungspaket wird nicht dazu beitragen,

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

die hoch verschuldeten Länder aus der Finanz- und Wirtschaftskrise zu führen,

(Gino Leonhard, FDP: Alle anderen sind schuld.)

denn der Bankensektor soll weiterhin dereguliert bleiben.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Über die Finanztransaktionssteuer wird nur geredet, statt sie endlich einzuführen. Sie wäre aber nur ein Schritt. Weitere Maßnahmen sind erforderlich, damit der Bankensektor an den Lasten der Krise wirklich beteiligt wird.

Meine Damen und Herren, wir haben heute schon über die Ursachen, die in diese Situation geführt haben, geredet. Es sind eine Vielzahl von Ursachen benannt worden. Mein Kollege Borchert hat es dargestellt. Eine Ursache ist aber auch die Geldmenge, die dramatisch zugenommen hat, aber kaum in der Realwirtschaft angekommen ist, weil der Gewinn anderweitig eingesetzt wurde, nämlich in spekulativen Finanzprodukten.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Oh!)

Dass dies so möglich ist, daran trägt die Bundespolitik ein hohes Maß an Verantwortung und damit auch für die Krise, in der wir uns befinden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und solange auf europäischer Ebene kein Wille da ist, tatsächlich eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu betreiben, wird eine weitere wichtige Ursache nicht bekämpft.

(Michael Andrejewski, NPD: Weil die EU Blödsinn ist.)

Die Debatte über die notwendige Stabilisierung des Euros, meine Damen und Herren, müsste ebenfalls mit solchen Fragen wie Verlässlichkeit künftiger europäischer Förderprogramme,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ihr seid Teil dieses ganzen Spekulationsgebarens.)

also die Frage, ob die Kohäsions- und Strukturfondspolitik weiterhin wie im bisherigen Maße gewährleistet werden kann oder nicht, verbunden werden. Das wäre doch nur logisch, passiert aber nicht – ein weiterer Fehler. Eine strukturelle Lösung der Verschuldung ist zudem nur durch eine andere Steuergesetzgebung möglich, die die Steuerkraft von Bund, Ländern und Kommunen stärkt und ihnen perspektivisch die Rückzahlung der Schulden erlaubt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und, meine Damen und Herren, ich finde es schon grotesk, wenn die Bundesregierung die Beschlüsse der zuständigen Landesminister missachtet. Mein Kollege Borchert hat auf die Beschlüsse der Finanzministerkonferenz hingewiesen. Die Bundesregierung taktiert, um die FDP bei der Stange zu halten, und hat doch schon andere Pläne in der Schublade, die nichts Gutes ahnen lassen. Anstelle der stärkeren steuerlichen Belastung der Reichen, der Bürgerinnen und Bürger mit höherem Einkommen und Vermögen,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

der Einbeziehung der Finanzmarktakteure in die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben wird über die Erhöhung der Mehrwertsteuer nachgedacht, über die Besteuerung bisher steuerfreier Schichtzuschläge und die Kürzung der Pendlerpauschale. Damit werden wiederum die Kleinen in Haftung genommen und die Großen relativ geschont. Und das, meine Damen und Herren, ist mit den LINKEN nicht zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Schwebs.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3548 abstimmen. Wer diesem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3548 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3492 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3492 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion der FDP und der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Videoüberwachung durch Landes- und Kommunalbehörden, Drucksache 5/3488. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3544 vor.

Antrag der Fraktion der FDP: Videoüberwachung durch Landes- und Kommunalbehörden – Drucksache 5/3488 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/3544 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Leonhard von der Fraktion der FDP. Bitte schön, Herr Leonhard.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 99 Prozent, meine Damen und Herren, 99 Prozent von 3.345 überprüften Videokameras weisen Mängel auf. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des niedersächsischen Datenschutzbeauftragten. Dieser hatte von Dezember 2008 bis März 2010 die von einem Großteil der dortigen Landesbehörden und von 34 Kommunen in Niedersachsen eingesetzten Videokameras abgefragt und ihren Einsatz datenschutzrechtlich überprüft. Das Ergebnis und, ich denke, diese Zahl von 99 Prozent war mehr als eindeutig. Bei gerade mal einem Prozent gab es in Sachen Datenschutz nichts zu beanstanden, meine Damen und Herren. Fast jeder Betrieb einer Videokamera durch Landes- oder Kommunalbehörden in Niedersachsen war unter datenschutzrechtlichen Belangen zu beanstanden.

Natürlich kommt man dann sehr schnell zu der Frage, ob eine solche Erhebung in Mecklenburg-Vorpommern zu einem ähnlichen Ergebnis führen würde. Und deshalb wollen wir heute, will meine Fraktion, meine Damen und Herren, dem Datenschutzbeauftragten für MecklenburgVorpommern – und ich will das einfach noch mal angesichts der gestrigen Diskussion hier in diesem Hause feststellen –

(Heinz Müller, SPD: Oh!)

empfehlen, eine entsprechende Untersuchung vorzunehmen und dem Landtag hier in diesem Hohen Hause zu berichten.

