Protocol of the Session on May 13, 2009

Es bleibt zu hoffen, es bleibt wirklich zu hoffen, dass von diesem Nichtereignis wenigstens die Dame in angemessener Weise profitiert hat.

Was aber war der eigentliche Anlass der Kolleginnen und Kollegen, diesen Antrag zu stellen? Ursprünglich ging es um einen Nachbarschaftsstreit in dieser sächsischen Stadt Auerbach. Frau Zindler verlangte von ihrem Nachbarn, einen Strauch, genauer gesagt, den ebenfalls legendären Knallerbsenstrauch zu entfernen, denn dieser würde ihren Maschendrahtzaun beschädigen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob für diesen Fall der Gesetzentwurf der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE geholfen hätte, das vermögen auch wir nicht wirklich zu beurteilen. Es kann also offen bleiben, ob die Kollegen der Fraktion DIE LINKE Frau Zindler mit der Möglichkeit eines vorgerichtlichen Schlichtungsverfahrens hätten helfen können.

Klar ist allerdings eins: Nachbarschaftsstreitigkeiten sollen nach dem Gesetzentwurf einer Fallgruppe für die vorgerichtlichen Schlichtungsverfahren vorgeordnet werden. Vermutlich nicht immer davon zu trennen ist die Fallgruppe der Ehrverletzungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, niemand wird in Zweifel ziehen, dass vor Gericht nur die wirklich relevanten streitigen Angelegenheiten verhandelt werden sollten. Hier geht es aber darum, die sogenannten konsensualen Streitbeilegungen zu fördern.

Insoweit unterstützen wir – und das kann ich für die FDPFraktion sagen – den Ansatz des Gesetzentwurfs. Denn bei einem Richterspruch vor Gericht unterliegt mindestens einer der Streitenden, bei einer Schlichtung ist genau das aber eben nicht der Fall.

Der Rechtsprechung liegt geltendes Recht zugrunde. Häufig liegen die Ursachen aber auch im wirtschaftlichen

oder eben im sozialen Bereich. Hier könnte eine Schlichtung unter Umständen eine bessere Lösung sein. Und nicht zuletzt: Rechtsstreitigkeiten können sehr langwierig und insbesondere sehr teuer sein. Auch hier könnte Schlichtung Zeit und Geld sparen.

Deshalb – und das sei auch an dieser Stelle gesagt – sollten wir den Entwurf in den Ausschüssen, federführend im Europa- und Rechtsausschuss und mitberatend im Finanzausschuss, intensiv diskutieren. Und dann sollten wir auch genau hinschauen, was vorgerichtliche Schlichtungsverfahren leisten können und was eben auch nicht.

Wie sehen also die Erfahrungen in anderen Ländern aus? Das wäre durchaus eine Frage, die wir dann mit einbeziehen müssen. Welche Institutionen kommen für die Schlichtungsverfahren in Betracht? Und was sind wirklich Kosteneinsparungen für die öffentliche Hand, die wir zumindest eben hier auch in diesem Gesetzentwurf als Diskussionsgrundlage ansehen? Das sind nur einige der wenigen Fragen, die wir näher erörtern sollten.

Wie ich eben erwähnt habe, beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung federführend in den Europa- und Rechtsausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr gut.)

Danke schön, Herr Leonhard.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für den rechtsuchenden Bürger ist die Verfahrensdauer ein erhebliches Problem. Selbst wenn das Unrecht, dem er sich ausgesetzt sieht, noch so krass ist, darf er meist nicht zur Selbsthilfe greifen, sondern muss sich an die Justiz wenden und gegebenenfalls sehr lange warten.

Bei einer bestimmten Konstellation überwiegen die Nachteile, die sich aus einem obligatorisch vorgeschaltetem Schlichtungsverfahren ergeben, bei Weitem, nämlich wenn das Verschulden ganz klar auf einer Seite liegt. Nachbarstreitigkeiten haben zwar häufig den Charakter der üblichen zwischenmenschlichen Konflikte, die auf Fehlverhalten beider Seiten zurückgehen – mangelnde Kommunikation erzeugt halt oft Missverständnisse, und dann kann keiner mehr die Dynamik kontrollieren, die sich daraus ergibt –, aber in vielen Fällen bestehen klare Täter-Opfer-Verhältnisse. Es gibt Problemnachbarn, von denen ständig Störungen ausgehen, was dann in Wohnblöcken zu Kündigungen führt, wenn es Mieter sind, aber in Eigenheimsiedlungen, wo die Einwirkungen nach den hier erwähnten Paragrafen 906, 910, 911, 923 BGB ausschließlich vorkommen, bleibt dann nur der Klageweg.

