Protocol of the Session on November 18, 2010

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Zunächst möchte ich einmal auf den Tagesordnungspunkt 17 zurückkommen. Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Roolf in diesem Zusammenhang einen Ordnungsruf.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Keine Gewalt unter dem Deckmantel des Tierschutzes, Drucksache 5/3884.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD: Keine Gewalt unter dem Deckmantel des Tierschutzes – Drucksache 5/3884 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Schlupp von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den vergangenen Monaten haben wir in der Öffentlichkeit und in den Medien eine zunehmende Radikalisierung in der

Auseinandersetzung um den richtigen Weg in der heimischen Landwirtschaft erlebt. Landwirte werden mit Begriffen wie „tierquälerische Massentierhalter“ diffamiert, Genehmigungsverfahren werden infrage gestellt und Genehmigungsbehörden von Verbänden mit Klage bedroht.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Insbesondere die Angriffe auf die Gebäude des Bürgermeisters in Alt Tellin fordern nach Auffassung meiner Fraktion eine klare Positionierung des Landtages gegen jegliche Gewalt, ob nun in Wort, Bild, Schrift oder Tat.

(Udo Pastörs, NPD: Alle sollen ganz lieb sein und alles erdulden. „Dem Volk aufs Maul schauen“, um es mit Luther zu sagen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ob nun Medow, Alt Tellin, Klein Laasch, Hohen Luckow oder Penzlin – die Reihe der Anlagen, die seitens Bürgerinitiativen, Naturschutzverbänden oder radikalen Tierschützern infrage gestellt werden, ließe sich fortsetzen. Doch gerade hier steht die Politik in der Verantwortung und darf nicht eine Verstärkung der Veredlungswirtschaft fordern und gleichzeitig Investoren Steine in den Weg legen. Vielmehr bedarf es eines klaren Bekenntnisses zu rechtsstaatlichen Verfahren und deren Umsetzung.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ja.)

Ich möchte aber gleich jeder Fehlinterpretation dieses Antrages entgegenwirken.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Es geht nicht um die Ablehnung von Bürgerinitiativen oder von Aktionen von Naturschutzverbänden oder Tierschützern. Im Gegenteil, es ist wichtig, dass die Menschen sich für das engagieren, was ihnen wichtig ist.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Es geht in diesem Antrag um das Wie. Aktionen wie das Zerschlagen von Fensterscheiben konterkarieren das eigentliche Anliegen von Initiativen. Und ich bin mir sicher, dass die überwiegende Zahl der Mitglieder dieser Initiativen dieses Verhalten ablehnt. Aber diese Ablehnung muss auch artikuliert werden, denn durch Stillschweigen wird ein solches Verhalten zur Normalität.

(Hans Kreher, FDP: Jawoll!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ursprünglich wollte ich an dieser Stelle auch mit zwei, drei Sätzen auf die Aktionen von PETA in Mecklenburg-Vorpommern eingehen. Aber bereits im Vorfeld hat mich eine Abmahnung von PETA ereilt. Deshalb werde ich nun einen größeren Teil meiner Rede diesem Thema widmen und ganz konkret unsere Kritikpunkte an deren Auftreten verdeutlichen.

Ein Stück weit verwundert bin ich allerdings schon, denn ich befinde mich mit dieser Abmahnung in einer stetig länger werdenden Liste durchaus illustrer Personen,

(Egbert Liskow, CDU: Hört, hört!)

die von PETA mit Abmahnungen oder gar Strafanzeigen belegt worden sind. Zwischenzeitlich dürfte ein erheblicher Teil der Kapazitäten von PETA dadurch gebunden sein, dass sie öffentliche Äußerungen auf die Einhaltung von Abmahnungen oder auf ihre Abmahnwürdigkeit prüft, Strafanzeigen stellt oder sich gerichtlich auseinandersetzt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass sich eine negative Berichterstattung vielleicht ebenso negativ

auf die Spendenfreudigkeit von Unterstützern auswirkt. Dies – so ist es zu lesen – umso mehr, als jeder Berichterstattung über PETA in den Medien eine intensive Spendenkampagne dieser Organisation folgt.

(Egbert Liskow, CDU: Aha?!)

Aber zurück zum Thema: Wer im Schutze der Dunkelheit ohne Wissen und Erlaubnis des Eigentümers fremdes Eigentum betritt und ohne Wissen oder die Genehmigung des Eigentümers Filmaufnahmen macht oder veranlasst, der muss sich nicht wundern, wenn die Authentizität dieses Filmmaterials bezweifelt wird. Bei PETA heißt das übrigens, ich zitiere: ,,PETA-Mitglieder und/oder Beauftragte sind noch nie in Ställe eingebrochen. … Wie undercover ermittelt wird, ist in den letzten 15 Jahren wiederholt juristisch als zulässig überprüft worden.“ Zitatende.

In Anbetracht dieser Aussage wundert es mich schon, dass sich nach meiner Kenntnis bis heute niemand in Person zu den Filmaufnahmen bekannt hat. Dies wäre doch das probate Mittel, um alle Fragen und Zweifel in Hinblick auf die Echtheit des Materials aus dem Weg zu räumen. An der Wiedererkennung der handelnden Personen dürfte es wohl nicht liegen, denn in der Dunkelheit ist diese Gefahr äußerst gering.

