Protocol of the Session on July 11, 2007

Meine Damen und Herren, die Fahrten zu KZ-Gedenkstätten und zu den Gedenkstätten und Orten der jünge

ren deutschen Geschichte soll aber auch zeigen, dass neben dem Gräuel des Naziregimes das Unrecht auch viele andere kleine Formen haben kann, die dann viel größere Wirkungen in gewaltigen Dimensionen entfalten. Zum Entstehen der Nazidiktatur gehörte auch, dass zugelassen wurde, dass aus so viel kleinem Unrecht an so manchem Ort immer größeres wurde. Solche Entwicklungen kann nur eine wehrhafte Demokratie verhindern. Wir haben zu einem anderen Tagesordnungspunkt darüber bereits geredet. Sie darf aber eben nicht nur staatlich wehrhaft sein, sondern sie muss wehrhafte Bürgerinnen und Bürger erziehen, ja, sie haben wollen und auch respektieren.

Wenn die Klassenfahrten einen Beitrag dazu leisten, dass wir den Mädchen und Jungen unseres Landes einen Eindruck vom Sinn, vom Wert, vom Zweck und von der Alternativlosigkeit der Demokratie bekommen, dann ist das Ziel erreicht. Ganz in diesem Sinne möchte ich mich bei den anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit bei der Erstellung dieser vorliegenden Beschlussempfehlung bedanken. Ich möchte auch dem Minister und dem Haus für die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung und Umsetzung dieser Beschlussempfehlung unsere Unterstützung zusagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Vielen Dank, Herr Vizepräsident.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Polzin von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Darlegungen meiner drei Vorredner und Vorrednerinnen kann ich eigentlich nur Folgendes hinzufügen: Ich denke, heute schließt sich ein Kreis. Wir haben vor Wochen in diesem Hause den Problemaufriss unter uns Demokraten sehr eindringlich gemeinsam gesehen. Wir waren der Auffassung, dass der Antrag der PDS hier vielleicht ein wenig zu kurz ist. Und das Versprechen, das wir uns gegeben haben, gemeinsam einen Weg zu gehen, der da heißt, hier kommt eine Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss, die wirklich sinnhaft umsetzbar ist, die den Schulen hilft, die gemeinsam mit dem Ministerium sehr schnell umsetzbar ist und die auch möglichst wenig zusätzliche Bürokratie beinhaltet, dieses Ziel haben wir erreicht. Ich freue mich über dieses sehr gute Beispiel parlamentarischer Arbeit an der Sache entlang und bedanke mich für die Zusammenarbeit in alle Richtungen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Vielen Dank, Frau Polzin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleich zu Anfang meiner Ausführungen möchte ich ganz klar unterstreichen, dass die Auseinandersetzung mit allen – Herr Bluhm, ich betone es extra –, ausdrücklich mit allen deutschen Diktaturen unbestritten zur Erhöhung des Geschichtsbewusstseins und des Demokratieverständnisses von Heranwachsenden beiträgt. Und weil dieses Anliegen, Frau Polzin hat es eben gesagt, in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von DIE LINKE – so

sagt man jetzt, glaube ich – nicht so ganz deutlich wurde, haben wir uns im Bildungsausschuss gemeinsam darauf verständigt, diesen zu erweitern, und werden heute der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses zustimmen.

In dem nun vorliegenden Antrag fördern wir den Besuch sowohl von KZ-Gedenkstätten wie auch den Besuch von Gedenkstätten und Orten für die Opfer der jüngeren deutschen Geschichte.

