Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns den Antrag der LINKEN anschauen, sehen wir natürlich, dass das eine sehr selektive Betrachtung ist.
Man muss konstatieren und sagen, der Vertrag von Lissabon beinhaltet nicht nur plebiszitäre Elemente und den Punkt, dass die Möglichkeit in der Zukunft auch besteht, mit einer Million Unterschriften ganz bestimmte politische Dinge hier in Angriff zu nehmen,
die dann durch die Legislative und die Exekutive in Brüssel entschieden werden, sondern es war ein schwieriger Verhandlungsprozess nach dem Scheitern der EUVerfassung, dass überhaupt dieser Vertrag von Lissabon diese Form annehmen konnte. Deutschland war seinerzeit in der EU-Ratspräsidentschaft sehr verantwortlich mit der Bundeskanzlerin, dass diese Verhandlungen so ausgehen konnten. Was denken Sie? Es war eine schwierige Situation, wenn man dann sagte, bis jetzt
waren alle 27 Mitgliedsländer schon in ihren Kommissionen mit einem entsprechenden Kommissar vertreten und das werden in der Zukunft nur noch die Hälfte sein, oder wenn es darum ging, wie das Abstimmungsverhältnis, das Abstimmungsvotum in der Europäischen Union in der Zukunft gestaltet wird und dass es notwendig ist, dass ich mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten habe und 65 Prozent aller Einwohner der Europäischen Union, wenn es darum geht, auch Mehrheiten innerhalb des Europäischen Parlamentes, Mehrheiten innerhalb der Exekutive zu gestalten.
Deshalb, denke ich, ist es etwas vermessen von der Fraktion DIE LINKE, dass man in einem Prozess der politischen Willensbildung, nämlich einem Ergebnis einer Kommission, sozusagen bevor das Parlament dazu getagt hat, ein Votum abgibt und sagt: Ja, genau das ist auch unsere Überlegung,
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie wissen doch, ein Problem ist, dass die Länder- parlamente immer zu spät beteiligt werden.)
eine Europäische Bürgerinitiative hier in Angriff zu nehmen. Auf der anderen Seite ist die LINKE konsequent dagegen, dass der Vertrag von Lissabon in dieser Form, wie er verhandelt worden ist mit allen 27 Mitgliedsländern, tatsächlich auch so ratifiziert werden kann. Ob das über Referenten geht, ob das über die entsprechenden Gewählten, frei gewählten Vertreter der einzelnen Parlamente funktionieren kann,
Und manchmal habe ich so den Eindruck, dass Sie als LINKE als Hüter der plebiszitären Elemente und der Bürgerbefragung und so
(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das haben Sie gut erkannt. – Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)
eine besondere Aufgabe gefunden haben, nachdem Sie ja viele, viele Jahre, als die Bürgerrechte eben noch nicht in den Ostblockstaaten und auch nicht in der DDR realisiert werden konnten,
Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich mir das anschaue, das Europäische Parlament hat sich bislang noch nicht mit dem Bericht des Ausschusses für die konstitutionellen Fragen befasst.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und dann dürfen wir das auch nicht, oder wie? Eigenartige Auffassung.)
an dem die Neuwahl zum Europäischen Parlament in Europa in Angriff genommen wird. Das heißt, eine nächste Legislaturperiode steht ins Haus,
die natürlich auch eine besondere Herausforderung für alle 27 Mitgliedsstaaten sein wird, und ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren,
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Insbesondere für den Kollegen Kuhn. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Aber wenn ich mir anschaue, wie die anderen Parteien – und in besonderer Weise auch die LINKE – europafreundliche, sehr konstruktive Kollegen dann nicht auf ihrer Liste platzieren, sondern genau die, die dann sagen, wir wollen nicht Lissabon,
dieser Vertrag ist letztendlich auch, was die europäische Sicherheits- und Außenpolitik betrifft, überhaupt nicht mit unseren Zielen zu vereinbaren, wir wollen nur noch plebiszitäre Elemente, da kann ich nur sagen, das ist nicht der richtige Weg.
Wir müssen erst sehen, dass die einzelnen Nationalstaaten sich hier auch einigen darüber und sagen, wo wollen wir in der Zukunft ankommen in unserem gemeinsamen Haus Europa. Und wenn wir uns überlegen und sagen, also 2002 mit dem Vertrag von Nizza, der EU-Ost-Erweiterung, da sind noch keine zehn Jahre vergangen, und Sie erwarten jetzt,
also es muss in übergroßer Weise jetzt schon eine Übereinstimmung bestehen in einer schwierigen Situation,
(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sie werden noch gebraucht. Ein bisschen ruhiger. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
in Wirtschafts- und Finanzkrise, in dem Bereich, wo letztendlich auch die Solidarität der einzelnen Länder untereinander gefragt ist,
die Solidarität der wirklich wirtschaftlich starken mit den schwächeren Ländern, und da sagen Sie, dieser ganze europäische Prozess ist gescheitert. Ich sehe das völlig anders. Und wenn Sie Politiker fragen, die aus dem südostasiatischen Raum kommen oder auch aus Lateinamerika, dann sagen die nur, ich weiß überhaupt nicht, was ihr wollt. Ein solches Modell wie diese Europäische Union, die würden wir uns von Herzen wünschen.
Und die Probleme, die ihr da habt, die würden wir in dieser Form sehr gerne nehmen wollen, wenn wir nur diese Einigung herstellen könnten. Und deshalb lehnen wir auch Ihren Antrag heute ab.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie müssen langsamer sprechen.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die EU ist seit Längerem ein gern thematisierter Gegenstand in der einen oder anderen Initiative der Landtagskommunisten. In diesem Fall wünschen sich die Vorkämpfer der Internationalen eine neue, wie sie in ihrem Antrag formulieren, „supranationale direkte Demokratie“. Sie fordern sinngemäß: Europäische Bürgerinitiative einführen. Was Ihnen vorschwebt, ist doch eher eine europaweite Arbeiterbewegung unter altbekannter Parole.
Da der Landtag selbst nur ein Abbild seiner selbst ist, machen die Genossen der Linkspartei auffällig regen Gebrauch von wachsweichen Formulierungen wie: „der Landtag begrüßt“, „der Landtag spricht die Erwartung aus“ oder „der Landtag teilt insbesondere die Auffassung“.