Protocol of the Session on December 12, 2007

Wir erfüllen damit den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts. Mit dem Gesetz wird in Mecklenburg-Vorpommern wie in acht weiteren Bundesländern ein weitgehend einheitliches Gesetz gelten. Man kann natürlich an dieser Stelle treffl ich über den Sinn und Zweck einer Föderalismusreform gerade in diesem Punkte streiten, wenn man zunächst den Ländern die Hoheit zu einer Gesetzgebung gibt und dann anschließend die Länder gemeinschaftlich danach suchen müssen, einen einheitlichen Gesetzentwurf zustande zu bringen, natürlich immer unter dem Gedanken, dass hier einheitliche Regeln für alle Gefangenen im Land gelten. Aber das ist heute, glaube ich, nicht das Thema.

Meine Damen und Herren, bei der Einbringung des Gesetzentwurfes hatte ich für meine Fraktion die wichtigsten Ziele der Gesetzgebung bereits formuliert, vor allem die bessere sozialtherapeutische Betreuung, die die Jugendlichen befähigen soll, nach der Strafverbüßung ein Leben in sozialer Verantwortung führen zu können und damit die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Straftaten zu schützen,

(Udo Pastörs, NPD: Haben Sie in Ihrer Familie Erfahrungen damit, Herr Nieszery?)

sowie die Intensivierung der schulischen und berufl ichen Aus- und Fortbildung …

Herr Präsident, es stört mich sehr, dass Herr Pastörs ständig dazwischengrölt.

(Udo Pastörs, NPD: Es ist doch nicht verboten, hier dazwischenzurufen.)

Ich würde doch darum bitten, dass Sie ihm das mal untersagen. Das ist wirklich sehr nervtötend. Offensichtlich verfügt der Mann über keinerlei Manieren.

(Stefan Köster, NPD: Sie kennen die Geschäftsordnung nicht.)

Diese Ziele sehe ich im Jugendstrafvollzug erfüllt. Wie die Praxis dies bereits bestätigt, erfahren wir aus dem Evaluationsbericht der Landesregierung am 30. Juni 2011 oder 2010.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, auf diesem Wege …

Herr Pastörs, Sie legen es offenbar darauf an, dass ich Ihnen einen Ordnungsruf erteile. Sie haben gehört, der Redner hat darum gebeten, dass er ruhig sprechen kann. Bitte halten Sie sich daran.

(Stefan Köster, NPD: Es ist doch keiner von seinen Abgeordneten hier!)

Das ist aber kein Recht für Sie, mich zu stören, Herr Köster.

Herr Köster, Sie haben eben wieder meiner Tagungsführung widersprochen. Sie wissen, dass das einen Ordnungsruf wert ist. Das ist bei Ihnen der dritte Ordnungsruf.

(Stefan Köster, NPD: Ich habe zu Herrn Dr. Nieszery gesprochen.)

Sie sind vorhin darauf hingewiesen worden, dass Ihnen dann das Wort entzogen wird. Sie haben das damit gehört.

(Stefan Köster, NPD: Das ist ja eine Frechheit. Ich habe zu Herrn Dr. Nieszery gesprochen. Darf man das nicht? – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Er lernt das nicht. – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Ich lasse jetzt keine Diskussionen zu.

Herr Nieszery hat das Wort.

Meine Damen und Herren, auf diesem Wege möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich bei den Sachverständigen im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf bedanken. Etliche Sachverständige bescheinigen, dass mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umgesetzt werden.

(Udo Pastörs, NPD: Welche?)

Die Anzuhörenden machen zum Teil auch weitergehende Vorschläge zum Gesetzentwurf. Aber, meine Damen und Herren, es liegt in der Natur der Sache, dass wir nicht allen diesen Vorschlägen auch folgen können.

(Zuruf von Babara Borchardt, DIE LINKE)

Auf jeden Fall war die Anhörung für mich sehr informativ und bestätigt die bereits gute Vollzugspraxis in der modernen Jugendanstalt in Neustrelitz.

Meine Damen und Herren, wie Sie der Beschlussempfehlung entnehmen können, stellten bei der abschließenden Beratung im federführenden Ausschuss die Oppositionsfraktionen zahlreiche Änderungsanträge, die mit

einer Ausnahme keinen Eingang in das Gesetz gefunden haben. Diese Ausnahme ist der Paragraf 105. Die Koalitionsfraktionen wie auch die Fraktion DIE LINKE hatten die Einrichtung einer sozialtherapeutischen Abteilung mit der Änderung des Wörtchens „soll“ in „ist“ vorgeschlagen

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Zuerst wir.)

und damit zwingender ins Gesetz geschrieben, weil die Einrichtung und der Betrieb einer sozialtherapeutischen Abteilung mit zwei Psychologenstellen und zwei Sozialpädagogenstellen Bestandteil des Gesetzes ist. Die haushaltsseitige Absicherung der zuständigen Stellen und Mittel wird das Parlament in der morgigen Sitzung mit der Beschlussfassung des Doppelhaushaltes für das Jahr 2008 und 2009 gewährleisten.

Ich will kurz darauf eingehen, warum und an welchen Stellen die Koalitionsfraktionen Gesetzesänderungen vorgenommen haben. Vonseiten der Koalitionsfraktionen wird in Paragraf 34 Absatz 4 das Wort „können“ in „sollen“ geändert. Das heißt, volljährige Gefangene sollen an den Kosten für zahntechnische Leistungen beteiligt werden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Schön, dann kann man ja immer sehen, wer aus dem Knast kommt.)