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Dazu gehören für mich unter anderem das KZ in Sachsenhausen genauso wie das Konzentrationslager Ravensbrück mit den Außenlagern in Malchow und Wöbbelin. Dazu gehören für mich ebenso die Gefängnisse des sowjetischen Geheimdienstes und des MfS am Demmlerplatz in Schwerin wie auch die MfS-Untersuchungshaftanstalt in Rostock und auch das Lager Fünfeichen in Neubrandenburg. Das Verschließen des linken oder des rechten Auges an dieser Stelle hilft uns bei der Diskussion nicht weiter. Sowohl wir hier in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Brandenburg verfügen über eine eindrucksvolle, ja auch beschämende Landschaft an Gedenkstätten und Erinnerungsorten aus beiden deutschen Diktaturen, die als Orte politischer Bildung genutzt werden können, sollen und müssen.

Die Besuche dieser Gedenkorte durch Schulklassen beziehungsweise die Befassung mit dem Thema „Krieg, Diktatur und Extremismus aller Couleur“ soll in das Konzept zur Förderung von Demokratie und Toleranz in Mecklenburg-Vorpommern eingebunden werden. Dazu wird den Fahrten ein pädagogisches Konzept zugrunde gelegt, das die Einbindung in ein umfassendes Unterrichtsgeschehen sowie die nachhaltige Vor- und Nachbereitung sichert. Der Besuch von Mahn- und Gedenkstätten durch Heranwachsende kann zeigen, welche Werte man in der Gesellschaft für wichtig erachtet und pfl egen will und wie man sich gegen ihre Zerstörung wehrt.

Darüber hinaus wird das Bildungsministerium aufgefordert, zur Unterstützung der pädagogischen Arbeit eine Begleitkonzeption in Zusammenwirkung von L.I.S.A. und der Landeszentrale für politische Bildung zu erarbeiten.

Demokratiefeindliche Tendenzen nehmen zu und Zeitzeugen sterben, wir haben es gehört. Deshalb bin ich froh, dass wir uns im Ausschuss auf den nun vorliegenden Bericht und die Beschlussempfehlung gemeinsam einigen konnten, und bitte Sie um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lüssow von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem sich die Alt- und Neukommunisten der LINKEN mit einem Antrag profi lieren wollten,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

der in der Diktion ganz Ihrer ideologischen Ahnen und Vorbilder daherkam, ist nun ein Kompromiss entstanden, dem sich auch die NPD nicht ganz verschließen wird.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Echt?)

Ich bitte jedoch zu beachten, dass das für meine Fraktion wichtig ist, dass für ein besseres Geschichtsverständnis ein pädagogisches Konzept erarbeitet und verfolgt wird, das eine ausgewogene Verteilung in der Schülerbildung und -erziehung garantiert. Insbesondere, wenn nun Schülerfahrten zu Gedenkstätten bezuschusst werden, ist sicherzustellen, dass die Zeitgeschichte vor und nach 1945 gleichermaßen eingebunden wird.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Denn dass das heutige Geschichtsbild – und ich meine damit die totalitäre DDR – einer Aufarbeitung bedarf,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das müssen Sie gerade sagen! – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Irene Müller, DIE LINKE)

zeigen die jüngsten Ereignisse um die Birthler-Behörde. Gerade bei Schülern, die nun nicht mehr die DDR erlebt haben, scheint es einen Nachholbedarf in DDRGeschichte zu geben, da anscheinend ein verzerrendes Bild der DDR aufgebaut wird.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Viel haben Sie aber auch nicht mitgekriegt.)

Dazu trägt auch ein verklärendes Erinnerungsvermögen bei den Erlebnisgenerationen und bei Funk und Fernsehen bei, sodass die DDR zu oft nicht als Diktatur und Unrechtsstaat erkannt wird. Nehmen wir nur das Beispiel des Internierungslagers Fünfeichen. Wie der Landesbeauftragte für die Stasiunterlagen Mothes sagte, sei die gegenwärtige Situation in der Mahn- und Gedenkstätte unbefriedigend. Die Besucher können überhaupt nicht begreifen, was dort passiert ist.

