Protocol of the Session on June 4, 2008

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage einstimmig beschlossen.

Ich gehe davon aus, dass wir diese Vorlage in verbundener Debatte mit dem soeben aufgesetzten Antrag der Fraktion DIE LINKE nach dem Tagesordnungspunkt 10 beraten. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Fraktion der NPD liegt Ihnen auf Drucksache 5/1532 ein Antrag zum Thema „Tiefflieger über Mecklenburg und Vorpommern – Urlaubsland oder Tiefflugzone?“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss über die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Das Wort zur Begründung der Dringlichkeit hat der Fraktionsvorsitzende der NPD-Fraktion Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Tagen Meldungen erhalten, dass über dem Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern Tiefflugübungen der Bundeswehr durchgeführt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass Mecklenburg-Vorpommern sich als Gesundheits- und Urlaubsland darstellt und wir am Anfang der Urlaubssaison stehen, ist es geboten und dringlich, darüber zu debattieren, ob wir in Mecklenburg-Vorpom

mern eine Tiefflugzone bejahen und damit ganz massiv das touristische Geschäft hier in dieser Zeit während der Sommersaison gefährden oder ob wir uns dagegen aussprechen. Der Antrag ist dringlich, weil wir glauben, dass es angebracht ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Leute sich in der Kyritz-Ruppiner-Heide gegen das Bombodrom aussprechen und somit dann eventuell die Militärs ihre Übungen in andere Überfluggebiete unseres Bundeslandes verlegen,

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Das ist unglaublich!)

dass wir da ganz eindeutig ein Signal setzen und darüber hier im Landtag eine Debatte führen sollten. Ich beantrage daher, diesen wichtigen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen, und bitte um die Zustimmung für unseren Antrag.

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage bei Zustimmung der Fraktion der NPD und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 5/1294.

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: Entwurf eines Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge in MecklenburgVorpommern (Auftragsvergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern – AVG M-V) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/1294 –

In der 36. Sitzung des Landtages am 5. März 2008 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Holter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die Notwendigkeit eines Vergabegesetzes haben wir in den letzten Monaten mehrfach debattiert. Es gibt Übereinstimmung zwischen der Fraktion DIE LINKE und Teilen der SPD-Fraktion und es gibt Ablehnung, so nehme ich das in der Öffentlichkeit wahr, seitens der CDU und FDP. Andererseits hat die Koalition hier im Landtag verkündet, dass sie bis zur Sommerpause einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen wird. Im Frühjahr ist aber mangels Untätigkeit kein konkreter Gesetzentwurf auf den Tisch gekommen. Das hat uns veranlasst, einen entsprechenden eigenen Gesetzentwurf zur Vergabe öffentlicher Aufträge hier in unserem Landtag vorzulegen.

Wie es Frau Präsidentin eben bereits noch einmal dargestellt hat, ist eine Überweisung in die Ausschüsse abgelehnt worden und der Gesetzentwurf als solches damals ebenfalls. Wir sind jetzt gespannt, ob der Antrag durch die Koalitionsfraktionen für ein Vergabegesetz in Mecklenburg-Vorpommern in der nächsten Landtagssitzung tatsächlich gestellt wird. Die Presse, die ich sehr aufmerksam verfolge, teilt mir mit, dass sich Herr Schlotmann für das Vergabegesetz ausspreche und Herr Jäger erklärte, dass es nicht notwendig sei. Ich gebe nur das wieder, was in der Presse gestanden hat. Das entspricht wohl auch den Tatsachen.

Wir sind also gespannt, ob Sie Ihren vollmundigen Ankündigungen auch tatsächlich Taten folgen lassen. Wir werden ja im Juli erleben, was dann auf der Tagesordnung zu finden sein wird. Eines kann ich Ihnen versprechen, da können Sie sicher sein, wir werden an dem Thema dranbleiben. Wir werden unseren Druck aufrechterhalten und wenn nötig werden wir ihn noch erhöhen. Gerade nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes sehen wir nach wie vor akuten politischen Handlungsbedarf. Damit ist das Thema Vergabegesetz nicht erledigt, im Gegenteil, es muss nur den Empfehlungen und den Entscheidungen des EuGH entsprechend entwickelt und angepasst werden. Deswegen nehme ich an, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD mit der Aufforderung tatsächlich keine Mühe und Anstrengung und keine Auseinandersetzung scheuen, um den Koalitionspartner davon zu überzeugen, dass wir ein solches Vergabegesetz in Mecklenburg-Vorpommern brauchen. Wir werden, wie schon erwähnt, sehen, was dann bei der nächsten Landtagssitzung im Einzelnen auf der Tagesordnung stehen wird, was wir hier dann thematisieren.

