Protocol of the Session on March 10, 2010

Sie wissen ganz genau, wenn ein überflüssiges Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt würde – ich spreche jetzt in diesem Zusammenhang nicht einmal von Deregulierung –, dann würde es Monate dauern, bis dieses Gesetz in Kraft treten könnte, und das heißt, wir würden einen Beitrag dazu leisten, dass das, was sinnvollerweise jetzt von der Landesregierung in Gang gesetzt wird, nicht greifen kann. Ich frage Sie, ob Sie dann den Betroffenen, die Opfer oder im schlimmsten Falle Angehörige von Opfern sind, erklären wollen, warum wir die Landesregierung unnötigerweise daran gehindert haben, etwas Sinnvolles zu tun, um weitere Opfer zu vermeiden.

Und deshalb, verehrte Frau Kollegin Borchardt, bei allem Verständnis für Oppositionsaktionismus, dieses ist das falsche Thema. Wir haben gemeinsam die Pflicht, alles

dafür zu tun, dass schon geschehenen Straftaten nicht noch weitere folgen, dass den Opfern, die aufgrund von Gewalttaten zu Opfern geworden sind, so weit es noch geht, geholfen wird, und dass wir verhindern, so weit wir dazu die Möglichkeit haben, dass es vermeidbare weitere Opfer gibt. Dazu ist FoKuS ein sinnvoller Beitrag und da brauchen wir, verehrter Kollege Ratjen, nicht eine weitere Befassung des Rechtsausschusses, denn auch da, das muss ich hier ganz deutlich sagen, ist das alles ausführlich erläutert worden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genau.)

Jeder, der dieses Konzept kennenlernen wollte, hatte dazu Gelegenheit. Die Kleine Anfrage kann jeder nachlesen und selbstverständlich, da braucht man nicht mal eine Aufforderung an die Ministerin, ist es, dass sie uns im Rechtsausschuss zu gegebener Zeit darüber berichten wird, wie dieses Konzept sich in der Praxis auswirkt und wie es sich bewährt, und deshalb bedarf es keiner Überweisung in den Ausschuss. Wir brauchen auch keine Aufforderung zur Selbstbefassung, sondern das Einzige, was wir sinnvollerweise nur tun können, ist, diesen unsinnigen Antrag heute abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Nicht anwesend.)

Ich stelle fest, dass er nicht anwesend ist, und auch weitere Mitglieder der NPD-Fraktion im Moment nicht im Saal sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wo sind sie denn?)

Deswegen rufe ich den nächsten Redner auf.

(Vincent Kokert, CDU: Wollen wir schnell die Tische und die Stühle wegräumen?)

Es hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Herr Dr. Born, zu dieser Lehrstunde im Rechtssystem. Ich glaube, wenn Sie sich wirklich ernsthaft damit auseinandergesetzt hätten, dann würden Sie feststellen, dass die Fraktion DIE LINKE von Beginn an aufmerksam diesen Prozess verfolgt hat und auch ihre Fragen gestellt hat, nämlich genau aus der Ernsthaftigkeit heraus, denn wir haben im Ausschuss beantragt, dass die Ministerin uns darüber berichtet, nach der Presseerklärung. Wir haben die Kleine Anfrage gestellt. Wir haben nachgefragt. Der heißt ja nicht, wir wollen, dass FoKuS nicht eingeführt wird. Das steht im Antrag nicht drin und ich glaube, das haben wir auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht, dass das Anliegen verständlich ist.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Die Frage ist für uns nur nach Prüfung sowohl im Ausschuss, nach den Aussagen, nach den vorliegenden Pressemitteilungen, die sehr widersprüchlich sind, ich komme nachher noch darauf zurück, und nach Beantwortung der Kleinen Anfrage, ob zu dieser Frage

ein Erlass alleine reicht zur Umsetzung von FoKuS oder ob wir eine gesetzliche Grundlage brauchen. Das war für uns die Frage und für uns ist sie nach wie vor nicht beantwortet.