Wir von der NPD hoffen, dass nunmehr das breite Spektrum der jüngeren deutschen Geschichte für die Schülerinnen und Schüler unseres Landes in Ausfl ügen mit pädagogischer Unterstützung stattfi ndet, die ein Geschichtsbewusstsein eröffnen, das nicht vom Tunnelblick begrenzt wird.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Wir werden auch in Zukunft die Verbrechen der roten Diktatur auf deutschem Boden klar benennen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Gut abgelesen!)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der Fraktion der FDP und Vizepräsident Herr Kreher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Tenor dieses Antrages, wie wir ihn jetzt gemeinsam im Bildungsausschuss erarbeitet haben, ist für uns in erster Linie für Weltoffenheit, für Demokratie und für Toleranz. Aber, meine Damen und Herren, gerade deshalb, weil wir für diese Werte stehen, ist es wichtig, ein weitreichendes Geschichtsbewusstsein gerade auch bei den Jüngeren zu entwickeln, die nicht mehr aus eigenem Erleben beurteilen können, wie wichtig diese Werte für unsere Gesellschaft sind. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Kinder zu den authentischen Orten, zu KZs fahren und dort wirklich erleben, was damals geschehen ist.

(Udo Pastörs, NPD: Das können sie doch gar nicht erleben.)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es sehr, sehr wichtig, dass diese Zeit des Nationalsozialismus nicht relativiert wird. Die Verbrechen dieser Zeit können wir nicht relativieren, durch nichts! Aber es ist uns auch wichtig, dass wir die Opfer der jüngeren deutschen Geschichte genauso mit einbeziehen, wenn es um die Aufarbeitung der Geschichte geht, also auch die Opfer der Zeit von 1945 bis 1949 und der Zeit bis 1989. Auch diese Zeit, meine Damen und Herren, dürfen wir nicht bagatellisieren, denn diese Opfer leiden heute noch unter dem, was in dieser Zeit geschehen ist.

Es kommt, wie der Minister gesagt hat, den Lehrern und Erziehern, aber natürlich auch den Eltern dabei eine sehr große Aufgabe zu.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ich bin ja gespannt, was die CDU zur DDR-Zeit sagt.)

Es ist sehr, sehr wichtig, dass entsprechende pädagogische Konzepte an den jeweiligen Schulen erarbeitet werden, in denen dann die jeweiligen Klassenfahrten auch entsprechend ihren Wert bekommen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass das nicht nur einmalige Aktionen sind, sondern dass das in das Gesamtkonzept der Schule mit eingeht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, dazu ist natürlich die Fortbildung der Lehrer eine ganz, ganz wichtige Sache. Wichtig für uns war auch, darauf hat Frau Polzin schon hingewiesen, dass wir dabei weitestgehend unbürokratisch vorgehen können bei dem Antragsverfahren. Das ist in unserem Sinne, dass das so leicht wie möglich geschieht, wenn es in diesem Rahmen des pädagogischen Konzeptes der Schule ist.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss noch mal sagen, wenn wir über solche Sachen hier immer wieder diskutieren, geht es um unsere grundsätzlichen Werte. Dabei, meine Damen und Herren, ist es ganz wichtig, dass wir immer wieder darauf achten, dass wir mit unserer Wortwahl schon Menschen verletzen können, dass auch die Wortwahl manchmal dazu beiträgt, dass Erinnerungen an die Vergangenheit wachgerufen werden. Deshalb können wir mit unserer Sprache nicht einfach so umgehen, wie das vielleicht andere Völker können.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Wir haben in dieser Beziehung immer wieder Dinge, die dann Erinnerungen wachrufen, die einfach verletzend sind. Das müssen Sie, meine Damen und Herren, wenn Sie sich immer wieder hier als Demokraten darstellen wollen, einfach mit sehen, dass manche Worte, wenn sie in einem bestimmten Kontext verwendet werden, auch wenn sie zu den Worten unserer Sprache gehören,

(Reinhard Dankert, SPD: Deswegen sagen sie die ja. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

einfach verletzend sind.

(Reinhard Dankert, SPD: Das wollen die doch so.)