Protocol of the Session on January 30, 2009

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat?

(Der Abgeordnete Dr. Klaus-Michael Körner wird nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen und unterbreche für zwei Minuten.

Unterbrechung: 12.02 Uhr

Wiederbeginn: 12.03 Uhr

Meine Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und gebe Ihnen das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben teilgenommen 58 Abgeordnete. 6 Abgeordnete stimmten mit Ja, 52 Abgeordnete stimmten mit Nein. Damit ist der Antrag der NPD-Fraktion auf Drucksache 5/2154 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Bericht der Landesregierung zur Unternehmensnachfolge, Drucksache 5/2141.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Bericht der Landesregierung zur Unternehmensnachfolge – Drucksache 5/2141 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns schon bei der Diskussion des Konjunkturprogramms für unser Land mit der Struktur, der Wirtschaftsstruktur befasst und der Situation der wirtschaftlichen Betriebe. Und Sie, Herr Roolf, sind ja gerade im Handwerk sehr aktiv und wissen auch um die Altersstruktur. Wir haben uns als Arbeitskreis intensiv damit befasst und haben festgestellt, dass es einen großen Blumenstrauß von Maßnahmen gibt, die aber für den Einzelnen ganz schwer erfasst werden können. Ich meine, dass es für uns als Land, als Politiker dieses Landes wichtig ist, diese Situation für uns sehr ernsthaft zu analysieren und Antworten zu geben.

Wir haben einmal nachgeschaut, das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn hat die Situation folgendermaßen charakterisiert. In den Jahren von 2005 bis 2009 – und da befinden wir uns gegenwärtig, das wird aufgestockt und aufwachsen – wird es 354.000 Übertragungen in der Bundesrepublik geben, davon circa 42.000 in den neuen Bundesländern, und auch wir in Mecklenburg-Vorpommern rechnen im Moment, ohne das genau erfasst zu haben, ungefähr mit 5.000 Übertragungen.

(Michael Roolf, FDP: Genau so, 5.000!)

An erster Stelle rangiert die Nachfolge innerhalb der Familie mit einem Anteil von 43,8 Prozent. Das ist gut so, wenn man das so regeln konnte, aber wie gesagt nur 43,8 Prozent. Die Bedeutung der Übertragung an Führungskräfte aus den Unternehmen ist insgesamt zurückgegangen, nur 10,2 Prozent sind das. Die Anzahl der Übernahmen durch externe Führungskräfte hat leicht zugenommen, das sind 16,5 Prozent. Aber was ganz wichtig ist: Der Stilllegungsanteil wird auf 8,3 Prozent prognostiziert. Und, meine Damen und Herren …

(Michael Roolf, FDP: Die interessiert das nicht. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Lassen Sie doch erst mal den Koalitionspartner sich setzen!)

Also, 8,3 Prozent prognostizierter Stilllegungsanteil. Sie wissen, wie schwierig es ist, eine Neugründung wirklich zu unterstützen, was wir da für eine Kraft in die Hand nehmen. Es muss doch ungleich leichter sein, einen Betrieb fortzuführen.

(Michael Roolf, FDP: Müsste! Müsste!)

Müsste! Und weil wir das nicht eindeutig bewerten können, weil wir zwar den Blumenstrauß an Maßnahmen uns sagen lassen können, sind wir der Meinung, es ist wichtig, dass wir da eine klare Analyse vornehmen, dass wir die Maßnahmen, die wir als Land haben, zusammenfassen, um für uns dann auch möglicherweise im Wirtschaftsausschuss entsprechende Schlussfolgerungen ableiten zu können.

Wir sind sehr froh, dass seit Anfang des Jahres in Mecklenburg „BRÜCKE MV Koordinierungsstelle Unternehmensnachfolge“ ihre Arbeit aufgenommen hat. Damit ist in unserem Land ein Instrument geschaffen worden, das den Unternehmen Unterstützung im Prozess der Unternehmensnachfolge anbietet. Im Fokus der Koordinierungsstelle, die mit den Partnern der Kammern und der Verbände zusammenarbeitet, stehen insbesondere

Aufgaben wie die Organisation in der Zusammenarbeit der Partner, Übernahme der Vertragsgestaltung mit den Unternehmen und die Unterstützung bei der Nachfolgesuche mit deren Qualifizierung. Und das ist ein guter Anfang, aber – ich betone es noch einmal – wir brauchen einen Bericht, der uns wirklich zusammenstellt, wie groß ist das Problem, wie spezifisch auf Branchen bezogen, welchen Instrumentenkasten haben wir dafür. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt und bitten um Ihre Unterstützung. – Danke schön.

