Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Werter Herr Sellering! Ich danke Ihnen als Minister für die Worte, die Sie hier für die Arbeit des Integrationsförderrates gefunden haben. Und ich denke, wenn Sie die Unterrichtung gelesen haben, werden Sie auch verstehen, warum das Thema Sechster Tätigkeitsbericht des Integrationsförderrates heute auf der Tagesordnung ist.
Dieser Tätigkeitsbericht ist knapp gefasst, exakt und korrekt zusammengetragen, aber verbirgt natürlich all die Wege, die gegangen werden mussten, Gespräche, Arbeitsgruppen, viele Stunden, viel Zeit, die ehrenamtlich teilweise getätigt wurde, um zu diesen Ergebnissen zu kommen, die uns hier heute vorliegen.
Ganz oder fast ausgeschlossen sind in diesem Tätigkeitsbericht die Arbeiten, die Vorarbeiten, die Zuarbeiten, die von der Geschäftsstelle geleistet wurden. So, wie das Gesetz für den Integrationsförderrat lautet, hat der Integrationsförderrat eine Geschäftsstelle. Diese Geschäftsstelle ist besetzt durch den Leiter, durch die Sachbearbeiterin und den Mitarbeiter. Das klingt erst mal wie eine ganz normale Angelegenheit. Aber die Geschäftsstelle hat es zu tun mit teilweise ehrenamtlich, teilweise hauptamtlich Mitarbeitenden. Sie hat es zu tun mit vielen Mitarbeitenden, die sehr umfangreich tätig sind an anderen Stellen. Alles muss zusammengefasst, zusammengetragen werden, muss so dargestellt und aufgearbeitet werden, dass es auch alle verstehen, und, was fast noch
wichtiger ist, Partnerinnen und Partner müssen gefunden werden, um die dementsprechenden Ergebnisse zu erreichen. Dazu möchte ich hier im Namen meiner Fraktion den Tätigen in der Geschäftsstelle, dem Geschäftsstellenleiter Herrn Stanislaus Lodzik sowie Frau Liane Siebert und Herrn Josef Tauer recht herzlich Danke sagen.
Der Integrationsförderrat – in der 3. Legislaturperiode, als er von unserer Fraktion, damals noch PDS, ins Leben gerufen wurde, arg belächelt, kritisiert, eigentlich schon in der Geburt verdammt – hat sich zu etwas entwickelt, was ein wirklich beratendes Gremium der Landesregierung mit dementsprechenden Empfehlungen ist, die ausgesprochen werden, auch dementsprechenden Initiativen, wenn irgendeine Sache entdeckt wird, die bearbeitet werden muss.
Auf die 63 Gesetzlichkeiten, zu denen der Integrationsförderrat Stellung genommen hat, ist Herr Sellering schon eingegangen. Eine ganz wichtige Aufgabe haben auch ausgefüllt die Arbeitsgruppen, die der Integrationsförderrat sich zeitlich befristet und mit einem konkreten Ziel versehen geben darf.
Wir hatten und haben im Integrationsförderrat nach wie vor eine Arbeitsgruppe „Technische Baubestimmung“. Diese Arbeitsgruppe war einmal tätig, als es um die Veränderung der Landesbauordnung ging. Da sind nicht alle Blütenträume gereift, aber wo tun sie das schon. Diese Arbeitsgruppe ist auch wichtig bei Darstellung, Defi nition und Mitarbeit sowie Geben von Empfehlungen bei den Normen für bautechnische Bestimmungen. Zugegeben, uns werden da immer wieder für das Land gewisse Schranken von der Bundesregierung gesetzt. Aber ich denke, wenn der Integrationsförderrat, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien einen Weg fi nden, um Mecklenburg-Vorpommern hörbar zu machen in der Bundesregierung, in den dementsprechenden Gremien der Bundesregierung, ist das eine positive Sache, die der Integrationsförderrat in der Zwischenzeit für sich in Anspruch nimmt und auch, denke ich mir, nehmen darf.
