Protocol of the Session on January 31, 2007

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Danke schön, Herr Ratjen.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Nieszery von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wichtigste an fachlicher Information wurde von meinen Vorrednern bereits gesagt. Ich darf hier vielleicht kurz noch einmal die wichtigsten Punkte dieses Staatsvertrages zusammenfassen, die neu sind:

Zum einen ermöglichte dieser Staatsvertrag in seiner Neuregelung einen besseren Abgleich der Krebsregister untereinander.

Zum Zweiten werden die Daten des Krebsregisters kompatibel gemacht zu den Daten der Zentralstelle für das Mammografi e-Screening – ein sehr wichtiger, ich meine, eigentlich der wichtigste Bestandteil dieses Gesetzes.

Drittens werden erstmals eben auch gutartige Tumore, die das Zentralnervensystem betreffen, innerhalb der Krebsregister erfasst. Das ist ausgesprochen sinnvoll, auch aus wissenschaftlicher Sicht, weil oftmals gerade gutartige Geschwüre die Vorform von bösartigen Tumoren sein können.

Zuletzt hat Herr Ratjen die Datensicherheit angesprochen. Das ist natürlich zu beachten, aber letztendlich werden die entanonymisierten Daten, die hier erhoben werden, ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke genutzt. Das ist also keine Allgemeinverbreitung, sodass der Patient in diesem Sinne auch geschützt ist. Im Sinne

einer weiteren Optimierung von Diagnose- und Behandlungsstrategien sollten wir so schnell wie möglich als Landtag diesen Staatsvertrag ratifi zieren. Ich stimme einer Überweisung in den Sozialausschuss namens meiner Fraktion ausdrücklich zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Linkspartei.PDS, Werner Kuhn, CDU, und Ilka Lochner-Borst, CDU)

Danke schön, Herr Dr. Nieszery.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um festzustellen, wo und in welcher Häufung eine bestimmte Krebsart auftritt und wie gut oder schlecht die Behandlung verläuft, benötigen Wissenschaftler Daten aus fl ächendeckenden bevölkerungsbezogenen Krebsregistern. Die Ursachenforschung ist unerlässlich zur ganzheitlichen Behandlung von Krebserkrankungen. Nur bei einer möglichst vollzähligen Erfassung aller Krebsfälle kann ein Krebsregister zuverlässige Aussagen treffen. Allerdings stoßen hier bereits die Forscher auf ein Problem. Ein einheitliches fl ächendeckendes und umfassendes zentrales Krebsregister existiert auf Bundes ebene nicht. Stattdessen werden in den Bundesländern separate Krebsregister geführt.

Wie aber bei vielen dezentralen Gesetzen üblich – wir werden es auch noch beim Nichtraucherschutz erleben –, weisen diese beträchtliche Unterschiede auf im Bereich des Meldeverfahrens, der Erfassungsstrukturen, des Datenschutzverfahrens und der Flächendeckung. Manche Register arbeiten schon seit einiger Zeit, andere befi nden sich noch im Aufbau. Grund für diese Vielfalt ist eine uneinheitliche Rechts- und Datenlage der Landeskrebsregister.

Wie wichtig eine wissenschaftliche Grundforschung ist, die bundeseinheitliche Richtlinien voraussetzt, möchte ich mit einer aktuellen Fallzahl untermauern. In der Bundesrepublik Deutschland sterben im Durchschnitt täglich 53 Frauen an Brustkrebs. Nicht umsonst fordern daher Forscher und Patientenorganisationen ein bevölkerungsbezogenes Krebsregister. Ende 1999 lief bekanntlich das 1995 in Kraft getretene Krebsregistergesetz des Bundes aus. Um den einzigartigen Datenbestand zu erhalten, einigten sich die Länder bereits 1995 darauf, die Einrichtung als gemeinsames Krebsregister weiterzuführen. Bis zum 1. Januar 1999 mussten demnach alle Länder bevölkerungsbezogene Krebsregister eingerichtet haben. Wie sie das tun, bleibt ihnen allerdings weitgehend überlassen.

