Protocol of the Session on April 3, 2009

Da der Landtag selbst nur ein Abbild seiner selbst ist, machen die Genossen der Linkspartei auffällig regen Gebrauch von wachsweichen Formulierungen wie: „der Landtag begrüßt“, „der Landtag spricht die Erwartung aus“ oder „der Landtag teilt insbesondere die Auffassung“.

(Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

De facto bleibt diesem sogenannten Hohen Hause heutzutage auch nicht mehr viel übrig.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Es ist auch von Ihnen nicht mehr zu leugnen, dass die Einrichtung Landtag nur noch als Ausschmückung für die Vollstreckung von EU-Richtlinien dient. Nicht umsonst bescheinigte Roman Herzog,

(allgemeine Unruhe – Glocke des Vizepräsidenten)

einstiger Richter am Bundesverfassungsgericht und späterer Bundespräsident der EU-Zentrale Brüssel ein – Zitat – „Besorgnis erregende(s) … Demokratiedefizit“

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und die „Aufhebung der Gewaltenteilung“. Nach dieser Logik ist es klar, warum das parlamentarische Theaterstück „Landtagssitzung“ überhaupt noch praktiziert wird.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Eben, genau.)

Die EU-Hörigkeit der Postkommunisten ist ungebrochen groß.

(Reinhard Dankert, SPD: Da spielt ihr, bei dem Theater, ja immer kräftig mit.)

Dabei befindet sich die Partei DIE LINKE selbst in einem EU-kritischen Klageverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und man höre und staune: Die EU-Fetischisten lehnen das Vertragswerk von Lissabon ab, jedoch nicht die Europäische Union selbst.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Tja. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Erklären Sie doch mal, wie Ihre andere EU, Herr Methling, aussehen mag.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Weil wir eben keine Postnazis sind. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich denke da eher an ein Konstrukt, wie es die Sowjetunion einst darstellte.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

In Ihrem Europaverständnis, Damen und Herren aus Brüssels Gnaden, haben die heutigen Europäer und ihre Völker keinen Platz.

(Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Michael Andrejewski, NPD)

Identitätslos, entwurzelt und austauschbar, so ist der Idealtypus Ihrer Sorte Mensch, den Sie sich herbeiwünschen. Die Grenzen der europäischen Kulturen zu verwischen, darauf zielen Sie ab.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Mein Gott!)

Dann haben Sie Ihre formlose Masse von Menschen, die das von Ihnen herbeigesehnte Material für europäische Bürgerinitiativen bilden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie wollen wohl im Teutoburger Wald bleiben, oder?)

Das Wort hat jetzt noch einmal die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Müller, ob wir Ihnen erklären, wie unser Europa aussehen könnte und sollte oder nicht, Sie werden es sowieso nicht verstehen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das versteht auch kaum ein Bürger.)

Deswegen geben wir das an dieser Stelle lieber auf.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie haben in den letzten Wochen hier überhaupt nichts verstanden

(Irene Müller, DIE LINKE: Langsam kann man sich nicht mehr darüber aufregen.)

und deshalb ist das, glaube ich, vergebliche Liebesmüh.

Meine Damen und Herren, natürlich – und das will ich an der Stelle sagen – waren wir darauf vorbereitet, dass Sie uns damit kommen, dass wir den Vertrag von Lissabon oder die Verfassung ablehnen, uns aber dieser Initiative anschließen. Ich denke, wenn Sie etwas besser recherchiert hätten, dann wären Sie auch darauf gekommen, dass es diese Initiative „Bürgerinitiative“ nicht erst mit dem europäischen Verfassungsentwurf gab, denn diskutiert wird sie schon seit 1996. Seit 1996 versuchen NGOs, viele demokratische Strukturen innerhalb der Europäischen Union, genau diese Frage vertraglich

zu vereinbaren und vertraglich festzuhalten. Dass der Vorschlag dann in den Verfassungsvertrag eingebracht wurde, liegt auch daran, dass diese außerparlamentarischen Kräfte sich in dem Konvent starkgemacht haben und das aufgegriffen wurde.

Nun sieht es aber so aus – und das macht uns schon …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Übrigens auch Frau Kaufmann.)

Auch durch Sylvia-Ivonne Kaufmann, gerade durch ihre Diskussion, und dazu stehen wir auch nach wie vor. Das ist überhaupt kein Dissens, den wir da, wenn Sie den jetzt aufmachen wollten, Herr Müller, in irgendeiner Weise haben. Nein, im Gegenteil. Nach unserem Anspruch ist das, was Sylvia-Ivonne Kaufmann im Konvent geleistet hat, das, was sie versucht hat einzubringen, durchaus akzeptabel. Davor haben wir auch Respekt und den haben wir ihr gegenüber immer zum Ausdruck gebracht.

Und dann noch, Herr Kuhn, wissen Sie, es ist eine demokratische Entscheidung eines Parteitages. So, wie Sie nominiert worden sind, haben wir eben anders nominiert.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wobei wir nicht so einen klasse Mann wie Kuhn haben. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Mehr kann ich dazu nicht sagen, da haben wir auch keinen Nachholbedarf, den Sie da in irgendeiner Weise postulieren.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Also, wie gesagt, es ist schon ein langer Diskussionsprozess, der nicht erst mit der Verfassung zum Ausdruck gebracht wurde oder jetzt mit dem Verfassungsvertrag, der jetzt vorliegt.

Und dann müssen Sie sich gefallen lassen: Sie werfen uns vor, wir nehmen sozusagen eine Rosine aus diesem Verfassungsvertrag. Das, was mit dem Lissabonner Vertrag vorliegt, ist genau das Gleiche. Sie haben nämlich aus dem Verfassungsvertrag das herausgenommen

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Die Weintrauben.)

oder Ihre politisch Verantwortlichen, was unbedingt gebraucht wird aus Ihrer Sicht, um die Europäische Union so zu entwickeln, wie Sie sie wollen.

(Werner Kuhn, CDU: Das heißt nicht, wie Sie, sondern wie 27 Staaten übereinkommen, das ist das Problem.)

Auch das nenne ich eine sehr differenzierte Betrachtung.

(Zuruf von Detlef Müller, SPD)