Protocol of the Session on April 25, 2008

Des Weiteren zur Klarstellung: Viele Beiträge, die Sie jetzt hier geleistet haben, scheinen darauf zu beruhen, dass Sie mir nicht zugehört haben. Wir sind nicht gegen einen Naturpark, denn dieser Naturpark, der wird vor Ort gewollt.

Und nun zu Ihnen, dass der nicht gewollt wird, das ist tatsächlich nicht korrekt.

(Raimund Borrmann, NPD: Habe ich gesagt? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die Ausweisung eines Naturschutzgebietes hundert Prozent links und rechts der Peene ist nicht gewollt.

(Michael Andrejewski, NPD: Das haben wir nicht gesagt. Hallo, das haben wir nicht gesagt.)

Frau Schwebs hat es gesagt, viele Dinge basieren auf Missverständnissen und auf Unklarheiten. Genau deshalb ist es wichtig, diesen Antrag zurückzustellen, um genau diese Missverständnisse und Unklarheiten im Vorfeld zu klären und den Leuten nicht irgendetwas vorzusetzen, was sie nicht wollen. – Danke schön.

(Beifall Ralf Grabow, FDP – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Beifall bei Herrn Grabow!)

Danke, Frau Reese.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1395(neu) zur Beratung an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön.

(Volker Schlotmann, SPD: Die gesamte FDP?)

Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Überweisungsvorschlag der FDP mit Zustimmung der Fraktion der FDP,

(Volker Schlotmann, SPD: Die ganze FDP?)

gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU bei einer Stimmenthaltung, gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich möchte, bevor ich den Tagesordnungspunkt 34 aufrufe, Sie darüber informieren, dass nach diesem Tagesordnungspunkt …

Ich habe Ihnen doch keine weitere Information mitzuteilen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh!)

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 34 auf: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Erbenhaftung im SGB II, Drucksache 5/1406.

Antrag der Fraktion der NPD: Erbenhaftung im SGB II – Drucksache 5/1406 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem dem Abgeordneten Borrmann zum Vorwurf gemacht worden war, dass er hier einen Thriller präsentiert hätte, gebe ich etwas zum Besten aus der Gruselsparte, und zwar Hartz-IV-Horror.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Irene Müller, DIE LINKE: Schon wieder?!)

Ob es ein Leben nach dem Tode gibt, wissen wir nicht, aber Hartz IV nach dem Tode, das gibt es. Denn Paragraf 35 SGB II bestimmt, dass die Sozialbehörde im Augenblick des Todes wieder zuschlägt, sogar bei Leistungsempfängern, die schon jahrelang wieder in Arbeit waren. Der Erbe eines Empfängers von Leistungen ist nach dieser Vorschrift zum Ersatz verpfl ichtet, soweit diese innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall erbracht worden sind und 1.700 Euro übersteigen, wobei großzügigerweise die Ersatzpfl icht auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls beschränkt ist.

Das heißt: Jemand wird arbeitslos, erwerbslos und erhält Arbeitslosengeld II nach einem Jahr, sagen wir, fünf Jahre lang. Die Leistungen belaufen sich pro Monat, sagen wir, auf 700 Euro, zusammengesetzt aus Unterkunftskosten, Regelsatz und Krankenkassenbeiträgen. Was ihm nicht klar ist, er häuft damit womöglich Schulden für seine Kinder an, 8.400 Euro pro Jahr, 42.000 Euro in fünf Jahren. Er hat vielleicht ein Schonvermögen, von dem nach fünf Jahren Hartz IV aber kaum noch etwas übrig sein dürfte, und er hat vielleicht ein Häuschen, das er als angemessen behalten darf. Dann kommt er wieder in Arbeit. In fünf Jahren schafft er es, wieder Ersparnisse aufzubauen, weil der Aufschwung ihn gestreift hat, und dann hat er Pech und stirbt. Es kommen Trauergäste und Beileidsschreiben und auch Post von der Arbeitsgemeinschaft. Die kann sofort kommen oder auch erst in drei Jahren. Der Ersatzanspruch erlischt nämlich erst in drei Jahren nach dem Tod des Leistungsempfängers. Vielleicht bringt die Arbeitsgemeinschaft ja auch ihr Beileid zum Ausdruck, aber dann will sie Bares sehen.

Der Verstorbene hat vielleicht 10.000 Euro gespart. Davon dürfen die Erben einen Freibetrag von 1.700 Euro behalten, alle zusammen wohlgemerkt, nicht jeder für sich. Das dürfte gerade für die Beerdigung reichen, wenn sie einen billigen Beerdigungsunternehmer fi nden. Aber es stehen ja noch 30.000 Euro offen und da ist noch das Haus, das auch zum Nachlass gehört. Das müssen die Erben verkaufen, um die Schulden abzuzahlen oder, wenn es ihr Elternhaus ist, und sie das nicht wollen, dann müssen sie eben 30.000 Euro aus ihrer eigenen Tasche aufbringen. Richtig Pech haben sie, wenn sie diese Regelung nicht kennen, das Erbe annehmen und verbrauchen, vielleicht das Haus verkaufen müssen, und dann nach drei Jahren kommt die Sozialbehörde und verlangt den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls. Die Leute fallen aus allen Wolken. Mit einer solchen Sippenhaftklausel rechnet im Staat der Menschenwürde ja keiner. Nebenbei reagieren die meisten Menschen, denen man von diesem

Paragrafen erzählt, mit völligem Unglauben. Man muss ihnen das wirklich zeigen im Gesetzbuch.

