Aus diesem Grunde hat meine Lieblingsfraktion logischerweise diesen Antrag gestellt, um dieses Thema sehr ernsthaft zu bereden.
Der Hintergrund ist, ich glaube, sehr ausführlich dargestellt worden, dennoch möchte ich es ein kleines bisschen korrigieren. Im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche 2003 in Großbritannien ist die Europäische Union zu der Auffassung gelangt, dass wir den Tierhandel und das Verbringen von Tieren noch stärker kontrollieren müssen. Das ist aus meiner Sicht grundsätzlich richtig, weil wir im Falle einer Seuche unverzüglich die Nachvollziehbarkeit des Tierhandels oder das Verbringen von Tieren aufklären müssen. Dass die Europäische Union nun insbesondere Schafe und Ziegen, und die Zahlen sind hier genannt worden, die 104.000 Schafe und die fast 5.000 Ziegen, jetzt noch mit einer elektronischen Überwachung unterlegen will, halten wir für nicht praktikabel.
Im Übrigen hat sich der Agrarrat auf der letzten Sitzung damit beschäftigt. Spanien und Italien, das ist aus meiner Sicht auch interessant, wollen unverzüglich die elektronische Lösung umsetzen, obwohl es in Europa noch keine gibt, Deutschland hat sich der Stimme enthalten, aber alle anderen Regionen Europas wollen dieses Verfahren aussetzen. Es ist so, die Kosten sind immens und letzten Endes damit auch der Aufwand. Dieser
Aufwand gilt dann im Übrigen nicht nur für die Tierhalter, also nicht nur für die professionellen Tierhalter, die Haupterwerbstierhalter, sondern auch für die Hobbyhalter. Hinzu kommt, dass die Verwaltung selbstverständlich auch mit der Technik und mit den entsprechenden Personalstellen ausgestattet werden muss, denn es muss dann ja alles kontrolliert werden.
Deswegen möchte ich gerne erreichen – und ich habe die Hoffnung, dass der Landtag das auch so sieht –, dass auch in Deutschland eine Initiative gestartet wird, dass das mit der Datenbank, die wir heute schon haben, wo die Tiere gemeldet werden, ausreicht, um in Europa ein verwaltungsmäßiges Verfahren umzusetzen, welches man den Tierhaltern auch wirklich zumuten kann.
Ich möchte abschließend hier noch mal unterstreichen, zumal wir ja morgen auch noch einmal über die wirtschaftliche Lage reden wollen, denn alles redet zurzeit über die Milch oder über Opel, aber den Schafhaltern, den Ziegenhaltern in Deutschland und in Europa, denen geht es wirtschaftlich wirklich schon seit Jahren, seit vielen Jahren nicht besonders gut. Die jammern weniger, weil sie sich um die Tiere kümmern. Wenn Sie sich überlegen, vielleicht weiß es der eine oder andere, für mich ist das wichtig, Ihnen das auch noch mal zu sagen, das Kilo Reinwolle kostet heute deutlich unter 50 Cent, auch was die Fleischpreise beim Schaf oder bei der Ziege anbetrifft, ist das wirtschaftlich an der Schmerzgrenze.
Aus diesem Grunde wollen wir nicht die Tierhalter noch stärker belasten, sondern wir wollen, dass uns auch in Zukunft die „Rasenmäher“, die in die Kulturlandschaft gehören, die eine wertvolle Arbeit leisten für den Naturschutz, für den Umweltschutz, aber letzten Endes damit auch für den Erhalt der Kulturlandschaft, erhalten bleiben. Denn, auch das ist, glaube ich, interessant, wir haben im letzten Jahr etwa 1,2 Prozent der Schafhalter in unserem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern verloren. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass auch in Zukunft die Schafhaltung und die Ziegenhaltung weiterhin bestehen bleiben können. Das heißt, unter dem Strich hat das eine besondere Bedeutung für unser Land. Das ist auch aktive Wirtschaftsunterstützung, wenn wir alles daransetzen, dass wir dieses Verfahren, solange es nicht endgültig wirklich wissenschaftlich und technisch untersetzt ist und vor allen Dingen die Kosten auch abschätzbar sind, in Europa verhindern. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Professor Tack. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Einbringung durch Kollegin Schildt und der Rede des Ministers erübrigt sich eigentlich eine historische Darstellung zur Einführung der elektronischen Einzeltiererkennung für die etwa 126.000 Schafe und Ziegen sowie deren Registrierung in unserem Lande. Ich will trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass die Einführung dieser Bestimmungen durch die EU nicht über Nacht über uns hereingebrochen ist, sondern spätestens 1998 mit dem Großversuch zur elektronischen Kennzeichnung von Tieren, IDA, gestartet wurde. Der Schlussbericht lag am 30. April 2002 vor. Das Vorhaben hat gezeigt, dass die Kennzeichnung von Schafen und Ziegen mittels elektronischer Kennzeichnung erheb
lich verbessert werden kann, sofern bestimmte Anforderungen an die Begleitmaßnahmen erfüllt sind. Daraus entstand 2003 die im Antrag genannte EU-Verordnung, die im Vorfeld auch im Bundesrat beraten wurde.