In Mitteldeutschland – und da schließe ich MecklenburgVorpommern mit ein – werden die Krebserkrankungen routinemäßig erfasst. Ausgehend von dem Vorteil, auf das frühere nationale Krebsregister der DDR aufbauen zu können, nimmt Mitteldeutschland hier eine Vorreiterrolle ein.

(Reinhard Dankert, SPD: Das Wort „national“ gefällt Ihnen, was?)

Ich kann nichts für das Gesetz.

In Mecklenburg-Vorpommern besteht weiterhin eine Meldepfl icht für alle Ärzte. Diese soll garantieren, dass die erforderliche Erfassungsquote von mindestens 90 Prozent erreicht wird. Die Ursache für die bessere Rücklauf

quote im Gegensatz zum Melderecht erklärt der Mainzer Biostatistiker und Krebsregisterexperte Professor Dr. Jörg Michaelis damit, dass die Ärzte der Informationspfl icht des Patienten leichter nachkommen, wenn sie sich auf eine Meldepfl icht berufen können.

Manko ist, dass das Krebsregister nicht fl ächendeckend erfolgt, da Länder Ausnahmen genehmigen können. Bestehende Probleme, auch im Zusammenhang mit der Einführung des bevölkerungsbezogenen Mammografi eScreenings – ich komme jetzt zum Schluss – werden mit dem Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages um das gemeinsame Krebsregister angegangen und umgesetzt. Wir werden daher heute selbstverständlich der Überweisung in den zuständigen Sozialausschuss zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/132 zur Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU und SPD – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes, Drucksache 5/162.

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und SPD: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 5/162 –

Das Wort zur Einbringung hat der Abgeordnete Herr Ringguth von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt auf Drucksache 5/162 ein Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und SPD zur Änderung nur eines einzigen Paragrafen im Landesverfassungsschutzgesetz vor. Gemeint ist der Paragraf 27 Absatz 2.

Diese Vorschrift regelt, wie Ihnen bekannt ist, die Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission. Bisher lautet Paragraf 27 Absatz 2 Landesverfassungsschutzgesetz, und hier lassen Sie mich das Gesetz bitte wörtlich zitieren: „Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht in der Regel aus fünf Mitgliedern, die nicht der Landesregierung angehören dürfen. Jede Fraktion des Landtages hat grundsätzlich Anspruch darauf, entsprechend der Zahl ihrer Mitglieder, mindestes jedoch durch ein Mitglied, in der Parlamentarischen Kontrollkommission vertreten zu sein. Der Landtag bestimmt zu Beginn jeder Wahlperiode die genaue Zahl der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission und wählt die Mitglieder der Kommission … aus seiner Mitte.“

Dieses Zitat allein, meine Damen und Herren, macht deutlich, dass die Vorschrift überreguliert ist. Der Gesetzgeber hat seinerzeit eine Norm erlassen, die für die damalige Legislaturperiode durchaus passend war. Nicht ausreichend berücksichtigt worden ist die Möglichkeit zum Beispiel der Veränderung politischer Verhältnisse.

(Michael Andrejewski, NPD: Dass die NPD in den Landtag kommen könnte.)

Solche Veränderungen, auf die Paragraf 27 Absatz 2 Landesverfassungsschutzgesetz nicht passt, sind eingetreten. Zum einen sind die Kompetenzen der Verfassungsschutzbehörde in den vergangenen Jahren – und ich erinnere an all die Kolleginnen und Kollegen, die mehrheitlich in der letzten Legislaturperiode die Gesetzesänderung von 2004 mit beschlossen haben, damals als Reaktion auf die Herausforderung des internationalen Terrorismus – erheblich ausgeweitet worden. Ich verweise hier auf die gesetzlichen Befugnisse bei der Terrorismusbekämpfung, die die Verfassungsschutzbehörde nunmehr in die Lage versetzt, Informationen über Geldströme, über Kontobewegungen von Personen und Organisationen zu sammeln. Sie ist überdies befugt, Auskünfte von Postdienstleistern, Luftverkehrsunternehmen, Telekommunikationsunternehmen und Teledienstleistern zu verlangen. Diese weitreichenden Kompetenzen erfordern eine transparente und effektive Kontrolle des Verfassungsschutzes. Dieses wiederum, meine Damen und Herren, verlangt nach einer Stärkung der Parlamentarischen Kontrollkommission.

