Protocol of the Session on January 28, 2010

rungen von der schwarz-gelben Koalition kommen, dann im negativen Sinne.

Hartz IV ist ja nur ein Instrument, das dazu dient, in Deutschland US-amerikanische Verhältnisse zu schaffen, von denen das Kapital in Deutschland schon lange träumt. Und das betrifft vor allem die Psychologie der Arbeitnehmer und auch der Erwerbslosen. Hartz IV soll die Leute weichkochen. Angeblich heißt die Parole: „Fordern und fördern“, aber den Leuten sollen Schuldgefühle eingeimpft werden. Sie sollen sich selbst die Schuld geben, dass sie keine Arbeit finden, und gleichzeitig glauben, dass es nur an ihnen läge, ob sie eine ausreichend bezahlte Stelle bekommen oder nicht. Man will ihnen ein perverses Arbeitsethos einflößen. Sie sollen auch noch stolz darauf sein, sich ausbeuten zu lassen. Ständig werden ihnen in Boulevardzeitungen und Fernsehsendungen Figuren vorgeführt, die verkünden, für sie sei es eine Sache der Selbstachtung und Ehre, ohne staatliche Hilfe auszukommen, so gering der Lohn und so hart die Arbeit auch seien.

Wahrscheinlich sind das bezahlte Schauspieler oder vielleicht auch echte Idioten, aber schaffen möchte man jene Mentalität, die die US-amerikanische Autorin Barbara Ehrenreich in ihren Büchern schildert. Als Undercoverjournalistin traf sie im Billiglohnsektor Leute, die gelegentlich während der Arbeit vor Hunger umfielen und mangels Krankenversicherung auch mit stärksten Schmerzen ihren Job machten, die in Ingenieursvillen als Reinigungskräfte für den in den USA für die dortigen Lebenshaltungskosten völlig unzureichenden Mindestlohn schufteten, aber trotzdem weiter zum Entsetzen dieser Autorin an das vom System gebetsmühlenartig erzielte Tellerwäschermärchen glaubten. Diese Leute waren perfekt abgerichtet. Da nach der Staatsideologie jeder hart arbeitende Bürger zwangsläufig früher oder später mit Wohlstand belohnt wird, nahmen sie ihr Los nicht nur klaglos hin, sondern lehnten sogar selbst in Gesprächen unter den Arbeitnehmern höhere Löhne und mehr Rechte für die Arbeitnehmer ab, denn morgen würden sie ja selbst reich sein und dann müssten sie die höheren Löhne an die Angestellten, an ihre Angestellten bezahlen und die weitergehenden Rechte gewähren.

So eine Haltung hätten die Schöpfer von Hartz IV auch gern erzeugt. Herr Schulte hat es gerade versucht und immer gesagt, sie kriegen ja staatliche Leistungen, dafür müssen sie dankbar sein und eigentlich sind sie schuld, sie müssen es abbüßen und so weiter.

Nur, wenn ihnen das gelungen wäre, diese Haltung zu erzeugen, wie sie in Amerika noch herrscht und vielleicht von Obama abgebaut wird, weiß man nicht, dann gäbe es Hartz IV in der Tat nicht mehr oder besser, es gäbe nicht einmal das, sondern nur Hungerlöhne, privatfinanzierte Suppenküchen und trotzdem ein politisch ungefährliches Volk. Das möchte man gern. Versucht wurde diese Verdummungsaktion in erster Linie von der SPD und genau an deren Ministerpräsidenten Sellering wendet sich die LINKE nun, damit sich bei Hartz IV etwas ändert. Das ist nun wirklich abwegig.

(Irene Müller, DIE LINKE: Nee, da haben Sie irgendwas falsch gelesen.)

Da könnte man genauso gut die Kormorane darum bitten, dass sie gegen Fischraub Hilfe leisten. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Unserer Meinung nach gibt es seit fünf Jahren nun Armut per Gesetz oder auch Hartz IV genannt. Auch wenn Sie das ignorieren wollen, Kollege Schulte,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Herr Schulte hört das nicht so gern.)

wir sollten nicht vergessen, dass dieses eine Erfindung von Gerhard Schröder und den Sozialdemokraten, unterstützt von den Grünen, war. Und, das kann man nicht oft genug betonen, seitdem bemühen Sie sich, nicht nur wie viele Sozialdemokraten und Grüne, sondern auch Schwarze und Gelbe, die Reform schönzureden. Die Zahl der Arbeitslosen sei zurückgegangen, sagen Sie, „Fordern und fördern“ sei das Credo. Die meisten Betroffenen merken aber vom Fördern herzlich wenig. Dafür werden Menschen, die 30 Jahre gearbeitet haben und nun keinen neuen Job finden, nach einem Jahr in Hartz IV geschickt. Und das wenige Geld erhalten diese Menschen nur, wenn sie fast alles, was sie angespart haben, veräußern. Eine unglaubliche Sache, wie ich finde.