Mit dem Ziel einer wirksamen Tierseuchenbekämpfung begrüßte der Bundesrat den damaligen Entwurf grundsätzlich, sah aber einzelne Elemente der Verordnung wie zum Beispiel die Frist zur Einführung als nicht realisierbar an. Zwischenzeitlich wurde die Einführung auf den 31.12.2009 verschoben. Das Europäische Parlament hat am 19. Juni 2008 eine Entschließung zu der Zukunft der Schaf-, Lamm- und Ziegenhaltung in Europa angenommen. Unter anderem werden darin der Rat der Landwirtschaftsminister und die Kommission aufgefordert, für die geplante Kennzeichnung eine Gemeinschaftsfinanzierung einzuführen. Dem kann ich aus meiner Kenntnis der Situation und der Spezifik der Schaf- und Ziegenhaltung nur zustimmen. Die Einführung des neuen Systems wird für diesen in der Krise befindlichen Sektor neue Verwaltungslasten und höhere Kosten mit sich bringen. Herr Minister Backhaus hat darauf aufmerksam gemacht.
Diese Formulierung der EU-Parlamentsentschließung – ich wiederhole sie noch einmal, in der Krise befindlich – beschreibt die Lage der Schaf- und Ziegenhalter in unserem Lande, in der Bundesrepublik und in der EU zutreffend. Deshalb, meine Damen und Herren, ist die elektronische Kennzeichnung der Tiere auch nur einer von 29 Punkten, in denen es um die Zukunft dieses Sektors geht. Ich hätte erwartet, liebe Antragsteller, dass, wenn wir schon über die Stiefkinder der Agrarpolitik, die Schafe und Ziegen, hier reden, wir über deren Gesamtlage reden und dazu dann Beschlüsse fassen.
Eine Anmerkung zu dem Punkt 1 Ihres Antrages möchte ich noch machen. Sie wollen, dass der Landtag feststellt, dass diese Verordnung, ich sage mal, überzogen ist. Aber was soll dann kommen? Soll die Verordnung insgesamt gekippt werden? Soll sie nur besser finanziert werden oder soll sie weiterhin verschoben werden? Vielleicht können Sie diese wichtige Frage noch ergänzen, damit wir wissen, welchen Beschluss wir heute hier fassen wollen.
Ich würde die Rücknahme der Verordnung aus der Sicht unseres Landes favorisieren, denn ich kann Ihrem Punkt 2 inhaltlich voll zustimmen, der besagt, dass die bisherigen Methoden ausreichend sind. Natürlich kann ich nicht für die Bundesrepublik oder schon gar nicht für die EU insgesamt umfassend eine Einschätzung vornehmen. Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände zur Verordnung sagte der VDL-Vorsitzende Lauenstein, dass Tiergesundheit und eine effiziente Bekämpfung und Rückverfolgung von Tiererkrankungen oder Seuchen unbedingt zu unterstützen sind. Aber dies könne mit den bisherigen Ohrmarken und sogar reduziert auf die Bestands- oder Betriebskennziffer bereits vollends sichergestellt werden. Dem kann man nur zustimmen. Ebenso gibt es gute Erfahrungen mit der Bestandskennzeichnung beispielsweise im Bereich der Schweineproduktion. Dieses bewährte Verfahren ist meiner Ansicht nach für die Schafhaltung ausreichend, zumal die elektronische Kennzeichnung von Fachleuten auch heute noch als nicht ausgereift beurteilt wird.