Wir haben eine ganz besonders gute Sache gelesen, und zwar die ganzen Dinge, die gelaufen sind in der Arbeitsgruppe „Parkerleichterung“. Herr Sellering ging darauf ein. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen des Landtages, das gelesen haben, wird nicht jeder gleich verstanden haben, was das auf sich hat. Deswegen sage ich Ihnen, es geht dabei nicht um die Sonderparkgenehmigung von Menschen mit Behinderungen, sondern es geht um zeitlich begrenzte Parkerleichterungen, die auf recht komplizierte Art und Weise zu erringen waren. Wir haben jetzt zu verzeichnen, dass mithilfe des Integrationsförderrates, mit dem Innenministerium, mit dem Wirtschaftsministerium und dem Sozialministerium eine Regelung gefunden wurde, erstens diese Parkerleichterungen auf eine viel einfachere Art und Weise zu bekommen, zweitens wurde der Personenkreis, der für diese Parkerleichterung infrage kommt, maßgeblich erweitert. Mecklenburg-Vorpommern darf für sich jetzt in Anspruch nehmen, die modernste Parkerleichterungsregelung in ganz Deutschland zu haben.
Wir haben zu verzeichnen, dass wir in MecklenburgVorpommern unsere Parkerleichterungen anerkennen, aber auch Parkerleichterungen anderer Bundesländer. Leider ist es so, dass die Parkerleichterungen jedes
Bundesland allein macht und es bei Weitem nicht üblich ist, dass ein Land die Parkerleichterung des anderen anerkennt. Wir haben zu verzeichnen in MecklenburgVorpommern – und das ist besonders durch die Mitarbeit des Sozialministeriums gelungen –, dass eine sehr rückschrittliche Regelung der zeitlichen Begrenzung für ein und die gleiche Krankheit herausgenommen wurde. Ich erläutere das deswegen, weil das gar nicht so einfach war. Die zeitliche Begrenzung bedeutete, dass ein Mensch in seinem Leben für eine Krankheit nur sechs Monate eine Parkerleichterung erringen kann. Nun haben wir zum Glück zu verzeichnen, dass medizinische Arten und Weisen des Herangehens an Krankheiten so geändert sind, dass ein von Multiple Sklerose Betroffener zwar nach wie vor mit Schüben zu rechnen hat, die ihn sich nicht mehr bewegen lassen, jedenfalls nicht ohne Hilfe, aber das geht nicht nur sechs Monate in seinem Lebensalter, sondern kann sich über viele Lebensjahre hinziehen, immer wieder mit Unterbrechungen. Und wenn jetzt solche Unterbrechungen sind, dann braucht er die Parkerleichterung nicht. Kommt der nächste Schub, kann er die Parkerleichterung wieder beantragen und demzufolge ist dieser ganz spezifi schen Problematik, die auch noch für andere Krankheiten gilt, Rechnung getragen.
Wir haben gelesen, dass sich der Integrationsförderrat in einer Arbeitsgruppe „Medienkompetenz“ vor allen Dingen damit beschäftigt hat, wie er Einfl uss nehmen kann, beratend tätig werden kann Richtung Rundfunkrat, Rundfunkgesetzgebung und, und. Da sind noch viele Dinge zu tun, da haben Sie auch noch keine abschließende Behandlung lesen können. Es geht einfach darum, dass Menschen mit Behinderungen sich in dem dementsprechenden Gremium selbst vertreten dürfen. Es kann nicht angehen, dass als Werbegag eine Behinderung genommen wird und damit dann irgendein Werbemittel in die Gesellschaft gebracht wird. Es kann nicht angehen, dass gerade eine Behinderung dazu genutzt wird, dass ein Film sich in widerwärtiger Art und Weise darüber lustig macht, wie ein Mensch mit Behinderung nicht zurechtkommt im gesellschaftlichen Leben, und demzufolge die Behinderung diskriminiert wird. Es gibt noch viele andere Dinge, wie zum Beispiel die Handhabbarkeit von Nachrichten, Audiodiskretion und so weiter und so fort, die bei einem modernen Medium wie Rundfunk und Fernsehen einfach dazugehören.