Sie kennen unsere Auffassung zum Vergaberecht und wie Sie wissen, stehen wir damit nicht allein. Gewerkschaften, Arbeitnehmervertretungen, aber auch Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Unternehmensverbände sprechen sich für die Einhaltung von tariflichen Mindeststandards bei der Vergabe öffentlicher Aufträge aus. Es sind Regelungen in ihrem ureigensten Interesse, die sie einfordern, weil sie sich selbst schützen wollen, aber auch ihre Beschäftigten. Letztendlich geht es um den Schutz der Sozialsysteme und um einen fairen Wettbewerb, um Lohndumping und Wettbewerbsverzerrungen zu bekämpfen.

Sie, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, meinen, solche Verwerfungen ließen sich ausschließlich über mehr Transparenz und Appelle an den guten Willen oder durch eine verbesserte Wirtschaftlichkeit bei der Auftragsvergabe regeln. Ich meine, das ist eine Illusion und auch ein Trugschluss. Das wissen Sie auch. Alleine durch Appelle werden wir diese Probleme nicht lösen. Deswegen muss hier eine gesetzliche Regelung her, um unter anderem auch das Problem von Lohndrückerei anzupacken und einer Lösung zuzuführen. Aber wie ich Sie verstehe, wollen Sie das nicht.

Es ist nicht länger hinzunehmen, dass zwischen den Tarifpartnern vereinbarte Regelungen, allgemein verbindliche Tarife und gesetzliche Mindeststandards ausgehebelt werden. Und schon gar nicht ist es hinzunehmen, wenn die öffentliche Hand, also der Staat, dann noch eine Rolle spielt. Deswegen steht nicht nur die Wirtschaft in der Verantwortung, sondern auch die Politik. Die Politik muss dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von guter Arbeit, die sie leisten, auch entsprechend

leben können. Und Verantwortung – wir haben mehrfach darüber gesprochen hier in diesem Landtag und nicht nur hier im Landtag – übernehmen heißt, endlich den gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Verantwortung in diesem Falle heißt konkret, dafür zu sorgen, dass Mecklenburg-Vorpommern sein Auftragsvergabegesetz nun endlich bekommt. Dass dieses EU-konform sein muss, setze ich als Selbstverständlichkeit voraus.

Ich erinnere daran, dass wir nach Verkündung des heftig umstrittenen Urteils des Europäischen Gerichtshofes unverzüglich hier in diesem Landtag die Forderung aufgemacht haben zu prüfen, unter welchen konkreten Voraussetzungen die EU-Konformität für ein Auftragsvergabegesetz gegeben ist. Dazu waren Sie nicht bereit, sich mit diesem Thema öffentlich auseinanderzusetzen.

Wir, daran darf ich erinnern, haben im März unseren Gesetzentwurf eingebracht und der Europäische Gerichtshof hat am 3. April seine Entscheidung getroffen. Wir sind des Lesens mächtig, aber im März kannten wir die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes noch nicht. Also konnten wir das, was der Gerichtshof entschied, nicht berücksichtigen. Damit ist klar, dass unser Gesetzentwurf nicht diesen Empfehlungen, der Entscheidung des EuGH entspricht. Das wissen wir, Herr Jäger. Er ist also, das will ich auch eindeutig sagen, nicht EU-rechtskonform und bedarf einer Überarbeitung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Nun haben Sie die Ausschussberatung verhindert, sonst hätten wir das alles schon während der Ausschussberatungen machen können,

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Sehr richtig, Herr Holter.)

Änderungsanträge et cetera. Das ist alles nicht geschehen. Deswegen sollten entsprechende Änderungsbedarfe, die wir auch erkennen, in einem geordneten parlamentarischen Verfahren erfolgen und tatsächlich Ergebnis von Ausschussberatungen und gegebenenfalls auch von Anhörungen sein. Wie gesagt, diese Chance hatte unser Gesetzentwurf bisher nicht, weil Sie die Überweisung in die Ausschüsse abgelehnt haben.

Wir sind nach wie vor für eine Überweisung in die Ausschüsse, um nicht nur unseren Gesetzentwurf zu beraten und dementsprechend zu verändern, sondern den, ich bin ja optimistisch, von Ihnen zu erwartenden Gesetzentwurf gemeinsam beraten zu können. Beide werden sich treffen. Einen kann man dann, ich kann auch schon verraten, welchen, als Diskussionsgrundlage beziehungsweise Verhandlungsgrundlage bestimmen, um mit den besten Argumenten ein richtig gutes Gesetz für Mecklenburg-Vorpommern zu machen. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich kann Sie nur auffordern, meine Damen und Herren von der SPD und CDU, den Weg gemeinsam zu gehen im Interesse der Wirtschaft und der Beschäftigten hier in Mecklenburg-Vorpommern. Haben Sie keine Angst davor!