Noch eine Bemerkung zum Punkt 3 der Entschließung. Sicher ist die Zahl 600.000 eine willkürlich gezogene Größenordnung, aber welche andere Zahl hätte diese Charakteristik nicht verdient? Haben Sie einen besseren
Vorschlag? Sicherlich wird es in den grenznahen Gebieten zwischen Deutschland und Österreich, die weniger als 600.000 Schafe und Ziegen haben, zu einigem Unverständnis kommen. Auch der 3. Punkt hätte eine Präzisierung aus meiner Sicht verdient, wie zum Beispiel die Abschaffung der Mindestgrenze. Würde man den ersten Punkt klar charakterisieren und formulieren, hätte sich ohnehin dieser 3. Punkt im Falle der Absetzung der Verordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, es liegt doch auf der Hand, so der VDL, dass die meisten und hier gerade die kleineren Betriebe ihre Schafhaltung einstellen werden, wenn die elektronische Kennzeichnung eingeführt wird. Die Kosten für diese Kennzeichnungsform, mit der auch – und darauf hat der Minister aufmerksam gemacht, Frau Schildt, Sie haben ebenfalls darauf aufmerksam gemacht – Anschaffungen von teuren Lesegeräten verbunden sind, sind für die Betriebe aus meiner Sicht nicht zu verkraften. Als Folge können unzählige Flächen dann nicht mehr extensiv gepflegt und offengehalten werden. Schafe sind bekanntlich, auch das wurde schon gesagt, unsere besten Landschaftspfleger.
Trotz der Unzulänglichkeiten, die ich angesprochen habe, wird meine Fraktion dieser Entschließung zustimmen, damit die Schaf- und Ziegenhalter nicht zusätzlich belastet werden. Nach der gerade erfolgten Ablehnung einer weiteren Verschiebung der Einführung durch den Agrarrat der EU, in dem mehrere Staaten die Umsetzung gefordert haben, weil sie bereits investiert haben, zum Beispiel die Niederlande, und …
… Wettbewerbsnachteile befürchtet werden, muss nun aus meiner Sicht nach neuen Verbündeten gesucht werden, um zu einer Lösung zu kommen. – Herzlichen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Schlupp. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kennzeichnung und Registrierung von Schafen und Ziegen ist im Interesse der Tierseuchenbekämpfung eine unverzichtbare Maßnahme. Wie bereits ausgeführt wurde, sieht die Verordnung der Europäischen Gemeinschaft ab dem 1. Januar 2010 die Einführung der elektronischen Einzeltierkennzeichnung und Registrierung für Schafe und Ziegen vor. Bisher ist nicht klar, wie diese Einzeltierkennzeichnung genau erfolgen soll. Hinsichtlich der elektronischen Kennzeichnung stehen eine Vielzahl von Kennzeichnungsmöglichkeiten über elektronische Ohrmarken beziehungsweise -chips oder den sogenannten Bulli zur Verfügung.
Wenn diese Maßnahmen auch gebrauchstauglich sind, verursachen sie dennoch gegenüber den bisherigen Kennzeichnungsmethoden über normale Ohrmarken hinaus erhebliche Mehrkosten. Während die Kosten für die Kennzeichnung im Rahmen von Ohrmarken circa 30 Cent je Tier betragen, steht die elektronische Kennzeichnung mit circa 2 bis 3 Euro je Tier zu Buche. Inwieweit eine unterschiedliche Tierkennzeichnung zwischen Rindern, Schafen und Ziegen vonnöten ist, bleibt für mich fraglich. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass aus
solchen prophylaktischen Gründen ein Beschluss der Europäischen Kommission verabschiedet wurde, der nunmehr geltendes Recht ist.
Vor diesem Hintergrund stellt der vorliegende Antrag ein Novum dar, da er eine Herabsetzung von Standards einer europäischen Verordnung fordert. Solche Anträge hätte ich mir auch bei der FFH- oder Vogelschutzgebietsverordnung gewünscht. Inwieweit der vorliegende Antrag bei dem Präsidenten des Europäischen Parlaments und bei der Europäischen Kommission Wirkung zeigen wird, bleibt zu hinterfragen.