Ich habe ja vorhin gesagt, dass ich Ihnen eigentlich hätte schon sagen können, was Sie uns hier zur Antwort geben können. Sie haben uns leider bestätigt. Ich hätte Ihnen Ihre Antworten vorher sagen können: Sie haben alles geprüft.

Und ich kann nur sagen, wir haben ja schon von dieser Seite oft gehört, dass Juristen an einem Gesetz gearbeitet haben und das Verfassungsgericht hat es trotzdem kassiert. Also darauf würde ich mich nicht unbedingt verlassen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Weil Herr Born das gesagt hat, ja?!)

Genau. Also wenn Sie das gesagt haben, wird das sicherlich so sein.

Und was dann so die Anträge von Opposition im Landtag betrifft, ich erinnere mich an den Antrag zur Einführung des Untersuchungsausschusses, der aus meiner Sicht mehr als überflüssig gewesen ist. Das hat sich auch am Ende herausgestellt.

Aber ich will auch noch mal auf die Ausführungen von Frau Ministerin Kuder eingehen. Frau Ministerin, genau das, was Sie hier gesagt haben, hat uns darüber nachdenken lassen, ob es richtig ist, das nur über einen Erlass zu regeln, weil es ja nicht nur um den Austausch von Daten geht, sondern auch um den Zugriff auf Daten. Und ob das alles durch das Gesetz geregelt und gedeckt ist, das wagen wir zu bezweifeln. Das sagen Sie ja selber, Sie haben vorhin gesagt, es geht hier nur darum, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dass der Austausch nicht erfolgt, sondern es wird ja ausgetauscht. Was soll man denn sonst anderes machen? Der Zugriff auf Daten wird von unterschiedlichen Behörden erlaubt.

Und, Herr Dr. Born, wenn man das Konzept von Beginn an gewollt hätte, dann hätte man das auch im vergangenen Jahr schon machen können. Bayern arbeitet seit 2007 danach. Also es ist aus meiner Sicht nicht die Frage, ob wir hier was verhindern wollen und ein langer Rechtsprozess vor uns steht. Wenn man das rechtlich ordentlich geregelt haben wollte, hätte man das schon sehr früh machen können und auch den Gesetzgebungsprozess einleiten können.

Nun können wir es kurz machen. Sie sagen nach wie vor, der Erlass reicht aus. Wir meinen, wir hätten es noch mal prüfen lassen sollen, damit wir wirklich auf einer vernünftigen Basis sind, denn ich glaube schon, dass es wichtig ist, dass auch der Datenaustausch von Haftentlassenen auf der Basis von Rechtsgrundlagen erfolgen sollte. Das, glaube ich, steht uns gut zu Gesicht, das zu prüfen. In diesem Sinne bin ich sehr enttäuscht, dass wir diese Prüfung nicht noch mal gemeinsam vornehmen. Ich hatte damals übrigens über den Standpunkt der Richtervereinigung gefragt, da wurde mir gesagt, das ist ausschließlich sozusagen eine ministerielle Frage, deswegen können wir die Fragen nicht prüfen, also sie sind uns nicht zur Verfügung gestellt worden. Das bedaure ich sehr, ich hätte sie gerne mit in meine Erfahrungen eingebaut.

In diesem Sinne hoffe ich, dass wir keine Verfassungsklagen bekommen von den Betroffenen. Wir werden prüfen, welche Wege wir gehen werden, wenn der Erlass

vorliegt. Wir haben den Antrag genau deshalb auf der heutigen Sitzung, noch bevor der Erlass verabschiedet wird, weil wir gedacht haben, dass wir uns gemeinsam noch mal dazu verständigen können. Und Unterstellungen, dass wir das verhindern wollen, das sage ich ganz offen, die weise ich von uns. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Jawohl.)

Danke schön, Frau Borchardt.

Es hat jetzt noch einmal ums Wort gebeten für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Dr. Born. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Herr Präsident!