Dem Opfer wird nun zugemutet, sich erst einmal auf ein zeitfressendes Schlichtungsverfahren einzulassen. Es wird ein Termin gesetzt, die Verhandlung findet statt, und nur wenn einer der Fälle des Paragrafen 4 des Gesetzentwurfs vorliegt, gibt es dann die Erfolglosigkeitsbescheinigung, und dann darf man vor Gericht. In Paragraf 4 (1) Nummer 3 ist sogar die Rede von einer „Frist von drei Monaten“, in der „seit Antragstellung und Zahlung des erforderlichen Vorschusses das … Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt“ sei, erst dann könne

ein Antrag auf eine Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des Schlichtungsverfahrens gestellt werden. Und das dauert dann noch mal, bis dieser Antrag bearbeitet ist. Das ist unzumutbar für jemanden, der von einem Nachbarn schickaniert oder gar terrorisiert wird. Der braucht möglichst schnell eine verbindliche gerichtliche Entscheidung. Deshalb darf das Schlichtungsverfahren nicht obligatorisch sein.

Wenn es zwischen den Nachbarn überhaupt noch eine Gesprächsbasis gibt, dann werden sie sich auch auf ein Schlichtungsverfahren auf freiwilliger Basis einlassen. Bei unheilbar zerrütteten Verhältnissen hingegen ist es ohnehin sinnlos, die Kontrahenten zum Versöhnungsgespräch zu bestellen. Es gibt auch Ehen, die sind eben am Ende. Da kann man nur noch sagen: Lasst euch scheiden. Dass bei alldem nichts herauskommen würde, ist absehbar. Es wäre dann in der Konstellation sinnvoller, mehr Richter einzustellen. Bei vielen Konflikten ist es nun mal so, dass die Leute nur ein Gerichtsurteil respektieren, und selbst das mit abnehmender Tendenz.

Was Streitigkeiten wegen der persönlichen Ehre betrifft, so ist der Nutzen des vorliegenden Entwurfes noch zweifelhafter. Zivilrechtlich kommen hier ausschließlich Unterlassungsklagen infrage, da das Presserecht ja ausgenommen wurde. Herr A soll es also unterlassen zu behaupten, dass Herr B den ungepflegtesten Vorgarten hat, den er je gesehen hatte, und so weiter. Solche zivilrechtlichen Schritte gehen meist Hand in Hand mit entsprechenden Strafanzeigen und Strafanträgen wegen Beleidigung oder übler Nachrede, und die Ermittlungsverfahren laufen dann trotz Schlichtungsverfahrens weiter. Darauf hat das Schlichtungsverfahren gar keinen Einfluss. Dann müsste der betreffende Kontrahent schon dazu gebracht werden, den Strafantrag zurückzunehmen, und das ist meistens illusorisch. Wenn es erst mal so weit gekommen ist, richtet der Schlichter auch nichts mehr aus.

Ein Schlichtungsgesetz muss die Möglichkeit beinhalten, dass eine Partei von vornherein erklären kann, ein solches sei aussichtslos, und dann befugt ist, sofort vor Gericht zu gehen. Es entspricht der Lebenswirklichkeit, dass es unschlichtbare Konflikte gibt. Und im Übrigen wirken die regulären Gerichte in ihren Verhandlungen ja auch grundsätzlich auf Vergleiche hin. Dazu sind sie auch gesetzlich angehalten. Bei schwierigen Fällen haben sie eher noch eine Chance, weil ihnen mehr Autorität zugebilligt wird als einer Schlichtungsstelle.

Was die von der Justizministerin angesprochenen Erfahrungen aus anderen Bundesländern betrifft – es wird schwer sein, die zu deuten. Einerseits kann man sagen: Soundso viele Schlichtungsverfahren wurden durchgeführt, dann ist die Justiz entlastet worden. Aber auf der anderen Seite wiegt doch jeder Fall sehr schwer, in dem hinterher das Gericht sagt, der Mann war eindeutig im Recht, er hatte den Anspruch. Der wurde dann nämlich in seinem Recht ein halbes Jahr oder länger gehindert, und das ist für uns stärker zu gewichten. Deswegen lehnen wir diesen Entwurf ab.

Danke schön, Herr Andrejewski.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Kein Streit jetzt.)

