Vor diesem Hintergrund halte ich die Möglichkeit, den Betroffenen Grundstücke der öffentlichen Hand zum bevorzugten Erwerb anzubieten, für eine Möglichkeit der Teilwiedergutmachung. Gleichzeitig stellt sich für mich die Frage: Warum haben Sie in anderen Fällen der Übertragung von Grundstücken nicht so gereizt reagiert? Es werden doch Grundstücke der öffentlichen Hand für Maßnahmen des Naturschutzes regelmäßig so gut wie verschenkt.
Meine Damen und Herren, die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft des Bundes (BVVG) verwaltet im Auftrage des Bundes derzeitig noch circa
130.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Hiervon werden in Mecklenburg-Vorpommern maximal 20.000 Hektar für den Ausgleich nach dem Zweiten Flächenerwerbsänderungsgesetz benötigt. Bundesweit werden nach den Aussagen der BVVG circa 36.000 Hektar benötigt. Deshalb ist es scheinheilig, vom Ausverkauf der Flächen in Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen.
Gerade vor dem Hintergrund, dass der Grundgedanke des Ausgleichsleistungsgesetzes von 1994 war, den Alteigentümern die Möglichkeit zu eröffnen, von der Treuhandanstalt beziehungsweise der BVVG zu privatisierende landwirtschaftliche Flächen zu vergünstigten Konditionen erwerben zu können, ist das Agieren Ihrer Fraktion, aber auch teilweise des Ministers nicht mehr nachzuvollziehen.
Seinerzeit sollte der landwirtschaftliche Betrieb mit rund 34 Hektar als Bemessungsgrundlage gelten. Dafür wurden in Paragraf 3 Absatz 5 des Ausgleichsleistungsgesetzes die Begrenzungstatbestände, die Hälfte der Höhe der Ausgleichsleistungen beziehungsweise 300.000 Ertragsmesszahlen aufgenommen. Der Gesetzgeber hat damals somit eine flächenmäßige Begrenzung für die Rückerwerbsmöglichkeiten unabhängig von der Entwicklung des Bodenpreises getroffen.
1999 hat die rot-grüne Bundesregierung die Flächenerwerbsmöglichkeiten dahin gehend neu geregelt, dass die Kompensationsregelung auch für Alteigentümer auf den Kaufpreis für den Erwerb volkseigener landwirtschaftlicher Flächen festgelegt wurde. Mit dieser Neuregelung wurde von der Flächenregelung auf eine Regelung, die als Grundlage die Bodenqualität und den Marktpreis berücksichtigte, übergegangen.
Mit den steigenden Kaufpreisen für landwirtschaftliche Flächen in den zurückliegenden Jahren schmolz die Möglichkeit des Flächenerwerbs für Alteigentümer entsprechend der Höhe der Ausgleichszahlungen erheblich ab. Heute wären hier mit den 1999 vorgegebenen Modalitäten lediglich 12 bis 14 Hektar zu erwerben. Mit der jetzigen Stichtagsregelung werden die Bodenpreise vom 1. Januar 2004 für die Berechnung als Grundlage festgesetzt. Gerade durch die zeitliche Verzögerung der zuständigen staatlichen Stellen ist dies mehr als gerecht.
Meine Damen und Herren, unter Punkt 2 des Antrages fordert die Linksfraktion die Aufnahme einer zwölfjährigen Pachtdauer nach Verkauf an die Alteigentümer. Diese Regelung halte ich für ungerechtfertigt, da dies den Status quo weiterhin erhalten würde. Unter Punkt II.2. fordern Sie, den Verkauf der Restflächen der BVVG außerhalb des begünstigten Flächenerwerbs zu stoppen. Da die BVVG sich ans geltende Recht halten muss, wird meine Fraktion auch diesen Punkt ablehnen, denn nach Paragraf 1 Absatz 1 und 6 des Treuhandgesetzes ist die BVVG verpflichtet, das in ihrer Verwaltung befindliche Vermögen zu privatisieren.