Sich an den Kosten zu beteiligen, Frau Borchardt, gehört meines Erachtens auch zu den pädagogischen Maßnahmen in Vorbereitung auf das Leben nach dem Strafvollzug, sozusagen zum Lernen, „nach dem Sitzen“ auf eigenen Füßen zu stehen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Den Paragrafen 55 haben die Koalitionsfraktionen um einen Absatz erweitert,

(Zuruf von Irene Mülller, DIE LINKE)

und zwar enthält dieser eine Ermächtigungsgrundlage zum Einsatz von Handyblockern in den Justizvollzugsanstalten. Trotz Handyverbot werden Handys für Gespräche aller Art außerhalb der Anstalt benutzt. Dem Erfi ndungsreichtum der jugendlichen Gefangenen zur Handybeschaffung wird damit sozusagen ein Riegel vorgeschoben. Mit den Handyblockern wird nur der Mobilfunkverkehr innerhalb der Anstalt unterbunden, außerhalb des Geländes der Anstalt jedoch nicht beeinträchtigt.

Meine Damen und Herren, der Vorschlag der Koalitionsfraktionen zur Entschließung, nach Fertigstellung der Sporthalle für die Jugendanstalt Neustrelitz Gebühren für die Nutzung von Fitnessgeräten zu erheben, ist an die Praxis des thüringischen Strafvollzugs angelehnt worden und gehört für mich auch in die Rubrik der pädagogischen Maßnahmen in Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit. Wer draußen diesem Sport nachgeht, muss in den jeweiligen Fitnessstudios auch seine Beiträge bezahlen, und ich denke, das kann man im Vollzug genauso gestalten.

Meine Damen und Herren, am Ende meiner Ausführungen danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte, der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Dr. Nieszery.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schnur von der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon etwas befremdend zu hören, wie die Wahrnehmung von dieser Anhörung bei einigen Abgeordneten dargestellt wird. Ich scheine in einer anderen Anhörung gewesen zu sein. Na gut.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Es ist insofern nicht schlecht, dass wir heute über das Strafvollzugsgesetz sprechen, es ist der letztmögliche Termin, bei dem wir überhaupt sprechen können. Von daher ist das an sich schon ein relativ schwieriger Punkt. Schade aber, dass wir die Chance eines breiten parteiübergreifenden Einvernehmens vertan haben. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalition, Sie haben mit Ihrem Handeln zum wiederholten Mal gezeigt, wie sehr es Ihnen um Inhalte geht.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Insbesondere beim Jugendstrafvollzugsgesetz, Herr Glawe, waren Inhalte für die Koalitionsfraktionen eher nachrangig. Viel zu lange hat die Politik über eine gesetzliche Regelung des Jugendstrafvollzuges lediglich diskutiert. Seit Jahren begnügten wir uns damit, die Aufgaben des Jugendstrafvollzuges zu defi nieren, und beschränkten uns auf die Festlegung, dass der Strafvollzug in eigenen Jugendstrafanstalten stattfi nden muss. Nur durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist der notwendige Schwung in die Sache gekommen, wenn man in unserem Bundesland überhaupt von Schwung sprechen kann.

Eines stand jedoch unabhängig für alle Beteiligten fest: Im Ziel waren wir uns von Anfang an einig. Dies gilt wohl für alle Beteiligten, zumindest nach unserer Auffassung. Jedoch musste ich mich hinsichtlich meiner Zuversicht und Vorfreude auf eine sach- und lösungsorientierte Debatte im Europa- und Rechtsausschuss erneut belehren lassen. Die Einigkeit hatte sich mit der interessanten und fachlich tiefgründigen Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses leider bereits erledigt. Zwar wurden Sachverständige aus nah und fern, unter anderem aus Hamburg, Thüringen und Rheinland-Pfalz, eingeladen. Sie wurden auch in einer ausführlichen Beratung angehört, das ist nicht abzustreiten. Aber wie es eben so ist, man glaubt an das Gute, aber letztlich war bereits in der Anhörung zu spüren, wie wenig Ihnen, den Koalitionären, an der inhaltlichen Überarbeitung des Gesetzentwurfes gelegen war. Im Ergebnis kann man nur feststellen, dass wir uns eigentlich die Anhörung hätten sparen können. Oder wie soll ich es interpretieren, wenn die Bedenken der Sachverständigen, egal wie umfassend sie waren, egal wie erheblich sie sein mögen, ungehört bleiben?

(Harry Glawe, CDU: Das müssen wir noch mal besprechen. Den Sinn habe ich noch nicht verstanden.)

Wie wollen Sie Ihren Regierungsauftrag ernst genommen haben, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, wenn wir registrieren müssen, dass Sie aus der Anhörung nichts, aber auch so gut wie überhaupt nichts mitgenommen haben? Bis auf zwei kleine Änderungen haben Sie den Regierungsentwurf einfach durchgedrückt, egal, was die Experten sagten. Ich hatte es erwähnt.

Die Fraktion DIE LINKE und wir als FDP haben zusammen circa 40 Änderungsanträge gestellt – meine Vorredner

haben es gesagt –, allein als Ergebnis der Refl exion der Betrachtung des Regierungsentwurfes und bei Würdigung der Sachverständigenkritik. Und nicht ganz zufällig waren einige Vorschläge der Linksfraktion und der FDP inhalts- und zum Teil gar wortgleich.