Das ist für Landwirte nicht überraschend, für einige selbsternannte Tierschutzexperten offensichtlich schon.
Sehr geehrte Damen und Herren, meine Fraktion wendet sich eindeutig gegen radikale Maßnahmen und Rechtsverletzungen unter dem Deckmantel des Tierschutzes.
Wir haben klare Forderungen, um die Veredlungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern voranzubringen und damit Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu sichern. Wir wollen ein Ende der Diffamierung von Landwirten. Wir wollen, dass rechtsstaatliche Genehmigungsverfahren umgesetzt werden können. Wir wollen ein Ende der Verunglimpfung von Menschen und Beschädigung von Eigentum. Aus diesem Grunde fordere ich Sie im Interesse der Landwirtschaft und dem Schutz des Rechtsstaates auf, dem vorliegenden Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Und, Herr Ritter, wenn ich wüsste, wer in Alt Tellin die Fensterscheiben eingeschlagen hätte, dann würde ich diesen Namen hier auch nennen.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Keine Gewalt unter dem Deckmantel des Tierschutzes“ – wären wir vor Kurzem nicht tatsächlich selber mehrfach im Lande betroffen gewesen, hätte ich gesagt, eigentlich bräuchten wir diesen Antrag nicht. Aber, Sie haben darauf schon hingewiesen, durch die zweifelhaften Anschläge innerhalb unseres Landes, glaube ich, ist dieser Antrag notwendig, um auch ein paar mehr Hintergrundinformationen hier vorzunehmen.
Mecklenburg-Vorpommern ist natürlich geprägt durch seine ländlichen Räume und durch die Land- und Ernährungswirtschaft. Nirgendwo in Deutschland ist die Arbeitsproduktivität so hoch wie in Mecklenburg-Vorpommern. Das heißt, dass unsere landwirtschaftlichen Unternehmen, was die Produktivität anbetrifft, sicherlich auch an der Spitze der Bewegung stehen, wie das ja eben deutlich geworden ist. Mit rund 26.000 Euro pro Erwerbstätigen liegt Mecklenburg-Vorpommern
damit an der Spitze der Bundesländer. Dabei hält die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern mit den 5.432 Betrieben nicht nur eine nachhaltige Flächennutzung vor, sondern sichert die Existenz unserer Dörfer, der Gemeinden, der ländlichen Infrastruktur und nicht zuletzt auch Arbeit in den ländlichen Räumen.
Wenn man die Land- und Ernährungswirtschaft zusammen nimmt, meine Damen und Herren, ist es so, dass jeder zehnte Arbeitsplatz in Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit der Land- und Ernährungswirtschaft steht. Aus diesem Grund müssen wir die bestehenden Potenziale – das habe ich immer wieder gesagt – für die landwirtschaftliche Veredlungsproduktion nutzen und sie darüber hinaus auch in der Zukunft weiter ausbauen. Mit der Veredlung der landwirtschaftlichen Rohstoffe in unserem Land erhöhen wir die Wertschöpfung, schaffen Arbeit, in diesem Zusammenhang natürlich auch gute Arbeit, die dann zu Einkommen und zur ländlichen Entwicklung maßgeblich beitragen.
Diese Fakten können auch die Gegner der sogenannten Massentierhaltung – ich betone, der sogenannten Massentierhaltung – nicht einfach ignorieren:
In Deutschland, meine Damen und Herren, werden zurzeit 26 Millionen Schweine gehalten, davon in Mecklenburg 761.000. Ich sage es noch mal: 26 Millionen zu 761.000! Ketzerisch könnte man sagen, es könnten in unserem Bundesland um die zwei Millionen Schweine ohne Probleme – auch das würde nachhaltig sein, auch das, was wir vorher diskutiert haben – tatsächlich gehalten werden und damit zur Wertschöpfung beitragen.
Bei Rindern haben wir einen Besatz von 559.000. Ich gehe davon aus, auch die Vergleichszahlen innerhalb der Bestandsgrenzen der Bundesrepublik Deutschland zeigen das, Mecklenburg-Vorpommern würde damit eine Million Rinder halten können.
Bei Legehennen, auch da gibt es überall Diskussionen im Lande, liegen wir heute bei 1,9 Millionen. Wenn man das auf den Bundesdurchschnitt in MecklenburgVorpommern hochrechnen würde, würde MecklenburgVorpommern 3,1 Millionen Legehennen halten können. Im Übrigen würden damit bis zu 50.000 Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern in der Land- und Ernährungswirtschaft zusätzlich geschaffen werden.
Ein weiteres Beispiel verdeutlicht, dass zwar jede geplante Tierhaltungsanlage als Einzelfall – als Einzelfall, das betone ich immer wieder – zu prüfen ist, Mecklenburg-Vorpommern aber insgesamt keineswegs ein Problem mit überhöhten Tierkonzentrationen hat. Mecklenburg-Vorpommern ist das Bundesland mit der geringsten Viehdichte in Europa.
Das spiegelt auch den Anteil der Wertschöpfung und Beschäftigung im ländlichen Raum wider. Wir werden es ja bald erleben, dass die Plakate wieder im Lande hängen, wo dann draufsteht „Reichtum für alle“.