Doch in der Praxis gibt es das durchaus. Als Mitglied des Kreistags von Ostvorpommern habe ich eine entsprechende Anfrage gestellt und zur Antwort erhalten, dass die Vorschrift in mehreren Fällen tatsächlich zur Anwendung gekommen war, wobei aber nicht immer etwas zu holen gewesen ist. In zwei Fällen hat man das gemacht und sich Geld geholt, in zwei Fällen hatten die Erben nicht mehr genug. Wenn die Behörde Pech hat, dann war der Erbe der Partner des Verstorbenen oder mit ihm verwandt, hat mit diesem nicht nur vorübergehend in häuslicher Gemeinschaft gelebt und ihn auch noch gepfl egt. Dann, nur wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind, steigt der Freibetrag auf 15.500 Euro, was im vorliegenden Fall bedeuten würde, dass derjenige, der den Verstorbenen vielleicht jahrelang aufopfernd gepfl egt hat, das Haus dennoch verkaufen muss, und zwar zur Belohnung für sozialen Einsatz.

Nicht verschwiegen sei, dass es auch noch eine Gummiklausel gibt: Paragraf 35 Absatz 2 Nummer 2 SGB II, wonach „der Ersatzanspruch nicht geltend zu machen (ist) , soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde.“ Aber was ist schon „eine besondere Härte“ in den Augen von Behörden? Wenn sie leer ausgehen, das fi nden sie hart. Ansonsten verschicken sie Bescheide und sagen: Verklag uns doch, wir haben Zeit und Geld und eine Rechtsabteilung!

Wer aus Hartz IV wieder herauskommt, der muss sich sehr genau überlegen, ob er sich überhaupt irgendwelche Vermögenswerte schafft. Falls er vor dem Ablauf der Frist stirbt, kann er nichts vererben. Der ganze Nachlass wird ins Visier genommen, alles, auch die Lebensversicherung, das Auto, der Hausrat, was immer man verscherbeln kann. Nur weil der Erblasser vor Jahren mal Hartz-IV-Empfänger war, werden seine Kinder diskriminiert und faktisch enterbt. Wo bleibt da eigentlich der besondere Schutz der Familie, den Artikel 6 Grundgesetz angeblich gewährt? Hartz IV sorgt schon dafür, dass viele Paare gar nicht erst zusammenziehen, weil sie dann als Bedarfsgemeinschaften in vielen Fällen schlechter behandelt werden. Manche trennen sich deswegen und suchen sich wieder eigene Wohnungen.

Paragraf 35 SGB II stürzt zudem Familien in völlige Unsicherheit. Zehn Jahre muss es her sein, dass man Arbeitslosengeld-II-Leistungen bezog, erst dann ist man frei. Bis dahin läuft so eine Art Nach-Hartz-IV, als ob man auf Bewährung wäre, nur dass für Straftäter die Bewährungsfrist maximal drei Jahre beträgt.

Bisher hatten Sie Glück, dass dieser Paragraf in der Öffentlichkeit so unbekannt ist, sonst wäre die Parteienverdrossenheit wesentlich größer, als sie jetzt schon ist. Es wird uns daher ein Vergnügen sein, die Bürger darauf aufmerksam zu machen, um sie darauf hinzuweisen, dass Sie alle – CDU, SPD, LINKE und FDP – diese Regelung toll fi nden, weil Sie nämlich gleich unseren Antrag ablehnen werden, wie bisher all unsere Initiativen gegen Hartz-IV-Ungerechtigkeiten. Genau diese Ungerechtigkeiten machen Sie sich damit zu eigen. Es bleibt dabei, es gibt nur zwei Lager: Wir gegen die Hartz-IV-Parteien – sozial geht nur national. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Andrejewski.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Herr Schulte, einen Moment noch. Ich muss noch verkünden, dass wir im Ältestenrat eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart haben.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Herr Schulte, Sie haben jetzt das Wort, bitte sehr.

Frau Präsidentin! Es juckt mir in den Fingern, das jetzt noch auszunutzen, aber dann komme ich heute nicht mehr lebend aus dem Plenarsaal heraus.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Keine Gewalt!)

Das kommentiere ich jetzt nicht.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Herren von der NPD, wer Ihre Redebeiträge auf der heutigen Landtagssitzung verfolgen musste – musste –, dem fällt es schwer, nicht daran zu glauben, dass bei manchen Menschen ein Gehirnschlag nicht doch ein Schlag ins Leere ist.

Meine Damen und Herren, man kann gegen das SGB II sein, das ist eine Frage der politischen Diskussionen. Ich glaube, das ist in Deutschland lang und breit diskutiert worden. Aber was man nicht machen kann, ist, …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das wird immer noch diskutiert.)

Es wird immer noch diskutiert. Ich weiß, gerade bei Ihrer Fraktion, auch bei meiner eigenen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

… zu sagen, ich greife mir aus dem Gesamtkontext einen einzelnen Paragrafen raus,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

und das ist es dann gewesen.

(Michael Andrejewski, NPD: Es gibt Gesetzesänderungen.)