Sehr geehrte Damen und Herren, wer das Landwirtschaftsministerium in Mecklenburg-Vorpommern als Lug-und-Trug-Ministerium bezeichnet und den zuständigen Minister beschuldigt, sich durch anhaltende Lügen auf die Seite der Tierquäler zu stellen,

(Udo Pastörs, NPD: Könnte ja auch was Wahres dran sein.)

als Beweismittel habe ich einen Ausdruck der entsprechenden Internetveröffentlichung von PETA hinterlegt, wer eine Strafanzeige gegen eine Abteilungsleiterin desselben Ministeriums stellt, die für ihre stets korrekte Arbeit bekannt ist – in diesem Fall beziehe ich mich auf eine Veröffentlichung in der „Ostsee-Zeitung“ –, der braucht sich eigentlich nicht zu wundern, wenn das zuständige Landesparlament ein solches Verhalten missbilligt.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Und es ist höchste Zeit, darüber zu reden, wenn alle die, die nicht bereit sind, jede Aktion im Namen des Tierschutzes zu billigen, sofort zu Tierquälern erklärt werden. Es muss doch hier in Mecklenburg-Vorpommern und auch überall sonst möglich sein, sich für den Tierschutz auszusprechen und trotzdem beispielsweise diese sogenannten Undercoverermittlungen abzulehnen.

(Egbert, Liskow, CDU: Genau.)

Im Übrigen suche ich seit Tagen im Internet nach Hinweisen auf ein Urteil, das diese Undercoverermittlungen explizit für rechtens erklärt hat – bisher leider ohne Erfolg. Sollte ich tatsächlich nichts finden, könnte ich ja mal über eine Abmahnung von PETA nachdenken.

(Udo Pastörs, NPD: Dann machen Sie es doch! Das haben Sie bei mir ja auch mal versucht.)

Ich kann bei dieser Diskussion auch die Medien nicht außen vor lassen. Immer wieder scheint es so, dass es den Medien in erster Linie um reißerische Schlagzeilen geht und erst in zweiter Linie um eine wahrheitsgetreue Aufklärung und Berichterstattung.

(Udo Pastörs, NPD: Ich meine, die Medien seien lieb, haben wir ja eben gehört.)

Dabei spielt es wohl auch keine Rolle, unter welchen Umständen Filmbeiträge zustande kommen. Für mich steht eines fest: Wer nachts unbefugt und ohne Behörden Ställe aufsucht, wer das Licht der Öffentlichkeit scheut, der will etwas verbergen, dem kann ich nicht trauen.

Auf Anraten meines Rechtsbeistandes möchte ich an dieser Stelle betonen, dass sich meine nachfolgenden Ausführungen nicht explizit oder ausdrücklich auf PETA beziehen, sondern allgemeine Fragestellungen beleuchten.

Sehr geehrte Damen und Herren, radikale Anschläge machen leider auch vor Menschen nicht halt. Wenn heute Gebäude zerstört werden und Landwirte und deren Familien angegriffen oder diskreditiert werden, dann ist es Zeit, dass Demokraten zusammenstehen und diese Vorfälle verurteilen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Für mich stellt sich die Frage, wohin diese Radikalisierung führen soll. Zählt fremdes Eigentum nichts? Zählt die Selbstbestimmung im Sinne der freien Berufsausübung nichts mehr?

(Angelika Peters, SPD: Im Sinne des Tierschutzgesetzes, ja.)

Müssen wir uns alle bald nicht mehr an Recht und Gesetz halten?

(Angelika Peters, SPD: Eben, eben.)

Sind unbefugtes Betreten oder Beschädigung von fremdem Eigentum nur noch ein Kavaliersdelikt? Welche Auflagen und Bestimmungen neben den gesetzlichen Vorgaben soll ein Landwirt denn noch erfüllen?

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben den Tierschutz ins Grundgesetz aufgenommen. Ihn weiterzuentwickeln, ist das Ansinnen vieler Akteure. Ich nenne hier nur die Wissenschaft, die Politik und auch die Landwirte. Mit der Schweinehaltungsverordnung, der Legehennenhaltungsverordnung und dem Programm zur artgerechteren Tierhaltung haben wir Maßnahmen ergriffen, die dem Tierschutz und der artgerechten Haltung der Tiere dienen. Mittlerweile sind sowohl Besatzdichte, Beleuchtung, Futter- und Tränkeeinrichtung, Pflege der Tiere und Versorgungssicherheit in Verordnungen geregelt. Vor diesem Hintergrund stellt sich für mich die Frage, weshalb Landwirte, die in genehmigten Stallanlagen produzieren, seitens radikaler Tierschützer pauschal als Tierquäler diffamiert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, natürlich werden Tiergesundheit und Stallhygiene permanent weiterentwickelt. Ich begrüße daher die Forschungsvorhaben zum Lichteinfluss auf das Tierverhalten oder zu den Möglichkeiten zur Reduzierung des Kannibalismus in der Geflügelhaltung. Einige von Ihnen wissen sicher, dass bei der sogenannten alternativen Legehennenhaltung bis zu 50 Prozent, also die Hälfte der Tiere, zum Teil durch Kannibalismus qualvoll verendet sind. Warum hört man diesbezüglich nichts in den Medien? Auch in der ökologischen Ferkelaufzucht gibt es erhebliche Probleme mit der Mortalität, all dies wird seitens der Tierschützer ausgeblendet.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

So ist die Sterblichkeitsrate bei den sogenannten alternativen Tierhaltungsformen zumindest im Geflügelbereich etwa drei- bis viermal und manchmal sogar noch wesentlich höher als in konventionellen Tierhaltungen.

(Egbert Liskow, CDU: Hören Sie zu! Hören Sie doch mal zu!)