Protocol of the Session on October 18, 2007

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das müsste man prüfen, Frau Präsidentin!)

46 Verräterberichte sind von IM Martin in den Statistiken vorhanden.

(Michael Andrejewski, NPD: Das sind offenkundige Tatsachen.)

Unterrichtet wurde hauptsächlich über antisozialistische Umtriebe auf Feiern und in Jugendlagern der FDJ. Ja, meine Damen und Herren, Sie hören richtig: Der heutige Sprecher für Kulturpolitik sowie Mitglied im Bildungsausschuss hat vor gar nicht allzu langer Zeit Jugendliche bespitzelt.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Noch schlimmer ist jedoch, dass IM Martin nicht alleine ist. ISOR beispielsweise, Initiativgemeinschaft zum Schutz sozialer Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR, hat sich zum Ziel gesetzt, üppige Renten für ehemalige DDRKader zu erkämpfen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das sind Unterstellungen sondergleichen!)

Durch die Arbeit dieser Schandvereinigung wurde vielen SED-Kadern zu Luxusbezügen verholfen, wovon DDROpfer nur träumen könnten. Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, beschreibt diese bestehende Ungerechtigkeit folgendermaßen. Ich zitiere: „Wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass wir mit den Menschen, die für Freiheit und Demokratie gestritten haben, wirklich ziemlich schäbig umgehen. Wenn sie 20 Jahre in Bautzen in Haft waren, bekommen sie weniger Rente, als wenn sie dort zehn Jahre als Wärter tätig waren.“

(Michael Andrejewski, NPD: So ist es. – Stefan Köster, NPD: Pfui Teufel!)

Der Vorstand der 24.000 Mitglieder starken Vereinigung ISOR besteht zu mehr als der Hälfte aus MfS-Kadern. Der Einfl uss ist mittlerweile so groß, dass die BirthlerBehörde nach jahrelanger Verweigerung nun der Vereinigung Material zur Verfügung stellen muss, das dann von dem ehemaligen Stasiprofessor und Vizevorsitzenden Edelmann gesichtet wird. Herr Ritter, leider nicht mehr anwesend, würde sicherlich merken, worauf ich hinaus will. Er ist zum Beispiel Mitglied der nebulösen Vereinigung.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist ein eingetragener Verein und nicht nebulös.)

Herr Abgeordneter, sprechen Sie bitte zu dem Thema.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist ein ordentlich eingetragener Verein. Das ist eine Unterstellung! – Zuruf von Toralf Schnur, FDP – Udo Pastörs, NPD: Ja, das ist das Thema!)

Aber auch das ist kein Einzelfall. Als diese Partei in der Regierung von Mecklenburg und Vorpommern saß, leierte sie eine Bundesratsinitiative zugunsten von ISOR an. Der Verein bedankte sich anschließend bei allen Ministern der Abteilung Ringstorff.

(Zurufe von Sylvia Bretschneider, SPD, und Udo Pastörs, NPD)

Und Sie, Frau Gramkow, setzen noch einen obendrauf und wünschen sich öffentlich eine, so wörtlich, zielorientierte Zusammenarbeit mit dem Täterverein. Obwohl die Errungenschaften der SED nicht viel mehr als den Mauerbau, die Erfi ndung und Pfl ege der Stasi, den Mord an der Mauer und die Ruinierung Mitteldeutschlands hergaben, fl üchten sich gerade die direkten Nachfolger der SED vollständig aus der Verantwortung für das Unrecht.

Dass das Wissen über das Unrecht in der DDR immer mehr in Vergessenheit und in Verklärung gerät, ist Tatsache. Oder kennen Sie eine Straße, die den Namen des Leipziger Studenten Herbert Belter trägt?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wer ist das?)

Er verteilte im Oktober 1950 Flugblätter gegen die Diktatur und nur dafür wurde er hingerichtet. GeschwisterScholl-Straßen gibt es hingegen viele.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wogegen Sie hoffentlich nichts haben.)

Darum hat der Landtag auch die Bezuschussung von Gedenkstättenfahrten von Schülern zu den Terrorstätten der DDR beschlossen.

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Nein.)

Nun fehlt es noch an einer klaren Positionierung zur DDROpferrente und Aufklärung darüber. Auch wenn die jetzige Rente gern als Opferrente für Arme bezeichnet wird, sie nicht grundsätzlich entschädigt, so wollen wir zumindest aus dieser Lösung den größtmöglichen Nutzen für die DDR-Opfer zu ziehen wissen. Mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag kann sich dieser Landtag erstmals eindeutig gegen das DDR-Terrorregime positionieren. Wir dürfen die Opfer nicht länger im Dunkeln lassen, darum stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Opfer werden sich über diesen Beistand freuen.)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion der FDP Herr Kreher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist leider so wichtig, dass es schlimm ist, wenn es missbraucht wird.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Denn, meine Damen und Herren, wer in der DDR aufgewachsen ist wie ich, hat eben zum Beispiel den 17. Juni erlebt, als Kind, aber auch, was danach kam. Meine Eltern wurden nicht eingesperrt, aber allein, was damals geschehen war, die Angst, die dann umging, hat uns alle über Jahrzehnte geprägt. Das war auch in der Zeit der Zwangskollektivierung. Auch das habe ich als Kind hautnah miterlebt. Und es war wirklich von dieser Zeit ausgehend noch mal wieder die Angst. Dann kam der 13. August, noch nicht einmal mehr die Möglichkeit, ohne Gefahr das Land zu verlassen. Vorher war immerhin noch das Ventil Westberlin da. Dann, auch das habe ich direkt miterlebt, der Prager Frühling, ein Ereignis, wo wir damals alle gehofft haben, dass es zu einer Reform, wie wir damals noch glaubten, des Sozialismus käme. Irrtum – wieder Niederschlagung des Ganzen.