Zum anderen haben sich, wie schon erwähnt, die Mehrheitsverhältnisse in diesem Landtag geändert. In der vergangenen 4. Legislaturperiode waren drei Fraktionen im Landtag vertreten. Davon hatten sich SPD und Linkspartei.PDS zur Regierungskoalition zusammengeschlossen und die CDU arbeitete in der Opposition. Für derartige Mehrheitsverhältnisse war die bisher geltende Fassung des Paragrafen 27 Absatz 2 Landesverfassungsschutzgesetz eine wirklich angemessene Regelung.

In der 5. Legislaturperiode allerdings sind nunmehr fünf Fraktionen im Landtag vertreten, wovon drei der Opposition angehören. Auf diese Veränderungen haben die Fraktionen der CDU und SPD mit dem Entwurf zur Änderung des Paragrafen 27 Absatz 2 Landesverfassungsschutzgesetz reagiert. Nach unserer Ansicht sollte die Vorschrift künftig folgendermaßen lauten: „Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus sechs Mitgliedern, die zu Beginn jeder Wahlperiode vom Landtag aus seiner Mitte einzeln mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt werden. Zwei Mitglieder sollen der parlamentarischen Opposition angehören. Die Mitglieder dürfen nicht der Landesregierung angehören.“

Meine Damen und Herren, dieser Entwurf trägt dem Erfordernis der effektiven Kontrolle des Verfassungsschutzes in zweierlei Hinsicht Rechnung:

Erstens wird die Rolle der Parlamentarischen Kontrollkommission durch die Erhöhung der Mitgliederzahl tatsächlich aufgewertet. So wird ein angemessener Ausgleich zu den gewachsenen Kompetenzen des Verfassungsschutzes gewährleistet.

Zweitens sind nicht nur die Fraktionen der Regierungskoalition, sondern selbstverständlich – und das ist hier besonders wichtig – auch die der Opposition, und zwar mit zwei Mitgliedern, in der Parlamentarischen Kontrollkommission vertreten. Bei einer so wichtigen Behörde wie der Verfassungsschutzbehörde, die im Innenministerium angesiedelt ist, dürfen nicht nur Mitglieder aus den Koalitionsfraktionen, von denen eine dieses Ministerium personell besetzt, in der Kontrollkommission vertreten sein. Erst die Hereinnahme der Opposition ermöglicht eine effektive und vor allem objektive Kontrolle über die Interessen der Koalition hinweg. Gerade diese Ände

rung ist gleichzeitig eine Reaktion auf die veränderten Mehrheitsverhältnisse in dieser Legislaturperiode und im Zweifel darüber hinaus. Es wird weiteren demokratischen Fraktionen die Chance zur Mitwirkung in diesem wichtigen Kontrollgremium gegeben werden. So entspricht dieses der Intention des Landesverfassungsschutzgesetzes, meine Damen und Herren.

