Protocol of the Session on January 26, 2011

Und Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der LINKEN, lade ich ein, sich im Bund daran auch kreativ zu beteiligen und sich zum Schluss nicht nur beleidigt in die Ecke zu stellen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Wer stellt uns denn in die Ecke? – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

damit das, was wir alle wollen – mehr Bildung – zu den Kindern bei uns im Land kommt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das sogenannte Bildungspaket für Kinder ist, in welcher Form auch immer, völlig sinnlos, solange man die Familien weiterhin in Armut leben lässt. Eigentlich hätte der Antrag lauten müssen: „Zum Teufel mit dem Bildungspaket und dafür wesentlich höhere Regelsätze für Kinder her“.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Das wäre konsequent gewesen und hätte auch zum Redetext gepasst.

Frau von der Leyen glaubt, man könne einen großbürgerlichen Lebensstil, wie sie ihn gewohnt ist, mit einem Dasein kombinieren, das auf den Hartz-IV-Regelsätzen beruht. Die Kinder sollen nach ihren Vorstellungen unter anderem Musikunterricht erhalten und demnächst vielleicht auch noch Reitunterricht und Kurse à la „Wie benehme ich mich auf einem edlen Oberschichtempfang? Nehme ich zum Cordon Bleu Rot- oder Weißwein und welches Fischmesser nehme ich?“.

(Angelika Peters, SPD: Ja, wissen Sie denn das?)

Aber wenn die Kinder nach Hause kommen, ist die Wohnung kalt. Teil der sogenannten Hartz-IV-Reform ist nämlich auch das Vorhaben, die Heizkosten pauschalieren zu wollen, was natürlich ein Tarnbegriff ist für massive Einsparungen auf Kosten der Leistungsempfänger. Deswegen hat man das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger ja auch abgeschafft.

Schon jetzt heizen viele Hartz-IV-Empfänger nicht mehr ausreichend, aus Furcht vor happigen Nachforderungen der Vermieter. Das wird erst recht der Fall sein, wenn bei den Heizkosten der Einzelfall keine Rolle mehr spielt. Wegen der geringen Regelsätze müssen sich die Kinder auf Billigstbasis und damit ungesund ernähren. Daran wird ein billiges und minderwertiges Gratismittagessen auch nichts ändern. Denn darauf wird es hinauslaufen, auch da wird man sparen, wo man nur kann.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

In den Familien ist das Geld extrem knapp. Es herrscht permanente Not. All dies ist nicht nur eine materielle Frage,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

es hat auch psychologische Auswirkungen. Genau wie ihre Eltern stehen die Kinder durch den Geldmangel unter Dauerstress und der Lebensmittelpunkt der Kinder ist immer noch das Elternhaus und eben nicht die Schule. Wenn die Lebensverhältnisse zu Hause untragbar sind, nützen ein paar Angebote an der Schule auch nichts und eine Stunde Musikunterricht in der Woche. Das gilt sogar bei kompetenten Eltern, die ihre Finanzen wirklich im Griff haben und aus den jämmerlichen Regelsätzen herausholen, was nur geht.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Selbst solche Väter und Mütter können ihren Kindern nicht die Lebensgrundlage bieten, die als Basis für einen Schulerfolg vonnöten ist, wenn das Kind nicht extrem begabt ist und solche harten Bedingungen trotzdem meistern kann.

Bei überforderten Eltern ist das natürlich noch viel schlimmer und man muss kein Verschwender sein, um mit den Hartz-IV-Regelsätzen nicht zurechtzukommen, zumindest dergestalt, dass es am Monatsende knapp wird. Ganz im Gegenteil muss man außerordentlich gut mit Geld umgehen können, wenn man mit Hartz IV nicht in Schwierigkeiten geraten will, und man darf kein bisschen Pech haben. Werden ein paar dringende Neuanschaffungen gleichzeitig fällig, kommt man nicht über den Monat.

Und Frau von der Leyen bietet Musikunterricht als Ersatz für durchgelaufene Schuhe. Ihr Vater war ja Politiker und vorher Manager in einer Keksfabrik und seine Tochter, diese verwöhnte Keksprinzessin, hat keine Ahnung vom

Leben der Unterschicht, die in diesem Lande immer stärker abgehängt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Bildungspaket ist in der Tat lediglich eine Mogelpackung und auch ein Ablenkungsmanöver. Das Hauptproblem sind die zu niedrigen Regelsätze. Gerade für Kinder sind diese Regelsätze menschenunwürdig. Die Bundesregierung will sich um deren Erhöhung herumdrücken und präsentiert eine Billiglösung, weil sie ihr Geld lieber für Banken, Euro und Kriegseinsätze ausgibt. Und von den geringen Mitteln, die in dieses sogenannte Bildungspaket fließen sollen, wird vieles auch noch von der Verwaltung aufgefressen werden oder trickreich in Aufgaben geleitet, die ohnehin schon jetzt erfüllt werden müssen.

Die Kinder von Geringverdienern sollen jetzt auch in den Genuss des Paketes kommen. Aber für deren Lebensverhältnisse gilt nichts anderes: Ihre Eltern sind Hartz-IVEmpfänger mit Arbeit und die Armut muss mit konkreten Maßnahmen bekämpft werden und nicht mit Spiegelfechterei.

