Protocol of the Session on March 6, 2009

solche Festreden wie am Mittwochmorgen halten und diese Politik mit diesen Gesetzen ein ums andere Mal verteidigen.

Meine Fraktion hält es für dringend erforderlich, dass, anders als mit den Gesetzen zum Konjunkturprogramm

verabschiedet, die Regelsätze für Kinder und Jugendliche altersbezogen und damit bedarfsabhängig ermittelt werden, und zwar unverzüglich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Der Punkt 1 unseres Antrages hat sich durch Fristablauf erledigt. Die Punkte 2 und 3 des Antrages bleiben hingegen politisch hochaktuell. Diese Aktualität wird gerade auch dadurch begründet, dass die Bundesregierung beabsichtigt, mögliche Änderungen an den Regelsätzen nicht vor 2011 vorzunehmen, zumal im zweiten Halbjahr 2010 die Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorliegen würden. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, sollte Sie ganz besonders veranlassen, unserem Antrag zuzustimmen, denn die Kritik an der Höhe der Regelsätze ist ganz besonders eng verknüpft mit der untauglichen Datenbasis ihrer Ermittlung, also mit der EVS. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Dr. Linke.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Das Wort hat die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Welche Bedürfnisse haben zwölfjährige Mädchen und Jungen? Wer diese Frage fünf Eltern stellt, bekommt wahrscheinlich fünf verschiedene Antworten. Für den Fall, dass die Eltern Hartz IV beziehen, hat das Gesetz eine eindeutige Antwort: Die Bedürfnisse eines oder einer Zwölfjährigen dürfen nur 60 Prozent von dem kosten, was sich ein Erwachsener leisten kann. Das steht im Sozialgesetzbuch II. Wenn ich ein bisschen abrunde, behauptet das Sozialgesetzbuch II also: Zwölfjährige sind Zweidrittel-Erwachsene.

Sehr geehrte Abgeordnete, das mag vielleicht für das Gewicht gelten, aber sicher nicht für die Bedürfnisse dieser Zwölfjährigen. Nein, diese Regelung ist nicht klug und erst recht nicht nahe am Leben. Deswegen muss sie geändert werden. Wir müssen zunächst herausfinden, was eine Zwölfjährige oder ein Zwölfjähriger zum Leben, Essen und Spielen braucht. Dass Kinder spezifische Bedürfnisse haben, weiß jeder Vater und jede Mutter, die ihrem Sohn eine Hose anziehen will, deren Beine knapp unterhalb der Knie enden, weil der Junge längst aus der Hose rausgewachsen ist. Dieses Problem stellt sich dem, der Kinder hat, alle paar Monate, während sich Erwachsene eher seltener damit abplagen. Kinder brauchen häufiger neue Hosen als Erwachsene und nicht seltener, wie es die 60-Prozent-Regelung nahelegt.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Und nicht selten sind diese Hosen teurer.)

Die Forderung nach genauer Ermittlung und Definition des kinderspezifischen Bedarfs hat mächtig Rückenwind bekommen, seit sie sich das Bundessozialgericht zu eigen gemacht hat. Die Pressemitteilung des Gerichts vom 27. Januar lässt jedenfalls an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Überschrift lautet: „Vorschrift über

die abgesenkte Regelleistung für Kinder unter 14 Jahre ist verfassungswidrig“.

Mecklenburg-Vorpommerns Regierung hat diese soziale Schieflage bereits sehr frühzeitig erkannt. Weil sie durch ein Bundesgesetz entstanden ist, muss sie auch auf Bundesebene begradigt werden. Mein Vorgänger, der jetzige Ministerpräsident Erwin Sellering, hat sich als erster Landesminister dafür eingesetzt und ich habe diesen Einsatz uneingeschränkt fortgesetzt. Auf der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister hat die Forderung Mecklenburg-Vorpommerns mehrfach Unterstützung gefunden, zuletzt im November mit 16:0. Wir brauchen Hartz-IV-Regelsätze, die den kinderspezifischen Bedarf berücksichtigen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, und wie lange dauert das noch?)