Kein Streit, sagt er.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Irgendwie kommt mir das Märchen bekannt vor vom Hasen und Igel: Ik bin all dor. Bislang, muss ich aber ehrlich sagen, war mir immer nur bekannt, dass der Landwirtschaftsminister uns das erzählt hat. Also immer, wenn die Opposition einen Antrag gestellt hat, haben Sie uns erklärt, das brauchen wir alles nicht, weil der Minister handelt, und wir sind alle auf dem guten Weg.

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Sie liegen falsch.)

Das ist eine neue Erkenntnis, nehmen wir erst mal zur Kenntnis. Aber, und das will ich an der Stelle sagen, es wundert uns schon, dass außerhalb des Koalitionsvertrages – das Schiedsstellengesetz ist nämlich nicht mit beinhaltet – es jetzt auf den Weg gebracht werden soll.

(Gino Leonhard, FDP: Da gibt es noch Bewegung. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Allerdings, Frau Kuder, zwei Jahre darüber zu beraten, auszuwerten,

(Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

das allerdings halten wir doch für sehr, sehr lange.

Aber zu den inhaltlichen Fragen: Sie haben den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz angesprochen. Ich denke, dass ich in meiner Rede darauf hingewiesen habe, dass man ernsthaft darüber nachdenken sollte, und deswegen haben wir ein Prüfungsverfahren mit eingeschaltet. Also wir haben das schon mit berücksichtigt.

Die andere Geschichte ist – und da bin ich schon sehr gespannt darauf, wie Sie das letztendlich auch in Zukunft darstellen wollen –, wann der Gesetzentwurf kommt, haben Sie uns nicht sagen können, vielleicht Ende des nächsten Jahres. Ein Zeitrahmen wurde nicht gefasst.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wie immer.)

Wir werden immer wieder nachfragen. Darauf können Sie sich verlassen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch Oppositionsarbeit.)

Und ich sage auch ganz offen, natürlich haben wir damit gerechnet, dass Sie irgendeinen Anlass, irgendetwas finden, warum Sie diesen Gesetzentwurf auch ablehnen und nicht mal bereit sind, ihn in die Ausschüsse zu überweisen.

Aber, und das werden wir in Zukunft immer wieder bemängeln, Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Sie mit diesem Verfahren auch der Kommunalverfassung nicht gerade Rechnung tragen, denn hier wurde ausdrücklich festgelegt, dass immer dann, wenn Gesetzentwürfe vorgelegt werden, sie in den Ausschüssen unter Beachtung der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände dann auch zu beraten sind. Und Sie geben nicht einmal den kommunalen Spitzenverbänden die Möglichkeit – obwohl Sie selber ja darauf hingewiesen haben, dass die Kommunen zu stärken sind und eine besondere Aufgabe haben, nämlich im eigenen Wirkungskreis –, sich darauf hier mal zu verständigen.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist aber sehr weit hergeholt.)

Lesen Sie bitte nach. In Paragraf 6 Absatz 2 und 3 Kommunalverfassung steht unter anderem, dass der Landtag bei Beratung von Gesetzentwürfen, die unmit

telbar die Belange der Gemeinden berühren, die Kommunen auch anhören soll.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, wenn der Gesetzentwurf beraten wird. – Ilka Lochner-Borst, CDU: Ja.)

Zweifelsfrei berührt unser Gesetzentwurf unmittelbare Belange der Gemeinden. Und der Gesetzgeber hat genau das gewollt, dass wir diese, was die Kommunalverbände betrifft, dann auch letztendlich überweisen. Sie können über die Auslegung der Kommunalverfassung hier mit mir streiten. Letztendlich müssen Sie sich sagen lassen, dass es kein parlamentarisch guter Brauch ist, dass Sie nicht einmal mehr bereit sind, Gesetzentwürfe in die zuständigen Fachausschüsse zu überweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich glaube, dieser Stil, das müssen wir Ihnen deutlich sagen, der sich in den letzten Monaten immer weiter fortsetzt,

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Dann denken Sie mal daran, was Sie mit uns gemacht haben in der letzten Legislatur.)

dieser Stil, darüber sollten Sie nachdenken, ist weder im Interesse der kommunalen Spitzenverbände noch im Interesse der Leute, die sich ehrenamtlich engagieren.

(Vincent Kokert, CDU: Ja. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Und wenn Sie meinen, dass es so wichtig ist, dieses Landes-Schiedsstellengesetz oder die Frage auch gesetzlich neu zu regeln, sage ich Ihnen an dieser Stelle: Warum wollen wir den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE nicht in die Fachausschüsse überweisen, dort gemeinsam darüber reden, was verändert und verbessert werden sollte und könnte?