Vor dem Hintergrund, dass Professor Borchert, der Kabinettschef der zuständigen Kommissare, vor Kurzem darauf verwies, dass Beschlüsse von Regionalparlamenten keinerlei Auswirkungen auf Rechtsetzungsverfahren beziehungsweise Entscheidungen der Europäischen Kommission haben, mache ich mir wenig Hoffnung.
Dennoch bin ich der Auffassung, dass die Einführung der elektronischen Einzeltierkennzeichnung und Registrierung von Schafen und Ziegen eine zusätzliche Belastung für Schaf- und Ziegenhalter in unserem Land darstellt. Aus diesem Grunde ist es richtig und wichtig, seitens des Landtages ein entsprechendes Signal zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Schaf- und Ziegenhaltung zu senden und unserem Ansinnen mit dem vorliegenden Antrag Ausdruck zu verleihen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Frau Reese. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Einführung der elektronischen Einzeltierkennzeichnung ist bereits seit Langem bekannt. Wie es im Antrag selbst beschrieben steht, wurde die EG-Verordnung dazu bereits im Jahr 2004 erlassen. Als Grundlage für die Verordnung wurde damals die Maul- und Klauenseuche in Großbritannien angeführt. Allerdings lag das Problem dort in der Bestandskennzeichnung und deren Kontrolle und nicht in der Einzeltierkennzeichnung. Um die Herkunft von Tieren besser nachvollziehen zu können, hat der Rat der Europäischen Union eine Verordnung erlassen, in deren Ergebnis die Mitgliedsstaaten mit mehr als 600.000 Schafen und Ziegen eine elektronische Einzeltierkennzeichnung verpflichtend einführen sollen. Nach Artikel 8 der Verordnung kann in Mitgliedsstaaten mit weniger als 600.000 Schafen und Ziegen die elektronische Kennzeichnung freiwillig erfolgen.
Ursprünglich sollte diese Verordnung bereits am 01.01.2008 in Kraft treten. Erst durch den Widerstand mehrerer Mitgliedsstaaten wurde der Zeitpunkt des Inkrafttretens auf den 01.01.2010 erweitert. Einige mögen die Verschiebung als Erfolg gefeiert haben, das Problem wurde damit aber keinesfalls gelöst.
Unserer Auffassung nach lässt sich eine elektronische Einzeltierkennzeichnung auch heute noch nicht realis
tisch, unproblematisch und mit geringem Aufwand durchführen. Auch meine Fraktion sieht die Zahl von 600.000 Tieren als verpflichtende Mindestbestandsgröße als rein willkürlich gewählt an. Relevant bei der Umsetzung der Verordnung sind die Größe des jeweiligen Bestandes eines einzelnen Halters und die Anzahl der Tiere, die er für den innergemeinschaftlichen Verkehr vorgesehen hat. Gerade für die Halter mit kleineren Stückzahlen sehen wir die Grenze der Zumutbarkeit hiermit überschritten. Wir Liberalen sind der Auffassung, dass die bisher üblichen Kennzeichnungsmethoden vollkommen ausreichend und mit einem vertretbaren Aufwand umsetzbar sind, um die Rückverfolgung der Herkunft der Tiere zu gewährleisten.
Wenn es auch fast als zu spät erscheint, ist nun doch gerade vor einer Woche wieder Bewegung in die Diskussion gekommen. Auf der Agrarratssitzung am 23. März sprachen sich auf Antrag Ungarns acht Mitgliedsstaaten für eine freiwillige Einzeltierkennzeichnung aus, vier stimmten dagegen.
Aber Deutschland hat sich bei der Abstimmung enthalten und es damit versäumt, ein deutliches Zeichen im Interesse der heimischen Schaf- und Ziegenhalter zu setzen. Meine Fraktion unterstützt die Forderungen des Bauernverbandes und des Schafzuchtverbandes, die Kennzeichnung der Tiere erst beim Eigentumsübergang vorzunehmen. Mit dieser Methode könnte das Ausreißen der Ohrmarken zum Beispiel beim Weiden verhindert werden. Das vom Rat als verpflichtend geplante Verfahren wird seitens unserer Fraktion wegen der Unzumutbarkeit für kleinere Halter abgelehnt, einer auf Freiwilligkeit berufenen Einführung stehen wir aber offen gegenüber.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion wird der Entschließung trotz allem zustimmen. – Danke.