Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Lück, ich weiß ja, dass es in einem parlamentarischen System Aufgabe einer Opposition ist, die Regierung zu kontrollieren – das nehme ich auch gern an –, auf Versäumnisse zu achten und diese dann möglichst öffentlichkeitswirksam der Regierung entgegenzuhalten. Aber das ist schon ein schwieriges Geschäft, wenn Sie jetzt hier versuchen, sich an zwei, drei Einzelfällen entlangzuhangeln. Ansonsten können Sie uns nämlich Versäumnisse nicht vorwerfen. Das will ich jetzt mal deutlich machen.
Sie laufen schlichtweg, das will ich ganz klar sagen, mit Ihrem Antrag der Entwicklung hinterher. Sie haben da was gehört auf dem Baugewerbetag und versuchen, daraus jetzt irgendwie Honig zu saugen. Da kann ich nur sagen, das wird Ihnen nicht gelingen. Wenn Sie das wirklich vorhaben, vielleicht ändern Sie auch Ihre Meinung noch.
Ich will das auch mal an der Frage deutlich machen, wie ist das jetzt mit der Grundgesetzänderung. Ich hoffe doch, dass Sie zur Kenntnis genommen haben und wissen, dass am Freitag der Bundesrat der Grundgesetzänderung zugestimmt hat. Wie Sie richtig sagten, mit der Entscheidung zur Föderalismusreform II ist auch diese Entscheidung getroffen. Also den ersten Punkt, da kann ich Sie schon beruhigen, der ist entschieden.
Zum Zweiten wollen Sie die Landesregierung auffordern, so sagt es Ihr Antrag, alle Möglichkeiten der erleichterten Vergabe von Aufträgen und Leistungen auf Landesebene auszuschöpfen. Das hat die Landesregierung aber getan. Der neue Wertgrenzenerlass enthält die
Erleichterung für die Vergabe öffentlicher Aufträge, die das Land im Rahmen seiner Zuständigkeit regeln konnte. Auf weitere Erleichterungen bei europaweiten Vergaben ist ebenfalls im neuen Fristenerlass ausdrücklich hingewiesen. Es versteht sich natürlich von selbst, da haben Sie recht, dass das Land die Möglichkeiten ausschöpft, die schon nach den bisherigen Vergaberegeln bestehen, etwa bei der Bemessung von Angebotsfristen.
Die Landesregierung, das sagen Sie in Ihrem Antrag, soll den Kommunen außerdem empfehlen, von den Erleichterungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch Gebrauch zu machen. Da will ich mal deutlich einen Schritt weiter gehen. Ich will das nicht nur empfehlen, ich erwarte das, dass die Kommunen davon Gebrauch machen.
Und im Übrigen: Wozu reden wir denn hier in einer Aktuellen Stunde über die Krise und die Folgen, wenn am Ende alle sagen, wir machen das so weiter und wir empfehlen mal bitte schön, dass Regelungen, die das Land als Erlass herausgegeben hat, die damit auch eine gewisse Rechtswirkung haben, am Ende angewendet werden?
Wir haben mit dem Amtsblatt vom 16. Februar den neuen Wertgrenzen- und Fristenerlass herausgegeben. Ich gehe davon aus, dass die Kommunen auch ihre Pflicht erfüllen und diese Vorschriften nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch danach handeln, zumal sie die Situation im Lande kennen. Nun will ich sagen, da ich auch weiß, wie das Leben läuft, man kann nicht ganz ausschließen, dass es kommunale Bedienstete gibt, die noch ein wenig zögern, weil sie vielleicht eine schlechte Erfahrung gemacht haben. Das will ich nicht ausschließen. Aber genau das war ja die Entscheidung, Regionalkonferenzen mit dem Baugewerbeverband durchzuführen, …
… mit dem Bauverband durchzuführen, um eben öffentlichen Auftraggebern das Anliegen noch einmal nahezubringen, aber auch, das war genauso wichtig, Beratung zu leisten. Wir haben zu diesen Konferenzen – zwei wurden in Schwerin und in Neubrandenburg durchgeführt und zwei werden am 29. Juni 2009 und 2. Juli 2009 in Greifswald und in Rostock durchgeführt – auch alle uns zur Verfügung stehenden Experten mit dabei, die dann persönlich befragt werden können, um vor Ort dafür zu sorgen, dass man nicht lange Wege hat, sondern dass man unmittelbar Fragen mit den jeweiligen Leuten klären kann.