Erste Erkenntnisse des Landesdatenschutzbeauftragen gibt es ja dem Vernehmen nach bereits. In der Vergangenheit gab es immer mal wieder Beispiele, in denen auch hiesige Behörden gegen geltendes Datenschutzrecht verstoßen haben. So sollen an einem Ministerium in Schwerin Kameras montiert sein, die bis auf die nächste Straßenseite blicken. Die Landesregierung hat aber nach eigener Aussage keine Erkenntnisse. Regelmäßig verweist man bei entsprechenden Nachfragen mit datenschutzrechtlichem Hintergrund auf die Zuständigkeit des Landesdatenschutzbeauftragten.

In der Fragestunde der Aprillandtagssitzung hatte ich zuletzt gefragt, wie viele Videokameras Landes- und Kommunalbehörden in Mecklenburg-Vorpommern installiert haben. Und weiter hatte ich – übrigens nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des niedersächsischen Datenschutzbeauftragten – gefragt, wie die Landesregierung den Einsatz dieser Kameras unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten und Aspekten bewertet. Die Antwort war – wie im Grunde immer –, man habe keine Kenntnisse und man verweist sowieso auf den Landesdatenschutzbeauftragten. Die Landesregierung sieht also trotz der schlechten Ergebnisse aus Niedersachsen keinen Anlass, die Situation nur ansatzweise in Mecklenburg-Vorpommern näher zu betrachten.

Umso näher liegt eben, meine Damen und Herren, der Antrag der FDP-Fraktion. Wird bei dem Einsatz von Videokameras bei Landes- und Kommunalbehörden in Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls gegen datenschutzrechtliche Belange verstoßen, und wenn ja, dann wollen wir wissen, in welcher Anzahl.

Natürlich soll das Ergebnis der Untersuchung dann gegebenenfalls Ausgangspunkt für Verbesserungen sein. Ähnlich macht das auch der niedersächsische Datenschutzbeauftragte. Mit der Feststellung des dort schlechten Ergebnisses hört es ja nicht auf, eher im Gegenteil, meine Damen und Herren. Jetzt geht es darum, den Einsatz der Kameras rechtskonform zu gestalten. In der Veröffentlichung des niedersächsischen Datenschutzbeauftragten gibt es dazu Forderungen und Hilfestellungen. Einige Behörden sind dort aufgefordert worden, bis zum Ablauf einer gesetzten Frist die aufgezeigten Mängel zu beseitigen und die Beseitigung entsprechend nachzuweisen. Weiterhin gibt es aber auch eine Orientierungshilfe zur Videoüberwachung.

Meine Damen und Herren, bereits vor längerer Zeit hatte ich zu einem anderen datenschutzrelevanten Thema, zu Google Street View – gerade wenn wir uns hinten die jungen Gäste anschauen –, nach einer Bewertung durch die Landesregierung gefragt. Damals ging es um die Fahrten von Google in Bützow, nämlich in Bützow um die Justizvollzugsanstalt. Ich hatte damals im Rechtsausschuss gefragt, ob man angesichts der Fahrten auch im Bereich der Justizvollzugsanstalt in Bützow Sicherheitsbedenken habe. Das wurde damals mit dem Hinweis auf die Höhe der Gefängnismauern verneint.

In einer Kleinen Anfrage hatte ich dann später gefragt, ob man beispielsweise durch Street View in anderen Bereichen Bedenken habe. Beispielhaft hatte ich in der Kleinen Anfrage gefragt: „Wie bewertet die Landesregierung unter datenschutzrechtlichen Aspekten eine etwaige Präsentation von Privatgrundstücken, z. B. des Ministerpräsidenten, einzelner Minister oder des Generalstaatsanwaltes, im weltweit für jedermann verfügbaren Internet?“ Die Antwort darauf war dann für uns eindeutig. Man versteckte sich wieder mal hinter formalen Erklärungen: Die Veröffentlichung von Gesichtern, Kraftfahrzeugkennzeichen und Hausnummern ist unzulässig, hieß es. Und das war’s, mehr wurde dazu nicht gesagt. Aus unserer Sicht ist das wieder eine Situation, mit dem Problem nicht ordentlich umzugehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Meine Damen und Herren, ich habe das Beispiel Google Street View auch deshalb an dieser Stelle erwähnt, um noch einmal aufzuzeigen, dass das Bewusstsein für Datenschutz weiter verbessert werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Gerade erst wurde öffentlich, dass Google, um bei dem Beispiel Street View zu bleiben, auch Informationen über sogenannte WLAN-Netze gesammelt hatte.

Der Europa- und Rechtsausschuss – und dafür bin ich ausdrücklich den Mitgliedern des Europa- und Rechtsausschusses noch mal dankbar – hatte vor Kurzem auf Initiative der FDP-Fraktion eine Anhörung zu dem Thema Google Street View durchgeführt. Dazu war auch das Unternehmen Google ausdrücklich eingeladen worden, meine Damen und Herren. Allerdings, und mein Kollege hatte mich da vertreten, hatte man nur wenige Stunden vorher seine Teilnahme abgesagt. Und ich denke, das ist schon durchaus bezeichnend, meine Damen und Herren.