Trotz meiner kritischen Anmerkungen darf man aber nicht vergessen, dass die Bundesregierung in jüngster Zeit viel unternommen hat, um Kindern zu helfen, die in finanziell schwachen Familien aufwachsen. Am 20. Februar dieses Jahres hat der Bundesrat dem Konjunkturpaket II zugestimmt. Dessen Inhalt tut auch den Kindern von Hartz-IV-Empfängern gut. Wenn sie zwischen 6 und 13 Jahre alt sind, bekommen sie ab Juli nicht mehr 60, sondern 70 Prozent des Regelsatzes, der für Erwachsene gilt – in Euro heißt das 246 statt 211. Einmal im Jahr bekommen sie ein sogenanntes Schulstarterpaket in Höhe von 100 Euro. Es soll die Anschaffung von Ranzen, Schreibutensilien oder Taschenrechnern erleichtern. Und Sie erinnern sich, dass ich in der Aktuellen Stunde am Mittwoch wiederholt die Forderung gestellt habe, diese 100 Euro auch auf die Abiturstufe auszuweiten, denn man darf diesen Kindern beim Abitur das nicht verwehren. Und ich freue mich, dass der Koalitionsausschuss der Bundesregierung gestern beschlossen hat, diese 100 Euro auf die Abiturstufe auszuweiten.

Der Bund zahlt für das Jahr 2009 einen Bonus von 100 Euro für jedes Kind und dieses Geld wird nicht auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe angerechnet. Wenn man alles zusammenrechnet, erhält ein 6 bis 13 Jahre altes Kind, dessen Familie Hartz IV oder Sozial hilfe bezieht, in diesem Jahr ein Extra in Höhe von 620 Euro. Und das, sehr geehrte Frau Dr. Linke, haben Sie unter acht Jahren Linkspartei-Sozialministerium nicht geschafft.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Harry Glawe, CDU: Genau. – Egbert Liskow, CDU: Das stimmt. – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Wir hatten 120 Einzelleistungen. – Irene Müller, DIE LINKE: Schlecht recherchiert.)

Ich will an dieser Stelle aber noch einmal grundsätzlich werden: Für mich besitzt die Förderung von Familien mit Kindern höchste politische Priorität. Kinder sind die Zukunft dieses Landes, und wir alle sollten ein starkes Interesse daran haben, die Chancen von Kindern zu verbessern, sich frei und gesund zu entwickeln. Nur so können Familien das sein, was sie sein sollen – Keimzellen der Gesellschaft. Die Hilfen, die der Staat oder das Land geben, müssen aber auch tatsächlich bei den Kindern ankommen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und dafür eignen sich Investitionen in Angebote und Infrastrukturen. Wir müssen allen Kindern Zugang zur gesunden Ernährung, zur Bildung und Freizeit, zu Sport und Kultur sichern. Dazu gehört der kostenlose Bildungsweg von der Kita über die Ganztagsschule bis zur Ausbildung beziehungsweise bis zum Studium. Nur so gewährleisten wir Chancengleichheit. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Darüber hinaus können wir es uns vor dem Hintergrund des demografischen Wandels auch ökonomisch nicht leisten, nur ein Kind zurückzulassen. Unser Sozialsystem ist aber immer noch ein Reparatursystem und wir müssen mehr zum Investitionsbetrieb kommen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Kommunen in diesem Land und das Land selber leisten bereits sehr viel und der Bund muss sich noch stärker engagieren.

Ich möchte die Infrastruktur unserer Familienpolitik ausbauen und vier Beispiele sollen dies belegen. Wir bezuschussen das Kita-Essen für Kinder, deren Eltern mit jedem Cent rechnen müssen, und das Vorschuljahr für alle Eltern. Auch das ist ein Erfolg dieser Koalition und wurde nicht erreicht unter Ihrer Führung, Frau Dr. Linke. Wir erarbeiten ein neues Gesetz, das die Bedingungen verbessern soll, unter denen unsere Kindertagesstätten arbeiten. Und das heißt, mehr Zeit und Angebote für die frühzeitige Förderung unserer Kinder, insbesondere Kinder, die diese Förderung von Hause aus nicht erfahren. Wir verkleinern die Maschen des Netzes, das wir für Kinder geknüpft haben, die von Vernachlässigung oder Misshandlung bedroht sind. Und wir haben ein Bonussystem eingeführt, das Mütter und Väter belohnt, die an einem Elterntraining in der Kita teilnehmen. Die Punkte, die ihnen dafür gutgeschrieben werden, können sie bei einem Urlaub in den Familienfreizeitstätten dieses Landes anrechnen.