Deswegen, meine Damen und Herren, sehr verehrte Frau Präsidentin, beantrage ich namens meiner Fraktion Folgendes: Ich beantrage namens der Fraktion DIE LINKE nach Paragraf 50 Absatz 3 der Geschäftsordnung

des Landtages die Überweisung des Gesetzentwurfes über die Vergabe öffentlicher Aufträge in MecklenburgVorpommern (Auftragsvergabegesetz Mecklenburg-Vor- pommern – AVG M-V) auf der Drucksache 5/1294 federführend in den Wirtschaftsausschuss und mitberatend in den Europa- und Rechtsausschuss. Gleichzeitig beantrage ich, mit der Überweisung heute eine Dritte Lesung zu beschließen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Holter.

Das Wort hat jetzt der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung in Vertretung für den Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. Herr Dr. Ebnet, Sie haben das Wort.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da kann er sich ja im alten Ressort bewegen. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Seidel, der zuständig ist, kann heute leider nicht hier sein. Ich werde sein Redemanuskript vortragen in seiner Vertretung.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Aber Sie fühlen sich doch zuständig, Herr Ebnet?! – Peter Ritter, DIE LINKE: Das liegt ihm inhaltlich ja nahe.)

Der Text lautet wie folgt: Ich muss wiederholen, was ich, das heißt der Wirtschaftsminister, bereits in der Ersten Lesung gesagt habe. Wir sollten die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 3. April 2008 zu den Tariftreueregelungen des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes zur Kenntnis nehmen. Wir müssen genau schauen, welcher Regelungsbedarf danach noch verbleibt, um das ohnehin sehr anspruchsvolle Vergaberecht nicht noch weiter zu verkomplizieren.

Der Europäische Gerichtshof hat zwar konkret über die Tariftreueregelungen des Niedersächsischen Vergabegesetzes entschieden, dieses aber für eine Einzelfallentscheidung ohne Bedeutung für künftige Regelungen zu halten, wäre fahrlässig. So wenden auch diejenigen Bundesländer, die in ihren Landesvergabegesetzen Tariftreueregelungen haben, diese gegenwärtig nicht mehr an. Der Europäische Gerichtshof ist die höchste und letzte maßgebliche Instanz für die Auslegung europäischen Rechts.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das stimmt.)

Nationale Regelungen, die mit der jüngsten Rechtsprechung nicht im Einklang stehen, sind damit künftig ausgeschlossen. Was bleibt dann?

Natürlich könnte man versuchen, ein Gesetz zu machen, das europäisches Recht nicht berührt. Aber dann müsste man zwischen inländischen und ausländischen Bietern unterscheiden. Mit anderen Worten, es käme zu einer Ungleichbehandlung. Inländische Bieter müssten Tariftreueerklärungen abgeben und unter Berücksichtigung der Tarifbindung kalkulieren, ausländische nicht. Das würde nicht nur zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, die wirtschaftspolitisch nicht wünschenswert

sein könnte, die erstrebte positive Wirkung für die Arbeitnehmer würde sogar praktisch in ihr Gegenteil verkehrt. Davon abgesehen hätten wir vermutlich ein verfassungsrechtliches Problem.

Das Niedersächsische Landesvergabegesetz sah vor, dass Aufträge für Bauleistungen nur an bestimmte Unternehmen vergeben werden dürfen. Gemeint sind Unternehmen, die sich bei der Angebotsabgabe schriftlich verpflichtet haben, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung dieser Leistungen mindestens das am Ort der Ausführung tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zu zahlen. Der Europäische Gerichtshof sah hierin einen Verstoß gegen die Entsenderichtlinie, ausgelegt im Sinne der Dienstleistungsfreiheit des Artikels 49 des EG-Vertrags. Für eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit sieht der Europäische Gerichtshof keine rechtfertigenden Gründe. Die Anknüpfung an einen betragsmäßig bestimmten Lohn, wie der Antrag der LINKEN ihn vorsieht, dürfte ebenfalls keine Möglichkeit im Sinne der Entsenderichtlinie sein.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das haben wir auch erkannt.)

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE geht ins Leere, weil er nicht europarechtskonform ist, deswegen ist er abzulehnen.

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, die wirklichen Probleme liegen in diesem Zusammenhang woanders.