Damit sind wir allerdings auch schon bei Punkt II.3. Ihres Antrages, der eine Übertragung der Restflächen und der Gewässer an das Land Mecklenburg-Vorpommern vorantreiben soll. Entgegen anderen fordern Sie glücklicherweise nicht eine kostenlose Übertragung, meine Damen und Herren, vom Bundesministerium in Landeseigentum. Dennoch wird sich meine Fraktion nicht gegen geltendes Recht aussprechen und dem Absatz des Treuhandgesetzes gerecht werden. Vor diesem Hintergrund müssen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Also dass DIE LINKE ein etwas eigentümliches Verständnis von Gerechtigkeit hat, das ist ja nichts Neues, wird hier auch wieder mal ganz deutlich,
(Helmut Holter, DIE LINKE: Eigentümlich ist das Verständnis der FDP. Das hat man bei Christian Lindner ganz deutlich gehört Mittwoch Abend.)
und auch das eigentümliche Verständnis zum privaten Eigentum ist uns ja bekannt. Also die FDP hat hier ein anderes Verständnis von beiden Begriffen und damit sind wir auch ganz zufrieden,
(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, wir kennen Ihre Eigentümlichkeit, Ihr eigentümliches Verständnis. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)
denn gerade vor dem geschichtlichen Hintergrund der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft Ende der 50er-Jahre und der damit zweiten Enteignungswelle nach dem Zweiten Weltkrieg, denke ich, verstärkt sich diese eigentümliche Note durch die Forderung nach gerechter Bodenvergabe. Jedem, der sich der Zwangskollektivierung damals entgegenstellte, drohten vielfältige Repressalien, bis hin zu langjährigen Haftstrafen und zum Teil auch Schlimmerem. Und man spricht in diesem Zusammenhang von bis zu 5.000 Selbstmorden. Ich denke, das sollte hier noch mal berücksichtigt werden.
Die FDP kritisiert nicht das Bestehen der großen landwirtschaftlichen Produktionsbetriebe, das möchte ich hier noch mal ganz klar darstellen, aber der Weg, der in der DDR zu dieser Agrarstruktur geführt hat, wird von uns schon stark kritisiert. Die Bodenreform ist letztendlich ein politischer Willkürakt gewesen
(Angelika Peters, SPD: Wenn wir die wahnsinnigen Vorfahren nicht gehabt hätten, dann müssten wir über dieses Thema heute nicht reden.)
und ich will ganz klar sagen, dass niemand, aber auch niemand von uns die Ergebnisse dessen infrage stellt. Darauf lege ich ganz großen Wert, dass das noch mal klar wird,
weil man uns hier hin und wieder anderes unterstellt. Die Ergebnisse der Bodenreform sind unumkehrbar, ganz deutlich.
Und, Herr Professor Tack, gerade auch in Ihren ersten Feststellungen legen Sie dar, dass die Sicherung der breiten Verteilung und eine bäuerliche Bewirtschaftung der Böden von hohem gesellschaftlichem Interesse ist.
Weiterhin fordern Sie die Beibehaltung der bestehenden Agrarstrukturen. Und hier sehen wir ganz klar einen Widerspruch in Ihrer Forderung, gerade vor dem Hintergrund Ihrer jüngsten Forderung zur Abkehr von industrieller Landwirtschaft. Also da ist doch ein klarer Widerspruch zu erkennen. Ist es denn in Ihren Augen wirklich eine breite Verteilung der landwirtschaftlichen Nutzflächen, wenn dann Produktionsgenossenschaften mehrere Tausend Hektar bewirtschaften? Wie soll sich denn dann der von Ihnen so unterstützte und hervorgehobene kleine Ökobetrieb überhaupt behaupten können?
Es stellt sich doch auch ernsthaft die Frage, was Sie denn mit dieser Widersprüchlichkeit in Ihren Forderungen und im Antrag überhaupt wollen. Die Änderungen im Ausgleichsleistungsgesetz und im Zweiten Flächenerwerbsänderungsgesetz schaffen durch die endlich getroffene Stichtagsregelung auch keine weitere Bevorzugung nicht wirtschaftender Alteigentümer. Durch die bisher langwierige Abarbeitung der Anträge in den Behörden sind die Antragsteller benachteiligt worden.
Und mich hat die Aussage des Ministers ein wenig irritiert, dass es da in Mecklenburg-Vorpommern keine offenen Verfahren mehr gibt. Zu der Aussage aus dem Finanzministerium, die mir bekannt ist, dass noch circa 200 Anträge in der Bearbeitung sind, würde ich Sie doch bitten, das auch noch mal zu überprüfen, inwieweit die Aussage, die da getroffen wurde, korrekt ist.