Inzwischen wissen wir übrigens auch, dass unsere Bemühungen fruchten. Jetzt halte ich mal den drei Einzelfällen, die Sie genannt haben, hier entgegen,
da steht ja im Erlass drin, dass auf der Internetplattform des Landes die Vergabeabsicht bekannt gemacht werden sollte. Dort sind inzwischen mehr als 197 Vergabeverfahren bezeichnet. Wir stellen deutlich fest, dass diese Zahl nach dem Vergabeerlass in die Höhe
geschnellt ist und täglich neue Meldungen diesbezüglich dazukommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kommunen nach dem Wertgrenzenerlass zwar gehalten sind, über ihre Vergabeverfahren zu informieren, sie sind aber nicht verpflichtet, die Internetplattform des Landes zu nutzen. Sie können das auch auf anderem Wege machen, sodass die Zahl am Ende noch höher sein wird. Dafür spricht im Übrigen auch eine Auskunft der Auftragsberatungsstelle. Dort sind seit Jahresbeginn rund 600 Anträge auf Zubenennung von Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern eingegangen, davon rund 440 Anträge von Kommunen.
Zum Dritten will ich eine Bemerkung zur losweisen Vergabe machen, die in der Begründung Ihres Antrages angesprochen ist. Wir haben keine Kenntnis darüber, dass öffentliche Auftraggeber sozusagen generell die losweise Vergabe nicht annehmen oder diese nicht nutzen. Der Antrag erhält Ihrerseits allerdings diesbezüglich keinerlei konkrete Aussagen. Nach den einschlägigen Bestimmungen der Verdingungsordnung ist es jedenfalls so, dass eine Losteilung nur ausnahmsweise aus sachlichen Gründen unterbleiben kann. Ich gehe davon aus, dass, wenn dies im Einzelfall geschieht, auch entsprechende Gründe vorliegen. Deswegen bringt es auch wirklich nichts, jetzt hier diese Beispiele, die Sie genannt haben, in den Raum zu stellen. Da müsste man jetzt konkret wissen, warum der BBL an dieser Stelle so gehandelt hat. Ich bin gern bereit – der zuständige Minister ist nach meiner Kenntnis auch noch hier im Hause –, das im Einzelnen zu besprechen.
Drittens will ich etwas sagen zu dem BGH-Urteil, auf das sich Ihr Antrag bezieht. Gegenstand der Entscheidung bei diesem Urteil war die Frage, ob einem Unternehmer nach einem verzögerten Vergabeverfahren ein Mehrvergütungsanspruch wegen einer Bauzeitverschiebung zustehen kann. Die Frage ergab sich in einem europaweiten Vergabeverfahren. Dort hatte ein Bieter einen Nachprüfungsantrag gestellt. Die Zustellung des Antrages führte zu einem vorläufigen Zuschlagsverbot. Dieses Problem kann im Geltungsbereich des neuen Wertgrenzenerlasses so überhaupt nicht auftreten. Hier geht es nur um Aufträge unterhalb des Schwellenwertes, die also nicht europaweit vergeben werden. Zwar, das will ich schon sagen, könnte es auch hier durch einstweilige Verfügung zur Bauzeitverzögerung kommen, Versuche, eine solche Verfügung zu erlangen, haben aber nach bisherigen Erfahrungen wenig Aussicht auf Erfolg.
Das hat auch mehrere Gründe, von denen ich nur einen nennen will. Nicht die Vergabestelle, sondern gerade den antragstellenden Bieter trifft unterhalb des Schwellenwertes ein erhöhtes Haftungsrisiko. Er muss nach Aufhebung einer einstweiligen Verfügung damit rechnen, vom Auftraggeber verschuldensunabhängig auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden. Die Vergabestelle kann den Zuschlag deshalb in der Regel ohne jede weitere Verzögerung wirksam erteilen.
Wenn Sie hier von einem Haftungsrisiko der öffentlichen Hand sprechen, dann verkennen Sie aber an dieser Stelle zumindest die wirklichen Verhältnisse und, was noch schlimmer ist, das wäre dann eigentlich Verunsicherung von Vergabestellen. Jetzt gehe ich mal davon aus, das wollen Sie nicht. Insofern will ich Ihnen das an dieser Stelle nur verdeutlichen.
