Was ist denn eigentlich das entscheidende Problem? Die Erzeugung und Produktion hochwertiger Lebensmittel ist dauerhaft nur mit auskömmlichen Erzeugerpreisen gesichert. Das habe ich bereits ausgeführt. Und das gilt eben nicht nur für Milch, das gilt in gleicher Weise für Rindfleisch, für Schweinefleisch, Geflügel, für Gemüse, für alle Lebensmittel, und die stehen alle unter Druck, auch das muss man wissen. Das Grundproblem ist nach wie vor das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Am Milchmarkt ist das sehr deutlich zu erkennen, trotz Milchquotenregelung. Diese Situation – eine starke Bündelung des Lebensmitteleinzelhandels – führt im Übrigen auch dazu, dass der Lebensmitteleinzelhandel bei den Preisverhandlungen in einer sehr vorteilhaften Position ist und diese nach den Spielregeln des Wettbewerbes knallhart ausnutzt. Und wenn man weiß, dass wir in Deutschland noch über hundert Molkereien haben, dann wird auch deutlich, vor welchem Problem wir gerade in Deutschland in der Molkereistruktur stehen. Um dauerhaft die Milchproduktion und die Verarbeitung in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in ganz Deutschland zu sichern, sind daher strukturelle Veränderungen unabdingbar. Diese Veränderungen werden im Bereich der Milcherzeugung und Verarbeitung, in der Vermarktung und im Milchmengensteuerungssystem erforderlich sein. Hier brauchen wir Impulse und die werden wir auch setzen.
Fakt ist, die Milchmenge in der EU ist trotz Quotenregelung nach wie vor zu hoch. Fakt ist auch, dass künftig der staatliche Einfluss auf die Märkte allgemein geringer werden wird, auch das mussten wir berücksichtigen. Insofern sollte nicht nach weiteren Reglementarien gesucht werden, nämlich der alten abgewirtschafteten Quotenre
gelung hinterherzulaufen. Ich hoffe, dass wir uns in diesem Hohen Hause in dieser Frage zumindest einig sind. Vielmehr sollte unter dem bestehenden, noch in Teilen stützenden Dach der Quotenregelung ein neues System der Mengensteuerung zwischen den Wirtschaftsbeteiligten entwickelt werden. Und hier muss es um eine starke Macht der Milcherzeuger und der Molkereien gehen gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel. Dafür ist jedoch ein partnerschaftliches Miteinander unerlässlich. Milcherzeuger, Milchbauern und Molkereien sitzen in einem Boot. Das ist scheinbar in den letzten Wochen und Monaten ziemlich aus dem Ruder gelaufen.
Und ich will auch an dieser Stelle sagen, für knapp 60 Prozent der in Mecklenburg-Vorpommern angelieferten Milch sind die Landwirte sogar Eigentümer der Verarbeitungsbetriebe. Da muss es doch möglich sein, hier eine Lösung zwischen Landwirt und der eigenen Molkerei zu finden. Milcherzeuger müssen täglich ihre Milch loswerden und sie damit in den Produktionsprozess der Molkereien hineinbringen, um damit hochwertige Preise zu erzielen und letzten Endes lebensfähig zu sein.
Ich hoffe, dass wir in Kürze tatsächlich mit dem Lebensmitteleinzelhandel damit ein Ende dieser Preisschraube nach unten haben werden. Die Marktpartner – und da sollte sich die Politik aus meiner Sicht jedenfalls heraushalten – sollten im Rahmen geltenden Wettbewerbsrechts ihre Möglichkeiten prüfen, für ein Marktgleichgewicht zu sorgen. Die Wettbewerbsfähigkeit der primären Verarbeitungsseite muss verbessert werden. Das bedeutet, dass Molkereien- und Erzeugerstrukturen, aber auch die Verbände sich neuen Gegebenheiten anpassen müssen. Politik darf diesen Prozess nur unterstützend begleiten. Entsprechende Weichenstellungen sind bereits auf der Sonder-AMK auf unseren Antrag hin gestellt worden, es soll nämlich ein Milchgipfel auf Bundesebene organisiert werden. Die Milcherzeugung ist mit kostendeckenden Preisen zu unterlegen, die Erhöhung der Milchquote soll abgewendet werden, im bevorstehenden PLANAK-Verfahren sollen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine bessere Möglichkeit der investiven Förderung voranzubringen, und im Rahmen des Health Checks der europäisch finanzierten EU-Agrarpolitik brauchen wir ein Übergangsprogramm für die Milcherzeuger, um den Milchquotenausstieg zu begleiten. Zur Umsetzung dieser Beschlüsse werden wir eigene Vorschläge unterbreiten. Bei uns im Hause ist bereits eine Arbeitsgruppe einberufen worden, um damit auch hier einen guten Impuls insgesamt zu setzen.