Dieses bisher praktizierte Spielen auf Zeit hat das Problem in seiner jetzigen Form dann überhaupt erst entstehen lassen. Die jetzt endlich gefundene Stichtagsregelung ist keine Klientelpolitik und keine Besserstellung von Alteigentümern, sondern Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht,
und fußt auf rechtsstaatlichem Verständnis. Der Stichtag 1. Januar 2004 ist dabei kein willkürlich gewähltes Datum, denn bereits 1994 setzte die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP das Ziel, die Alteigentümerproblematik innerhalb der nächsten zehn Jahre abzuschließen, also bis 2004. Und ich denke, das ist dann 15 Jahre nach Mauerfall auch ein angemessener Zeitraum, diese Problematik zu klären.
Mit einem begünstigten Kaufpreis für durchschnittlich 34 Hektar sollten die Alteigentümer entschädigt werden. Ihnen wird also nichts geschenkt, sondern sie kaufen ihr eigentliches Eigentum wieder zurück.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Udo Pastörs, NPD: So ist es. – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)
In der Folgezeit hat dann 1999 die rot-grüne Bundesregierung die zu gewährende Ausgleichsleistung an die Bodenpreise gekoppelt.
Das behördliche Nichthandeln kann nach Auffassung der FDP also nicht den Alteigentümern angelastet werden.
Die Einführung der Stichtagsregelung bedeutet nicht den dargestellten Untergang der Bauernschaft in Mecklenburg-Vorpommern, denn kein Landwirt und keine Produktionsgenossenschaft wird heute enteignet. Sie malen hier also ein falsches Bild. Gerade vor dem Hintergrund des Preistreibens der großen Flächenverpächter BVVG und Landgesellschaft sehe ich in den direkten Verhandlungen mit den Alteigentümern sogar in vielen Fällen eine
Verbesserung der Situation der derzeitigen Pächter. Also überzogen und unklar erscheint uns auch die Forderung nach der Einführung einer Mindestpachtdauer bei einer Flächenübernahme durch den Alteigentümer von wenigstens zwölf Jahren. Diese Forderung ist nicht mal vom Bauernverband gestellt worden.
Liebe Kollegen von der LINKEN, auch Ihnen ist bekannt, dass entsprechend den Privatisierungsgrundsätzen die Landwirte gepachtete Flächen für vier Jahre mit Option auf Direktkauf weiterpachten können. Und genauso kann der Pächter unter Verzicht des Direktkaufs für weitere neun Jahre pachten. Vor diesem Hintergrund erscheint die von Ihnen aufgestellte Forderung völlig überzogen. Weiterhin fordern Sie den Verkaufsstopp aller BVVGFlächen außerhalb des begünstigten Flächenerwerbs. Direktkauf bis 450 Hektar wäre dann auch nicht möglich. Landwirten ist dies in den Privatisierungsgrundsätzen aber zugesagt worden und die Verhandlungen mit der BVVG in diesen Fällen jetzt zu stoppen, wäre ein weiterer Vertrauensverlust.
So problembehaftet der Flächenverkauf nach Verkehrswert auch sein mag, gibt es doch aus unserer Sicht kein geeigneteres Mittel ohne ideologische Bevormundung. Mit Ihrer Forderung verhindern Sie lediglich langfristige Betriebsentwicklungen. Genauso überzogen ist die Forderung nach der Übertragung der Restflächen und der Gewässer vom Bund an das Land. Welches Bestreben sollte der Bund denn haben, diese Flächen zu verschenken?
Und aus welchen Mitteln sollte das Land denn einen möglichen Kaufpreis bezahlen? Eigentlich sollten Sie wissen, die Landgesellschaft ist neben der BVVG der größte Preistreiber und veräußert keine Flächen.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Fragen Sie mal den Minister, ob der das auch so sieht! – Regine Lück, DIE LINKE: Und die Bauern.)
Und somit würden durch eine Kaufpreiszahlung an den Bund entsprechend höhere Pachten dann für die Landwirte wiederum entstehen.
Bezug nehmend auf frühere Anträge von Ihnen wollen Sie die Flächenvergabe lediglich nach selbst gewählten ideologischen Vorgaben durchführen und das tragen wir nicht mit. Deshalb lehnen wir den Antrag, wie schon gesagt, ab. – Ich danke.