Danke schön, Frau Schildt.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Seidel. Herr Seidel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat ein Thema, was vielleicht besser mehr zu Beginn einer solchen Landtagssitzung diskutiert werden sollte, weil man doch ein bisschen Gefahr läuft, die Bedeutung dieser Frage aus dem Auge zu verlieren.

Die Zahl, die Frau Schildt genannt hat, ist die von den Kammern, von den Verbänden eingeschätzte Zahl. Man kann sie nicht genau ermitteln, weil wir es ja wirklich mit einem Thema zu tun haben, das jeder für sich und jeder individuell regelt. Am Ende ist es eine Entscheidung von Unternehmerinnen und Unternehmern, die aber, das will ich ganz klar sagen, erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern – entweder positiv oder negativ – haben kann. Wenn ich nur mal ganz vorsichtig bin und mal das durchschnittliche Unternehmen mit dieser Zahl 5.000 multipliziere, was eine leichte Aufgabe ist, denn das durchschnittliche Unternehmen liegt so bei 20 Beschäftigten, dann bin ich ja, wie man schnell herausbekommt, bei ungefähr 100.000 Arbeitsplätzen. Also um diese Größenordnung geht es bei der Geschichte. Ich glaube, dass es wirklich wichtig ist, sich mit dieser Frage auch wirtschaftspolitisch zu befassen und sowohl die Unternehmerseite, aber eben auch das anzusprechen, was ein Land tun kann, was Kammern tun können, was Verbände tun können, um in dieser Frage das Maximale zu erreichen.

Ich will gleich eins sagen: Einer der ganz wesentlichen Punkte in dieser Frage – und das ist eine Erfahrung, die wir über die Bürgschaftsbank gemacht haben – ist die, wie soll man es jetzt sagen, die Bitte auch an die Unternehmerinnen und Unternehmer, in der Wahl des Preises oder der Forderung des Preises für Anteile für Unternehmen oder wie auch immer sich sehr stark am Markt zu orientieren. Wir wissen, dass dies oft eine Klippe ist, eine Fortführung hinzubekommen unter Hinzuziehung von zum Beispiel Banken oder entsprechenden unterstützenden Maßnahmen, wenn es nicht gelingt, einen Preis zu finden, der sich auch am Markt einigermaßen ermittelt hat. Das ist eine spannende Frage, ich weiß, aber ich muss dies zumindest sagen, weil das gerade in der letzten Zeit sehr deutlich in den Vordergrund gestellt wurde.

Meine Damen und Herren, man muss auch wissen, dass nach Meinung von Experten der Prozess der Unternehmensnachfolge nicht unmittelbar in ein, zwei Monaten

abgeschlossen ist, sondern sich oft über Jahre hinzieht und deswegen auch hier entsprechende Möglichkeiten der Begleitung gefunden werden sollten.

Ich will deutlich sagen, zu dieser Problematik gehört auf jeden Fall das ganze Thema Existenzgründerprogramm, denn wir haben auch ganz bewusst entschieden, dass wir die Unternehmensnachfolge auch im Existenzgründerprogramm unterstützen wollen, das heißt, die Instrumentarien, die da zur Verfügung stehen, können hier auch entsprechend eingesetzt werden.

Es ist schon erwähnt worden, wir haben jetzt eine Koordinierungsstelle, die befindet sich übrigens in der kleinen Stadt Malchow am Fleesensee. Herr Hartz, wie der Berühmte,

(Michael Roolf, FDP: Hartz IV!)

ja ja, schreibt sich genauso,

(Michael Roolf, FDP: Ja, ja!)

ist dort der Chef, der die Aktivitäten dort sozusagen leitet.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Das hört sich so einfach an, das ist doch nicht schwer, da so eine Stelle einzurichten. Das ist es auch nicht, das stimmt, aber es war nicht so einfach, die verschiedensten Aktivitäten, die es ja auch vorher gab, zusammenzuführen und sie unter ein Dach zu bekommen. Ich bin sehr dankbar, dass die einzelnen Akteure dieses Bereiches, wenn man so will, sich hier zusammengefunden haben, weil nur das es erst möglich macht, eine Hilfe aus einer Hand sozusagen geben zu können bei dem, der sich dieser Hilfe auch überhaupt nur annimmt.