Meine Damen und Herren, ich will noch einmal deutlich machen, dass alles das, was in Ihrem Antrag steht, die Landesregierung wirklich seit längerer Zeit bereits tut.
Insofern kann ich nicht erkennen, worin der eigentliche Nutzen dieses Antrages besteht. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Kollegin Lück, vielleicht ganz am Anfang zu den von Ihnen geschilderten Beispielen. Ich denke mal, sofern das zutreffend sein sollte, was Sie da vom BBL geschildert haben, muss man dem nachgehen. Ich vermute mal aus der Erfahrung, die ich selber auch mit dem BBL sammeln durfte, sowohl in der vorherigen Wahlperiode als Mitglied des Finanzausschusses als auch in dieser Wahlperiode, wo sich deswegen auch der Verkehrsausschuss damit befasst hat, gehe ich vom Grundsatz davon aus, dass es tatsächlich Einzelfälle sind. Aber dem muss man nachgehen. Das kann natürlich nicht sein, dass eine Einrichtung des Landes da möglicherweise gegen die Intention, so, wie wir das selber haben wollen, Auftragsvergaben gibt und entsprechend handelt.
Aber es geht in diesem Antrag nicht um Einzelfälle. Einzelfälle dienen ja bestenfalls dazu, das Allgemeine zu konkretisieren, und deswegen gestatten Sie mir auch, auf Ihren Antrag als solchen einzugehen und mich hier nicht mit den Beispielen im Besonderen zu beschäftigen.
Sie möchten, dass die Landesregierung aufgefordert wird, durch den Landtag alle Möglichkeiten der erleichterten Vergabe von Aufträgen und Leistungen auf Landesebene auszuschöpfen. Da stehe ich einfach auf dem Standpunkt, wenn die Landesregierung sich selber ernst nimmt, und das muss man von ihr erwarten, und wenn der Landtag sich selber ernst nimmt – davon gehe ich mal aus, dass wir das alle tun, fast alle zumindest in diesem Haus, von einigen Herren will ich jetzt nicht sprechen –,
dann unterstelle ich auch, dass die Landesregierung ohnehin alle Möglichkeiten ausschöpfen wird, in ihrem Verantwortungsbereich Vergabe von Aufträgen und Leistungen so auszuschreiben oder so zu vergeben, um es korrekterweise zu sagen, dass die einheimische Wirtschaft von den erleichterten Vergabemöglichkeiten tatsächlich profitieren kann.
Und dann komme ich auch zu dem zweiten Punkt, den Sie angesprochen haben, den Kommunen zu empfehlen, von den Erleichterungen bei der Vergabe von Aufträgen und Leistungen konsequent Gebrauch zu machen. Wir haben hier – und das wissen Sie auch, wir sind ja nun beide auf dem Verbandstag der Bauwirtschaft hier gewesen – die Anmerkungen, Kritik ist nicht der richtige Ausdruck, aus dem Bauverband angehört und sicherlich verinnerlicht.
Wir haben natürlich hier ein grundsätzliches Problem. Wir haben das Problem, dass schon unter dem alten Wertgrenzenerlass, ich gehe jetzt mal von der 30.000-EuroRegelung aus, der eine oder andere Sachbearbeiter vielleicht aus Hemmung von den Möglichkeiten, die er tatsächlich auszuschöpfen hat, nicht Gebrauch gemacht hat, sodass dort, wo freihändig oder wo beschränkt vergeben werden konnte, trotzdem ausgeschrieben wurde.
Wer das bei 30.000 Euro nicht tun wollte, aus welchen Gründen auch immer, der hat natürlich auch bei 100.000 Euro ein Problem damit. Das ist aber ein Pro blem in den Menschen, in der Person. Da kann man sich nur bemühen, dann tatsächlich innerhalb der jeweiligen Verwaltung die Informationen und das Selbstbewusstsein der betroffenen Mitarbeiter so zu stärken, dass dann auch die Bereitschaft besteht, andere Entscheidungen zu treffen. Da ist es richtig, was Herr Minister Seidel eben ausführte, das Land führt Regionalkonferenzen durch. Vier sollen es insgesamt werden, zwei haben stattgefunden. Diese dienen gerade diesem Zweck. Ob sie damit letztendlich jeden einzelnen Mitarbeiter dazu motivieren können, dann entsprechend davon Gebrauch zu machen, das weiß ich nicht.