Ich hoffe insofern, dass die Anträge, die hier heute beraten werden, dann tragfähige Lösungen mit erarbeiten. Ausgangspunkt für derartige Lösungen wird nur sein können, dass wir den Marktteilnehmern eröffnen, tatsächlich zu kostendeckenden Preisen zu kommen. Alles andere werde ich jedenfalls nicht unterstützen. – Herzlichen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Peters. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Liter Milch heute getrunken? Ich schon. Also ich habe meinen Teil dazu beigetragen zu dem Milchkampftag. Das nur ganz nebenbei.
Meine Damen und Herren, ich danke dem Minister für die Informationen. Ich möchte auch nichts wiederholen, was schon gesagt wurde.
Herr Professor Tack ging auf den Tag des offenen Hofes am Sonntag ein. Während einige hier gebunden waren, verpflichtend gebunden waren, haben andere, so ich auch, die Gelegenheit wahrgenommen und der Tradition folgend, sich am Tag des offenen Hofes umzusehen. Man konnte live erleben, wie brisant das Thema Milch ist, wie kontrovers Mittel und Verfahren beziehungsweise Praktiken, wie Lieferstopp oder Vernichtung von Milch, diskutiert wurden. Das Anliegen der Bauern, existenzsichernde Milchpreise zu erzielen, wird akzeptiert. Dafür hat der Verbraucher Verständnis, das wurde uns immer wieder deutlich gemacht, aber nur dann, wenn das auch wirklich bei den Milchbauern ankommt, was er mehr bezahlt. Das wurde mir auch gesagt. Und sie haben besonders vor dem Hintergrund Verständnis, dass man im Einzelhandel eine Vielzahl von Wassersorten angeboten bekommt – mit Schuss und ohne Schuss, mit Wellnesszugaben und ohne Wellnesszugaben – und das weitaus teurer ist als das Grundnahrungsmittel Milch. Genau deswegen ist der Verbraucher auch bereit, mehr zu zahlen. Und vielleicht sollten wir mal überlegen, ob die Werbung, die bei anderen Lebensmittelartikeln greift, auch bei der Milch greift: „Trink dich gesund“,
Der Tag des offenen Hofes war gut und notwendig, weil hier vor Ort Gespräche geführt werden konnten und gezeigt wurde, dass Milch eben nicht aus der lila Kuh und nicht nur aus der Aldi-Tüte kommt, sondern dass man auch live Tiere anfassen konnte und die Familien mit ihren Kindern dort vor Ort erleben konnten, wo die Milch herkommt. Und sie konnten erleben, wie viel Aufwand und wie viel Arbeit notwendig ist für die Milchviehbetriebe und für das verarbeitende Gewerbe, um das Produkt dann auch in den entsprechenden Einzelhandelsbereichen zu kaufen.
Das Verkippen und Verrieseln von Milch wird allerdings von den Verbrauchern nicht für gut gehalten. Das müssen wir hier mit aller Deutlichkeit sagen. Besonders die ältere Generation hat dafür überhaupt kein Verständnis, da sie Zeiten erlebt hat, die nicht durch Wohlstand geprägt waren. Und genau deswegen begrüßen wir auch die Initiativen einiger Milchviehbetriebe wie zum Beispiel die der Rügener Milchbauern: Kein Tropfen Milch wurde vernichtet. Milch wurde an Bedürftige abgegeben, an die Trocken- oder Milchpulverproduktion als eigene Futterreserve, aber auch als Spende an die Welthungerhilfe waren Alternativen. Und ich denke, das ist eine gute Sache, damit kann man seinen Forderungen Nachdruck verleihen, ohne dass man ein hochwertiges Nahrungsmittel weggießt.