Wir haben erste Ergebnisse. Ich muss aber sagen, diese Einrichtung existiert jetzt seit 1. Januar. Wir haben 50 Nachfolgeinteressenten, die sich gemeldet haben, und wir haben auch 35 Unternehmen, die sich dort gemeldet haben. Wir führen sie also zusammen und organisieren zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Partnern oder die Abstimmung mit verschiedenen Unternehmen, die Expertenauswahl, wenn man so etwas braucht, oder die Vertragsgestaltung, die Nutzung von Beratern, Sachverständigen und, und, und oder Bildungsfragen, die eine Rolle spielen können. Ich nenne nur das Stichwort Bildungsgutschein. Das alles wollen wir hier nutzen, um eben zu helfen.

Der Vollständigkeit halber will ich erwähnen, natürlich spielen immer eine große Rolle die Möglichkeiten der Bürgschaftsbank, der mittelständischen Beteiligungsgesellschaft, da wie gesagt versuchen wir ja – oder nicht versuchen, das haben wir inzwischen getan –, die Beteiligungsentgelte zu drücken, damit das auch nicht, sagen wir mal, zu teuer wird für denjenigen, der diese Instrumente nutzt. Das ist alles wichtig, übrigens auch ein Bestandteil der zehn Maßnahmen.

Also, meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind auf gutem Wege. Wir sollten aber dieses Thema immer weiter im Auge behalten. So gesehen werden wir natürlich gern diesen Bericht erstellen und ich freue mich auf eine Diskussion, weil es ein wichtiges wirtschaftspolitisches, arbeitsmarktpolitisches Thema der nächsten Jahre sein wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Holter von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Stärkung und Verbreiterung der wirtschaftlichen Basis in Mecklenburg-Vorpommern kann man nicht genug tun. Da sind wir uns hoffentlich einig. Dazu gehört auch das Thema Unternehmensnachfolge. Ich stimme mit Herrn Seidel und allen anderen überein, dass Unternehmensnachfolge genauso behandelt werden sollte und behandelt werden muss wie eine Existenzgründung.

Mich verwundert der Antrag, nicht das Thema, welches wir hier behandeln. Mich verwundert der Antrag, nach einem Bericht zu ersuchen, Frau Schildt. Am Dienstag vor unserer Landtagssitzung gab es in der Landespressekonferenz, auf der Herr Seidel und Frau Hintze von der IHK zu Neubrandenburg genau über dieses Thema gesprochen haben, über die Koordinierungsstelle „BRÜCKE MV“ gesprochen …

(Zuruf von Minister Jürgen Seidel)

Wie bitte? Ja, ja, über die „BRÜCKE“ gesprochen haben, über Finanzierungsmöglichkeiten sowohl der Stelle als auch Fördermöglichkeiten im Rahmen der Unternehmensnachfolge.

Unternehmensnachfolge bezieht sich ja nicht nur auf den gewerblichen Bereich und den Bereich, den Sie jetzt als zuständiger Minister vertreten, Herr Seidel, sondern bezieht sich auch auf die landwirtschaftlichen Betriebe. Ich hatte durchaus Gelegenheiten, beim Bauernverband in der Vergangenheit solche Gespräche zu führen. Auch hier ist es kompliziert, Nachfolgerinnen und Nachfolger für die heutigen Inhaber der bäuerlichen Betriebe zu finden. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass das, was in der Landespressekonferenz berichtet wurde, und das, was an Förderinstrumentarien insgesamt zur Verfügung steht, vom Grunde her in Ordnung ist, dass wir organisatorisch und fiskalisch als Land Mecklenburg-Vorpommern in diesem Sinne gut aufgestellt sind.

Wenn Sie, Frau Schildt, jetzt nicht nach einem Monat, sondern sagen wir mal 2010 einen Bericht eingefordert hätten oder wir gemeinsam einen Bericht eingefordert hätten, wie denn die Koordinierungsstelle und überhaupt das Thema Unternehmensnachfolge in MecklenburgVorpommern behandelt worden ist und welche Erfahrungen wir dort gesammelt haben, sähe das nach meiner Auffassung ganz anders aus.

Unternehmensnachfolge ist ein Thema, welches die Landespolitik nicht erst seit Tagen, sondern schon seit längerer Zeit beschäftigt. Und wenn ich auf die Pressekonferenz noch einmal zurückkommen darf, dann geht es ja auch darum, dass die heutigen Inhaberinnen und Inhaber abgeben und dabei auch loslassen. Herr Seidel hat zu Recht gesagt, das ist nicht ein Prozess an einem Tag oder in einem Monat, sondern das ist tatsächlich ein langer Prozess, der durchaus über mehrere Jahre gehen kann. Die Abgabe ist schwierig, einmal mental, einfach loszulassen, ist nicht so einfach, und dann dem Junior, dem Übernehmenden, auch die nötige Freiheit zu lassen und nicht ständig dazwischenzureden.

(Michael Roolf, FDP: Tja.)