Ich kenne das Problem schon aus der letzten Wahlperiode mit dem vorhergehenden Wertgrenzenerlass. Ich kann mich daran erinnern, dass ich mit dem damaligen Innenminister Herrn Dr. Timm und mit Herrn Ebnet genau das gleiche Problem diskutiert habe, gerade was die Frage der freihändigen Vergabe anging. Auch damals hat dann noch mal das Land durch beide Ministerien ein entsprechendes Rundschreiben an die Kommunen geschickt und offensichtlich hat es aber immer noch den einen oder anderen gegeben, der tatsächlich Hemmungen hat. Da muss man dranbleiben und ich gehe davon aus, dass die Landesregierung, Herr Minister Seidel hat es eben deutlich gemacht, an diesem – Problem ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck – Thema dranbleibt und alles tun wird, um das durchzuführen.
Zum letzten Punkt, auf den Sie in der Einbringung Ihres Antrages zwar nicht in dem Maße eingegangen sind, möchte ich trotzdem noch einen Satz sagen oder zwei Anmerkungen dazu machen, Möglichkeiten zu prüfen, Kommunen vom Risiko für Kostensteigerung beim verzögerten Vergabeverfahren zu entlasten. Ich möchte jetzt nicht das wiederholen, was Herr Minister Seidel eben gesagt hat, aber eins, denke ich, muss man auch an dieser Stelle sagen: Das Land kann – und ich bleibe jetzt mal unterhalb der Schwellenwerte – natürlich Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel eine Veränderung des Wertgrenzenerlasses vorzunehmen, den Kommunen mehr Freiraum zu geben. Aber wenn es aus irgendwelchen Gründen zu Verzögerungen kommt, die innerhalb der Kommune zu verantworten sind, dann kann es nicht sein, dass die Kommune hinterher sagt, wenn sie selber diese Verzögerung zu verantworten hat: Du, liebes Land, stell uns bitte frei von den Kosten, die dann möglicherweise zusätzlich entstanden sind.
Es ist so, dass wir hier bei dem Urteil, das auch in Ihrer Begründung zitiert ist, eine ganz andere Situation hatten, dass es da tatsächlich um eine Ausschreibung oberhalb der Schwellenwerte ging mit dem entsprechenden Primärrechtsschutz, der auch dort vorhanden ist, den wir im unterschwelligen Bereich – das wissen Sie ja –
ohnehin nicht haben. Herr Minister Seidel hat auch kurz darauf hingewiesen. Das ist ohnehin eine andere Thematik, sodass sich diese Frage in dem Bereich eigentlich nicht stellt.
Und, Herr Minister, Sie haben recht, gegen eine Vergabe als nicht bezuschlagte Bieter unterhalb der Schwellenwerte anzukommen, das ist schon eine Schwierigkeit, und die Erfolgsaussichten sind relativ gering, da überhaupt etwas zu tun. Meistens reduziert es sich dann tatsächlich auf Schadensersatzansprüche, die man möglicherweise geltend machen kann.
Alles in allem, Frau Kollegin Lück, die Intention hinter Ihrem Antrag können meine Fraktion und ich persönlich auch nur teilen. Das Problem ist da in vielen Fällen nur der Ansatz, der hier gewählt worden ist, die Landesregierung aufzufordern, etwas zu tun, was sie ohnehin schon macht. Das ist in diesem konkreten Fall sicherlich nicht der richtige Weg. Was wir machen sollten – und das biete ich Ihnen und Ihrer Fraktion ganz persönlich an –, wir sollten natürlich am Ende dieses Kalenderjahres oder im Herbst nach der Sommerpause tatsächlich schauen, wie alle die Maßnahmen, die wir gemacht und in die Wege geleitet haben, erfolgreich umgesetzt worden sind. Möglicherweise gibt es dann wenigstens die Chance für das nächste Jahr, in dem einen oder anderen Bereich noch umzusteuern. Das ist dann sicherlich sinnvoller, als hier Empfehlungen an die Landesregierung auszusprechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.