Zum Vergleich: Zwar sind 790 Millionen vorgesehen für dieses Bildungspaket, aber der Kriegseinsatz kostet offiziell 1 Milliarde im Jahr. Vielleicht wären die Kinder besser dran und würden mehr Geld vom Staat bekommen, wenn sie sich als Kindersoldaten in Afghanistan an die Front melden würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Bluhm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Nee, Frau Tegtmeier, nee, nee, der vorliegende Antrag ist nicht umgesetzt. Und wenn ich den Ministerpräsidenten richtig zitiere zur letzten Bewertung des Bildungsgipfels, dann hat er sinngemäß formuliert, der Bildungsgipfel ist gescheitert.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Das Hauptproblem in der Bundesrepublik ist eben nicht die Regelsatzdebatte oder die Chipkartendebatte, sondern die generelle Finanzierung von Bildung und Chancengleichheit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Sehr richtig. – Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig.)

Und deswegen ist nämlich dieser vorliegende Antrag nicht erledigt.

„Alternativlos“, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Unwort des Jahres 2010. Es ist deshalb das Unwort des Jahres geworden, weil mit „alternativlos“ jede Debatte zu möglichen Alternativen verhindert wird, wir erinnern uns.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Genau.)

Bundeskanzler Schröder bezeichnete die sogenannten Hartz-IV-Gesetze damals als alternativlos. Gegenwärtig ist nun der Bundesrat dabei,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Alternativen zu finden – nicht ganz freiwillig, denn das Bundesverfassungsgericht hat die damalige BastaGesetzgebung eben nicht geteilt. Ein Teil der gegenwärtigen Verhandlungen rankt sich um das Bildungs- und Teilhabepaket, mit dem benachteiligten Kindern geholfen werden soll. Ich will mich als Bildungspolitiker in meiner Rede deshalb vorrangig mit den bildungspolitischen Aspekten dieses Antrages und dieser aktuellen Debatte und des Zusammenhangs befassen.

Die ersten Anzeichen der Einigung auf die Frage der Zuordnung der Verantwortung für die Leistungsvergabe sollen ja nun lauten, bei den Kommunen sind sie angesiedelt. Herr Grabow hat es gefeiert, Herr Reinhardt auch. Ursprünglich sollten …

(Hans Kreher, FDP: Gefeiert nicht, gefeiert ist übertrieben. – Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Okay, also er hat gesagt, es ist jetzt eine positive Lösung.

Also wir sagen ja auch, es ist positiver, sie bei den Kommunen anzusiedeln als bei den Jobcentern. Nichtsdestotrotz löst es aber damit verbundene Probleme nicht, denn die ursprünglich bei den Jobcentern dafür vorgesehenen 1.300 Menschen mit 135 oder 139 Millionen Euro Aufwand für die Verwaltung sind auch bei den Kommunen zu realisieren. Zu welchen Konditionen und mit welchen finanziellen Zusagen vom Bund das überhaupt passieren soll, ist allerdings offen und der Deutsche Städtetag setzt eine, Zitat, „verlässliche Finanzierungsgrundlage“ voraus für den Fall, dass er es tatsächlich übernimmt.

Aber das ist nur ein Teil der offenen Frage. Die zentrale Frage für mich ist, wie lange wir das Kooperationsverbot des Bundes mit den Ländern in Bildungsfragen überhaupt noch aufrechterhalten wollen. Wir haben ja diesbezüglich auch einen Beschluss in diesem Parlament gefasst. Der Bildungsföderalismus ist in der bisherigen Form immer wieder an seine Grenzen gestoßen und tut es auch in diesem Fall. An der gegenwärtigen Debatte wird doch überdeutlich, welche Kopfstände gemacht werden müssen, damit sich der Bund – vor allem finanziell – überhaupt beteiligen darf.

Könnten wir das für das Bildungspaket vorgesehene Geld direkt in die Schulen investieren, hätten wir viel größere Effekte und viel weniger Verwaltungsaufwand. Die Umsetzung des Bildungspaketes ist insoweit nur die Fortsetzung der Kopfstände der Maßnahmen des Bildungsgipfels einerseits und andererseits natürlich die Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils, allerdings mehr mit Fragen als mit Antworten.

Und eine zweite Frage ist, ob dieses Bildungspaket und die flankierenden Maßnahmen wirklich geeignet sind, die hochgesteckten Ziele und Erwartungen zu erfüllen, die da immer formuliert werden. Bisher sind für die genannten benachteiligten Kinder 10 Euro pro Monat für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben vorgesehen. Dafür sollen sie in die Lage versetzt werden, zum Beispiel Musikschulen zu besuchen, in Sportvereinen Mitglied zu werden

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

oder an anderen gesellschaftlichen Angeboten teilzunehmen.

Was beispielsweise der Besuch einer Musik- und Kunstschule betrifft, so ist mit 10 Euro da überhaupt nicht anzufangen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Das wissen Sie doch aus Ihrer Arbeit vor Ort. Die Jahresbeträge oder -gebühren belaufen sich auf mehrere Hundert bis zu mehreren Tausend Euro und so werden Ermäßigungen der Gebühren häufig zudem auf die Wochenstunde auch noch beschränkt. Und in Sportvereinen gibt es bereits heute in vielen Fällen Ermäßigung bis hin zur kostenfreien Mitgliedschaft bei entsprechenden Vereinen. Hier wird es wohl vor allem um den Verwaltungsaufwand gehen, der mit den Zuschüssen verbunden ist.

Und wenn Frau von der Leyen nun allerdings auch noch meint, dass mit diesen 10 Euro auch Reitunterricht möglich ist,