Die Zusammenarbeit, die der Integrationsförderrat in der Zwischenzeit umfänglich pfl egt und auch immer weiter ausbaut, ist dargestellt. Vor allen Dingen hat die Zusammenarbeit mit der Regierung wichtige Fortschritte genommen. Sehr positiv ist dabei erwähnt worden, dass es sich gut gemacht hat, dass Ressorts davon abgegangen sind, zu bewerten, ob ein Gesetzentwurf, eine Richtlinie, eine Umsetzungsbestimmung relevant ist für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. Nein, sie haben das dementsprechende Schreiben an den Integrationsförderrat geschickt und haben diesen entscheiden lassen, ob etwas relevant ist oder nicht.
Ich schätze ein, das ist richtig und birgt von vornherein nicht die Gefahr, dass, wie es laut Gesetz heißt, der Integrationsförderrat nicht gehört wurde, obwohl er hätte gehört werden müssen. Aktueller Bezug Sportfördergesetz, Veränderung Sportfördergesetz – der Integrationsförderrat hat dieses Gesetz im Vorfeld nicht vorgelegt bekommen. Ich mache darauf aufmerksam, dass es in der Sportförderung eine große Abteilung Behinderten- und Reha-Sport gibt, die natürlich in das Sportfördergesetz
mit hineingehören und die unabhängig von ihrer Behinderung Leistungssport und Breitensport vertreten. Wir haben in unserem Bundesland Welt- und Europameister zum Beispiel im Rollstuhltanz, wir haben Olympiasieger im Schwimmen, im Diskus und so weiter und so fort. Die gehören mit dazu. Und ich bitte Sie, Herr Caffi er, Sie sind zugegebenermaßen als Innenminister neu im Geschäft, dafür zu sorgen, dass dieses Gesetz dem Integrationsförderrat zugeleitet wird.
Das gehört eigentlich dann auch in die Schlussfolgerungen, die die Regierung für sich gefasst hatte. Sie hat festgestellt, dass sich alles entwickelt hat, dass das weiter unterstützt werden soll und demzufolge direkte Maßnahmen aus diesem Tätigkeitsbericht sich nicht ergeben würden. Meine Damen und Herren, es ergeben sich direkte Tätigkeiten. Wenn Ressorts total anders geschnitten werden, wenn total andere Personen teilweise für diese und jene Dinge verantwortlich sind, dann gehört das meines Erachtens dazu, Dinge, die vielleicht bei anderen schon eingeschliffen sind, gerade in diesem Ressort, in dieser Angelegenheit noch einmal zu bereden. Und, meine Damen und Herren, ich weiß, dass die Behindertenvereine und -verbände ihre Vertreterinnen und Vertreter im Integrationsförderrat regelmäßig zu sich in die Mitgliederversammlungen holen, in die Vorstandssitzungen holen und so weiter und so fort, um sich berichten zu lassen, was sie im Integrationsförderrat tun.
Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie: Fragen Sie auch mal Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Sie in den Integrationsförderrat abgeordnet haben, was sie da tun! Ich denke, das ist wichtig, einmal deshalb, weil es den Horizont öffnet und Barrieren in den Köpfen abbaut, und das andere Mal deshalb, weil die Kolleginnen und Kollegen aus den Ministerien sich dort einbringen mit viel Sinn, Verstand und Klugheit. Das müssen sie auch mal sagen dürfen. Demzufolge denke ich, diese Art der Zusammenarbeit, diese Art des Aufeinanderzugehens kann sehr wohl noch ausgebaut werden. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Zumindest erst einmal herzlichen Dank von der SPD-Fraktion an den Integrationsförderrat für die geleistete Arbeit,
denn man darf ja nicht verkennen, dass ein Großteil der Leute, die in dem Rat vertreten sind, diese ganze Sache ehrenamtlich macht. Und das, denke ich, muss man auch entsprechend honorieren.