Aber nicht nur die Veränderungen der tatsächlichen Umstände machen eine Änderung des Paragrafen 27 Absatz 2 Landesverfassungsschutzgesetz erforderlich. Vielmehr führte die bisherige Fassung auch zu Rechtsunsicherheiten. Die genaue Zahl der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission steht nach der bisherigen Fassung nicht fest. Sie wird vom Landtag zu Beginn jeder Wahlperiode festgelegt. Des Weiteren hat jede Fraktion des Landtages grundsätzlich Anspruch darauf, durch mindestens ein Mitglied in der Parlamentarischen Kontrollkommission vertreten zu sein. Diese doch recht schwammigen Formulierungen stellt die Beteiligung der Opposition an der Parlamentarischen Kontrollkommission nicht ausreichend sicher. Hingegen beinhaltet der Gesetzentwurf der CDU und der SPD eine klare und eindeutige Regelung, die Auslegungen nicht zugänglich ist. Der Landtag kann künftig nicht mehr über die Zahl der Mitglieder zu Beginn einer jeden Legislaturperiode entscheiden und die Rolle der parlamentarischen Opposition wird eindeutig geregelt. Sie entsendet nunmehr zwei Mitglieder in die Parlamentarische Kontrollkommission, wobei derjenige gewählt ist, der die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Landtages auf sich vereinigen kann. Dieser eherne parlamentarische Grundsatz sichert die Gleichbehandlung aller Fraktionen.

Meine Damen und Herren, Sie werden mir nach diesen Ausführungen zustimmen, dass eine Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes zwingend erforderlich ist. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zur Überweisung sowohl in den Innenausschuss als auch in den Europa- und Rechtsausschuss. Ich bitte Sie ganz ausdrücklich darum: Unterstützen Sie, meine Damen und Herren, unseren Entwurf! – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Ringguth.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Měšťan von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linkspartei.PDS hat aus ihrer kritischen Haltung zum Verfassungsschutz nie ein Geheimnis gemacht. Das wird sich auch künftig nicht ändern. Das werden Sie nachvollziehen angesichts aktueller Ereignisse in Berlin und in unserer Bundestagsfraktion.

Meine Fraktion wird aber der Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes in die beiden Ausschüsse zustimmen, denn er berührt einen für uns sehr wichtigen Aspekt: die Kontrolle von Geheimdiensten. Bei der Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes wird der Landtag abwägen müssen zum einen die weitere Gewährleistung der Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde des

Landes durch die Parlamentarische Kontrollkommission und zum anderen die Aufrechterhaltung des bisherigen Grundsatzes, wonach jede Landtagsfraktion Anspruch darauf hat, mindestens durch ein Mitglied in der PKK vertreten zu sein.

Die PKK überwacht als Hilfsorgan des Landtages die Verfassungsschutzbehörde und agiert dabei im Spannungsfeld zwischen Geheimhaltungsverpfl ichtung und Informationsansprüchen und allen damit verbundenen Problemen. Dass die vom Gesetzentwurf vorgesehene Vergrößerung der PKK von fünf auf sechs Mitglieder dabei nicht automatisch für größere Geheimhaltung sorgt, das will ich nur am Rande erwähnen. Wichtig ist mir ein anderer Aspekt. Die PKK wird nach Paragraf 27 Absatz 2 des Landesverfassungsschutzgesetzes hier von unserem Hohen Haus gewählt. Mit diesem gesetzlich herausgehobenen normierten Verfahren hat der Landesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass ein von ihm gewähltes Mitglied der PKK besonderes Vertrauen genießt. Dieser Wille des Landtages würde durch den ebenfalls in Paragraf 27 Absatz 2 bisher enthaltenen Automatismus ad absurdum geführt, weil – und das liegt auf der Hand – dieser Landtag müsste demnach auch Mitglieder in die PKK wählen, bei denen Vertrauensvorschuss nahezu parlamentarisches und politisches Harakiri wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Dazu ist der Landtag aber nicht verpfl ichtet, sondern, meine Damen und Herren, als Landesgesetzgeber haben wir verantwortungsvoll und notfalls auch vor dem Landesverfassungsgericht zu verantwortende Regelungen zu treffen. Darüber müssen wir in den Ausschussberatungen sprechen. Und ich glaube, es ist klar, bei aller berechtigten und auch notwendigen Kritik insbesondere meiner Fraktion an Theorie und Praxis der Geheimdienste: Die Beibehaltung der bisher geltenden PKK-Wahlmodalitäten wäre unverantwortlich. Das hat das, was wir vorhin bei der Rede der NPD zur Regierungserklärung erlebt haben, eigentlich nur unterstrichen.