Zusammenfassend darf ich sagen: Wir unterstützen die Bemühungen der Milchbauern um die existenzsichernden Preise. Wir lehnen aber sowohl Blockademaßnahmen als auch das Vernichten von Milch grundsätzlich ab.
Meine Damen und Herren, in unserem Antrag in den Punkten 1 bis 5 sind die Handlungsaufträge an die Landesregierung ganz deutlich formuliert. Wir hoffen, dass damit unserem Minister der Rücken gestärkt wird und damit Ergebnisse erreicht werden, die die Milcherzeugung in Mecklenburg-Vorpommern sichern helfen wird. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Frau Reese. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Proteste der Milchbauern der letzten Tage sind wohl an keinem von uns spurlos vorbeigegangen. Auch wir als FDP haben großes Verständnis für die Sorgen der Milchbauern. Als in der Vergangenheit die Milch auf dem Markt knapper wurde, bekamen die Landwirte von den Molkereien das Signal, sich nicht an die Quoten halten zu müssen, sondern auch über die Quote hinaus Milch zu liefern. Nach einem kurzen Preisanstieg im letzten Herbst, der den Milchbauern auskömmliche Preise gewährte, führten die jetzt im Frühjahr zwischen den Molkereien und dem Einzelhandel neu ausgehandelten Preise dazu, dass Milchbauern in ihrer Existenz bedroht sind. Aufgrund der höheren Milchpreise im vergangenen Herbst haben sich Landwirte teilweise zu längst überfälligen Investitionen und auch zu Gehaltserhöhungen für ihre Mitarbeiter entschieden. Heute scheint ihnen ihre damalige Zuversicht zum Teil zum Verhängnis zu werden.
Wir als FDP stehen selbstverständlich für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft. Die Aktionen der Landwirte haben in den letzten Tagen ein großes Zeichen gesetzt, auch wenn sich die Landwirte in dieser Situation nicht alle einig waren. Nicht alle haben an den Protestaktionen teilgenommen und auch diese Landwirte werden ihre Gründe für eine Nichtbeteiligung gehabt haben. Wollen wir hier im Landtag in dieser Situation wirklich Partei ergreifen? Meine Fraktion ist der Auffassung, dass das massenhafte Vernichten von Milch ethisch und moralisch sehr zweifelhaft ist.
Ich möchte an dieser Stelle den ETH-Agrarökonom Bernard Lehmann aus der heutigen „Neuen Zürcher Zeitung“ zitieren: „Man kann sich immer solidarisch geben, Betroffenheit zeigen. Doch nur der Markt wird zeigen, wie ernst diese Solidarität gemeint ist. Die Milchwirtschaft hat hervorragende Leistungen erbracht, seit die Planwirtschaft – mit begleitenden Massnahmen – in die Marktwirtschaft übergeführt worden ist. Es wäre deshalb für die allergrösste Mehrheit aller Akteure unvorstellbar, dies rückgängig zu machen. Aus ökonomischer Sicht wäre es unverständlich.“ Zitatende.
Aus diesem Grund haben wir den Änderungsantrag zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE eingebracht. Wir als FDP sind der Auffassung, dass die Politik keine höheren Milchpreise durchsetzen und garantieren kann. Die Preisfindung ist allein Sache der Marktteilnehmer. Mit dem Lieferstreik wählen die Landwirte hier ein legitimes Mittel.
Nach einer vom Radiosender „Antenne MV“ heute bekannt gegebenen Umfrage sind circa 85 Prozent der Bevölkerung bereit, mehr Geld für Milch abzugeben, Maßgabe dabei ist allerdings, dass auch die Landwirte von diesen höheren Preisen profitieren. Dieses kann dadurch gewährleistet werden, wenn sichergestellt ist, dass es zu keiner monopolistischen Situation auf dem Milchmarkt kommt. Hier liegt dann die staatliche Aufgabe in Form des Kartellamtes darin, den Markt aktiv zu beobachten und zu vermeiden, dass die Landwirte einer monopolistischen Marktmacht ausgesetzt sind.