Es ist schon viel gesagt worden zu dem Integrationsförderrat. Ich möchte auf eins aufmerksam machen: Eine ähnliche Regelung gibt es in keinem anderen Bundesland. Ich denke, darauf kann das Land Mecklenburg-Vorpommern stolz sein, denn der Integrationsförderrat hat sich bei uns etabliert. Er dokumentiert in seinem Bericht, dass sich die Zusammenarbeit mit den Ministerien über die Jahre immer weiter verbessert hat. Fast alle Ministerien, wir haben ja gerade von einer Ausnahme erfahren,
legen heute die Dinge vor, die die Belange von Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranken betreffen. Es gibt eine koordinierte gute Zusammenarbeit. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Ministerien sitzen im Integrationsförderrat und unterstützen die Arbeit, das funktioniert gut. Ich denke, das muss an dieser Stelle noch einmal deutlich gesagt werden.
Das Landesbehindertengleichstellungsgesetz ist jetzt sowohl von Frau Müller als auch von Herrn Minister Sellering schon ausgiebig angesprochen worden als etwas, was in Mecklenburg-Vorpommern erarbeitet wurde, aber ebenfalls bundesweit Beachtung gefunden hat. Ich würde auf einen anderen Punkt eingehen, wo unter Mitwirkung des Integrationsförderrates etwas erreicht worden ist, was meines Erachtens so selbstverständlich nicht ist, und das ist die Beweislastumkehr. Das heißt, nicht ein behinderter Mensch oder ein chronisch Kranker muss nachweisen, dass er benachteiligt worden ist, sondern Behörden müssen nachweisen, dass dieser behinderte Mensch oder dieser chronisch Kranke eben nicht benachteiligt worden ist. Ich glaube, das ist ein großer Schritt nach vorn, wenn es darum geht, Barrieren abzubauen, dass nicht derjenige die Beweislast zu tragen hat, der die Benachteiligung hat, sondern klar geregelt ist, dass hier Behörden in der Verantwortung sind.
An dieser Stelle kann man abschließend nur sagen, wir wünschen dem Integrationsförderrat auch für seine weitere Arbeit viel Erfolg. Wir hoffen, dass da, wo Schwierigkeiten bestehen, diese in der Zusammenarbeit mit der Landesregierung auch perspektivisch weiter reduziert und ausgeräumt werden können, und hoffen, dass dann zum nächsten Jahresende uns wieder ein entsprechender Bericht vorgelegt wird. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Bevor ich mit meiner Rede anfange, wir haben das letztes Mal gehabt zum Thema „Tag der Behinderten“, wenn ich heute in den Saal hineinschaue, dann fehlen hier ein ganz Teil Abgeordnete, und vielleicht deswegen muss das so ein Tag sein, um manche Sachen auch sensibel hervorzubringen.
Chancengleichheit, Teilhabe und Integration für Menschen mit Behinderungen und chronischer Erkrankung in unserer Gesellschaft herzustellen, darf nicht bloß ein schöner Wunsch der Politik sein. Nein, es muss selbstverständlich sein, dass unsere Mitbürger mit Handicap gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben mitwirken können.
Der hier vorgelegte Bericht zeigt sehr deutlich, wir sind auf einem guten Weg, aber noch längst nicht am Ziel. Deshalb fi nde ich es schade, dass der Bericht nicht noch deutlicher den Finger in die Wunde legt. Als Beispiel möchte ich die im Bericht angeführte Arbeitsgruppe „Technische Baubestimmung“ erwähnen. Gemeinsam mit dem zuständigen Ministerium sollte der Integrationsförderrat eine Erweiterung der Liste der technischen
Das heißt, Bauherren von öffentlichen Gebäuden sind nach wie vor nicht per Gesetz dazu verpfl ichtet, ihre Bauvorhaben strikt nach den entsprechenden DIN-Vorschriften auszurichten. Das ist ein untragbarer Zustand
und leider fehlt der zuständige Minister Herr Ebnet, denn das ist sein Aufgabenbereich. Ich will da nur ein ganz aktuelles Beispiel bringen. Wir gucken uns mal die neue Brücke, mit viel Landesmitteln gebaut, in Sassnitz an. Sie ist nicht barrierefrei und da kann man Frust kriegen, wenn wir bedenken, wie viele Jahre es nach der Wende ist.
Und auch Herr Seidel ist im Augenblick nicht im Raum – Barrierefreiheit, das hat Frau Müller vorhin schon ausgeführt, auch Herr Sellering, hat eben nicht nur der Aufzug. Das muss man fairerweise sagen,