Ich kann Ihnen sagen, mich hat das Ganze sehr geprägt und deshalb war ja gerade diese Erlösung 1989/90,

(Beifall Toralf Schnur, FDP)

wo wir dann endlich wieder den Mut hatten aufzustehen, weil sich die Verhältnisse in Europa, im Westen und im Osten so geändert hatten durch bestimmte Verträge, Helsinki und all das, was Sie schlechtmachen. Dadurch war es möglich, aufzustehen und endlich das zu erreichen, woran wir eigentlich gar nicht mehr glaubten, nämlich, dass wir wieder zu dieser deutschen Einheit kamen. Deshalb lasse ich das nicht gerne kaputt machen.

Wenn Sie jetzt sagen, und deshalb will ich mich auch sachlich damit auseinandersetzen,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist sehr begrüßenswert.)

dass wir diese Opfer besser würdigen müssen, dann weiß ich, dass das ein schwieriger Kampf war und dass es da auch innerhalb der Fraktionen im Bundestag unterschiedliche Auffassungen gab über die Möglichkeiten, das zu machen. Das will ich gerne zugestehen. Auch meine Fraktion hatte da im Bundestag eine ganz andere

Auffassung. Und ich weiß, dass ich innerhalb des Bundesvorstandes meiner Partei auch auf diese Probleme immer wieder hingewiesen habe. Das ist nicht die Lösung, die sich viele von uns erhofft haben. Das gebe ich zu.

Aber wenn es jetzt darum geht, zur Information besser beizutragen, dann müssen wir auch sagen, bei der besonderen Zuwendung für Haftopfer, der sogenannten SEDOpferrente, handelt es sich um eine staatliche fi nanzielle Zuwendung für einen bestimmten Kreis von Berechtigten. Die Zuwendung ist zwar keine Rente im eigentlichen Sinne, sie ist aber mit der Rente und mit anderen Sozialleistungen vergleichbar. Wie bei anderen Sozialleistungen hat der Gesetzgeber auch hier die Zuwendung von einem Antrag des Berechtigten abhängig gemacht. Bei antragsabhängigen staatlichen Leistungen ist es weder rechtlich notwendig und es ist auch nicht üblich, dass der Staat die potenziell Anspruchsberechtigten über den möglichen Anspruch persönlich in Kenntnis setzt,

(Stefan Köster, NPD: Leider.)

und zwar unabhängig davon, an welchen Sachverhalt die fi nanzielle Zuwendung anknüpft. Wird durch Gesetz eine neue staatliche Leistung begründet, so sind die zuständigen Behörden vielmehr verpfl ichtet, in allgemeiner unabstrakter Form über die Leistung aufzuklären. Das kann zum Beispiel durch Pressemitteilungen, Broschüren, Internetauftritte und so weiter erfolgen. Und dies, da habe ich mich erkundigt, ist in Pressemitteilungen des Justizministeriums geschehen und auf der Internetseite auch zu sehen.

(Udo Pastörs, NPD: Im Verhältnis zu den Verbrechen doch viel zu wenig, Herr Kreher! – Toralf Schnur, FDP: Nun gehen ihm die Argumente aus. Jetzt wird’s schwierig.)

Es ist auch durch Presseerklärungen in die Öffentlichkeit getragen worden. Die SED-Opferrente ist unter anderem vom Einkommen des Betroffenen abhängig.

(Udo Pastörs, NPD: Leider, leider.)

Das, fi nde ich persönlich, ist auch nicht die Lösung, das habe ich Ihnen vorhin gesagt, die ich mir erhofft hätte. Da die zuständigen Behörden über die Einkommenssituation der möglichen Berechtigten keine Erkenntnis haben können, ist die Zuwendung von deren Antrag abhängig. Es ist daher, weil es ja von dieser Sache abhängig ist, nicht einmal möglich, jeden Berechtigten von Amts wegen zu informieren.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

So weit zur sachlichen Debatte. Weil ich nicht einfach nur, weil es von Ihnen kommt, dagegen...

(Udo Pastörs, NPD: Das stört Sie schon alleine.)

Nein, Sie haben jetzt nicht zugehört.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Deshalb habe ich das sachlich begründet.

(Toralf Schnur, FDP: Erst zuhören, dann reden!)

Deshalb habe ich das sachlich begründet.