Meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, die wirklichen Probleme liegen in diesem Zusammenhang woanders.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Im Ministerium, das ist klar. – Dr. Armin Jäger, CDU: He!)
Unser derzeitiges Vergaberecht ist sehr kompliziert. Es handelt sich nicht um Landesrecht aus verschiedenen Quellen und aus verschiedenen Stufen, auch Bundesrecht und europäisches Recht sind zu beachten. Das geltende Recht nimmt die betroffenen Interessen angemessen wahr, auch die der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Seine Anwendung aber lässt oft zu wünschen übrig. Ich wiederhole deshalb, was wir tun können und müssen, ist, dem geltenden Recht mehr Achtung zu verschaffen.
Das erstrangige Mittel der Prävention heißt Fortbildung. Wir haben uns in der Vereinbarung der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion darauf verständigt, uns unter anderem an sächsischen Vergaberegelungen zu orientieren. Insbesondere orientieren wir uns an der dort formulierten Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber, für eine hinreichende Fortbildung ihrer Mitarbeiter auf dem Gebiet des Vergaberechts zu sorgen. Das ist aus meiner Sicht ein sehr sinnvoller Ansatz.
Ein weiterer Ansatz ist, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bessere Hilfen für die Praxis der Vergabeverfahren zu geben. Im Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen heißt es: Bei Zweifeln über die Angemessenheit von Angebotspreisen sind die Lohnkosten darauf zu untersuchen, ob „der Mittellohn sowie die Zuschläge für lohngebundene und lohnabhängige Kosten (sich) im Rahmen der tarifvertraglichen Vereinbarungen und der gesetzlichen Verpflichtungen halten“.
Sie sehen also, schon die derzeitigen Regelungen haben die Beachtung tarifvertraglicher Vereinbarungen im Blick, und zwar an einer Stelle, an die sie im Vergabeverfahren auch gehören, nämlich bei der Frage des unangemessen niedrigen Preises. Außerdem müssen wir uns um eine verbesserte Systematisierung und Straffung der Vorschriften kümmern. Aus all den genannten Gründen lehnen wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Es ist Ihnen schwergefallen, den vorzutragen.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zweite Lesungen von nicht in Ausschüsse überwiesenen Gesetzentwürfen haben häufig in gewisser Weise Beerdigungscharakter.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Na, ich habe mich auch dunkel gekleidet heute. – Heinz Müller, SPD: Aber traurig sehen Sie nicht aus, Herr Holter.)
Aber, Kollege Holter, Sie werden es mir auch vor dem Hintergrund der Ausführungen, die wir bei der Ersten Lesung gemacht haben, die Sie ja nun zutreffenderweise auch heute hier wieder aufgenommen haben, nicht übel nehmen, dass ich das heute hier nicht tun will.
Vielleicht einiges Grundsätzliches und auch noch ein paar Ausführungen oder Anmerkungen zu dem Redebeitrag, den Herr Minister Ebnet hier für Herrn Minister Seidel vorgetragen hat.
Zunächst die Feststellung, Sie hatten das eben noch mal angesprochen, Herr Kollege Holter, die SPD-Fraktion hält an der Aussage ihres Fraktionsvorsitzenden fest, die in der letzten Landtagssitzung hier gemacht worden ist, wonach bis zur Sommerpause ein eigner Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht wird, um das hier auch noch mal in aller Deutlichkeit zu sagen.
Die SPD-Fraktion vertraut darauf, dass ihr Koalitionspartner an der entsprechenden schriftlichen Vereinbarung vom 05.03.2008 festhält und gemeinsam mit uns einen entsprechenden Gesetzentwurf hier einreicht.
Die SPD-Fraktion hat der CDU bereits vor einigen Wochen einen eigenen Gesetzentwurf zur weiteren gemeinsamen Beratung übergeben. Dieser enthält selbstverständlich, um auch das hier deutlich zu sagen, eine modifizierte Tariftreueregelung als Kernregelung des Gesetzentwurfes. Diese gegenüber dem niedersächsischen Vergabegesetz veränderte Regelung entspricht aus Sicht der SPD-Fraktion auch den Anforderungen des europäischen Rechts. Daneben sind Regelungen zur Stärkung der kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie der Handwerksbetriebe im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe und zur verbesserten Berücksichtigung berufsausbildender Betriebe enthalten.
Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass, wenn die CDU-Fraktion inhaltliche oder rechtliche Verbesserungsvorschläge im Rahmen der gemeinsamen Beratung vor und nach der Antragseinbringung hat, die SPD gesprächsbereit ist und diese aufnehmen wird. Unternehmen und Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern erwarten, dass der Landtag mit einem Vergabegesetz seiner Verantwortung gerade vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH nachkommt und alle gesetzgeberischen Möglichkeiten ausnutzt.
Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang aus der neues ten Ausgabe der Zeitschrift „NordHandwerk“ der Kammern Flensburg, Hamburg, Lübeck, Schwerin zu zitieren. Dort heißt es zur Entscheidung des EuGH: „Die praktischen Konsequenzen sind auf jeden Fall ein harter Schlag für alle am Bau tätigen Betriebe und für deren Beschäftigte. Sie haben bei öffentlichen Aufträgen nicht mehr die Gewissheit, dass alle Bieter mit dem gleichen Lohn kalkulieren müssen, und sind noch stärker als bisher durch Billig- und Dumpingangebote gefährdet.“ Und weiter heißt es dort: „In den meisten Ausbauhandwerken gibt es keinen gesetzlichen Mindestlohn, so dass sogar diese Auffanglinie fehlt. Die Chance auf öffentliche Aufträge sinkt für einheimische Betriebe, und es besteht die große Gefahr, dass derjenige einen Auftrag erhält, der die geringsten Löhne zahlt und zahlen darf.“
Des Weiteren hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen hier in der Landesgruppe Nord noch mit Datum vom 28.05.2008 eine Aufforderung an alle norddeutschen Landesregierungen – ich denke, da gehört die hiesige dann auch dazu – herausgegeben. Dort heißt es, ich zitiere: „Über die Parteigrenzen hinweg sind sich die norddeutschen Landesregierungen einig, dass es im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ein Tariftreuegesetz geben muss, damit es nicht zu Lohndumping kommt.“
„Folgerichtig erwarten wir nun von den Landesregierungen aber auch, dass durch gesetzliche Nachbesserungen die Tariftreuegesetze der Länder wieder wirksam werden.“
Erlauben Sie mir zum Schluss noch ein Zitat. Dort wird der Elektroinnungschef des Kreisinnungshandwerkes des Elektrohandwerkes Uecker-Randow im „Nordkurier“ zitiert, das ist allerdings schon vom 19.09.2007. Aber die
grundsätzliche Aussage, die darin erhalten ist, ist, glaube ich, heute noch genauso gültig. „Ich kann das nur begrüßen,“ – im Hinblick auf Mindestlöhne – „wer bislang seine Mitarbeiter nach Tarif bezahlt hat, für den dürften Mindestlöhne keine Hürde sein.“ Und weiter heißt es dort: „Leben und leben lassen“, so wird der Innungsmeister zitiert, „Leben und leben lassen, das ist wichtig. Schließlich gibt es in den meisten Bereichen ein Preisniveau wie im Westen, und dass die Leute neben dem Lohn noch einen Zuschuss vom Staat bekommen, um ein ausreichendes Auskommen zu haben, kann auch nicht sein.“ Das sagte der Elektrohandwerker aus Heinrichswalde.
Ich könnte Ihnen noch weitere Zitate von Unternehmen hier im Land vortragen, die alle in die Richtung gehen. Ob es die Gebäudereiniger oder das Wach- und Sicherheitsgewerbe sind, es ist völlig egal, eine Vielzahl der Unternehmen wartet darauf, dass wir entsprechende Regelungen für sie schaffen.
Jetzt lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Sätze zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und den hier vorgetragenen Ausführungen des Wirtschaftsministers sagen. Selbstverständlich, um das mit aller Deutlichkeit festzustellen, hat die SPD-Fraktion weder in der Vergangenheit noch derzeit die Absicht gehabt, im Rahmen des Vergabegesetzes zwischen in- und ausländischen Unternehmen zu differenzieren. Im Übrigen stehe ich auch auf dem Standpunkt, dass dieses gleichfalls verfassungsrechtlich und nach europäischem Recht unzulässig ist.
Hier geht es einzig und allein darum, den Rechtsraum, der auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Höfert gegen das Land Niedersachen weiterhin besteht, auszunutzen, um Lösungen zu finden, die für alle beteiligten Unternehmen, die hier tätig werden, europarechtskonform sind und natürlich gleiche Arbeitsbedingungen mitbringen.
Ein ganz deutlicher Hinweis – und das ist natürlich etwas, was man bei der Sache Höfert, wenn ich das mal so kurz nennen darf, nicht vergessen darf – ist folgender: Das niedersächsische Vergabegesetz ist zu einem Zeitpunkt geschaffen worden, als es die Europäische Richtlinie 2004/18 über die Vergabe öffentlicher Aufträge noch nicht gab. Einer der wesentlichen Kritikpunkte, die der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung am 03.04.2008 getätigt hat, ist die Differenzierung zwischen privaten und öffentlichen Aufträgen gewesen. Dieses Differenzierungsmerkmal wird nun aber gerade durch die entsprechende Europäische Richtlinie geschaffen. Dort heißt es ausdrücklich, dass Arbeitsbedingungen entsprechend berücksichtigt werden können bei Vergaberechtsgesetzen.
Wir gehen daher davon aus, ich habe es am Anfang gesagt, dass wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner ein europarechtskonformes Gesetz auf den Weg bringen werden. Hier an dieser Stelle selbstverständlich auch noch einmal das Angebot, dass eventuell ausstehende rechtliche Fragen in der Ausschussberatung weiter geklärt werden sollen. Die Gesetzeseinbringung ist nicht der Endpunkt, sondern der Anfangspunkt für die angehende Diskussion mit den Kolleginnen und Kollegen im Landtag.
Wir vertrauen darauf, dass wir in der nächsten Landtagssitzung hier einen entsprechenden Gesetzentwurf haben werden. Deswegen werden wir heute Ihren Gesetzentwurf ablehnen. – Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Helmut Holter, DIE LINKE: Ich wollte Beifall klatschen, aber nach dem Schlusssatz geht das nicht.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Nachdem der Landtag in der Ersten Lesung die Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt hatte, hat sich auch an unserer grundlegenden Ablehnung in der Zwischenzeit selbstverständlich nichts geändert.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Sie hatten doch einen Parteitag zwischendurch. – Zuruf von Ralf Grabow, FDP)
Eine Kopplung des Vergaberechts mit tarifpolitischen Kriterien lehnen wir ganz klar ab. Tarifpolitische Kriterien sind dem Vergaberecht fremd und werden dem Auftrag nicht gerecht, sparsam mit öffentlichen Mitteln umzugehen.
Der jeweilige Zuschlag unter geeigneten Bewerbern ist bei aller Schwierigkeit in der konkreten Umsetzung dem Angebot zu erteilen, das das wirtschaftlichste ist.