Ich will das auch noch mal so ein bisschen untermauern mit zwei Zitaten, die ich Ihnen hier gerne dazu vortragen möchte. Das erste Zitat, ich zitiere: „In diesem Sinne wird die Landesregierung aufgefordert: … sich für die Fortsetzung des EU-Verfassungsprozesses und insbesondere die baldmögliche Umsetzung der im Vertragsentwurf … vorgesehenen Fortschritte, vor allem in den Bereichen Subsidiarität, Transparenz und Bürgernähe“ – ich betone: Bürgernähe –, „einzusetzen.“ Ende des Zitats.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, dieses Zitat stammt aus dem vor gut zwei Jahren hier eingebrachten Antrag der Koalition. Wir haben das damals im Zusammenhang mit der EU-Ratspräsidentschaft Ihnen hier vorgestellt und haben das dann auch hier verabschiedet.
aber wir haben uns damals halt schon dafür ausgesprochen, dass die europäische Bürgerinitiative hier auch Berücksichtigung findet, denn nicht erst im Vertrag von Lissabon, sondern sogar bereits im Verfassungsentwurf war das enthalten.
Und ein zweites Zitat, auch das möchte ich Ihnen hier noch mal vortragen, ich zitiere: „Wir wollen den Irrtümern, Legenden und Mythen zu diesem Vertrag durch Tatsachen den Boden entziehen und mithelfen, die Gespensterdebatte über die Europäische Union zu beenden. Entscheidend ist nicht, was es alles an Verdächtigungen und Verfälschungen gibt, vielmehr zählen die tatsächlichen Inhalte dieses Vertrages.“ Zitatende. Dreimal dürfen Sie raten, von wem dieses Zitat sein könnte.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich lese alles. – Zurufe von Norbert Baunach, SPD, und Irene Müller, DIE LINKE)
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie ist auch für Bürgerinitiativen. – Irene Müller, DIE LINKE: Ja, damit hat sie ja recht.)
In ihrem Buch „Die EU und ihre Verfassung“ hat sie das so aufgeschrieben. Ich glaube, damit ist sie auch auf unsere Dinge, die wir hier immer so vorantreiben, sehr gut eingegangen.
Insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, gibt es einfach keine Alternative zum Vertrag von Lissabon. Ich kann Sie nur auffordern und Sie noch mal bitten, nicht die Rosinen rauszusuchen, sondern dem Vertrag insgesamt zuzustimmen. In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh, das ist ja enttäuschend.)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor circa zwei Wochen hat meine Fraktion eine Informationsreise nach Brüssel unternommen und verschiedene europäische Institutionen besucht.
Wir waren auch in der Landesvertretung. Ich könnte jetzt auch alle aufzählen, aber das spare ich mir, denn so viel Redezeit habe ich leider nicht.
Wir haben die Gelegenheit sozusagen genutzt, Themen mit landesspezifischem Bezug auf europäischer Ebene in Brüssel diskutieren zu können. So eine Reise festigt dann auch die Erkenntnis, dass ein großer Teil der Politik, meine Damen und Herren, die uns unmittelbar betrifft, auf europäischer Ebene gestaltet wird. Darüber mag man jammern oder man mag schimpfen, wir Liberalen sehen es jedoch als Chance und begleiten diesen Prozess aktiv. Das Anliegen der Fraktion DIE LINKE, sich mit dem hier vorliegenden Thema direkte Demokratie zu beschäftigen, ist grundsätzlich zu begrüßen, auch begrüßenswert durch die FDP-Fraktion, insbesondere auch wegen der bevorstehenden Europawahl. Dass es allerdings die LINKE ist, die diesen Antrag stellt, das beweist doch zumindest ein klein wenig Scheinheiligkeit, könnte man vermuten, denn, meine Damen und Herren,
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie liegen natürlich völlig falsch, Herr Leonhard. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)
denn, meine Damen und Herren, der Vertrag von Lissabon sei nicht zukunftsfähig. Wer das gesagt hat, ist auch hier schon andiskutiert worden. Das hat der Parteivorsitzende der LINKEN und Vorsitzende der europäischen LINKEN Lothar Bisky zum Lissabonner Vertrag geäußert.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Deshalb kann es trotzdem Einzelheiten geben, die noch in Ordnung sind. Die gibt es auch. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Und obwohl Sie den Lissabonner Vertrag ablehnen, ziehen Sie sich nun einen einzelnen Punkt aus diesem heraus und versuchen damit zu punkten. Man könnte auch sagen: die guten Rosinen herauspicken.
Wenn Sie den Vertrag von Lissabon ablehnen – und das tun Sie –, dann lehnen Sie auch die darin enthaltene Bürgerinitiative ab. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten zumindest die Menschen in unserem Land auch wissen.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja Unsinn, was Sie erzählen. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)
Und damit kein Irrtum entsteht: Die FDP steht für den Vertrag von Lissabon und damit auch für weitere Fortschritte in Hinblick auf Transparenz und mehr Bürgerbeteiligung.
Europa, meine Damen und Herren, Europa muss den Menschen auch weiterhin nähergebracht werden. Es darf nicht als etwas Abstraktes abgetan werden. Europa geht jeden etwas an, Europa betrifft jeden von uns. Und deshalb werden wir auch die weiteren Bemühungen um mehr Demokratie konstruktiv, aber auch durchaus kritisch begleiten. Vordergründig klingt die Forderung nach einer europäischen Bürgerinitiative doch durchaus attraktiv. Weitere Fortschritte aber für mehr Bürgerbeteiligung auf EU-Ebene müssen Bestandteil der gesamten weiteren Ausgestaltung der Reformen auf europäischer Ebene sein.
Bis Ihre Fraktion ihr Verhältnis zu Europa ordentlich geklärt hat, werden wir Anträge in dieser Form ablehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war eine sehr sachliche Auseinandersetzung. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)