(Irene Müller, DIE LINKE: Auch die Riester-Rente.)

Es ändert nichts an den Tatsachen: Nach über fünf Jahren Hartz IV sind weder deren ursprünglichen arbeitsmarktpolitischen Zielstellungen, die Halbierung der Zahl der Arbeitslosen noch eine einheitliche verfassungskonforme Leistung an Erwerbslose aus einer Hand und unter einem Dach erreicht. Die offiziellen Erwerbslosenzahlen sind in Mecklenburg-Vorpommern rückläufig, sagen Sie, zugegeben. Aber Sie wissen so gut wie ich, dass die Statistik geschönt ist.

(Irene Müller, DIE LINKE: Na, von hier aus würde ich sagen, gefälscht.)

Was sagen Sie dazu, dass knapp sieben Millionen Menschen in Deutschland auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind? Was sagen Sie dazu, dass in den fünf Jahren seit 2005 ebenso viele normale Arbeitsverhältnisse – also Vollzeitstellen – unbefristet und mit angemessener Vergütung verschwunden sind und Teilzeitjobs, Mini- und Midijobs, Leiharbeitsverhältnisse und ein beispielloser Niedriglohn entstanden sind? Nehmen Sie das doch bitte mal zur Kenntnis! Es ist eine Tatsache, dass heute in unserem reichen Deutschland mehr Menschen in prekären Verhältnissen leben müssen als 2005. Hartz IV hat dazu geführt, dass Unsicherheit und die Angst vor Arbeitslosigkeit massiv wachsen.

Vor diesem Hintergrund ist nicht nur die Entlastung auf dem Arbeitsmarkt lediglich statistisch zu sehen. Die Situation für alle Beschäftigten ist dramatisch. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben Auswirkungen auf regulär Beschäftigte. Durch die Hartz-IV-Gesetze, das heißt durch die darin festgeschriebenen Maßnahmen, ist immer weniger Menschen eine Sicherung des Lebensstandards möglich. Die Armut von heute ist die Altersarmut von morgen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Die unsägliche Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 vergrößert das Problem noch. Die Zumutbarkeitsre

gelungen und die immer schärfer werdenden Sanktionen bei Ablehnung eines Angebots lassen den Betroffenen faktisch keine Wahl. Sie sind gezwungen, jeden Job anzunehmen, jedes sogenannte Angebot, egal, wie mies die Bedingungen auch sind.

Insofern ist es für mich nicht so außergewöhnlich, dass der berühmt-berüchtigte hessische Ministerpräsident Koch nun den Zwang zur Arbeit fordert. Skandalös ist, dass Herr Gabriel sich hinstellt und mit dem Finger auf ihn zeigt, nach dem Motto: „Haltet den Dieb!“ Wie zynisch, denn wir haben faktisch schon die Arbeitspflicht bei Hartz-IV-Empfänger/-innen. Bedauerlich sind meiner Meinung nach solche Beispiele von Leiharbeit zu Dumpinglöhnen wie bei der Drogeriekette Schlecker. Das ist ja nur die Spitze vom Eisberg an Unmoral und an Ungerechtigkeit.

Auch beim Arbeitnehmerüberlassungsgesetz haben Sie alle Schleusen geöffnet. Und die Ironie der Geschichte will es jetzt, dass Sie es FDP und CDU überlassen müssen, wenigstens kleine Verbesserungen im Interesse der Betroffenen durchzusetzen.

(Sebastian Ratjen, FDP: Na, da sieht man mal, wer wirklich sozial ist. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Irene Müller, DIE LINKE: Ach, du meine Güte! – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

In zahlreichen Gerichtsurteilen hat sich gezeigt, wie handwerklich schlecht, aber auch wie ungerecht und unvereinbar mit dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes diese sogenannte Arbeitsreform ist.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Die Forderungen – und ich will sie nicht alle nennen, die neuen haben wir alle vom Kollegen Schulte gehört – sind ja nicht neu, auch wenn Herr Rüttgers und Frau von der Leyen jetzt so tun. Das sind Forderungen, die durch DIE LINKE seit Langem auf dem Tisch liegen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, ja, Wahlkampf.)