Und in Wirklichkeit sind diejenigen, die so etwas vertreten, aus meiner Sicht nicht in der Mitte der Gesellschaft.
Setzt man eine Viehdichte je 100 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zum Bundesdurchschnitt ins Verhältnis, ergibt sich ein noch interessanteres Bild: Während in Mecklenburg-Vorpommern der Besatz bei
Schweinen nur etwa ein Drittel des Bundesdurchschnittes ausmacht, liegt er in Niedersachsen bei 200 Prozent, meine Damen und Herren. Ähnlich sieht es im Übrigen bei Geflügel aus.
Ich denke, keiner hier im Hohen Hause ist der Auffassung, dass in Niedersachsen kein Tourismus mehr stattfindet, ein Leben im ländlichen Raum unerträglich ist oder auf der anderen Seite der Tierschutz mit Füßen getreten wird. Vor diesem Hintergrund mahne ich ausdrücklich alle demokratischen Parteien eindringlich zu einer sachlichen Diskussion zu den Tierhaltungen in Mecklenburg-Vorpommern.
Ich bin derjenige gewesen, das wissen die, die länger hier im Hohen Hause anwesend sind, der erreicht hat, dass die Käfighaltung in der Hühnerhaltung mittlerweile in Deutschland untersagt worden ist. Wir sind diejenigen in Deutschland, die TÜV-Haltungssysteme entwickelt und diese auch bundesweit umgesetzt haben wollen, um damit die ethischen, aber auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte von Landwirtschaft und ethischer Produktion von Lebensmitteln durchzusetzen.
Anträge für solche Tierhaltungsanlagen durchlaufen das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Das Verfahren führt jeweils das zuständige Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt durch. Alle beteiligten Behörden, Verbände oder andere Organisationen haben damit die Möglichkeit, ihre fachlichen Einschätzungen im Verfahren zu äußern, auch Bedenken zu äußern, die dann berücksichtigt werden, wo in Stellungnahmen abgewogen wird und dann nach aktueller Rechtslage auch ein rechtskonformes Verwaltungshandeln im Land Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt wird. Das ist rechtsstaatliches Handeln, und so wird es auch in Mecklenburg-Vorpommern gemacht.
Dass dieses Verwaltungshandeln in zunehmendem Maße unsachlicher und zum Teil auch infrage gestellt wird, bereitet unseren Behörden und mir jedenfalls große Sorgen. Leider müssen wir feststellen, dass Investoren, Bürgermeister und Behördenvertreter in Genehmigungsverfahren von Tierhaltungsanlagen immer öfter vor Bedrohungen oder auch Angriffen zu schützen sind und rechtlich begründetes Verwaltungshandeln zunehmend gegen Gewaltakte verteidigt werden muss. Tierschutz, meine Damen und Herren, ist für mich jedenfalls selbsterklärend, nämlich Schutz der Tiere.
Das Tierschutzrecht richtet sich im Übrigen an Menschen, die vernünftig mit Tieren umgehen wollen und müssen.
Und diese Forderung mache ich hier auch klar auf. Aber Tierschutz rechtfertigt auf keinen Fall, dass Menschen sich gegenseitig angreifen.
Die Vorfälle, meine Damen und Herren, der letzten Wochen und Monate zeigen mir im Wesentlichen zwei Problemkreise:
2. mangelndes Interesse an der Herkunft unserer Lebensmittel und damit auch an der landwirtschaftlichen Tierhaltung
Wie können wir diesem nun begegnen? Aus meiner Sicht nur sachorientiert, und das erwarte ich auch von all denjenigen, die hier sitzen.
Eines will ich auch hier deutlich sagen: Die meisten Tierhalter in Mecklenburg-Vorpommern pflegen einen außerordentlich verantwortungsvollen Umgang mit ihren Tieren. Leider gibt es vereinzelt immer wieder Tierhalter, die gegen geltendes Recht verstoßen. Dieses muss auch zukünftig mit der gebotenen Härte durch die zuständigen Behörden verfolgt und geahndet werden. Ich plädiere auch dafür, dass derartige Verstöße Einzelner gegen Tierschutzauflagen nicht zu einer pauschalen Verunglimpfung eines gesamten Berufsstandes missbraucht werden dürfen.
Auch die schon übliche Kritik, die Behörden seien untätig, ist unerträglich, denn sie ist unsachlich, weil nicht jedes Verwaltungshandeln im Detail dargeboten wird. Schon gar nicht in einem laufenden Verfahren sind die zuständigen Behörden automatisch untätig, sondern sie sind sehr wohl tätig. Umso beeindruckender, ich betone das auch sehr klar, und zwar negativ beeindruckend, ist die Resonanz auf zweifelhafte Aktionen sogenannter Tierschützer oder Tierschutzorganisationen. Die letzten Aktionen, darauf ist ja schon hingewiesen worden, von PETA möchte ich hier aber nicht weiter kommentieren.
Nur so viel: Durch ein solches Verhalten werden mögliche Verstöße gegen das Tierschutzrecht nicht verhindert.