Wenn wir Familien mit derart klugen Konzepten stützen, stellen wir sicher, dass kein Kind zurückbleibt, unabhängig davon, wie viel Geld die Eltern zur Verfügung haben. So kommen wir unserem Ziel näher, dass alle Kinder beim Start ins Leben die gleiche Chance haben müssen.

Und, sehr geehrte Frau Dr. Linke, ich habe es bisher vermieden zu sagen, wer hat das gemacht, wer hat das gemacht, aber ich kann’s eben einfach hier nicht stehen lassen, dass Sie den Abgeordneten der Regierungsfraktionen und der Landesregierung unterstellen, dass sie bei diesem Thema überhaupt nichts machen. Sie wissen, dass es anders ist. Sie wissen, dass wir sogar viele Übereinstimmungen haben,

(Egbert Liskow, CDU: Aber sie will es nicht aussprechen.)

und Sie wissen, dass jetzt für diese Kinder, die aus diesen Familien kommen, Mecklenburg-Vorpommern einen großen Anteil an diesem Kampf um mehr Geld hat. Und Sie können sich entscheiden …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber an dieser Situation hat die SPD auch einen großen Anteil. Das sollten wir auch nicht vergessen an dieser Stelle.)

Sie können sich entscheiden, da vielleicht ein Stück weit neidisch drauf zu sein, oder sich entscheiden zu sagen, Sie wollen auch diese Politik und es ist richtig, dass wir versuchen, diese Wege zu gehen. Für diese Unterstützung wäre ich Ihnen sehr dankbar.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch dies ist ein Dringlichkeitsantrag, der bereits auf der Januar-Sitzung abgelehnt wurde. Es handelt sich hierbei um ein bundespolitisches Dauerthema der Partei DIE LINKE, das auf allen Bühnen regelmäßig der Öffentlichkeit präsentiert wird, zur Abwechslung nun einmal wieder im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist so.)

Die Partei DIE LINKE stellt hierbei in ihrem Antrag richtigerweise fest, dass es hierzu bereits einen Gesetzentwurf der Bundesregierung gibt,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Wir haben immer recht.)

ebenso ein Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene, an dem der Deutsche Bundestag und der Deutsche Bundesrat beteiligt sind. Der Landtag von MecklenburgVorpommern ist somit nicht verfahrensbeteiligt, da es sich eben nicht um Landes-, sondern um Bundesgesetzgebung handelt.

Ferner möchte ich erneut ausdrücklich betonen, dass wir die Ansicht der Bundesregierung zur Anhebung der Regelsätze für Kinder teilen und das Vorhaben ausdrücklich begrüßen. Um arme Familien zu unterstützen, hat die Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturpaketes II die Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes für Kinder bis zum 13. Lebensjahr

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

auf 70 Prozent des Erwachsenenregelsatzes und somit auf 246 Euro monatlich beschlossen. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ferner sind die beschlossenen Investitionen in Bildungseinrichtungen und der einmalige Zuschuss von 100 Euro auf das Kindergeld ausdrücklich zu begrüßen. Außerdem bekommt jeder Schüler, dessen Eltern Hartz-IV-Leistungen beziehen, ab dem Jahr 2009 jährlich 100 Euro zusätzlich als Schulstarterpaket.

Wir sind der Meinung, dass damit dem gemeinsamen Anliegen des Bundesrates und seiner Mitglieder, die Regelsätze für Kinder anzupassen, Rechnung getragen wurde. Im Übrigen verweise ich auf den Antrag der Koalition – bereits vom 16. Januar 2008 – und den entsprechenden Beschluss des Landtages vom 31. Januar 2008 zu diesem Thema. Damit ist alles gesagt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist über ein Jahr her.)

Es hilft nichts, wenn DIE LINKE jetzt fortwährend mit immer neuen Anträgen versucht, bei diesem Thema den Ereignissen hinterherzulaufen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Steter Tropfen höhlt den Stein.)

zum Beispiel mit Antrag vom 9. April 2008,

(Irene Müller, DIE LINKE: Das hilft. Und wie das hilft! – Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

am 24. April des letzten Jahres hier abgelehnt, um Handeln zu suggerieren. Ich kann auch diesmal nur feststellen: Für Sie ist der Bundestagswahlkampf offensichtlich eröffnet und wir werden den Antrag erneut ablehnen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Rühs.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Grabow von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine lieben Kollegen!