Wir haben immer Forderungen erhoben, die den betroffenen Menschen ihre unerträgliche Situation erleichtern würden. Deshalb fordern wir auch eine bedarfsdeckende sanktionsfreie Grundsicherung mit einem Mindestregelsatz von 500 Euro. Wir fordern die Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften. Wir fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde, der würde das sehr fragwürdige Problem des Lohnabstandsgebotes auch lösen. Wir fordern öffentlich geförderte Beschäftigung in den Bereichen, die Ihnen bekannt sind, die für ein funktionierendes Gemeinwesen auch gebraucht werden.

Hartz IV hat Erwerbslose zusätzlich zu ihrer Stigmatisierung als Arbeitslose in zwei Klassen eingeteilt. Es hat den Niedergang von Moral und Anstand im Umgang zwischen Unternehmen und Angestellten befördert. Ich denke nur an die 1,31 Euro pro Stunde und an andere Beispiele. Es hat die betroffenen Familien in Armut gestürzt, aus der sie nur wenig Chancen haben, wieder herauszukommen. DIE LINKE sagt, soziale Gerechtigkeit sieht anders aus. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3181. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3181 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Ablehnung der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Landesprogramm zur Reintegration von Ausländern, Drucksache 5/3176.

Antrag der Fraktion der NPD: Landesprogramm zur Reintegration von Ausländern – Drucksache 5/3176 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Tino Müller von der Fraktion der NPD.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf ihrer Herbsttagung 2009 haben sich die Innenminister von Bund und Ländern unter anderem darauf geeinigt, geduldeten Ausländern für weitere zwei Jahre die Möglichkeit einzuräumen, die sozialen Gaben unseres Landes ohne Gegenleistung in Anspruch nehmen zu können. Rund 30.000 Ausländern, die mit einer sogenannten Aufenthaltserlaubnis auf Probe bereits seit Jahren in Deutschland leben, wäre nach den Buchstaben des Gesetzes zum 31.12.2009 dieser Status entzogen worden und die Betroffenen wären zu geduldeten Ausländern geworden, die unter Umständen irgendwann einmal abgeschoben worden wären.

Diese Fristverlängerung soll dazu führen, diesen Ausländern in den nächsten zwei Jahren Gelegenheit zu geben, etwas beizubringen, was diese allerdings in den Jahren zuvor auch nicht vorlegen konnten, einen einfachen Arbeitsnachweis. Dabei gilt diese Verlängerung zukünftig auch, wenn dieser Ausländerkreis eine Schul- oder Berufsausbildung macht, einer Halbtagstätigkeit nachgeht oder auch nur das tut, was Millionen von deutschen Arbeitslosen ständig machen müssen, nämlich darzulegen, sich ernsthaft um eine Beschäftigung zu bemühen. Gelingt ihnen dieses nicht, dann werden Deutschen die Ansprüche auf Sozialleistungen gnadenlos zusammengestrichen.

Die Gutmenschen sogenannter Flüchtlingsinitiativen nannten diese Regelung einen faulen Kompromiss, weil selbst diese lächerlichen Minimalanforderungen an ihre Kundschaft schon als zu viel erachtet werden. Wir nennen diese Regelung keinen faulen Kompromiss, sondern schlicht und ergreifend einen Skandal, der das Ausländerrecht aushebelt und dem Missbrauch Tür und Tor öffnet. Ein Skandal ist dieser Vorgang alleine schon deswegen, weil jene Ausländer, die durch Ausschöpfung des Rechtsweges genug Zeit auf Kosten der Steuerzahler schinden, anschließend noch durch die sogenannte Duldung belohnt werden.

Natürlich geht es uns mit dem in unserem Antrag geforderten Programm zur Reintegration von Ausländern nicht nur um jene geduldeten Ausländer, die abgelehnten Asylbetrüger und ausländischen Sozialstaatsausbeuter, die wir zuhauf im Lande haben,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

vielmehr ist es eine Notwendigkeit, das gesamte Ausländerrecht zu reformieren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ausländer raus, ja, Herr Müller. Ausländer raus!)

Die Ausländerintegrationspolitik ist komplett gescheitert, Herr Methling,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ja.)

und die Verfechter dieses Irrsinns befinden sich langsam, aber sicher auf dem Rückzug.

Der Exfinanzminister in Berlin und derzeitiges Vorstandsmitglied der Bundesbank Thilo Sarrazin äußerte jüngst, Zitat: „Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue, kleine Kopftuchmädchen produziert.“ Zitatende.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Dazu der Politikforscher Professor Arnulf Baring,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Zitat: „In der Sache kann Sarrazin niemand widerlegen: Deutschland hat ein massives Problem mit Zuwanderern aus der Türkei und dem arabischen Raum!“, Herr Koplin.