Wichtig muss in diesem Bereich sein, dass die Vielzahl von Erzeugern einer Vielzahl von Abnehmern gegenübersteht.
Und nun ganz konkret zu den einzelnen Anträgen. Jetzt ist leider die Zeit um. Wir bitten DIE LINKE, noch mal nachzudenken und unseren Änderungsantrag anzunehmen, dann würden wir Ihrem Antrag zustimmen. Den Antrag der Koalitionsfraktionen lehnen wir ab.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie so oft versuchen Sie, die Vertreter der Systemparteien, mit Ihren Anträgen an den Krankheitssymptomen und Ausfallerscheinungen des Kapitalismus herumzudoktern. Wenn man aber den Kapitalismus so herzhaft begrüßt, wie wir es von Ihnen hier im sogenannten Hohen Hause alltäglich gewohnt sind, dann sollte man die Folgen dieser kapitalistischen Wirtschaftspolitik nicht immer so wehleidig beklagen. Ihren Forderungen nach soll der Landtag neue Lippenbekenntnisse abgeben. Was wollen Sie damit erreichen? Wollen Sie den Milchbauern damit vorgaukeln, deren Interessen wahrzunehmen, oder wollen Sie nur auf der Woge der Medienöffentlichkeit über den derzeitigen Existenz- und Preiskampf der deutschen Milchbauern mitschwimmen? Eine wirkliche Veränderung der miserablen wirtschaftlichen Zustände in diesem Lande wollen Sie augenscheinlich nicht.
Würde es Ihnen, meine Damen und Herren vom pseudodemokratischen Block, tatsächlich um die Sorgen und Nöte nicht nur der Milchbauern gehen, so hätten Sie alle schon jahrelang Zeit genug gehabt, dieses zu zeigen und auch Taten sprechen zu lassen.
Stattdessen delegieren Sie und Ihre Parteifreunde fast jede Entscheidungsbefugnis nach Brüssel und spielen gleichzeitig den engagierten Volksvertreter, der aber kaum noch etwas zu entscheiden hat. Genau aus diesem Grund wollen Sie ja auch immer Bekundungen über Ihren guten Willen aussenden, allein die Taten, welche diesem Willen folgen müssten, bleiben aus.
Wie sind denn kostendeckende Preise für die Bauern zu erreichen? Als Bittsteller wurden die Bauern doch schon
zu lange vorgeführt. Die Aktionen der Bauern, insbesondere auch die Blockaden der Molkereien, sind der Ausdruck der Notsituation, in welcher sie sich befinden. Anstatt, wie vom Landwirtschaftsminister gestern in den Medien getan, die Bauern deshalb zu verurteilen, haben die Bauern unsere Anerkennung und unsere Unterstützung für ihren Widerstandswillen gegen ihre Ausbeutung verdient.
Glauben Sie denn wirklich, werte EU-Fanatiker, dass die Bauern ohne die Blockaden ernsthaft wahrgenommen würden? Sie sind Träumer! Die seit Jahren feststehenden und damit bekannten Eckdaten haben Sie direkt und indirekt mitbeschlossen. Plötzlich wollen Sie sie verschoben, angehoben oder aufgehoben wissen. Der Kampf der Milchbauern ist derzeit aber darauf ausgerichtet, dass die Molkereien endlich den Literpreis bezahlen, den die Bauern bräuchten, um wirtschaftlich und kostendeckend zu arbeiten. Der größte Druck auf die Bauern kommt in diesem Zusammenhang von teilweise international agierenden Handelsketten, die nach dem Motto „Geiz ist geil“ verfahren und alles immer billiger einkaufen wollen, um die Profite und Renditen weiter zu steigern.
Um dieses und auch andere wirtschaftliche Problemstellungen aufzubrechen und zu lösen, setzen wir als NPD uns für eine raumorientierte Volkswirtschaft ohne die Bevormundung aus Brüssel ein.
Es entspricht unserer politischen Anschauung, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken, denn nur so können die Auswirkungen des globalisierten Raubtierkapitalismus von unserem Volk ferngehalten werden.
Ich komme zum Schluss. Mit der Liberalisierung der Märkte haben Sie die viel gepriesene soziale Marktwirtschaft schon längst aufgegeben.