Zunächst bitte ich um Entschuldigung bei den Kollegen Leonhard und Ratjen, dass ich sie eben hier für etwas verantwortlich gemacht habe, was der eine nicht gesagt hat und ich den anderen nicht angesprochen habe, der sich tatsächlich geäußert hat. Ich bitte, mir das nachzusehen.

Frau Kollegin Borchardt, damit hier nichts Falsches im Raum stehen bleibt, möchte ich doch noch mal ganz eindeutig hervorheben: Es geht gerade nicht darum, eine gesonderte Täterdatei einzurichten. Das Überwachungskonzept knüpft unmittelbar an die Führungsaufsicht an und nutzt damit die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten der Führungsaufsicht nach Haftentlassung. Dabei soll die betreffende Verwaltungsvorschrift zu einer Optimierung des Umgangs mit besonders rückfallgefährdeten Sexualgewaltstraftätern im gesetzlichen Rahmen der Führungsaufsicht beitragen. Sie enthält generell abstrakte Anordnungen im Geschäftsbereich des Justizministeriums und des Innenministeriums, welche das sachliche Verwaltungshandeln betreffen.

Herr Abgeordneter Dr. Born, gestatten Sie eine Anfrage der Abgeordneten Borchardt?

Aber selbstverständlich.

Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Dr. Born, ist Ihnen bekannt, dass die Justizministerin der Presse gegenüber mitgeteilt hat, dass es bei FoKuS darum geht, Daten zu erfassen und sie zwischen den Behörden auszutauschen?

Frau Kollegin Borchardt, ich sehe überhaupt keinen Widerspruch zu dem, was ich gerade gesagt habe. Ich habe gesagt, es geht hier – wenn Sie es sagen, nehme ich es Ihnen mal so ab, dass das im Wesentlichen so ist, es sei denn, die Justizministerin sagt, sie hat etwas ganz anderes gesagt, aber ich sage Ihnen noch einmal –, es geht hier um eine rein verwaltungsinterne Regelung und sie ist dem staatlichen Innenraum zuzuordnen.

Sie müssen nämlich auch eins sehen, wenn Sie ständig mit Verfassungsrecht kommen: Die Regierung hat einen eigenen Verfassungsauftrag und den kann der Landtag ihr nicht abnehmen. Es ist uns gerade verwehrt, in das originäre Regierungshandeln als Landtag einzugreifen, und das müssen wir streng auseinanderhalten.

Und es ist alles, was Sie als gesetzlich notwendig ansehen, im jeweiligen Polizeirecht beziehungsweise bundesgesetzlich im Strafgesetzbuch geregelt. Die formell gesetzlichen Grundlagen der als Maßregel der Besserung und Sicherung ausgestalteten Führungsaufsicht finden sich, Frau Kollegin Borchardt, im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung. Damit einhergehende Eingriffe in Grundrechte sind also verfassungsrechtlich legitimiert und deshalb geht es nicht so einfach, dass Sie sagen, im Zweifelsfall macht ein Gesetz. Wir haben keine Möglichkeit, ein Gesetz zu machen, wenn es sich um reines Regierungshandeln handelt. Dann ist es Sache der Regierung, tätig zu werden, und deshalb ist das nur scheinbar der sicherere Weg, den Sie hier aufzeigen. In Wirklichkeit geht er schlicht an den Erfordernissen vorbei.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Schauen wir mal.)

Lesen Sie die Anfrage sorgfältig und dann lassen Sie sich, meinetwegen in einem halben Jahr, im Rechtsausschuss von der Ministerin berichten, wie sich dieses Konzept in der Praxis bewährt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3278 zur Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen DIE LINKE und FDP, ansonsten Ablehnung durch die Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3278. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3278 bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE, Ablehnung durch die Fraktionen der SPD und CDU und bei Stimmenthaltung vonseiten der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – google street view, Drucksache 5/3294.

Antrag der Fraktion der FDP: google street view – Drucksache 5/3294 –